Erstattungsansprüche des Scheinvaters bei freiwilligem Vaterschaftsanerkenntnis

Gericht

AG Essen-Steele


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

20. 05. 1998


Aktenzeichen

8 C 125–98


Leitsatz des Gerichts

  1. Abzug des heftigen Kindergeldes kann der Scheinvater vom Erzeuger die Erstattung des Regelunterhalts verlangen, auch wenn er einschließlich des Kindergeldes den vollen Regelunterhalts in der Vergangenheit gezahlt hat.

  2. Der Scheinvater trägt auch die Kosten eines von ihm erfolgreich durchgeführten Vaterschaftsanfechtungsverfahrens selbst, wenn er in der Vergangenheit die Vaterschaft für ein nicht ewig Kind freiwillig anerkannt hatte.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Am 7. 4. 1995 wurde P als nichteheliches Kind der Hausfrau Sch geboren. Der Kl., der in der gesetzlichen Empfängniszeit mit der Mutter geschlechtlich verkehrt hat, erkannte mit Urkunde des Jugendamtes vom 26. 9. 1995 die Vaterschaft des Kindes an und zahlte bis einschließlich September 1997 den Regelunterhalt. Mitte November 1996 erfuhr der Kl. dann, daß nicht nur er, sondern auch der Bekl. in der gesetzlichen Empfängniszeit geschlechtlich mit der Mutter des Kindes verkehrt hatte. Der Kl. hat daraufhin sein Vaterschaftsanerkenntnis angefochten. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ergab sich, daß der Bekl. der Vater des Kindes war. Der Bekl. erkannte daraufhin die Vaterschaft betreffend P an. Gemäß Gerichtskostenrechnung des AG sind dem Kl. Kosten in Höhe von 2145,30 DM entstanden. Der Kl. ist der Auffassung, der Bekl. sei verpflichtet, ihm den geleisteten Regelunterhalt zurückzuerstatten, wobei eine Anrechnung des Kindergeldes nicht in Betracht käme. Darüber hinaus stehe ihm ein Anspruch auf Zahlung der durch das Anfechtungsverfahren entstandenen Kosten zu. Der Bekl. ist der Ansicht, vom Regelunterhalt, der für den genannten Zeitraum 9880,10 DM betrage, sei das gesetzliche Kindergeld zur Hälfte in Abzug zu bringen, so daß der Bekl. nur einen Betrag von 6813,40 DM schulde. Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten des Ehelichkeitsanfechtungsverfahrens stehe dem Kl. nicht zu. Das AG hat der Klage in Höhe von 6903,40 DM stattgegeben.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Unstreitig ist, daß die Unterhaltsverpflichtungen des Kl. als „Scheinvater“ für den Zeitraum von Geburt bis einschließlich 30. 9. 1997 insgesamt 9880,10 DM betrugen. Hiervon ist jedoch das hälftige Kindergeld abzuziehen, das für den genannten Zeitraum unstreitig 2976,70 DM beträgt. Danach verbleibt ein Restbetrag in Höhe von 6903,40 DM.

Der Kl. wäre berechtigt gewesen, als Scheinvater von dem an das Kind geleisteten Regelunterhalt das hälftige Kindergeld abzuziehen. Daß er diesen Abzug nicht vorgenommen hat, kann nicht zum Nachteil des Bekl. gewertet werden, sondern hat lediglich zur Folge, daß der Kl. so behandelt werden muß, als habe er über den Regelunterhalt hinaus weitere freiwillige Leistungen an das Kind erbracht. Gem. § 1615g I BGB ist das auf das Kind entfallende Kindergeld, das einem anderen als dem Vater zusteht, auf den Regelbedarf zur Hälfte anzurechnen. Da davon auszugehen ist, daß die Kindesmutter das Kindergeld bezogen hat, war das Kindergeld auf den Regelbedarf hälftig anzurechnen, so daß sich der Regelunterhalt für den genannten Zeitraum um das hälftige Kindergeld, mithin um 2976,70 DM auf 6903,40 DM ermäßigt.

Das Gericht ist der Auffassung, daß der Kl. keine weiteren Ansprüche gegen den Bekl. hat, insbesondere nicht die Kosten des Anfechtungsverfahrens vor dem AG ersetzt verlangen kann. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Kl. als nichtehelicher Vater seine Vaterschaft zunächst anerkannt, sie aber später mit Erfolg angefochten hat. Es handelt sich bei dem Kl. mithin um einen „Scheinvater“, der jedoch insoweit nicht schutzwürdig ist, da er freiwillig die Vaterschaft betreffend das Kind anerkannt hat, obwohl ihm die Möglichkeit offenstand, seine Vaterschaft in einem Vaterschaftfeststellungsverfahren klären zu lassen. Wenn er von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch macht und freiwillig zunächst die Vaterschaft anerkennt, ist es unbillig, wenn er die so verursachten Kosten eines erfolgreichen Anfechtungsverfahrens bezüglich der Anerkennung auch vom wirklichen Vater ersetzt verlangen kann. Insoweit liegt der Fall anders, als wenn der Scheinvater mit der Mutter des Kindes verheiratet gewesen wäre. Insoweit bestünde nach Auffassung des Gerichts ein Anspruch auf Ersatz der Kosten des Ehelichkeitsanfechtungsverfahrens, weil die Ehestörung durch den wirklichen Vater als Grund des Regresses ausgereicht hätte, da dann ein Eingriff in den rechtlich geschützten Bereich der Ehe vorgelegen hätte (vgl. BGH, NJW 1964, 2151; NJW 1972, 199; BGHZ 121, 299). Lediglich die Kosten eines Ehelichkeitsanfechtungsverfahrens könnten als Schadensfolge angesehen werden, nicht jedoch die Kosten, die durch die Anfechtung eines freiwillig abgegebenen Vaterschaftsanerkenntnisses entstanden sind.

Rechtsgebiete

Ehe- und Familienrecht