Nutzerwechsel

Gericht

KG


Art der Entscheidung

Beschluss


Datum

26. 06. 2002


Aktenzeichen

24 W 309/01


Leitsatz des Gerichts

Mangels anderweitiger Vereinbarung verstößt die Eigentümergemeinschaft angesichts der im Mietrecht umstrittenen Abrechnung von sog. Zwischenablesekosten nicht gegen Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn sie in der Jahresabrechnung die durch Nutzerwechsel in einzelnen Wohnungen entstehenden zusätzlichen Ablesekosten nicht vollständig auf die vom Nutzerwechsel betroffenen Wohnungseigentümer umlegt.

Tatbestand

Zum Sachverhalt:

Gelegentlich der Beschlussfassung die Übernahme des Fernsehkabelnetzes durch die Gemeinschaft und das Verbot von Parabolantennen am Gemeinschaftseigentum betreffend wurde beschlossen, und zwar ohne Mehrkosten, eine Kamera in jedem Eingang zu installieren, die es jedem Bewohner ermöglicht, den Eingangsbereich per Tastendruck vom Fernsehgerät aus einzusehen. Im Übrigen war hinsichtlich der Jahresabrechnung streitig, ob darin Nebenkosten für Messdienste, worin ein Teilbetrag für Nutzerwechsel und „Schätzung je Nutzer“ enthalten ist, zu Recht eingestellt sind, weil sie nicht den Veranlassern verbucht worden sind. Der Senat hat diese Frage bejaht, den Videoüberwachungsbeschluss aber als gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung verstoßend angesehen.

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

II. 8. Ohne Rechtsirrtum führt das LG aus, dass die Jahresabrechnung auch nicht bezüglich der Heizkosten zu beanstanden sei. Die Gesamtkosten von 106015,49 DM sind als tatsächliche Ausgaben ausgewiesen und deshalb unter dem Gesichtspunkt der Jahresabrechnung als tatsächlicher Einnahmen- und Ausgabenabrechnung nicht zu beanstanden. Insbesondere ist auch die Position Strom- und Messdienste nicht deswegen zu beanstanden, weil möglicherweise mindestens teilweise auch Kosten für Nutzerwechsel auf die Ast. umgelegt worden sind. Soweit die Verwaltung teilweise zusätzliche Kosten bei Messungen, die durch Nutzerwechsel entstanden sind, herausgerechnet und lediglich den betreffenden Wohnungseigentümern auferlegt hat, bei denen der Nutzerwechsel eingetreten ist, sind jedenfalls die Ast. dadurch nicht be- sondern entlastet. Soweit die Kosten für Messdienste bei Nutzerwechsel nicht vollständig auf die vom Nutzerwechsel betroffenen Wohnungseigentümer umgelegt worden sind, kann auch dies nicht beanstandet werden. Die Kosten zusätzlicher Messungen zählen nach §§ 7 II, 8 II HeizkostenVO zu den verbrauchsabhängigen Kosten. Allein mit der Kostenverursachung durch einen Nutzerwechsel ist noch nicht präjudiziert, dass diese zusätzlichen Kosten zwingend den veranlassenden Wohnungseigentümern aufzuerlegen sind. Denn den Vertrag mit dem Messdienst haben nicht einzelne Wohnungseigentümer abgeschlossen, sondern die Eigentümergemeinschaft insgesamt. Wenn sich also die Kosten durch zusätzliche Messleistungen erhöhen, ist dafür der sonst für die Heizkostenverteilung maßgebliche Verteilungsschlüssel anzuwenden. Die Verursachung allein ist noch kein Grund, von der allgemeinen Kostenverteilung abzugehen (vgl. BGHZ 92, 18 = NJW 1984, 2576). Insoweit bedürfte es einer besonderen Vereinbarung, die hier nicht ersichtlich ist. Auch aus § 9b HeizkostenVO lässt sich nichts anderes herleiten, weil dieser zwar eine Zwischenablesung nach Möglichkeit vorschreibt, die Kostenverteilung aber nicht abschließend regelt.

Im mietrechtlichen Schrifttum besteht ein bisher ungeklärter Streit, wem diese Zusatzkosten zuzuordnen sind. Dabei wird jedenfalls auch die Auffassung vertreten, dass sie gleichmäßig auf alle Mieter umgelegt werden dürfen (v. Seldeneck, Betriebskosten im MietR, Rdnr. 2327 m.w. Nachw.; Schmid, Miete u. Mietprozess, 3. Aufl., Rdnr. 1035). Der Senat lässt ausdrücklich offen, ob im Rahmen der Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung angesichts der Geringfügigkeit der zusätzlichen Messkosten eine Zuweisung an die verursachenden Wohnungseigentümer ebenfalls rechtlich noch vertretbar ist.

10. Ohne Rechtsfehler lehnt das LG die Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses zu TOP 7 ab, soweit er nicht die Kamera betrifft. Die Übernahme des Fernsehkabelnetzes durch die Gemeinschaft unter Kündigung der bisherigen Einzelverträge hält sich im Rahmen der Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung. Rechtlich unbedenklich weist das LG darauf hin, dass dieser Beschluss für den einzelnen Wohnungseigentümer weder die Verpflichtung enthält, sich an das Kabelnetz anschließen zu lassen, noch die Übernahme von Kosten, weil insoweit nur die Möglichkeit für jeden einzelnen Wohnungseigentümer besteht, sich zu den vorgesehenen Preisen dem privaten Kabelnetz anzuschließen. Eine Verpflichtung für die Wohnungseigentümer, sich dem Sammelvertrag anzuschließen, ist damit nicht gegeben.

Dagegen ist der abtrennbare und selbstständig zu bewertende Teil (§ 139 BGB) der Beschlussfassung zu TOP 7, dass in jedem Eingang eine Kamera installiert werden soll, die es jedem Bewohner ermöglicht, den Eingangsbereich per Tastendruck vom Fernsehgerät aus einzusehen, aus Rechtsgründen zu beanstanden und insoweit für ungültig zu erklären. Allerdings kann der Einbau eines Videoauges im Klingeltableau mit einem Durchmesser von 0,5 cm wohl kaum als unzulässige bauliche Veränderung i.S. des § 22 I WEG angesehen werden (so aber wohl Huff, NZM 2002, 89 [91]). Ebenso zweifelhaft ist die Annahme einer modernisierenden Instandsetzung, weil es sich um eine neuartige Technik handelt (vgl. Huff, NZM 2002, 89 [91f.]).

Jedenfalls schon im Rahmen der Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung ergeben sich aber durchgreifende rechtliche Bedenken, weil die Videoanlage, so wie sie nach dem Eigentümerbeschluss konzipiert ist, es technisch ermöglicht, dass ein Wohnungseigentümer den Hauseingang über sein Fernsehgerät ständig beobachtet, Videoaufzeichnungen herstellt und auswertet. Dadurch wird unzulässig in das Persönlichkeitsrecht der Mitbewohner eingegriffen, die ebenso wie ihre Besucher der ständigen Überwachung ausgeliefert werden, auch wenn nicht die Klingel zu einer bestimmten Wohnung benutzt wird. Damit folgt der Eigentümerbeschluss nicht den Vorgaben in § 6b BDSG, der mit Wirkung vom 23. 5. 2001 eingeführt worden ist (BGBl I, 904; s. dazu Huff, NZM 2002, 89 [90ff.]; Gerhold/Heil, DuD 2001, 377 [379f.]; und zur Videoüberwachung allg. OLG Karlsruhe, WuM 2000, 128; LG Berlin, NZM 2001, 207; LG Itzehoe, NJW-RR 1999, 1394; AG Schöneberg, GE 2001, 211; AG Wedding, WuM 1998, 342; Horst, NZM 2000, 937). Die Möglichkeit der andauernden Beobachtung durch jeden Bewohner geht über das hinaus, was zur Wahrnehmung des Hausrechts erforderlich ist, und beeinträchtigt die Persönlichkeitsrechte der sich im Eingangsbereich aufhaltenden Personen (§ 6b I Nr. 2 BDSG). Dass und wie der Umstand der Beobachtung und der verantwortlichen Stelle erkennbar gemacht wird (§ 6b II BDSG), legt der Eigentümerbeschluss nicht im Einzelnen fest. Schließlich regelt er auch nicht das erforderliche Löschen der Daten (§ 6b V BDSG).

Entgegen der Rechtsauffassung des LG kann das Gericht den Eigentümerbeschluss auch nicht unter Verweis darauf billigen, technische Vorrichtungen der Art seien denkbar, dass die Kamera nur dann eingeschaltet wird, wenn die Klingel benötigt (richtig wohl: betätigt) wird. Im Beschlussanfechtungsverfahren kann ein zu weit gefasster Eigentümerbeschluss regelmäßig nicht auf technisch begrenzte Überwachungsmöglichkeiten eingeschränkt und insoweit aufrechterhalten werden. Die technische Ausgestaltung muss vielmehr vor Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung im Einzelnen geklärt werden. Nur so können die Wohnungseigentümer die Bedeutung der zu treffenden Maßnahmen einschätzen.

Rechtsgebiete

Mietrecht