Geruchsbelästigung durch natürlichen Dünger

Gericht

AG Neuss


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

13. 10. 1989


Aktenzeichen

36 C 337/89


Leitsatz des Gerichts

Die Wesentlichkeit einer Beeinträchtigung durch unangenehme Gerüche beurteilt sich nach allgemeiner Ansicht unter Zugrundelegung eines objektiven Maßstabes nach dem Empfinden eines Durchschnittsbürgers, dem Natur und Zweckbestimmung des von der Einwirkung betroffenen Grundstücks bekannt sind. In einer ländlicher Umgebung mit vorwiegend gärtnerischer Nutzung muss es der Nachbar hinnehmen, dass es zu jahreszeitlich bedingte Düngung mit natürlichen Dungstoffen kommt. Es liegt somit keine wesentliche Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks vor. In diesem Fall ging es um das Ausbringen von Pferdemist, der einige Tage vor dem Umgraben an der Gartengrenze gelagert wurde. Eine wesentliche Beeinträchtigung könnte dagegen vorliegen, wenn die Grundstücke in einer Villengegend liegen würden.

Tatbestand

Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Das Grundstück der bekl. Ehefrau stößt im Gartenbereich an das Grundstück des Kl. Auf der Grundstücksseite des Kl. sind an die Grenze Garagen, ein Hof und ein Hundehaus gebaut. Mit der vorliegenden Klage nimmt der Kl. die Bekl. auf Unterlassung in Anspruch. Der Kl. behauptet, am 23. 2. 1989 habe der Bekl. zu 2 unter Anleitung der Bekl. zu 1 eine Schubkarre mit stinkendem Pferdemist in ca. sechs Metern Entfernung vor den Wohnzimmerfenstern des Kl. ausgeleert. Hierdurch seien er und seine Familie in unzumutbarer Weise belästigt worden. Am 20. 3. 1989 habe der Schwiegersohn der Bekl. weitere drei Schubkarren voll stinkendem Pferdemistes an der Grundstücksgrenze der Bekl. in ca. sechs Metern Entfernung zu den Wohnungsfenstern der Kl. ausgeleert. Am 22. 3. 1989 habe der Bekl. sechs weitere Schubkarren voll Pferdemist in seinem Garten ausgeleert. Weitere sechs Schubkarren mit schwarzem, übelriechendem Pferdemist seien am 29. 3. 1989 von dem Bekl. zu 2 und dessem Schwiegersohn in gleicher Weise ausgeleert worden. Da die Misthaufen immer mindestens vier Tage liegen geblieben seien, sei es zu einer unzumutbaren Geruchsbelästigung des Kl. gekommen. Am 3. 3. 1989 seien vom Grundstück der Bekl. Steine auf sein Grundstück geflogen. Am 26. 3., 2. 4. und 30. 5. 1989 habe der 12jährige Enkel der Bekl. Steine, Erdklumpen und Tannenzapfen auf das Grundstück des Kl. geworfen.

Entscheidungsgründe

Auszüge aus den Gründen:

Soweit der Kl. von den Bekl. verlangt, es zu unterlassen, Küchenabfälle auszuleeren und länger als einen Tag liegen zu lassen, ist die vorbeugende Unterlassungsklage nicht begründet. Nach dem Vorbringen des Kl. kann nicht davon ausgegangen werden, daß die von § 1004 I 2 BGB geforderte Wiederholungsgefahr gegeben ist. Wiederholungsgefahr als materielle Anspruchsvoraussetzung ist die objektive, auf Tatsachen gegründete ernstliche Besorgnis, daß weitere gleichartige Störungen zu befürchten sind. Konkrete Tatsachen, die die Besorgnis weiterer Beeinträchtigungen rechtfertigen, hat der Kl. nicht dargetan. Zwar kommt dem kl. Eigentümer im Rahmen der vorbeugenden Unterlassungsklage im Regelfall der Erfahrungssatz zugute, daß die Wiederholungsgefahr nach vorangegangener Störung zu vermuten ist. Diese Vermutung kommt vorliegend jedoch nicht zum Tragen, weil es sich bei der Ablagerung der Küchenabfälle offensichtlich um einen abgeschlossenen Vorgang handelt, denn nach dem Vorbringen des Kl. hat der Bekl. die Küchenabfälle nach Einschreiten der Ordnungsbehörde beseitigt und in der Folge ersichtlich keine weiteren Küchenabfälle abgelagert, jedenfalls behauptet der Kl. dies selbst nicht. Berücksichtigt man zudem, daß zwischen der Beseitigung der Küchenabfälle und der Klage mehr als drei Monate liegen, so oblag es dem Kl., die Besorgnis weiterer Beeinträchtigungen nachvollziehbar darzulegen.

Ein Unterlassungsanspruch gem. § 1004 I BGB, es den Bekl. zu untersagen, entlang der Grundstücksgrenze Pferdemist auszuleeren und länger als einen Tag liegen zu lassen, steht dem Kl. nicht zu. Bereits nach dem eigenen Vorbringen des Kl. ist davon auszugehen, daß es sich bei der vorübergehenden und jahreszeitlich beschränkten Ablagerung des Pferdemistes nur um eine unwesentliche Beeinträchtigung handelt, §§ 1004 II, 906 I BGB. Die Wesentlichkeit einer Beeinträchtigung beurteilt sich nach allgemeiner Ansicht unter Zugrundelegung eines objektiven Maßstabes nach dem Empfinden eines Durchschnittsbürgers, dem Natur und Zweckbestimmung des von der Einwirkung betroffenen Grundstücks bekannt sind. Dies vorausgeschickt können die von dem Pferdemist ausgehenden Geruchsimmissionen nur als unwesentlich betrachtet werden. Wie sich aus den vorgelegten Lichtbildern ergibt und im übrigen auch gerichtsbekannt ist, liegen die Grundstücke der Parteien nicht in einem Villenviertel sondern in ländlicher Umgebung mit vorwiegend gärtnerischer Nutzung. Diese schließt naturgemäß auch die jahreszeitlich bedingte Düngung mit natürlichen Dungstoffen ein, zu denen insbesondere auch Pferdemist zu rechnen ist, ohne daß hierin bereits eine belästigende Einwirkung liegt. Wenn in diesem Zusammenhang der Pferdemist in der beschriebenen Weise für einige Tage vor dem Umgraben gelagert wird, so ist hierin noch keine Immission zu sehen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet ist, eine Gefahr, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für das Grundstück des Kl. herbeizuführen, mag auch zeitweilig von dem Pferdemist, wie es der Kl. vorträgt, ein „übler und widerwärtiger Gestank" ausgehen.

Der Kl. kann von den Bekl. schließlich auch nicht gem. 1004 I BGB verlangen, es zu unterlassen, Steine, Tannenzapfen oder sonstige Gegenstände von ihrem Grundstück auf sein Grundstück zu werfen oder andere Personen zum Werfen zu veranlassen. Der Kl. hat nicht dargetan, daß die Bekl. sein Grundstück zumindest einmal in der beschriebenen Weise beeinträchtigt haben. Dem Vorbringen des Kl. ist nicht zu entnehmen, wann und bei welcher Gelegenheit die Bekl. selbst Steine, Tannenzapfen oder sonstige Gegenstände auf sein Grundstück geworfen haben sollen. Der Vorfall vom 3. 3. 1989 kann insoweit nicht als ausreichende Darlegung angesehen werden, weil der Kl. selbst nicht behauptet, daß die Steine von den Bekl. auf sein Grundstück geworfen worden sind.

Das Vorbringen des Kl. enthält auch keinerlei Anhaltspunkte, die die Annahme rechtfertigen, die Bekl. würden andere Personen zu dem geschilderten Verhalten veranlassen. Es mag dahinstehen, ob der Enkel der Bekl. wiederholt Steine, Erdklumpen und Tannenzapfen auf das Grundstück des Kl. geworfen hat, jedenfalls ist nicht erkennbar, daß dies auf Veranlassung und mit Wissen oder Duldung der Bekl. geschehen ist.

Rechtsgebiete

Nachbarrecht; Garten- und Nachbarrecht