Vorzeitige Entlassung des Mieters aus Mietvertrag

Gericht

OLG Karlsruhe


Art der Entscheidung

Rechtsentscheid


Datum

25. 03. 1981


Aktenzeichen

3 RE-Miet 2/81


Leitsatz des Gerichts

Der Vermieter ist nur dann verpflichtet, den Mieter, der ihm einen geeigneten Nachmieter stellt, vorzeitig aus dem auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Wohnungsmietvertrag zu entlassen, wenn das berechtigte Interesse des Mieters an der Aufhebung dasjenige des Vermieters am Bestand des Vertrages ganz erheblich überragt. Diese Voraussetzungen sind in der Regel nicht gegeben, wenn der Mieter aufgrund einer auf die Veränderung seiner Wohnungssituation abzielenden freien Entscheidung das Interesse an der bisherigen Wohnung verloren hat.

Tatbestand

Auszüge aus dem Sachverhalt:

Durch Mietvertrag vom 6. 4. 1975 mieteten die Kl. ein den Bekl. gehörendes Einfamilienhaus. Das Mietverhältnis sollte vom 1. 5. 1975 bis 30. 4. 1980 dauern und sich danach auf unbestimmte Zeit verlängern, wenn es nicht unter Einhaltung der gesetzlichen Frist gekündigt wurde. Das vorzeitige Kündigungsrecht des Mieters nach § 549 BGB wurde ausgeschlossen. Am 8. 3. 1978 kaufte der Erstkl. ein Grundstück, auf dem er ein Haus errichten ließ. Im August 1978 informierten die Kl. die Bekl. darüber und baten um Entlassung aus dem Mietvertrag zum Jahresende, da sie ihr Eigenhiem dann beziehen wollten. Sie benannten zwei Nachmieter, die nach ihrer Behauptung bereit waren, in den Mietvertrag zu denselben Bedingungen bis zum 30. 4. 1980 einzutreten. Am 30. 12. 1978 sind die Kl. aus dem gemieteten Haus ausgezogen. Die Bekl. lehnten jedoch ihr Ersuchen, die Wohnung zu übernehmen, ab und schickten die übersandten Schlüssel zurück. Die Kl. haben vor dem AG beantragt festzustellen, daß sie ab 1. 1. 1979 nicht mehr aus dem Mietvertrag vom 6. 4. 1975 verpflichtet sind.

Das AG hat festgestellt, daß den Bekl. gegenüber den Kl. aus dem Mietvertrag keine Ansprüche zustehen, die auf einer Fortgeltung des Vertrages über den 31. 12. 1978 hinaus beruhen. Das LG hat dem Senat folgende Fragen zum Rechtsentscheid vorgelegt:

(1) Kann ein Mieter von einem Vermieter bei einem noch länger dauernden Mietverhältnis unter der Voraussetzung, daß er dem Vermieter geeignete und zumutbare Nachmieter stellt, verlangen, daß der Vermieter ihn durch einen Mietaufhebungsvertrag aus dem Mietvertrag entläßt, falls er ein berechtigtes Interesse an der Aufhebung des Mietvertrages nachweist?

(2) Bei Bejahung der Rechtsfrage zu 1: Kann der Vermieter bei einem noch länger dauernden Mietverhältnis, auch wenn der Mieter ein berechtigtes Interesse an der Aufhebung des Vertrags nachweist und geeignete und zumutbare Nachmieter stellt, die Aufhebung des Mietvertrages und den Abschluß eines neuen Vertrages mit einem Mietnachfolger deshalb ablehnen, weil zwischen ihm und dem Mieter Streit über sonstige Ansprüche aus dem Mietvertrag besteht, die nicht im Zusammenhang mit der gewünschten Vertragsaufhebung stehen?

Über die Vorlage war wie aus dem Leitsatz ersichtlich zu entscheiden.

Entscheidungsgründe

Auszüge aus den Gründen:

... III. Im Gegensatz zum vorlegenden Gericht ist der Senat jedoch der Ansicht, daß nicht jedes berechtigte Interesse des Mieters an der Auflösung des Mietvertrages den Vermieter verpflichtet, den Vertrag aufzuheben, sofern ihm ein geeigneter Nachmieter gestellt wird.

1. Das BGB regelt in keiner Bestimmung ausdrücklich, ob und unter welchen Voraussetzungen der Vermieter von Räumen verpflichtet ist, den Mieter vorzeitig gegen Stellung eines Nachmieters aus dem Vertrag zu entlassen. § 552 BGB bestimmt lediglich, daß der Mieter durch Hinderung an der Ausübung des Gebrauchsrechts nicht schon von der Entrichtung des Mietzinses befreit wird, der Vermieter sich jedoch einen aus anderweitiger Verwertung tatsächlich errungenen Vorteil anrechnen lassen muß. Die Frage ist daher außerordentlich umstritten.

Die früher überwiegende Meinung folgerte aus dem Grundsatz des „pacta sunt servanda“ und dem Fehlen einer gesetzlichen Ausnahmeregelung, daß der Vermieter den Mieter grundsätzlich am Vertrag festhalten darf und keine Pflicht zur anderweitigen Vermietung hat. Ausnahmen wurden meist nur unter den außerordentlich seltenen Voraussetzungen der Schikane oder sittenwidrigen Schädigung anerkannt (vgl. OLG Köln, Glaser, Entscheidungen 1969, 129; LG Hamburg, MDR 1969, 670; AG Hamburg, ZMR 1969, 57; Roquette, Das MietR des BGB, § 552 Rdnr. 15, unter Hinweis auf die damals aktuellen Stellungnahmen in den Kommentaren zum BGB). Zwar ist heute nach einhelliger Meinung das Problem unter Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu lösen. Gleichwohl gehen die Meinungen, wann der Mieter bei Stellung eines einwandfreien Nachmieters die Aufhebung des auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Mietvertrages verlangen kann, weit auseinander. Eine Reihe von Autoren verlangt ein dringendes berechtigtes Interesse, z. B. Krankheit und berufliche Versetzung (vgl. Soergel-Kummer, BGB 11. Aufl., § 552 Rdnr. 11; RGRK, 12. Aufl., § 552 Rdnr. 6; Hurst, ZMR 1971, 268; wohl auch Staudinger-Emmerich, BGB, 12. Aufl., § 552 Rdnrn. 33 f.). Andere lassen allgemein jedes berechtigte Interesse genügen (Voelskow, in: MünchKomm, § 552 Rdnr. 9; Schmidt=Futterer-Blank, B 105 ff.; Häring, WuM 1970, 177; OLG Hamburg, WuM 1976, 205; LG Flensburg, WuM 1976, 161), wobei teilweise auch der Wunsch, eine komfortablere oder kostengünstigere Wohnung zu beziehen, als genügend angesehen wird (Sternel, MietR, 2. Aufl., IV 226; Schmidt=Futterer, NJW 1970, 917; Röhrmann, NJW 1971, 787). Schließlich wird die Meinung vertreten, der Vermieter handle ohne Rücksicht auf die Auszugsgründe des Mieters schon dann gegen Treu und Glauben, wenn er den unbedingt auszugswilligen Mieter am Vertrag festhält, obwohl ein geeigneter Ersatzmieter zur Verfügung steht (Hönn, WuM 1969, 179; Weimar, ZMR 1978, 129; LG Hannover, WuM 1975, 242; LG Darmstadt, WuM 1976, 118).

2. Die Materialien zum BGB ergeben deutlich, daß der Gesetzgeber bewußt von einer Verpflichtung des Vermieters, einen Nachmieter zu akzeptieren, abgesehen hat. Nicht einmal die Regelung des § 615 S. 2 BGB, daß auch der böswillig unterlassene Erwerb anzurechnen ist, wurde in den § 552 BGB übernommen; selbst die Befugnis zur Untervermietung wurde entgegen dem gemeinen Recht eingeschränkt (Prot. II, 186 f.; Mot. II zu §§ 518, 561 BGB; vgl. auch Röhrmann, NJW 1971, 787). Der allgemeine Grundsatz des bürgerlichen Rechts, daß Verträge einzuhalten sind, gilt daher auch im Wohnraummietrecht uneingeschränkt. Dies folgt ebenfalls aus der Regelung des § 570 BGB, die nur dann von Bedeutung ist, wenn man von einer grundsätzlichen persönlichen Bindung des Mieters an den Vertrag ausgeht. Die vorzeitige Lösung des Mieters von einem auf bestimmte Zeit abgeschlossen Vertrag kann daher nur ausnahmsweise in Betracht kommen. Die herrschende Meinung sucht dabei die Lösung mit Recht über § 242 BGB.

3. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen dem Mieter die vorzeitige Auflösung des auf bestimmte Zeit geschlossenen Vertrages möglich sein muß, kann allerdings nicht allein mit Blick auf die Gesetzesgeschichte beurteilt werden. Gerade das Mietrecht hat seit der Entstehung des BGB einen durchgreifenden Wandel erfahren. Die Normen des Art. 14 II GG (Sozialbindung des Eigentums) und des Art. 20 I GG (sozialer Rechtsstaat) verpflichten dazu, die außerordentliche Bedeutung, die die Wohnung als existenzieller Lebensmittelpunkt für den Mieter hat, nachhaltig zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber hat dem insbesondere durch die Schaffung des sozialen Mietrechts Rechnung getragen. Eine angemessene Lösung kann daher im Rahmen des § 242 BGB nur gefunden werden, wenn die berechtigten Interessen beider Vertragsteile an Bestand und Aufhebung eines derartigen Mietvertrages eingehend gewürdigt werden. Auch die Einbeziehung der berechtigten Interessen des Vermieters und des Mieters in die Abwägung führt jedoch zu dem Ergebnis, daß der Vermieter allein durch das Festhalten am Vertrag nicht gegen Treu und Glauben verstößt (im Ergebnis ebenso OLG Oldenburg, Beschl. v. 19. 2. 1981 - 5 UH 12/80).

Der Vermieter, der einen längerfristigen Mietvertrag abschließt, möchte sich dadurch in der Regel vor häufigem Mieterwechsel schützen. Jede Abwicklung eines beendeten Mietverhältnisses wirft Fragen auf, über die es erfahrungsgemäß nicht selten zu erheblichen Meinungsverschiedenheiten kommt. Das gilt insbesondere für die Regelung der Renovierung und des Umfangs der vom Mieter vorzunehmenden Instandsetzungsarbeiten. Gerade in diesem Bereich drohen dem Vermieter bei einem Mieterwechsel Rechtsnachteile. Ist in dem Mietvertrag die Übernahme der Schönheitsreparaturen am Ende der Laufzeit durch den Mieter vereinbart, hat der Ersatzmieter aber die Wohnung während eines Zeitraums bewohnt, nach dessen Ablauf in der Regel noch keine Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen besteht, läuft der Vermieter Gefahr, die Wohnung in einem schlechteren Zustand als bei Fortgeltung des ursprünglichen Mietvertrags zurückzuerhalten, und wird Mühe haben, seine Ansprüche, ohne einen Rechtsstreit zu führen, durchzusetzen.

Der Vermieter kann auch bei Aufnahme eines neuen in jeder Hinsicht zuverlässig erscheinenden Mieters nie schon mit hinreichender Sicherheit beurteilen, ob sich zu diesem ein ungestörtes Vertragsverhältnis entwickeln wird. Die Persönlichkeit eines Vertragspartners läßt sich häufig erst zutreffend beurteilen, wenn das Dauerrechtsverhältnis schon eine Zeitlang in Kraft ist. Dann zeigen sich manchmal Eigenschaften, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Hausfriedens oder einer übermäßigen Abnutzung der Mietsache führen. Auf diese Weise kann im Einzelfall eine beträchtliche Belastung für den Vermieter eintreten, mit der er ursprünglich nicht zu rechnen brauchte und die zu beseitigen ihm erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Bei einem Mietvertrag über Wohnräume hängt der ungestörte Vertragsablauf häufig in einem Maße wie bei wenigen anderen Verträgen von dem persönlichen Verhältnis der Vertragspartner zueiander ab, das wiederum von vielen Einzelfaktoren, die vorher nicht alle berechenbar sind, beeinflußt wird. Für den Vermieter ist es daher meistens von erheblicher Bedeutung, mit welcher Person er es als Mieter zu tun hat.

Der Abschluß des auf bestimmte Zeit eingegangenen Mietvertrages bietet dem Mieter aber auch erhebliche Vorteile, die jener anders in der Regel nicht erlangen kann. Ihm kann nur gekündigt werden, wenn die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung gegeben sind. Der Vermieter darf den Vertrag also insbesondere nicht deshalb vorzeitig auflösen, weil er die Wohnung selbst benötigt oder durch die Vermietung an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert ist (§ 564b II Nrn. 2, 3 BGB). Das Gesetz verlangt also in diesem Falle vom Vermieter, selbst dann den Mietvertrag einzuhalten, wenn er dadurch erhebliche wirtschaftliche Nachteile erleidet. Der langfristige Mietvertrag ist also grundsätzlich geeignet, beiden Vertragsparteien Vorteile zu bringen. Er wird daher vom Mieter regelmäßig nicht lediglich deshalb geschlossen, weil er auf andere Weise keine andere Wohnung bekommen kann und sich insoweit notgedrungen dem Willen des Vermieters beugen muß. Schon wegen der auf diese Weise erlangten Verbesserung seiner Rechtsstellung ist es nicht unbillig, daß der Mieter in aller Regel an diesen Vertrag gebunden bleibt. Es entspräche keiner gerechten Interessenabwägung, wenn er trotz der Vorteile, die ihm die Zeitbestimmung geboten hat, und der berechtigten Belange des Vermieters den Vertrag jederzeit bei Benennung eines geeigneten Ersatzmieters auflösen könnte.

4. Aus dem Gesagten folgt, daß der Vermieter in der Regel durch die Ablehnung eines geeigneten Nachmieters auch dann nicht gegen Treu und Glauben verstößt, wenn der Mieter nur deshalb ausziehen will, weil er eine qualitativ bessere, billigere, verkehrsgünstigere oder aus ähnlichen Gründen für ihn wirtschaftlich besser geeignete Wohnung beziehen möchte. Durch den Abschluß des befristeten Mietvertrages hat der Mieter bewußt eine Beschneidung seiner Entschließungsfreiheit im Wohnbereich hingenommen. An dieser Entscheidung muß er sich festhalten lassen. Rein wirtschaftliche Erwägungen oder Wünsche nach persönlichen Annehmlichkeiten sind im bürgerlichen Recht an keiner Stelle als geeignete Gründe, sich von einem Vertragsverhältnis vorzeitig zu lösen, anerkannt. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH kann ein Dauerschuldverhältnis nur dann vor Ablauf der vereinbarten Zeit unter Berufung auf § 242 BGB gekündigt werden, wenn die Durchführung des Vertrages dem Verpflichteten aufgrund von Umständen, die nicht in seinen Verantwortungsbereich fallen, nicht mehr zumutbar ist (vgl. BGHZ 50, 312). Es ist kein Grund ersichtlich, warum allein im Wohnraummietrecht solche lediglich auf verständlichen persönlichen Wünschen einer Vertragspartei beruhenden Motive bereits zur Vertragsauflösung ausreichen sollten. Das kann auch in Anbetracht der zu treffenden Interessenabwägung nicht angehen; denn diese Gesichtspunkte sind grundsätzlich nicht wesentlich gewichtiger als die dargelegten Beweggründe des Vermieters, am Vertrag festzuhalten. Im übrigen würde die Anerkennung derartiger Motive als ein berechtigtes Interesse an der Vertragsauflösung im Ergebnis praktisch dazu führen, daß der Mieter bei Stellung eines Ersatzmieters aus fast jedem befristeten Mietvertrag vorzeitig entlassen werden muß. In aller Regel zieht ein Mieter nur dann in eine neue Wohnung um, wenn diese gegenüber der alten in irgendeiner Hinsicht einen wesentlichen Vorteil bringt, so daß er praktisch immer einen vernünftigen und vertretbaren Grund für sein Begehren, das bisherige Mietverhältnis zu beenden, geltend machen kann. Die weitere Bindung an den Mietvertrag führt zudem für den Mieter in der Regel selbst dann nicht zu einer wirtschaftlichen Härte, wenn er sich gleichwohl entschließt, eine andere Wohnung zu beziehen. Der Mieter hat dann gem. § 549 I BGB die Möglichkeit, vom Vermieter die Erlaubnis zur Untervermietung zu verlangen und bei deren Verweigerung das Mietverhältnis nunmehr unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (§ 565 BGB) zu kündigen. Hat der Mieter dagegen bei Vertragsschluß auf dieses Recht verzichtet, so geht es nicht an, ihm wegen dieses zusätzlich übernommenen Risikos die Aufhebung des Mietvertrages zu erleichtern, zumal ihm immerhin der nichtabdingbare Anspruch aus § 549 II BGB verbleibt. Zu den danach unbeachtlichen Beweggründen zählt auch der Wunsch der Kl. dieses Rechtsstreits, ihr während des Mietvertrags fertiggestelles Haus selbst zu beziehen. Auch in diesem Falle hat der Wille, den Vertrag zu beenden, seine Ursache in einer das eigene Wohnen betreffenden persönlichen Willensentschließung des Mieters. Insoweit ist jedoch seine Entschließungsfreiheit durch das auf feste Zeit eingegangene Mietverhältnis beschnitten worden. Das Interesse des Mieters, der inzwischen selbst ein Eigenheim errichtet hat, den Mietvertrag aufzuheben, ist zudem - von Gründen persönlicher Annehmlichkeit abgesehen - regelmäßig rein wirtschaftlicher Art und wiegt nicht schwerer als dasjenige des Vermieters. Im übrigen wird es dem Mieter in der Regel möglich sein, einen Mieter für sein eigenes Haus zu finden, solange er noch an den Mietvertrag gebunden ist. Es ist nicht einzusehen, warum es dem Vermieter eher zuzumuten sein soll, für die restliche Laufzeit des Vertrages einen Ersatzmieter zu akzeptieren, als dem Mieter, während dieser Zeit sein eigenes Haus zu vermieten.

5. Der Vermieter verstößt erst dann gegen Treu und Glauben, wenn er auf der Wahrung seiner Interessen besteht, obwohl diejenigen des Mieters weitaus gewichtiger sind und ihnen daher uneingeschränkt der Vorrang gebührt. Diese Voraussetzungen sind aber in der Regel erst dann gegeben, wenn dem Mieter aufgrund von Ereignissen, die er nicht mit dem Ziel, seine Wohnungssituation zu verändern, bewußt herbeigeführt hat, das Festhalten an der Wohnung unzumutbar geworden ist. In der Literatur werden dazu als treffende Beispiele schwere Krankheit sowie ein beruflich bedingter Ortswechsel genannt. Auch durch eine wesentliche Vergrößerung der Familie des Mieters kann die Situation eintreten, daß das Bedürfnis nach einer Verlegung des Lebensmittelpunkts so dringend wird, daß die berechtigten Belange des Vermieters dahinter zurücktreten müssen. Zwar liegen auch jene Gründen in der Risikosphäre des Mieters. Da der Anspruch auf Aufhebung des Mietvertrags aber von der Stellung eines geeigneten Nachmieters abhängig ist, erscheint es in derartigen Fällen wegen der außerordentlichen sozialen und wirtschaftlichen Bedeutung der Wohnung für den Mieter in der Regel gerechtfertigt, den Vermieter zur vorzeitigen Vertragsauflösung zu verpflichten. Eine abschließende Aufzählung aller in Frage kommenden Gründe ist sicher nicht möglich und auch nicht erforderlich ...

Rechtsgebiete

Mietrecht