Rangfolge zwischen früherem und jetzigem Ehegatten

Gericht

OLG Oldenburg


Art der Entscheidung

Beschluss über Beschwerde


Datum

24. 02. 2000


Aktenzeichen

11 WF 96/99


Leitsatz des Gerichts

Der Vorrang des geschiedenen Ehegatten gegenüber dem neuen Ehegatten nach § 1582 BGB gilt auch dann fort, wenn sich beide Ehefrauen auf Erwerbsunfähigkeit wegen Alters oder Krankheit und beide auf eine lange Ehedauer berufen können.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Ast. muss an die Ag., seine geschiedene Ehefrau, nachehelichen Unterhalt in Höhe von 732 DM monatlich zahlen. Er begehrt eine Abänderung mit der Begründung, er habe als Rentner geringere Einkünfte, weiterhin sei seine jetzige Ehefrau nunmehr erwerbsunfähig und dürfe deshalb unterhaltsrechtlich gegenüber der Ag. nicht mehr als nachrangig behandelt werden.

Das AG - FamG - hat den Prozesskostenhilfeantrag des Ast. zurückgewiesen. Dessen Beschwerde hatte keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Im Ergebnis kann eine wesentliche Veränderung der Umstände, die für eine Abänderung des bestehenden Titels erforderlich ist, nicht festgestellt werden. Nach dem bisherigen Parteivortrag ist vielmehr davon auszugehen, dass allenfalls eine Abänderung des bestehenden Titels von der bisher ausgeurteilten Höhe von monatlich 732 DM auf monatlich 672 DM in Betracht käme. Insoweit wird jedoch die Wesentlichkeitsgrenze von rund zehn Prozent nicht gewahrt, so dass deswegen im Ergebnis eine Abänderung des bestehenden Titels ausscheidet.

Zu diesem Ergebnis gelangt der Senat auf der Grundlage der Auffassung, dass der Unterhaltsanspruch der Ag., der ersten Ehefrau, weiterhin Vorrang genießt gegenüber dem Unterhaltsanspruch der neuen Ehefrau des Ast. Der Senat hält vielmehr auch bei der hier vorliegenden Konstellation (beiderseitige Erwerbsunfähigkeit beider Ehefrauen wegen Alters und Krankheit und beiderseits lange Ehedauer) den Vorrang der geschiedenen Ehefrau für verfassungsgemäß, weil der nach langjähriger Ehe geschiedene Ehegatte, der seinen nachehelichen Unterhaltsanspruch zudem auf Krankheit gem. § 1572 I BGB stützt, in besonderer Weise schutzwürdig ist. Für den - hier nicht vorliegenden - Fall beiderseitiger Erwerbsunfähigkeit beider Ehefrauen wegen beiderseits vorliegender Kindesbetreuung hat das BVerfG (FamRZ 1984, 346) den Vorrang des bedürftigen geschiedenen Ehegatten bereits bestätigt. Das Gleiche muss aber auch gelten, wenn beide unterhaltsrechtlich konkurrierenden Ehefrauen aus anderen Gründen in gleichwertiger Weise erwerbsunfähig sind. Denn es ist stets zu berücksichtigen, dass die neue Ehefrau des Ast. bereits bei Eingehung der Ehe mit dem Ast. von den bestehenden Unterhaltsverpflichtungen des Ast. gegenüber der geschiedenen Ehefrau Kenntnis hatte. Die Eheleute wussten schon bei Eingehung der neuen Ehe, mit welcher Hypothek die neue Ehe belastet ist. Unter diesen Umständen ist es keinesfalls willkürlich, wenn der Gesetzgeber vor diesem Hintergrund dem früheren Ehegatten den besseren Rang einräumt als dem neuen (so Brühl/Göppinger, UnterhaltsR, 6.Aufl., Rdnr. 1554).

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen und ausgehend von dem Vorrang des geschiedenen Ehegatten vor der neuen Ehefrau ergibt sich auf Grund der geänderten Einkommensverhältnisse der Parteien keine wesentliche Veränderung, die eine Abänderung des bestehenden Unterhaltstitels rechtfertigt. Auf Seiten des Ast. ist nunmehr nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben von einem Gesamtrenteneinkommen von 2322,65 DM monatlich (Altersrente 1803,89 DM zuzüglich einer Betriebsrente von monatlich 518,76 DM) auszugehen. Die Ag. bezieht inzwischen eine erhöhte Rente in Höhe von monatlich 913,16 DM. Die Differenz des beiderseitigen Renteneinkommens beträgt somit 1409,49 DM, so dass sich bei der gebotenen Halbteilung ein Unterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 704,75 DM ergäbe. Eine Unterhaltszahlung des Ast. in dieser Höhe würde aber dazu führen, dass der von den Parteien einverständlich zu Grunde gelegte Selbstbehaltsbetrag von monatlich 1650 DM nicht mehr gewährt wäre. Deshalb kommt eine Unterhaltsverpflichtung allenfalls in Höhe des den Selbstbehaltsbetrag übersteigenden Differenzbetrages von monatlich 672,65 DM (2322,65 DM abzüglich 1650 DM) in Betracht. Eine Reduzierung des 1987 titulierten Unterhaltsanspruchs scheidet dann aber wegen des Nichterreichens der Wesentlichkeitsgrenze im Ergebnis völlig aus. Für eine Heraufsetzung des Selbstbehaltsbetrages des Ast. auf monatlich 1800 DM aus Billigkeitserwägungen, was der Ast. hilfsweise geltend macht, sieht der Senat keinen Anlass.

Rechtsgebiete

Ehe- und Familienrecht