Inselrundfahrt als Fremdleistung oder Teil einer Pauschalreise?
Gericht
AG Bad Homburg v.d.H.
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
21. 05. 1999
Aktenzeichen
2 C 4346/98-12
Ein Ausflug ist dann eine Fremdleistung, wenn er erst vor Ort gebucht wurde, ein eigener Voucher dafür ausgestellt wird und der Veranstalter ausdrücklich auf seine Vermittlerstellung hinweist.
Es besteht keine Verkehrssicherungspflicht, darauf hinzuweisen, dass am Ende eines Plattenweges ein Geröllweg verbunden mit einer Absenkung beginnt.
Die Klägerin beansprucht Ersatz für vertanen Urlaub, Schmerzensgeld sowie
die Feststellung weiterer Haftung der Beklagten.
Sie buchte bei der Beklagten für den Zeitraum vorn 1.6. bis 15.6.1998 eine Urlaubsreise nach Mallorca. Vor Ort buchte sie eine Ausflugsreise, genannt Inselrundfahrt. Sie erhielt seitens der Beklagten ein Prospekt mit dem Titel "mach mit!" ausgehändigt und buchte danach den Ausflug, wobei gegen Zahlung des Ausflugspreises ein Voucher ausgehändigt wurde, der bei Antritt des Ausflugs im Bus abgegeben werden musste. Wegen der Einzelheiten des Prospektes "mach mit!" wird auf das von der Klägerin eingereichte Prospekt ( ... ) verwiesen.
Die Klägerin nahm am 13.6.1998 am Ausflug teil und wollte wie im Prospekt angegeben in Sa Calobra durch die Fußgängertunnels zum 400 Meter weit entfernten zweiten Strand laufen. Der Bus hielt vor dem Fußgängertunnel. Die Klägerin und ihr Ehemann reihten sich in den Fußgängerstrom in Tunnelrichtung ein. Bis ca. 20 Meter vor dem Beginn des Tunnels führte ein Promenaden-/Plattenweg mit glatter Oberfläche. Am Ende dieses Weges begann ein Geröllweg, wobei eine Absenkung von ca. 10 bis 20 cm zwischen den Promenaden-/Plattenweg zu dem Geröllweg in unebener Fläche zu Beginn vorhanden war. Die Klägerin trat in die Vertiefung nach dem Ende des Promenaden-/Plattenweges, knickte um und flog vorwärts fallend auf ein neben dem Weg befindliches Felsstück mit dem Kopf auf und verletzte sich dabei.
Die Klägerin ist der Meinung, die Reiseleitung hätte darauf hinweisen müssen, auch behauptet sie, die Beklagte sei Veranstalterin der Reise gewesen. (...)
Die Beklagte bestreitet Veranstalterin der Reise gewesen zu sein und bezieht sich hierbei auf das Prospekt "mach mit!" und behauptet, dass darin als Veranstalter die Firma C. International genannt sei. Auch ist sie der Meinung, die Verletzung sei auf die Unvorsichtigkeit der Klägerin zurückzuführen. (...)
Die Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat keine reiserechtlichen Ansprüche gegen die Beklagte, da sie den streitgegenständlichen Ausflug nicht veranstaltet hat.
Werden im Rahmen einer Reise am Zielort zusätzliche Leistungen wie Ausflüge angeboten, so kommt es auf die Ausgestaltung der Vertragsbeziehung an, ob diese Leistung Bestandteil der Pauschalreise oder vermittelte Fremdleistungen sind. Indizien für eine Einbeziehung in die Pauschalreise sind das Anbieten im Prospekt, die Notwendigkeit der Buchung i.V.m. der Pauschalreise und der einheitliche Preis. Für Fremdleistungen sprechen die Buchung am Zielort, die Ausgabe von zusätzlichen Beförderungsnachweisen, der lockere Zusammenhang mit der Hauptreise und die ausdrückliche Bezeichnung in der Reiseausschreibung und in der Reisebestätigung als Fremdleistung (so Führich, Reiserecht [3. Aufl.], Rdnr. 81).
Die streitige Ausflugreise war im Pauschalreisepreis nicht inbegriffen, sondern musste vor Ort besonders bezahlt werden, so dass dies für eine Fremdleistung spricht. Weiter spricht dafür, dass ein Voucher ausgehändigt wurde, der bei Antritt des Ausfluges im Bus abgegeben werden musste. Insbesondere spricht aber gegen die Veranstaltereigenschaft der Beklagten der von der Klägerin selbst vorgelegte Prospekt "mach mit!". Denn darin ist auf der Gegenseite zum Angebot "Unterwegs auf Mallorca mit dem Fahrrad" auf einer gesamten Seite der Text enthalten "C. International ... Unser Ausflugsprogamm vermittelt durch N. Service ... Mallorca in guten Händen ...".
Darin hat die Beklagte eindeutig darauf hingewiesen, dass sie lediglich Vermittlerin und nicht Veranstalterin des Ausflugsprogrammes ist.
Damit entfallen vertragliche Ansprüche gegen die Beklagte, desgleichen auch Ansprüche gemäß §§ 823 Abs. 1, 847 BGB im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht, da ihr als Vermittlerin der streitigen Ausflugsreise keine diesbezügliche Verkehrssicherungspflicht obliegt.
Selbst wenn eine solche Verpflichtung auf Seiten der Beklagten vorgelegen hätte, kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie diese verletzt hat. Denn diese besteht nur dann, wenn ein über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehendes gesteigertes Unfallrisiko vorliegt, was jedoch nicht gegeben war. Denn dass ein Plattenweg endet und durch einen Geröllweg mit dem Vorhandensein einer Absenkung von ca. 10 bis 20 cm im Anschluss beginnt, liegt noch im Bereich der Alltagserfahrung, womit auch unter Berücksichtigung der Vielzahl der Touristen hätte gerechnet werden müssen, so dass ein besonderer Hinweis durch die Reiseleistung nicht erforderlich war. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob sich, so wie von der Klägerin vorgetragen, ähnliche Vorgänge in letzter Vergangenheit zugetragen haben. Denn einmal ergibt sich aus diesem Vortrag nicht, dass diese der Beklagten bekannt waren, was von dieser auch bestritten wird. Zum anderen ergibt sich aus dem Vortrag der Klägerin, der sich auf eine Mitteilung einer spanischen Reiseleiterin bezieht, nicht, wie oft sich solche Vorfälle ereignet haben, um daraus auf eine über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehende Gefährdungssituation schließen zu können. (...)
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