Zuwendungen von Schwiegereltern

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

28. 10. 1998


Aktenzeichen

XII ZR 255/96


Leitsatz des Gerichts

  1. Zur Bemessung des Ausgleichsbetrages in den Fällen, in denen Vermögensgegenstände, die Schwiegereltern den Eheleuten zugewendet haben, wegen Scheiterns der Ehe ausnahmsweise zurückzugewähren sind (Fortführung des Senatsurteils v. 4. 2. 1998 - XII ZR 160/96 -, FamRZ 1998, 670).

  2. Der Rückgewähr Fordernde, der in diesen Fällen grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für die insoweit maßgebenden Umstände trägt, kann sich auf die Angabe der Größenordnung des Betrages beschränken und dessen genaue Bestimmung in das Ermessen des Gerichts stellen.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt

Die Bekl. war seit 1975 mit L. W. verheiratet, dem Sohn der Kl. und Enkel von Frau V. W., der früheren Kl. zu 2, die im Laufe des Revisionsverfahrens verstorben und von ihrer Tochter, der Kl., allein beerbt worden ist. Die Ehe der Bekl. mit L. W. ist seit dem 28. 8. 1995 geschieden.

Die Kl. und ihre Mutter übereigneten den damaligen Eheleuten durch notariellen Vertrag v. 3. 10. 1986 ein Hausgrundstück, auf dem sie während ihrer Ehe wohnten. Als Gegenleistung war ein Geldbetrag von 11.300 DDR-Mark vereinbart. Die Eheleute wurden am 6. 11. 1986 als Eigentümer in ehel. Vermögensgemeinschaft der DDR in das Grundbuch eingetragen.

Im Herbst 1995 verlangten die Kl. und ihre Mutter von der Bekl. die Rückübertragung ihres 1986 erlangten Eigentums, das im Zuge der Wiedervereinigung zu hälftigem Bruchteilseigentum an dem Anwesen geworden ist (Art. 234 § 4a EGBGB). Sie machten geltend, mit der Ehescheidung sei die Grundlage für die seinerzeit erfolgte Überlassung des Hauses entfallen.

Das LG wies die Klage ab. Auf die Berufung der Kl. und ihrer Mutter gab das OLG dem Rückübertragungsbegehren statt, und zwar Zug um Zug gegen Zahlung von 5.650 DM an die Bekl. Zur Begründung führte das Gericht im wesentlichen aus, der Eigentumsübertragung i.J. 1986 habe ein besonderes familienrechtliches Rechtsverhältnis zugrunde gelegen, dessen Geschäftsgrundlage durch die i.J. 1995 erfolgte Ehescheidung entfallen sei. Die Hälfte der seinerzeit gezahlten "Einstandskosten" sei der Bekl. zu erstatten. Zu den von dieser behaupteten Investitionen in das Haus seien keine verwertbaren Angaben gemacht worden.

Die gegen die Entscheidung des OLG gerichtete Revision der Bekl. hat der Senat insoweit angenommen, als mit ihr eine höhere Zug-um-Zug-Leistung als 5.650 DM erstrebt wird.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Das Rechtsmittel hat im Umfang der Annahme Erfolg.

1. Zur Bemessung der Zug-um-Zug-Leistung, von der die Verpflichtung der Bekl. zur Rückübertragung ihres hälftigen Bruchteilseigentums an dem strittigen Anwesen abhängt, hat das OLG ausgeführt:

Die vorzunehmende Anpassung nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage führe im Ergebnis dazu, daß die Bekl. die Zuwendung des Miteigentums jedenfalls insoweit behalten dürfe, als die Ehe mit dem Sohn der Kl. Bestand gehabt habe und der Zweck der Zuwendung teilweise erreicht worden sei. Daher habe ihr zunächst der Vorteil zu verbleiben, den sie daraus gezogen habe, daß sie nach der Eigentumsübertragung für die Dauer ihrer Ehe in dem Haus mietfrei gewohnt habe. Weiterhin seien ihr die "Einstandskosten" dieses Vorteils, nämlich die Hälfte des als Gegenleistung vereinbarten Betrages, zu erstatten; das sei auch bereits im Klageantrag berücksichtigt worden. Soweit die Bekl. darüber hinaus geltend gemacht habe, in dem maßgeblichen Zeitraum wertsteigernde Investitionen in das Haus vorgenommen zu haben, sei ihr Vorbringen unsubstantiiert und lasse Ausführungen darüber vermissen, inwiefern die jeweiligen Maßnahmen zu einer Wertsteigerung des Grundstücks beigetragen hätten. Denn ein Ausgleichsanspruch im Rahmen der Rückabwicklung der Zuwendung könne sich nicht unmittelbar aus den Aufwendungen ergeben, sondern nur aus den daraus erzielten Resultaten. Notwendig wäre ein Vergleich des Wertes des Anwesens bei Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags mit dem fiktiven Wert gewesen, der sich ohne die Vornahme der Investitionen ergeben hätte. Dazu habe die Bekl. trotz eines entsprechenden Hinweises des Gerichts keine verwertbaren Angaben gemacht.

2. Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsirrtum, wie die Revision zu Recht rügt.

a) Soweit das OLG eine hinreichende Substantiierung der Angaben der Bekl. über vorgenommene Investitionen vermißt, legt es schon im Ansatz eine unzutreffende Verteilung der Darlegungs- und Beweislast zugrunde. Schuldet in Fällen der vorliegenden Art der Zuwendungsempfänger aufgrund der Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage ausnahmsweise die dingliche Rückgewähr des Erlangten, kann er dazu nach der Rspr. des Senats nur Zug um Zug gegen Zahlung eines nach den Umständen des Einzelfalles zu bemessenden Ausgleichs in Geld verurteilt werden (vgl. Senatsurteil v. 4. 2. 1998 - XII ZR 160/96 -, FamRZ 1998, 669, m.w.N.). Sind ehebezogene Zuwendungen rückabzuwickeln, hat der BGH bereits i.J. 1977 entschieden, daß in diesen Fällen der Rückgewähr Fordernde, also nicht der Verpflichtete, schlüssig darzulegen hat, auf welche Summe sich diese Ausgleichszahlung beläuft; er muß sich bereit erklären, diesen Betrag Zug um Zug gegen die Rückübertragung zu zahlen (vgl. BGHZ 68, 299, 306 = FamRZ 1977, 458). Wenn Schwiegereltern wegen Scheiterns der Ehe Rückgewähr fordern, hat nichts anderes zu gelten; insoweit sind die für die Rückabwicklung ehebezogener Zuwendungen geltenden Grundsätze entsprechend heranzuziehen (vgl. Senatsurteile, BGHZ 129, 259, 263 f. = FamRZ 1995, 1060, und v. 4. 2. 1998, a.a.O.). Die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, die für die Bemessung des Ausgleichsanspruchs maßgebend sind, trägt demnach grundsätzlich die klagende Partei, weil es sich insoweit mit um eine Voraussetzung für die Begründetheit des Anspruchs handelt.

Soweit es um erbrachte Eigenleistungen des Verpflichteten geht, die bei der Bemessung des Ausgleichsbetrags stets zu berücksichtigen sind (vgl. BGHZ 68, a.a.O., S. 307), muß allerdings eine Einschränkung gemacht werden, weil der Rückfordernde regelmäßig außerhalb der maßgebenden Geschehensabläufe steht und deswegen keine näheren Kenntnisse hat, während dem Verpflichteten nähere Angaben zumutbar sind, weil er diese Kenntnisse regelmäßig hat (vgl. dazu etwa BGH, Urteil v. 11. 6. 1990 - II ZR 159/89 -, NJW 1990, 3151 f.). Es obliegt daher in erster Linie ihm, dazu im einzelnen vorzutragen; bestreitet er Vorbringen der klagenden Partei, Leistungen seien nicht erbracht worden, nur pauschal, nützt ihm das nichts. Dies ändert freilich nichts daran, daß der Rückfordernde beweisbelastet bleibt und ggf. die nachteiligen Folgen einer verbleibenden Ungewißheit zu tragen hat, wenn ihm die Widerlegung konkreter Angaben seines Prozeßgegners nicht gelingt (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 20. Aufl., vor § 284 Rz. 34, m.w.N.). Nicht selten wird bei dieser Sachlage dem Rückfordernden die genaue Angabe des gerechtfertigten Ausgleichsbetrages kaum möglich sein. Dem kann er aber dadurch begegnen, daß er von vornherein neben den tatsächlichen Grundlagen lediglich die Größenordnung seiner Vorstellung angibt und die Bestimmung des genauen Betrages in das Ermessen des Gerichts stellt (vgl. dazu BGHZ 132, 341, 350).

Gemessen an diesen Grundsätzen rügt die Revision zu Recht, daß das OLG vorliegend dem beiderseitigen Vortrag zur Frage von Investitionen der Bekl. und ihres damaligen Ehemannes in das Hausgrundstück nicht durch Anhörung der hierzu angebotenen Zeugen nachgegangen ist. Die Angaben der Bekl. zum Zukauf von Gartenland, zur Trockenlegung und Pflasterung einer Hoffläche, zur Auswechselung von Fenstern, zum Einbau von Bädern, zur Erneuerung elektrischer Anlagen und zur Installierung einer neuen Heizanlage waren hinreichend konkret, um im Falle der Erweislichkeit zumindest hinreichende Grundlage für eine - hier zulässige - Schätzung gemäß § 287 ZPO zu sein, sei es auch unter Einschaltung eines Sachverständigen (notfalls gemäß § 144 ZPO). Ebenso erheblich war der unter Beweis gestellte kl. Vortrag zur Widerlegung dieser Angaben. Soweit die strittigen Leistungen von der Bekl. und ihrem damaligen Ehemann gemeinsam erbracht worden sein sollten, konnten sie in Anbetracht der Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft einer Ehe beiden Eheleuten hälftig zugerechnet werden.

Rechtlichen Bedenken begegnet auch die Auffassung des OLG, daß nur Investitionen berücksichtigt werden könnten, die zu einer Wertsteigerung des Hausgrundstücks geführt haben. Es geht bei der Bemessung des Ausgleichsbetrages in Fällen der vorliegenden Art nicht um eine Rückabwicklung nach Bereicherungsgrundsätzen, sondern Maßstab sind die Grundsätze der Billigkeit, die einen Aufwendungsersatz rechtfertigen. Daher sind auch Aufwendungen berücksichtigungsfähig, die im Vertrauen auf den Fortbestand der Eigentümerstellung zur Erhaltung oder Verschönerung des Anwesens gemacht worden sind, ohne daß sie sich in einem Wertanstieg des Hauses niedergeschlagen haben. Obere Grenze des Ausgleichs ist lediglich der hälftige Wert des Anwesens im Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe (vgl. Senatsurteil v. 4. 2. 1998, a.a.O., S. 670). Dabei entspricht es auch der Billigkeit, daß ein möglicher wiedervereinigungsbedingter Wertzuwachs mitberücksichtigt wird; ein solcher hätte sich hier ohnehin während der Ehezeit vollzogen. Auf der anderen Seite ist entgegen der Auffassung des OLG ohne Belang, daß die Eheleute bis zu ihrer Scheidung in dem Anwesen mietfrei gewohnt haben; dieser Umstand entsprach ihrer Eigentümerstellung, ohne daß die Anwendung der Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage sie rückwirkend zu Nichtberechtigten gemacht hätte.

b) Weiterhin scheint das OLG zu verkennen, daß bei der Bemessung des Ausgleichsbetrags in Fällen der vorliegenden Art eine Gesamtwürdigung unter Billigkeitsgesichtspunkten vorzunehmen ist, in die auch andere als die von ihm bisher ins Auge gefaßten Beurteilungselemente einzubeziehen sind, etwa die Dauer der Ehe und die beiderseitigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse (vgl. Senatsurteil v. 4. 2. 1998, a.a.O.; für die ehebezogenen Zuwendungen vgl. insbes. BGHZ 84, 361, 368 = FamRZ 1982, 910; BGHZ 127, 48, 54 = FamRZ 1994, 1167; Senatsurteil v. 15. 2. 1989 - IVb ZR 105/87 -, FamRZ 1989, 599, 600).

Für den Zeitraum, in dem die Ehe Bestand gehabt hat, ist der Zweck der Zuwendung erreicht. Regelmäßig hat dies zur Folge, daß der Wert des Zugewendeten nicht voll zurückgegeben werden muß (vgl. Senatsurteile, BGHZ 129, a.a.O., S. 264, und v. 4. 2. 1998, a.a.O.); denn die erwiesene Begünstigung ist nur für die Zeit nach der Ehescheidung zu entziehen (vgl. auch OLG Stuttgart, FamRZ 1994, 1326, 1329). Wäre den Eheleuten im vorliegenden Fall statt des Grundeigentums ein Geldbetrag überlassen worden, um den Erwerb eines entsprechenden Familienheims zu finanzieren, hätte dieser nach dem Scheitern der Ehe im Hinblick auf deren fast 10jährigen Bestand seit der Zuwendung nicht voll zurückgewährt werden müssen. Kommt es ausnahmsweise, wie hier, zu einer dinglichen Rückgewähr, muß diesem Gesichtspunkt bei der Bemessung des Zug um Zug zu leistenden Ausgleichsbetrags Rechnung getragen werden.

3. Nach allem kann das angefochtene Urteil im Umfang der Annahme keinen Bestand haben. Die Sache ist zur weiteren Aufklärung und erneuten tatrichterlichen Würdigung an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Im weiteren Verfahren haben die Parteien Gelegenheit, im Hinblick auf die nachzuholende Gesamtwürdigung unter Billigkeitsgesichtspunkten ergänzend vorzutragen, etwa zu den beiderseitigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen (vgl. dazu auch Haußleiter/Schulz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, 2. Aufl., Kap. 3 Rz. 63 ff.).

Rechtsgebiete

Ehe- und Familienrecht