Beseitigung von in Vorwendezeit angebrachten Einbauten
Gericht
AG Zwickau
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
24. 03. 1999
Aktenzeichen
2 C 3496/98
Für die Beseitigung von Einbauten, die der Mieter in der Vorwendezeit angebracht hat, findet das ZGB der DDR Anwendung.
Die Kl. begehrte von dem ausgezogenen Bekl. 751,26 DM aus § 326 BGB, weil der Bekl. verpflichtet gewesen sei, gem. § 112 DDR-ZGB von ihm in die streitgegenständliche Wohnung eingebrachten Deckenplatten zu beseitigen. Die Klage hatte Erfolg.
1. Diese Beseitigungspflicht folgt zwar nicht direkt aus dem zwischen den Parteien geschlossenem Mietvertrag.
a) Zwar ist eine solche Verpflichtung zur Beseitigung und Wiederherstellung des alten Zustands in § 7 Mietvertrag geregelt, diese Verpflichtung bezieht sich nach ihrem Wortlaut jedoch nur auf bauliche Veränderungen, denen der Vermieter zugestimmt hat. Weiter entsteht eine solche Verpflichtung erst dann, wenn der Mieter die Anlage nicht dem Vermieter übergibt. Der Mieter hat also ein Wahlrecht, ob er die Anlage in der Mietwohnung gegen Werterstattung belässt oder sie entfernt. Eine solche Regelung soll sich - gerade im Interesse des Vermieters - nicht auf bauliche Veränderungen beziehen, denen der Vermieter nicht zugestimmt hat.
b) Gem. § 10 Nr. 1 Mietvertrag ist die Wohnung bei Auszug des Mieters „in
einem unter Berücksichtigung des normalen Verschleißes vertragsmäßigem Zustands“
zu übergeben. Diese Klausel ist auslegungsbedürftig. Die Verpflichtung muss
jedoch in Verbindung mit Nr. 3 desselben Paragrafen gelesen werden. Dort wird
Bezug genommen auf eine „Verpflichtung zur Beseitigung schuldhaft
herbeigeführter Mängel“. Auch in § 6 Nr. 2 Mietvertrag wird die
Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustands mit der Beseitigung von Mängeln
bzw. „Schäden aller Art“ gleichsetzt. Der Mietvertrag geht daher - auch durch
seine Untergliederung in die einzelnen Paragrafen - davon aus, dass bauliche
Veränderungen und Mängel bzw. Schäden unterschiedlich zu behandeln sind. Man
hätte eine Regelung hinsichtlich der Behandlung von baulichen Veränderungen,
denen der Vermieter nicht zustimmt, in § 7 Mietvertrag erwartet. Eine solche ist
jedoch nicht getroffen worden.
Es ist somit davon auszugehen, dass der
Mietvertrag gerade keine Regelung über die Beseitigung von baulichen Anlagen,
deren Vornahme der Vermieter nicht zugestimmt hat und die nicht gleichzeitig als
Schäden zu klassifizieren sind, enthält.
2. Eine Beseitigungspflicht des Bekl. folgt allerdings aus den gesetzlichen Regelungen. Im vorliegenden Fall ergibt sich die Beseitigungspflicht direkt aus § 112 II DDR-ZGB.
a) Das Gericht geht im vorliegenden Fall nicht von der Anwendung der Regelungen des BGB aus. Anerkanntermaßen beinhaltet die aus § 556 BGB kommende Räumungspflicht auch die Beseitigung von baulichen Veränderungen, sofern die Mietparteien nichts anderes vereinbart haben (vgl. Sternel, MietR, 3. Aufl., IV Rdnrn. 595f.). Nach Ansicht des Gerichts sind jedoch die zu § 556 I BGB entwickelten Grundsätze zur Beseitigung baulicher Veränderungen nicht anzuwenden, soweit es sich um bauliche Veränderungen handelt, die der Mieter zeitlich vor der Deutschen Einheit vorgenommen hat.
Gem. Art. 232 § 2 I EGBGB richten sich Mietverhältnisse, die vor dem Beitritt
geschlossen wurden, von dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens an nach den
Vorschriften des BGB. Art. 232 § 2 EGBGB ordnet demgemäß keine echte Rückwirkung
an, sondern das neue Recht soll lediglich für die nach Wirksamwerden des
Beitritts entstandene Rechte und Pflichten nicht dagegen für die davor liegenden
abgeschlossenen Sachverhalte herangezogen werden (so BGHZ 134, 170 = DtZ 1997,
118 = NJ 1997, 249). Würde man Art. 232 § 2 EGBGB anders auslegen, liefe dies
auf eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung der Norm hinaus (s. BGHZ
134, 170 = DtZ 1997, 118 = NJ 1997, 249).
Eine Beseitigungspflicht nach § 556
BGB entsteht grundsätzlich bereits mit Vornahme der baulichen Veränderung,
aufschiebend bedingt durch die Beendigung des Mietverhältnisses. Eine
Beseitigungspflicht nach § 112 II DDR-ZGB entsteht jedoch bereits generell mit
Vornahme der baulichen Veränderung. Damit sind die für den Vertrauensschutz
maßgeblichen Handlungen die einzelnen baulichen Maßnahmen. Hieraus ist zu
folgern, dass das Recht, das im Zeitpunkt der Vornahme galt, anzuwenden ist. Das
ist im vorliegenden Fall das DDR-ZGB. Maßstab für die Frage der Beseitigung ist
insoweit § 112 II DDR-ZGB.
b) Eine Beseitigungspflicht entsteht nach ZGB dann nicht, wenn die bauliche Veränderung zu einer Wertverbesserung der Wohnung geführt hat, die im gesellschaftlichen Interesse liegt. Eine im gesellschaftlichen Interesse liegende Verbesserung der Wohnung ist dann nicht gegeben, wenn die bauliche Veränderung auf die Befriedigung eines nur in der Person des Mieters bestehenden Bedürfnisses gerichtet und deshalb für die nachfolgenden Mieter wertlos ist. Ist eine bauliche Veränderung zwar nicht fachgerecht durchgeführt worden, jedoch eine Wohnwertverbesserung zu bejahen, so ist „nach den Auswirkungen zu entscheiden, ob der Mieter den früheren Zustand wiederherzustellen hat oder ob er berechtigt und verpflichtet ist, die zur ordnungsgemäßen Bauausführung erforderlichen Maßnahmen auch auszuführen“ (so Komm. z. ZGB d. DDR 1975 u.z. EGZGB d. DDR 1975, hrsg. vom Ministerium der Justiz der DDR, § 112, 2). Im Übrigen kommt bei einer nicht fachgerechten Bauausführung auch ein Schadensersatzanspruch in Betracht.
Entsprechend der vorstehenden Grundsätze hält das Gericht eine Beseitigungspflicht des Bekl. hinsichtlich der hier streitgegenständlichen Deckenplatten für gegeben. Deckenplatten dienen grundsätzlich dem Bedürfnis des Vornehmenden und sind unter die Rubrik Renovierungsmaßnahmen zu fassen und stellen daher keine objektive Wohnwertverbesserung dar, von der ein Nachmieter potenziell profitieren konnte. Durch die Deckenplatten wurde weder eine erhöhte Wärmedämmung erreicht, noch wurde eine schadhafte Decke ausgebessert, die eine solche Verbesserung des Wohnwerts rechtfertigen würde. Es kann insoweit demnach auch dahinstehen ob die Deckenplatten ordnungsgemäß angebracht waren oder nicht. Es fehlt insoweit bereits an einer objektiven Verbesserung.
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