Erneuerung des Teppichbodens
Gericht
AG Gelsenkirchen
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
06. 02. 1996
Aktenzeichen
125 C 11515/95
Die Erneuerung eines Teppichbodens gehört nicht zu den Schönheitsreparaturen und kann auch nicht mittels einer mietvertraglichen Formularklausel auf den Mieter abgewälzt werden.
Von einer endgültigen Erfüllungsverweigerung des Mieters hinsichtlich der geschuldeten Schönheitsreparaturen kann noch nicht ausgegangen werden, wenn zwar schon der Auszug erfolgt ist, aber die Mietvertragsparteien umfangreich über den Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses und die vom Mieter noch zu erbringenden Leistungen korrespondiert haben.
Die Bekl. waren Mieter im Hause B-Straße 53a in Dortmund, welches im Eigentum des Kl. steht. Der monatliche Mietzins belief sich auf 1609 DM einschließlich Nebenkostenpauschale. Das Mietverhältnis begann am 1. 3. 1993. § 13 des Mietvertrags lautet:
"Vor Übergabe der Mieträume an den Vermieter hat der Mieter die Schönheitsreparaturen fachgerecht auszuführen, die entweder nach dem vereinbarten Fristenplan fällig oder aufgrund des tatsächlichen Zustands der Räume notwendig sind. Ist der Mieter bis zur Beendigung des Mietverhältnisses dieser Verpflichtung nicht nachgekommen, so ist der Vermieter berechtigt, die Schönheitsreparaturen auf Kosten des Mieters vornehmen zu lassen. Dasselbe gilt auch für andere Instandsetzungen, die der Mieter durchzuführen hat.
Der Mieter hat die Teppichböden bei Auszug fachgerecht zu reinigen. Zeigen die Teppichböden über die normale Abnutzung hinausgehende Schäden wie Löcher, Brand-, Farb-, Säureflecken oder dergleichen, so hat der Mieter spätestens bis zur Beendigung des Mietverhältnisses die Teppichböden in gleiche Art und Güte fachgerecht zu erneuern. Dies gilt ebenso für die Erneuerung einer vorhandenen Parkettversiegelung".
Die Bekl. haben dem Kl. Ende Januar 1995 die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses erklärt. Mit Anwaltsschreiben vom 2. 3. 1995 hat der Kl. der Kündigung widersprochen. Er hat die Kündigung als fristgerechte Kündigung zum 30. 4. 1995 ausgelegt. In dem Schreiben bot er den Bekl. jedoch an, das Mietverhältnis vorzeitig zum 15. 3. oder 31. 3. 1995 zu beenden. Voraussetzung hierfür sollte jedoch die fachgerechte Beseitigung von Schäden und die Durchführung von Schönheitsreparaturen sein. Das Schreiben enthielt auch einen alternativen Vergleichsvorschlag mit der Beendigung des Mietverhältnisses zum 31. 3. 1995. Abschließend wurden die Bekl. aufgefordert, binnen drei Tagen mitzuteilen, für welche Alternative man sich entschieden habe. Mit Schreiben vom 21. 3. 1995 ließ der Kl. noch einmal darauf hinweisen, daß die Wohnung auf jeden Fall renoviert zurückgegeben werden müsse, und zwar gleichgültig, ob das Mietverhältnis zum 31. 3. oder 30. 4. 1995 beendet werde. Unter dem 24. 3. 1995 ließen die Bekl. durch den Verein Mieter und Pächter mitteilen, daß beabsichtigt sei, die Wohnung zum 31. 3. 1995 zurückzugeben. In dem Schreiben heißt es weiter, daß zu diesem Zeitpunkt die Wohnung in einem vertragsgemäßen Zustand sein werde, dazu würden die in Frage stehenden Schönheitsreparaturen erledigt werden und der Teppichboden werde ausgewechselt sein. Die Miete würde bis Ende März 1995 gezahlt. Es wurde jedoch gebeten, die Mietkaution auf die Forderung zu verrechnen. Der Kl. ließ mit Schreiben vom 27. 3. 1995 antworten, daß er mit einer Beendigung des Mietverhältnisses per 31. 3. 1995 einverstanden sei, und zwar unter der Bedingung, daß die Schönheitsreparaturen ordnungsgemäß und fachgerecht ausgeführt würden und der Teppichboden ausgewechselt werde. Mit einer Verrechnung der Kaution war er nicht einverstanden. Ebenso lehnte er Ratenzahlung ab. Die Bekl. selber schrieben unter dem 29. 3. 1995 an die Prozeßbevollmächtigten des Kl., daß sie die Wohnung zum 31. 3. 1995 nur zurückgeben würden unter der Bedingung, daß die Teppichmängel mit der Versicherung abgerechnet würden. Anderenfalls werde die Wohnung zum 30. 4. 1995 zurückgegeben. Der Kl. behauptet, die Wohnung sei am 22. 2. 1995 von einem Herrn D in Augenschein genommen worden, der festgestellt habe, daß der Teppichboden im Wohnzimmer stark verunreinigt gewesen sei, daß im übrigen die Wohnung nicht gestrichen gewesen sei und Schönheitsreparaturen nicht ausgeführt worden seien. Im Schlafzimmer sei ein Brandfleck festgestellt worden. Auch die Stufen der Holztreppe in der Wohnung seien stark abgenutzt. Der Kl. habe die Anstricharbeiten durchführen lassen und hierfür 1500,75 DM aufgewendet. Ferner habe er den Teppichboden in der ganzen Wohnung auswechseln lassen und hierfür 8474,33 DM aufgewandt. Schließlich sei auch noch die Miete für April 1995 fällig in Höhe von 1609 DM.
Das AG hat die Zahlungsklage abgewiesen.
Entgegen der Ansicht des Kl. ist eine nachträgliche Einigung über die Verpflichtung der Bekl. zum Auswechseln des Teppichbodens nicht zustande gekommen. Die Bekl. haben unter dem 24. 3. 1995 ein Vergleichsangebot unterbreitet, das insgesamt aus fünf Punkten bestand. Dies konnte der Kl. nur insgesamt annehmen oder ablehnen; er hat es abgelehnt, da er sich nur mit einzelnen Punkten einverstanden erklärt hat, was gem. § 150 II BGB eine Ablehnung verbunden mit einem neuen Angebot darstellt. Dieses geänderte Angebot des Kl. haben die Bekl. wiederum nicht angenommen. Es kommt somit darauf an, ob die Bekl. aufgrund des Mietvertrags, insbesondere § 13, verpflichtet sind, den Teppichboden auszuwechseln. Dies ist jedoch nicht der Fall. Wird in einem Formularmietvertrag die Verpflichtung, Schönheitsreparaturen vorzunehmen, auf den Mieter von Wohnraum abgewälzt, wie es vorliegend geschehen ist, so ist dieser nicht verpflichtet, auch den verschlissenen Teppichboden zu erneuern. Die entsprechende Klausel des Mietvertrags ist unwirksam.
Das Gericht verkennt dabei nicht, daß es nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zulässig ist, formularmäßig die eigentlich dem Vermieter obliegende Verpflichtung, die Schönheitsreparaturen durchzuführen, auf den Mieter abzuwälzen. Eine gesetzliche Bestimmung des Begriffs "Schönheitsreparaturen" fehlt jedoch. Für den preisgebundenen Wohnraum gibt es § 28 IV 4 II. BerechnungsVO, wonach Schönheitsreparaturen nur das Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, Heizkörper einschließlich Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen darstellen. Diese Aufzählung ist abschließend (Voelskow, in: MünchKomm, 2. Aufl., §§ 535, 536 Rdnr. 14). Die Erneuerung verschlissenen Teppichbodens zählt weder nach dem Wortlaut noch nach Sinn und Zweck des § 28 IV 4 II. BerechnungsVO und auch nicht unter Berücksichtigung der bau- und wohnungstechnischen Entwicklung zu den Schönheitsreparaturen. Dies hat das OLG Hamm in seinem Rechtsentscheid vom 22. 3. 1991 (NJW-RR 1991, 844 = WuM 1991, 248 = ZMR 1991, 219) festgestellt.
Wenn die Erneuerung des Teppichbodens aber nicht zu den Schönheitsreparaturen gehört, dann kann auch durch eine Formularklausel eine solche Verpflichtung nicht zusätzlich statuiert werden. Eine solche Klausel verstößt gegen § 9 AGBG. In einer solchen Klausel ist gem. § 9 I AGBG eine unangemessene Benachteiligung des Mieters zu sehen. Eine solche unangemessene Benachteiligung ist gem. § 9 II AGBG im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder wenn wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so eingeschränkt werden, daß die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. Da, wie festgestellt, der Austausch eines Teppichbodens nach dem Verständnis des Gesetzgebers nicht zu den Schönheitsreparaturen gehört, wird mit einer solchen Ausweitung der vertraglichen Pflichten vom wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abgewichen.
Das Gericht verkennt dabei nicht, daß der Teppichboden, ähnlich wie die anderen in § 28 II. BerechnungsVO aufgezählten Wohnungsbestandteile, der unmittelbaren Nutzung durch den Mieter unterfällt, und es deshalb gerade von dessen Nutzungsverhalten abhängt, in welchen Abständen ein Teppichboden erneuert werden muß. Dies ändert aber nichts daran, daß durch die Verlegung eines Teppichbodens in erster Linie der Oberbodenaufbau abgeschlossen und die Wärmedämmung sowie Schallisolierung nach unten hin verstärkt werden sollen. Die Erneuerung verschlissenen Teppichbodens ist also gerade nicht dem Streichen anstrichfähiger Fußböden gleichzusetzen, sondern ist ebenso wie die Holzdiele, das Parkett oder der PVC-Fußbodenbelag Teil des eigentlichen Fußbodens (OLG Hamm, NJW-RR 1991, 844). Genausowenig wie der Vermieter dem Mieter die Verpflichtung zur Instandhaltung z.B. der Wasserleitung oder von Sanitäranlagen auferlegen kann, kann er deshalb auch die Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen an Teppichböden und vor allem zum Austausch des Teppichbodens dem Mieter auferlegen ...
Ein Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung scheidet aber deshalb bereits aus, weil der Kl. insofern den Schaden nicht schlüssig dargetan hat. Der Brandfleck war nur in einem Raum. Unstreitig hat die Haftpflichtversicherung der Bekl. 2368 DM für diesen Schaden bezahlt. Daß der Schaden durch den Brandfleck tatsächlich höher war, ist nicht dargetan. Dabei ist zunächst darauf hinzuweisen, daß bei einem Brandfleck in einem Raum nicht ersichtlich ist, daß dafür der Teppichboden in der ganzen Wohnung ausgetauscht werden mußte, und zum anderen muß für einen entsprechenden Schaden natürlich vorgetragen werden, wann der Teppichboden angeschafft wurde. All dies hat der Kl. - aus seiner Sicht verständlich - nicht getan, da er von einer vertraglichen Verpflichtung der Bekl. zum Austausch des Teppichbodens ausging.
Die Bekl. sind auch nicht verpflichtet, die 1500,75 DM für die erforderlichen Anstricharbeiten zu zahlen. Nach dem Mietvertrag waren Schönheitsreparaturen nur fällig, wenn sie nach dem vereinbarten Fristenplan fällig waren oder aufgrund des tatsächlichen Zustands der Räume. Beide Tatbestandsvoraussetzungen sind nicht schlüssig vorgetragen. Das Mietverhältnis hat erst am 1. 3. 1993 begonnen, so daß die Schönheitsreparaturen nach dem Fristenplan kaum fällig gewesen sein können. Allein die Behauptung, daß die Wohnung nicht gestrichen war und Schönheitsreparaturen nicht ausgeführt waren, genügt für den schlüssigen Vortrag, daß die Schönheitsreparaturen tatsächlich nach dem Zustande her fällig waren, nicht. Des weiteren gehört die Durchführung von Schönheitsreparaturen zu den Hauptleistungspflichten aus dem Mietvertrag, so daß der Kl. nur unter den Voraussetzungen des § 326 BGB Schadensersatz verlangen könnte. Dies setzt jedoch voraus, daß der Vermieter dem Mieter eine Frist mit Ablehnungsandrohung setzt. Dies muß geschehen, wenn der Anspruch auf Durchführung der Schönheitsreparaturen fällig war.
Da die Fälligkeit nach dem Fristenplan vorliegend wohl nicht in Betracht kommt, wird der Anspruch erst zum Zeitpunkt der Verpflichtung der Rückgabe der Mietsache fällig. Vorliegend ist das Mietverhältnis aufgrund der Kündigung zum 30. 4. 1995 beendet worden. Bis zu diesem Zeitpunkt bestand das Mietverhältnis. Die Bekl. mußten also spätestens bis zum 30. 4. 1995 die Schönheitsreparaturen, so sie denn tatsächlich erforderlich waren, durchführen. Wie oben bereits dargestellt, haben die Parteien keinen Mietaufhebungsvertrag zu einem früheren Zeitpunkt geschlossen, da keine zwei übereinstimmenden Willenserklärungen diesbezüglich vorlagen. Nach dem 30. 4. 1995 hat der Kl. die Bekl. - auch nach eigenem Sachvortrag - nicht mehr zur Durchführung der Schönheitsreparaturen aufgefordert, geschweige denn ihnen eine Frist mit Ablehnungandrohung gesetzt. Auch in den zuvor gewechselten Schreiben hat der Kl. niemals eine Frist mit Ablehnungsandrohung gesetzt.
Das Gericht verkennt dabei nicht, daß auf das letzte Erfordernis häufig verzichtet wird, weil der Auszug des Mieters ohne Durchführung der Schönheitsreparaturen als endgültige Erfüllungsverweigerung gesehen wird. Dies kann jedoch im vorliegenden Fall so nicht gelten. Die Parteien haben umfangreiche Korrespondenz über die Voraussetzungen der Beendigung des Mietverhältnisses sowohl hinsichtlich des Zeitpunkts als auch hinsichtlich der durchzuführenden Arbeiten geführt. Hier hat jede Partei der anderen Partei einen Beendigungszeitpunkt vorgeschlagen, und zwar teilweise unter Bedingungen, die die Schönheitsreparaturen und den Teppichboden betrafen. Die jeweils andere Partei war mit den "Nebenbedingungen" des ehemaligen Vertragspartners nicht einverstanden. Wenn in einem solchen Fall keine Partei auf die Bedingungen der anderen Partei eingeht, kann dies nach Ansicht des erkennenden Gerichts nicht als Erfüllungsverweigerung i.S. des § 326 BGB verstanden werden. Vielmehr bedeutet dies zunächst, daß eine vertragliche Vereinbarung nicht zustande gekommen ist. Hier ist durchaus dem Vermieter zumutbar, der ja auch die Anschrift der Bekl. kennt und ihnen in der gleichen Angelegenheit unzählige Male geschrieben hat, auch eine letzte Frist zu setzen und eine Ablehnungsandrohung damit zu verbinden. Dies ergibt sich auch aus dem Zusammenhang mit den Verjährungsvorschriften. Bekanntlich verjähren die Ansprüche des Vermieters auf Durchführung der Schönheitsreparaturen sechs Monate nach Rückerhalt der Mietsache. Dies betrifft aber nur den Anspruch auf Durchführung der Schönheitsreparaturen. Wenn der Vermieter kurz vor Ablauf der Sechsmonatsfrist dem Mieter eine Frist mit Ablehnungsandrohung zukommen läßt, läuft für diesen Schadensersatzanspruch erneut die Sechsmonatsfrist vom Beginn der gesetzten Frist an. Es ist deshalb in einem Fall wie dem vorliegenden, bei dem die Parteien über die Modalitäten der Vertragsbeendigung verhandeln, auch im Interesse des Vermieters, den Verjährungsbeginn für den Schadensersatzanspruch gem. § 326 BGB eindeutig festzulegen. Dies ist bei Vertragsverhandlungen, die einige Zeit hin und her gehen und am Ende dann zu keinem Ergebnis führen, jedoch nur schwer möglich, weil eine endgültige Erfüllungsverweigerung kaum feststellbar ist. Vielmehr hat der Mieter vorher versucht, seine Interessen durchzusetzen. Ob er darauf weiter beharrt, wenn ihm wirklich eine Frist mit Ablehnungsandrohung und dem Aufzeigen der entsprechenden Konsequenzen gesetzt wird, ist aus einem solchen Verhalten eindeutig nicht zu entnehmen.
Dem Kl. steht letztendlich auch nicht mehr der Anspruch auf die Aprilmiete in Höhe von 1609 DM zu. Zwar bestand dieser Anspruch ursprünglich. Die Bekl. haben insofern weder schlüssig dargetan, daß sie das Mietverhältnis vor Ablauf Ende April 1995 wirksam fristlos gekündigt haben, noch haben sie einen entsprechenden Mietaufhebungsvertrag dargetan. Der Anspruch ist jedoch aufgrund der von den Bekl. erklärten Aufrechnung mit dem Rückzahlungsanspruch der Mietkaution erloschen.
Kanzlei Prof. Schweizer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH © 2020
Impressum | Datenschutz | Cookie-Einstellungen