Zurückbehalten der Kaution wegen nicht abgerechneter Betriebskosten
Gericht
LG Berlin
Art der Entscheidung
Berufungsurteil
Datum
08. 12. 1998
Aktenzeichen
63 S 150/98
Gestützt auf eine Mietvertragsklausel kann ein Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses verlangen, daß die Kaution sechs Monate nach Rückgabe der Mieträume zur Rückzahlung fällig ist. Nach Ablauf dieses Zeitraums kann er mit seinem Kautionsrückzahlungsanspruch gegen noch offene Forderungen des Vermieters auf Nutzungsentschädigung aufrechnen. Dem Vermieter steht kein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Kaution für Wohnraum aufgrund ausstehender Betriebskostenabrechnungen zu.
Der Kl., früherer Vermieter des Bekl., hat, nachdem die Wohnung am 30. 1. 1997 zwangsgeräumt worden war, von seinen mit Schreiben vom 16. 9. 1996 geltend gemachten Forderungen den Anspruch auf Nutzungsentschädigung für die Zeit von Mai bis August 1996 in Höhe von 2069 DM klagend geltend gemacht. Mit Schriftsatz vom 17. 12. 1997 hat der Bekl. mit seinem Anspruch auf Rückzahlung der Kaution aufgerechnet.
Die Klage hatte in beiden Instanzen keinen Erfolg.
Dem Kl. steht aus § 557 I BGB ein weiterer Anspruch auf Nutzungsentschädigung für Mai bis August 1996 in Höhe von insgesamt noch 2069 DM nicht zu. Das AG hat zutreffend ausgeführt, daß die Klageforderung in dieser Höhe durch die im Schriftsatz des Bekl. vom 17. 12. 1997 erklärte Aufrechnung mit dem Anspruch auf Rückzahlung der Kaution einschließlich Zinsen gem. § 389 BGB erloschen ist. Dieser Anspruch war nicht bereits durch eine vorherige Aufrechnung durch den Kl. erloschen. In dem Schreiben des Kl. vom 16. 9. 1996, mit dem er die von ihm geltend gemachten Ansprüche beziffert, ist eine Aufrechnungserklärung nicht enthalten. Denn er fordert den Bekl. zur Zahlung des gesamten geltend gemachten Betrags auf, ohne insoweit Abzüge im Hinblick auf die Kaution zu machen.
Entgegen der Auffassung des Kl. war der Rückzahlungsanspruch des Bekl. auch fällig. Die Rückgabe ist durch Zwangsräumung am 30. 1. 1997 erfolgt. Zwar ist dem Vermieter nach Beendigung des Mietvertrags eine angemessene Frist einzuräumen, innerhalb der er sich zu entscheiden hat, ob und in welcher Weise er die Kaution zur Abdeckung seiner Ansprüche verwenden will (BGHZ 101, 244 = NJW 1987, 2372). Diese Frist war aber jedenfalls im Dezember 1997 abgelaufen. Denn die Parteien haben in § 6.1 Mietvertrag ausdrücklich vereinbart, daß die Rückzahlung der Kaution sechs Monate nach Rückgabe der gemieteten Räume fällig ist, wenn der Vermieter sie nicht für den Sicherungszweck in Anspruch nimmt. Der Bekl. durfte danach eine entsprechende ausdrückliche Erklärung des Kl. erwarten. Auch in dem oben bereits erwähnten Schreiben vom 16. 9. 1996, mit dem der Kl. Ansprüche in einer Höhe geltend gemacht und beziffert hat, welche die Kaution um ein Vielfaches übersteigen, macht er insoweit weder ein Zurückbehaltungsrecht geltend noch verrechnet er die Kaution.
Der Kl. kann sich nicht darauf berufen, zur weiteren Zurückbehaltung der Kaution wegen der damals noch ausstehenden Betriebskostenabrechnungen für 1995 und 1996, die inzwischen unter dem 20. 4. 1998 bzw. 21. 4. 1998 erteilt worden sind, berechtigt gewesen zu sein. Denn Betriebskostennachforderungen fallen nicht unter den Sicherungszweck einer im Rahmen eines Wohnraummietverhältnisses vereinbarten Kaution. Zwar hat das OLG Hamburg (NJW-RR 1988, 651) entschieden, daß auch offene Nebenkostenabrechnungen zur Zurückbehaltung einer Kaution berechtigen können. Die Entscheidung betrifft aber die Vereinbarung einer Kaution in einem Pachtvertrag für Gewerberäume. Für Wohnraummietverhältnisse besteht jedoch eine zwingende gesetzliche Sonderregelung in § 550b BGB. In Abs. 1 S. 2 dieser Vorschrift ist dabei ausdrücklich bestimmt, daß bei der Höhe der Kaution abzurechnende Nebekostenvorschüsse nicht zu berücksichtigen sind. Daraus ergibt sich jedenfalls für Wohnraummietverhältnisse, daß ausstehende Nachforderungen für Nebenkosten nicht vom Sicherungszweck der Kaution umfaßt werden. Der Deckung der entstehenden Kosten dienen vielmehr die vereinbarten Vorschüsse, die der Vermieter in Höhe der voraussichtlich entstehenden Kosten verlangen kann (vgl. LG Darmstadt, WuM 1987, 273; AG Offenbach, WuM 1986, 117; AG Aachen, ZMR 1986, 315). Insoweit haben die Parteien auch in § 3 V Mietvertrag vereinbart, daß der Kl. für die Nebenkosten monatliche Vorauszahlungen in Höhe eines 2 des voraussichtlichen Jahresbedarfs verlangen kann.
Dies korrespondiert letztlich auch mit dem Ziel, daß Ansprüche aus einem beendeten Mietverhältnis zügig abzuwickeln sind. Das entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, der in der kurzen Verjährungsfrist in § 558 BGB zum Ausdruck kommt. Im allgemeinen wird deshalb eine Frist zur Abrechnung über die Kaution von etwa drei bis sechs Monaten nach Rückgabe der Mietsache als angemessen angesehen, innerhalb welcher der Vermieter die ihm noch zustehenden Ansprüche überprüfen muß. Nebenkostenabrechnungen sind aber, wenn zwischen den Vertragsparteien nichts anderes vereinbart ist, regelmäßig erst ein Jahr nach Ablauf des Abrechnungszeitraums fällig. Deshalb würde frühestens nach zwölf, im ungünstigsten Fall sogar erst nach 23 Monaten Gewißheit über das Schicksal der Kaution bestehen, wenn diese auch zur Sicherung solcher Nachforderungen diente. Hinzu kommt, daß auch unter Berücksichtigung von Kostensteigerungen die Nachforderungen bei sorgfältig kalkulierten Vorauszahlungen im allgemeinen in einer Höhe liegen, die ein weiteres Sicherungsbedürfnis über die Vorauszahlungen hinaus nicht ohne weiteres erkennen lassen.
Selbst wenn man aufgrund von etwaigen noch nicht fälligen Nebenkostennachforderungen grundsätzlich ein Zurückbehaltungsrecht des Vermieters an der vom Mieter geleisteten Kaution anerkennen sollte (LG Kassel, WuM 1989, 511; Kinne/Schach, MietvertragsR, § 550b BGB Rdnr. 19), ist dieses im Hinblick auf die Höhe der normalerweise zu erwartenden Nachforderung jedenfalls nicht in Höhe der gesamten Kaution gerechtfertigt. Das hätte indes zur Folge, daß der Vermieter in diesem Fall bei Fälligkeit des Kautionsrückzahlungsanspruchs hierüber abzurechnen hat und dabei klarstellen muß, ob und ggf. in welchem Umfang er von einem etwaigen weiteren Zurückbehaltungsrecht Gebrauch macht. Nur so ist der Mieter in der Lage, die Angemessenheit des Einbehalts zu überprüfen und den verbleibenden Kautionsrückzahlungsanspruch geltend zu machen.
Eine derartige Abrechnung hat der Kl. indes nicht vorgenommen, so daß auch in diesem Fall die Fälligkeit des Kautionsrückzahlungsanspruchs nicht eingeschränkt ist und die Aufrechnung des Bekl. zum Erlöschen der Klageforderung im oben dargelegten Umfang geführt hat.
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