Reiserücktritt bei Erkrankung - Unerwartetes Auftreten einer psychischen Erkrankung

Gericht

AG Hannover


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

04. 12. 1998


Aktenzeichen

503 C 8014/98


Leitsatz des Gerichts

  1. Zur Begründung der Eintrittspflicht des Reiserücktrittskostenversicherers hat der Versicherte nachzuweisen, daß eine unerwartete schwere Erkrankung Anlaß zur Stornierung gegeben hat.

  2. Bei einer psychischen Erkrankung hat der Versicherte daher zum einen darzulegen und nachzuweisen, daß Symptome einer schweren Krankheit vorlagen. Außerdem ist nachzuweisen, daß die schweren Krankheitssymptome unerwartet aufgetreten sind, da sich psychische Erkrankungen meistens über einen längeren Zeitraum hinweg entwickeln bzw. sich anzukündigen pflegen.

Tatbestand

Zum Sachverhalt:

Die Kl. macht aus einer Reiserücktrittskostenversicherung die Versicherungsleistungen wegen einer Reise geltend, die sie mit ihrem Ehemann sowie zwei Kindern nach Venezuela unternehmen wollte. Durch ärztliches Attest wurde der Kl. bescheinigt, daß die gebuchte Reise für sie gesundheitlich nicht möglich und nicht zumutbar sei. Als Diagnose wurde angegeben: "Emotionelle Ohnmacht, Mangel an Bewältigungsmechanismen, akute Selbstwertdekompensation bei akuter Konfliktsituation".

Die Klage auf Zahlung von 4152 DM netto hatte keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Unabhängig davon, ob es sich bei den von der Kl. geschilderten Symptomen um die einer schweren Erkrankung handelt, hat die Kl. schon deshalb keinen Anspruch auf die Versicherungsleistung, weil sie nicht dargelegt hat, daß es sich um eine unerwartete Erkrankung oder eine unerwartete Verschlechterung einer bestehenden Erkrankung gehandelt hat. Denn dieses ist weitere Voraussetzung für die Eintrittspflicht der Bekl. Der Kl. war mit Verfügung des Gerichts vom 13. 8. 1998 aufgegeben worden, ihren gesundheitlichen Zustand in den sechs Monaten vor der Buchung der Reise vorzutragen. Dieser Auflage ist die Kl. nicht nachgekommen. Es kam daher nicht mehr darauf an, ob die von der Bekl. bestrittenen Symptome bei der Kl. Anfang August 1997 tatsächlich vorhanden waren - einer Beweisaufnahme gem. prozeßleitender Verfügung vom 22. 9. 1998 bedurfte es daher nicht - und ob diese Symptome die einer schweren Erkrankung darstellen. Da psychische Erkrankungen sich meistens über einen längeren Zeitraum hinweg entwickeln bzw. sich anzukündigen pflegen durch Verhaltensauffälligkeiten, Anzeichen von Überforderung, Einbußen in der Bewältigung des Alltags, hätte hier im einzelnen dargelegt werden müssen, wie sich dies in den letzten ca. sechs Monaten vor Buchung der Reise bei der Kl. verhielt.

Rechtsgebiete

Reiserecht

Normen

ABRV § 1 Nr. 2 Lit.a