Bodenreformrecht der SBZ und der DDR

Gericht

BezG Dresden


Art der Entscheidung

Beschluss über weitere Beschwerde


Datum

06. 05. 1992


Aktenzeichen

BSZ - W 2/92


Leitsatz des Gerichts

  1. Das im Zuge der Bodenreform auf dem Gebiet der SBZ und der DDR geschaffene sogenannte Siedlungseigentum war vererblich.

  2. Das Siedlungseigentum hat sich zunächst als dingliches Recht sui generis dargestellt und ist mit Inkrafttreten von § 1 BodRefG zu persönlichem Eigentum erstarkt.

  3. Durch Artikel 233 § 2 EGBGB wurde das zu persönlichem Eigentum erstarkte frühere Siedlungseigentum in bürgerlich-rechtliches Eigentum an Grundstücken übergeleitet.

Tatbestand

Auszüge aus dem Sachverhalt:

Das vorliegende Verfahren der weiteren Beschwerde betrifft eigentums- und erbrechtliche Fragen des im Zuge der Bodenreform auf dem Gebiet der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone geschaffenen sogenannten Siedlungseigentums.

1. Zur Durchführung dieser Bodenreform hatte die Landesverwaltung des Bundeslandes Sachsen die Verordnung über die landwirtschaftliche Bodenreform vom 10. 9. 1945 (BRVO - veröffentlicht in den Amtlichen Nachrichten der Landesverwaltung Sachsen, 1945, S. 27 = Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen Dok I 25) erlassen.

Die Ausführungsbestimmungen zur BRVO vom 13. 9. 1945 (Amtliche Nachrichten der Landesverwaltung Sachsen, 1945, S. 28 - künftig: AB-BRVO -) enthalten u. a. folgende Regelungen:

zu Artikel IV, § 8

a) (...) Nach der Bestätigung des Vorschlags durch die Bauernversammlung beginnt die Gemeindekommission sofort mit der praktischen Aufteilung des Bodens, des Viehes, des landwirtschaftlichen Inventars und anderen Eigentums. Über die Ergebnisse der Aufteilung wird ein besonderes Aufteilungsprotokoll angefertigt, in dem aufzuzeigen ist, welche Wirtschaft, wieviel Land, Wald und Inventar und anderes landwirtschaftliches Eigentum der Berechtigte erhalten hat. Das Aufteilungsprotokoll unterliegt der Bestätigung durch die Kreiskommission für die Bodenreform. Nach der Bestätigung durch die Kreiskommission erhält das Protokoll Gesetzeskraft.

b) (...)


zu Artikel V, § 1

a) Der Bauer, der durch die Bodenreform Boden erhält, wird nach Bestätigung des Aufteilungsprotokolls durch die Kreiskommission rechtmäßiger Besitzer des Bodens.

b) (...)

Die Verordnung über die Eintragung der durch die Verordnung über die landwirtschaftliche Bodenreform vom 10. 9. 1945 aufgeteilten Ländereien in das Grundbuch vom 8. 4. 1946 (GBl. I Nr. 13, S. 133 - künftig: BodRefGrundbuchVO -) bestimmt u. a.:

Artikel I

Der den Landarbeitern, landlosen und landarmen Bauern, Kleinpächtern und Umsiedlern oder sonstigen Personen im Zuge der Bodenreform zugewiesene Grund und Boden wird ihr persönliches Eigentum mit dem Augenblick, in dem der Beschluß der Gemeindekommission über die Aufteilung des Bodens durch die Kreiskommission zur Durchführung der Bodenreform bestätigt worden ist.

Artikel II

1. Für jede im Zuge der Bodenreform neu gebildete Bauernstelle ist ein neues Grundbuchblatt anzulegen, ...

2. (...)


Im wesentlichen inhaltsgleiche Regelungen wurden in der Provinz Sachsen (jetzt: Sachsen-Anhalt), im Lande Mecklenburg-Vorpommern, in der Provinz Mark-Brandenburg und im Lande Thüringen erlassen (vgl. die Zusammenstellung der Vorschriften in: Zierholz, Bodenreform, Agrarwissenschaftliche Gesellschaft der Deutschen Demokratischen Republik, Heft 1, 1990; weiterhin: Fieberg/Reichenbach, Enteignung und offene Vermögensfragen in der ehemaligen DDR, Band I, passim).

Der Oberste Chef der sowjetischen Militärverwaltung hat als Oberkommandierender der Gruppe der sowjetischen Besatzungstruppen mit (sog. SMAD-) Befehl vom 22. 10. 1945 (abgedruckt in VOBl. der Provinzialverwaltung Mark Brandenburg, Heft 2) diese durch die Provinzialverwaltungen und die Verwaltungen der föderalen Länder erlassenen Verordnungen für „gesetzkräftig“ erklärt, soweit sie nicht den Gesetzen und Befehlen des Kontrollrates und den Befehlen der sowjetischen Militärverwaltung widersprachen.

Von dieser Bodenreform wurden auf dem Gebiet der jetzigen neuen Bundesländer über 3 Millionen ha Land, davon im damaligen Bundesland Sachsen rund 206000 ha, erfaßt. Ungefähr 550000 sog. Neubauern wurde im Zuge dieser Bodenreform Siedlungseigentum zugewiesen. Auf das damalige Bundesland Sachsen entfielen hiervon bis November 1945 rund 45500 Neubauernwirtschaften (Zahlenangaben nach Kleine, Das Wesen des Grundeigentumsrecht, NJ 1951, 489, 491; Rohde/Puls/Zänker, Bodenreform 1945 - Grundlage für die Gestaltung der sozialistischen Landwirtschaft in der DDR, NJ 1985, 353; Zahlenangaben für das damalige Bundesland Sachsen: Amtliche Nachrichten der Landesverwaltung Sachsen, 1945, Nr. 11, S. 57).

2. Der Senat ist mit der eigentums- und erbrechtlichen Stellung des Siedlungseigentums in folgendem Zusammenhang befaßt:

Dem Vater der Bet. zu 1) waren durch Bestätigungsbeschluß der Kreiskommission zur Durchführung der Bodenreform vom 23. 5. 1946 die verfahrensgegenständlichen Grundstücke zugeteilt worden. Am 16. 7. 1946 erfolgte seine Eintragung als Eigentümer im Grundbuch.

Durch Beschluß des Kreisgerichts vom 24. 2. 1955 wurde der Vater der Bet. zu 1) mit Wirkung zum 31. 7. 1949 für tot erklärt. Seine gesetzlichen Erben waren die Bet. zu 1) zu 3/4 und seine Ehefrau, die Mutter der Bet. zu 1), zu 1/4. Am 4. 2. 1976 verstarb die Mutter der Bet. zu 1). Sie wurde von dieser im Wege der gesetzlichen Erbfolge allein beerbt. Durch notariellen Vertrag vom 14. 2. 1991 veräußerte die Bet. zu 1) ein Flurstück an die Bet. zu 3) und bewilligte zugleich die Eintragung einer Auflassungsvormerkung. Am 12. 6. 1991 wurde die Bet. zu 1) auf ihren Antrag hin als Eigentümerin der verfahrensgegenständlichen Grundstücke ins Grundbuch eingetragen. Gleichzeitig erfolgte die Eintragung der Auflassungsvormerkung zugunsten der Bet. zu 3). Am 25. 9. 1991 wurde von Amts wegen ein Widerspruch gegen die Eigentumseintragungen der Bet. zu 1) eingetragen.

Hiergegen legten diese und ihr Ehemann, der Bet. zu 2), Beschwerde ein. Sie machten geltend, eine Unrichtigkeit des Grundbuches liege nicht vor, da die Bet. zu 1) im Wege der Erbfolge Eigentümerin der Grundstücke geworden sei.

Der Grundbuchrichter legte die Beschwerde, der vom Rechtspfleger nicht abgeholfen worden war, dem BezG Dresden zur Entscheidung vor. Dieses hat den Rechtsbehelf mit Beschluß vom 30. 12. 1991 - 2 T 273/91 - als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat es vor allem darauf abgestellt, daß das Siedlungseigentum nicht vererblich sei.

Mit ihrer weiteren Beschwerde verfolgt die Bet. zu 1) ihr auf Löschung des Widerspruchs gerichtetes Begehren weiter. Die weitere Beschwerde hatte Erfolg.

Entscheidungsgründe

Auszüge aus den Gründen:

Die weitere Beschwerde der Bet. zu 1) hat zumindest vorläufigen Erfolg.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist das Siedlungseigentum als Recht sui generis in den Nachlaß gefallen (unten III 1), dann durch das Gesetz über die Rechte der Eigentümer von Grundstücken aus der Bodenreform (künftig: BodRefG) vom 6. 3. 1990 (GBl. I, S. 134) zu persönlichem Eigentum i. S. v. §§ 22 ff ZGB, 3 EGZGB erstarkt (unten III 2) und als solches gemäß Anl. I Kap. III Sachgeb. B Abschn. II Art. 233 § 2 I EVertr (künftig: Artikel 233 § 2 I EGBGB) i. S. v. §§ 873, 929 BGB in Eigentum an Grundstücken übergeleitet worden (unten III 3). Kann sich aber demnach aus dem Siedlungseigentum zunächst eine gesamthänderisch gebundene Rechtsstellung der Erbengemeinschaft und sodann durch die Vereinigung der Gesamthandsanteile eine alleinige Berechtigung der Bet. zu 1) ergeben haben, läßt sich der angefochtene Beschluß jedenfalls derzeit nicht aufrechterhalten (unten IV).

Im einzelnen ergibt sich dies aus folgendem:

III. 1. Das Siedlungseigentum gehörte bei den bis zum 31. 12. 1975 eingetretenen Erbfällen (vgl. §§ 1, 8 EGZGB vom 19. 6. 1975 (GBl. I, S. 517)) zum Vermögen i. S. v. § 1922 BGB und bei den danach eingetretenen Erbfällen zum Nachlaß i. S. v. § 362 ZGB, da es vermögensrechtlicher Art war und seine Vererblichkeit nicht durch zivil- oder öffentlichrechtliche Sonderregelungen ausgeschlossen wurde.

a) Allerdings vermag sich der Senat nicht der Auffassung anzuschließen, daß sich das Siedlungseigentum von vornherein als Eigentum an Grundstücken dargestellt habe, welches - etwa den Regelungen des RHeimG vom 10. 5. 1920 (RGBl. S. 1962; BGBl. III 2332-1) und des ReichssiedlungsG vom 11. 8. 1919 (RGBl. S. 1429; BGBl. III 2331-1) vergleichbar - lediglich gewissen Verfügungs- oder Vererbungsbeschränkungen unterlegen sei (a. A. im Ergebnis insoweit: OLG Schleswig, Urt. vom 28. 3. 1958 - 5 U 155/56 - SchlHA 1958, 171, Revision durch Urteil des BGH vom 17. Februar 1960 - V ZR 86/58 - veröffentlicht in Drobnig, Sammlung der deutschen Entscheidungen zum interzonalen Privatrecht 1960 bis 1961, Nr. 2, S. 8, u. a. mangels Revisibilität der im Lande Mecklenburg-Vorpommern erlassenen Bodenreformregelungen zurückgewiesen; in der neueren Literatur für Eigentum weiterhin: Barkam, Behandlung des früheren Bodenreformeigentums aus zivilrechtlicher Sicht, ZAP-DDR Fach 7, S. 21; Siewert, Zum Eigentum an Bodenreform-Grundstücken, NJ 1992, 155, 158).

aa) Der Senat erkennt dabei durchaus, daß sich auf dem Gebiet der früheren sowjetischen Besatzungszone und der späteren DDR trotz einer - Besitz und Eigentum synonym verwendenden (dazu OLG Schleswig a. a. O.) - uneinheitlichen Terminologie ein allgemeiner Konsens dahin gebildet hatte, daß das Siedlungseigentum „Eigentum“ des Neubauern begründe:

(1) Diese eigentumsrechtliche Sicht hat bereits im oben wiedergegebenen Wortlaut von Art. 1 I S. 5 BRVO und von § 1 AB-BRVO ihren Niederschlag gefunden. In gleicher Weise sprechen § 1 I der Verordnung über die Auseinandersetzung bei Besitzwechsel von Bauernwirtschaften aus der Bodenreform vom 21. 6. 1951 (GBl. Nr. 78, S. 629; künftig: 1. BesitzwechselVO) sowie §§ 1, 8 der Verordnung über die Durchführung des Besitzwechsels bei Bodenreformgrundstücken vom 7. 8. 1975 (GBl. I Nr. 35, S. 629; künftig: BesitzwechselVO-NF) von Eigentum bzw. Besitz.

(2) Korrespondierend zu dieser Entwicklung auf der Ebene des Verordnungsrechts hat auch der Verfassungsgeber das „Eigentum“ des Neubauern institutionell garantiert. So bestimmte Art. 78 der Verfassung des Bundeslandes Sachsen vom 28. 2. 1947 (GBl. Nr. 5, S. 103), daß „das Eigentum an Grund und Boden ... auch für den Boden und das Inventar, die den Bauern auf Grund der Bodenreform zugeteilt worden sind“ gesichert werden. Entsprechend sah Art. 24 VI der Verfassung der DDR vom 7. 10. 1949 (GBl. S. 5) vor, daß „nach Durchführung dieser Bodenreform ... den Bauern das Privateigentum an ihrem Boden gewährleistet“ sei.

(3) Hierauf aufbauend hat dann die Rechtsprechung des Obersten Gerichts dem Siedlungseigentum generell Eigentumscharakter beigemessen (OG, Urteil vom 6. 6. 1951 - 1 Zz 9/51 - NJ 1951, 508; OG, Urt. v. 22. 8. 1951 - 1 Zz 37/51 - NJ 1951, 509 zum Eigentum an einem zum Zubehör des enteigneten landwirtschaftlichen Gutes gehörenden Pferd; OG, Urt. v. 12. 3. 1953 - 2 Zz 3/53 - NJ 1953, 498; OG, Urt. v. 20. 11. 1962 - 2 Zz 20/62 - NJ 1963, 287; Beschl. des Präsidiums des Obersten Gerichts vom 27. 7. 1965 - I Pr 112 4/65 - NJ 1965, 521, aufgehoben durch Beschluß des Präsidiums des Obersten Gerichts vom 17. 11. 1975 - I Pr 1-112-6/75 - NJ 1975, 723; OG, Urt. v. 16. 2. 1970 - I Pr-15-1/70 - NJ 1970, 249 mit Anmerkung Strasberg). Diese Auffassung wurde in der Literatur allgemein geteilt (Radloff, NJ 1947, 85; Schietsch, Die Übertragung des Eigentumsrechts an Bodenreformwirtschaften, NJ 1965, 564), wobei teilweise allerdings auch von einem „Arbeitseigentum“ des Neubauern ausgegangen wurde (vgl. etwa Hähnert/Richter/Rohde, LPG-Recht, Lehrbuch, Staatsverlag der DDR, Berlin 1976, S. 73; Rohde/Puls/Zänker, a. a. O., S. 354; Arlt, Grundriß des LPG-Rechts, VEB Deutscher Zentralverlag, Berlin 1959, S. 361).

(4) In konsequenter Umsetzung dieser Rechtsansicht wurde der Neubauer als Eigentümer des (als Bodenreformgrundstück bezeichneten) Siedlungseigentums im Grundbuch eingetragen (vgl. Art. II BodRefGrundbuchVO und Colido-Grundbuchanweisung vom 27. 10. 1987, teilweise veröffentlicht bei Barkam, a. a. O., S. 21 und S. 23; zur grundbuchrechtlichen Behandlung weiterhin: Böhringer, Zur Löschung von Bodenreformvermerken, VIZ 1992, 179).

bb) Dieses dem Siedlungseigentum im kommunistisch geprägten Rechtskreis der früheren SBZ und späteren DDR zukommende Verständnis ist aber für die vorliegend maßgebende Frage, ob dem Neubauern auch im Lichte des bundesdeutschen Rechts Eigentum an dem ihm zugewiesenen Boden zustand, ohne entscheidenden Belang.

Einer an den Wortlaut der BRVO, der AB-BRVO und der verschiedenen BesitzwechselVO sowie an die Rechtsprechung des Obersten Gerichts anknüpfenden Auslegung steht bereits entgegen, daß der Eigentumsbegriff im Rechtssystem der SBZ und der DDR schillernd verwandt wurde und - trotz der bis zum 31. 12. 1975 währenden Fortgeltung des BGB - dem bundesdeutschen Eigentumsbegriff nicht ohne weiteres gleichgestellt werden kann.

(1) So waren in der SBZ das staatliche sozialistische Eigentum (Volkseigentum), das genossenschaftliche sozialistische Eigentum, das Eigentum des einfachen Warenproduzenten, das kapitalistische Privateigentum und das persönliche Eigentum bekannt (Kimminich, Die Eigentumsgarantie im Prozeß der Wiedervereinigung, Zur Bestandskraft der agrarischen Bodenrechtsordnung der DDR, Band 3 der Schriftenreihe der Landwirtschaftlichen Rentenbank, S. 53 unter Hinweis auf Blomeyer, Eigentum und Eigentumsrecht in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschland, in: Das Eigentum im Ostblock, Studien des Instituts für Ostrecht, Band 5, Berlin, S. 63). In gleicher Weise war auch die Eigentumsordnung der DDR durch die Überwindung des monistischen Eigentumsbegriffs des bürgerlichen Rechts und dessen Aufspaltung in mehrere Eigentumsfunktionen unter dem Gesichtspunkt ihrer sozialen und wirtschaftlichen Aufgaben sowie ihrer Zweckbindung geprägt (Kimminich, a. a. O., unter Hinweis auf DDR-Handbuch, 3. Auflage, Köln 1985, S. 315). Dieser Eigentumsbegriff erhielt Ausformungen in objektives Eigentum einerseits sowie in (staatliches Eigentum, genossenschaftliches Eigentum, Eigentum gesellschaftlicher Organisationen und privates Eigentum erfassendes) subjektives Eigentum andererseits (vgl. Lexikon der Wirtschaft, Wirtschaftsrecht, Staatsvertrag der DDR, Berlin 1978, Stichwort, Eigentumsrecht; umfassende Darstellung bei Göhring/Posch, Zivilrecht, Lehrbuch, Teil I, Staatsverlag der DDR, Berlin 1981, S. 137 ff.).

(2) Wenn aber der Bundesgesetzgeber durch Artikel 233 § 2 EGBGB das im Beitrittsgebiet bestehende Eigentum an Sachen in Eigentum im bundesdeutschen Rechtssinne übergeleitet hat (vgl. dazu unten 3), bezog sich dies lediglich auf das zuletzt in §§ 17 ff ZGB geregelte sozialistische Eigentum und das zuletzt in §§ 22 ff. ZGB geregelte persönliche Eigentum (vgl. BT-Drucks. 11/7817, S. 40, zit. bei Bielenberg/Kleiber, Eigentum an Grund und Boden in den neuen Ländern, 1991, II 6.2 in Anmerkung zu Artikel 233 § 2 EGBGB; weiterhin Säcker, MünchKomm, Zivilrecht im Einigungsvertrag, Art. 233 § 2 EGBGB Rdnr. 246 ff.; Reblin in: Kaligin/Goutier BHEI (1991), 1210 Rdnr. 1 ff.). Ziel des Bundesgesetzgebers war nämlich, durch Artikel 233 § 2 EGBGB innerhalb des einheitlichen Rechtsgebiets der Bundesrepublik Deutschland ein gespaltenes Eigentumsverständnis zu vermeiden und aus der breit gefächerten Palette des in der SBZ und in der DDR bekannten Eigentums nur jene Ausformungen überzuleiten, die sich - wie das sozialistische und das persönliche Eigentum - in die Eigentumsordnung des BGB einfügen ließen.

(3) Weder der Wortlaut der die Bodenreform betreffenden Regelungen in den Verfassungen und in den diversen Verordnungen noch die Entscheidungen des Obersten Gerichts oder die Auffassungen der Literatur geben aber einen Anhalt dafür, daß das Siedlungseigentum in der SBZ und in der späteren DDR als persönliches Eigentum i. S. v. §§ 22 ff. ZGB, 3 EGZGB angesehen wurde.

Wenn Art. 78 der Verfassung des Landes Sachsen und Art. 24 VI a. F. der Verfassung der DDR (vgl. zum Wortlaut Abschnitt III 1 a aa (2) der Gründe) das Siedlungseigentum als „Eigentum“ bzw. als „Privateigentum“ bezeichnen, besagt dies ebenfalls nicht, daß damit das persönliche Eigentum institutionell garantiert werden sollte. Neben dem unklaren Begriff des „Privateigentums“ spricht hiergegen, daß die betreffenden Verfassungsnormen lediglich einer sprachlichen Verschleierung der beginnenden Zwangskollektivierung dienten (vgl. Krüger, Die Rechtsnatur des sog. Siedlungseigentums der Neubauern der kommunistischen Bodenreform in der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone/DDR, DtZ 1991, 385 (386)) und daß die Bodenreform von vornherein als erster Schritt auf dem Wege zu einer dem kommunistischen Weltbild gerecht werdenden Bodenordnung konzipiert war (vgl. im einzelnen Rohde/Puls/Zänker, a. a. O., S. 354; Arlt, Grundriß des LPG-Rechts, a. a. O., S. 360 ff.; Hähnert/Richter/Rohde, a. a. O., S. 72 ff.; Kotow, Agrarverhältnisse und Bodenreform in Deutschland, Deutscher Bauernverlag, 1959, Teil I S. 177 ff. und Teil II S. 9 ff.; Grüneberg, Die marxistisch-leninistische Agrarpolitik, Dietz-Verlag, Berlin 1965, S. 7 ff.; Kroeschell, Die ländliche Eigentumsordnung in der DDR, Beiträge zum Handels- und Wirtschaftsrecht, Festschrift für Fritz Rittner zum 70. Geburtstag, S. 323 (327 ff.)).

cc) Gerade mit diesen für die teleologische Auslegung bedeutsamen bodenrechtlichen Zielvorstellungen der Bodenreform läßt sich aber nicht vereinbaren, im Siedlungseigentum ein Eigentum an Sachen i. S. v. Art. 233 § 2 EGBGB zu sehen.

(1) Da die nach Erlaß der BRVO ergangenen Besitzwechselverordnungen lediglich kodifizierten und konkretisierten, was bereits im Jahre 1945 bodenpolitisch erstrebt war (vgl. Schildt, Bodenreform und deutsche Einheit, DtZ 1992, 97 (98)), können sie zur rechtlichen Würdigung des durch die BRVO geschaffenen Siedlungseigentums in gleicher Weise herangezogen werden wie die dem LPG-G zugrundeliegenden gesetzgeberischen Wertentscheidungen.

(2) Sollte aber die Bodenrefom die Zwangskollektivierung des land- und forstwirtschaftlich genutzten Bodens vorbereiten und die kapitalistischen Strukturen der bisherigen Bodenordnung zerschlagen, wäre es wenig konsequent gewesen, das Grundstückseigentum dem in Art. 1 I S. 2 BRVO genannten Personenkreis zu entziehen, um sodann wieder - wenn auch parzelliert - Grundstückseigentum zu schaffen.

Dies gilt umso mehr, als ein persönliches Eigentum an Produktionsmitteln, zu denen nach den damaligen Vorstellungen auch land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen gehörten (vgl. Rohde, Bodenrecht, Staatsverlag der DDR, Berlin 1989, S. 21 ff.; Arlt, Agrarrecht, 3. Auflage, Staatsvertrag der DDR, Berlin 1984, S. 120 ff.), in einer kommunistisch geprägten Gesellschaftsordnung ersichtlich unerwünscht war und die Bodenreform die „störenden Tendenzen des Privateigentums“ (Arlt, Grundfragen des Bodenrechts in der Deutschen Demokratischen Republik, in: Bodenrecht. Eine Sammlung von Beiträgen, hrsg. vom Prorektorat für Forschung der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht", Berlin 1961, S. 50) bzw. die „Fesseln des Privateigentums am Boden“ (Arlt, Agrarrecht, 3. Auflage, a. a. O., S. 120) überwinden sollte.

Wie bereits erwähnt, hat demgemäß auch ein Teil der Literatur in der DDR das Siedlungseigentum als ein mit dem persönlichen Eigentum nicht inhaltsgleiches „Arbeitseigentum“ verstanden (Arlt, Grundriß des LPG-Rechts, a. a. O., S. 361; Arlt/Rohde, Bodenrecht, Staatsverlag der DDR, 1967, S. 353; Hähnert/Richter/Rohde, LPG-Recht, a. a. O., S. 73; Rohde/Puls/Zänker, a. a. O., S. 354).

dd) Vollends bekräftigt wird der fehlende Eigentumscharakter des Siedlungseigentums durch die dem Neubauern auferlegten Verfügungsbeschränkungen und öffentlichrechtlichen Bindungen, die sich mit dem Wesensgehalt einer bürgerlichrechtlichen Eigentümerstellung nicht vereinbaren lassen.

(1) Der Senat ist sich hierbei bewußt, daß er das auf dem Gebiet der SBZ und der DDR geltende Recht grundsätzlich am damals geltenden Rechtsverständnis zu messen hat und Ausstrahlungen des bundesdeutschen Rechts nur ausnahmsweise in Betracht kommen (im einzelnen: Horn, Die heutige Auslegung des DDR-Rechts und die Anwendung des § 242 BGB auf DDR-Altverträge, DWiR 1992, 45 (46 ff.); zu den Grenzen der Übernahme früherer Rechtsgrundsätze weiterhin: BezG Dresden, DWiR 1991, 298 = DtZ 1992, 51 (nicht rechtskräftig)).

Die vorliegend maßgebende Frage, ob das durch die Bodenreform geschaffene Siedlungseigentum eine nach jetziger Rechtslage im Grundbuch eintragungsfähige Eigentümerstellung begründet, muß jedoch im Licht des bundesdeutschen Rechts gesehen werden, da Art. 233 § 2 EGBGB - wie ausgeführt - nur jene Rechte als Eigentum überleitete, die nach den Wertmaßstäben der bundesdeutschen Zivilrechtsordnung ihrer Art nach eigentumsfähig sein können.

(2) Dem bürgerlichrechtlichen Eigentumsverständnis (dazu: Säcker, MünchKomm, 2. Auflage, § 903 BGB Rdnr. 3 ff.) ist jedoch der verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff des Art. 14 GG immanent, so daß zum Wesen des bürgerlichrechtlichen Eigentums von Verfassungs wegen her eine privatautonome Verfügungsbefugnis gehört (vgl. zuletzt: BVerfGE 82, 6 (16); BVerfGE 79, 292 (303 f.); BVerfGE 52, 1 (30)), die nur unter den Voraussetzungen von Art. 14 II, 14 I S. 2 GG Einschränkungen unterliegt.

Mit diesem Eigentumsverständnis lassen sich aber die weitgehenden Verfügungsbeschränkungen und öffentlichrechtlichen Bindungen, denen der Neubauer unterworfen war und die dem Siedlungseigentum ganz gezielt jegliche Verkehrsfähigkeit nehmen sollten (vgl. Siewert, Zum Eigentum an den Bodenreform-Grundstücken, NJ 1992, 155 (156)), nicht vereinbaren.

So waren dem Neubauern zunächst die Teilung und der Verkauf des Siedlungseigentums gänzlich untersagt (Art. 6 I BRVO) und der Grundstückstausch nur mit Genehmigung des damaligen Landrats eröffnet (Art. 8 BodRefGrundbuchVO). In der Folge wurde ein „Besitzwechsel“ zwar unter engen Voraussetzungen zugelassen, wobei aber stets die Genehmigung des Rates des Kreises erforderlich war (vgl. § 2 BsitzwechselVO-NF). Weiterhin sahen die Verordnungen über die Bodenreform verschiedene Konfiskationsmöglichkeiten vor (dazu näheres unten), die von den persönlichen Verhältnissen des Neubauern abhingen (vgl. §§ 9, 14 1. . BesitzwechselVO; § 9 BesitzwechselVO-NF).

Dabei erkennt der Senat durchaus, daß gerade im Bodenrecht auch nach dem bundesdeutschen Rechtsverständnis das Eigentum aus städteplanerischen, bauplanerischen oder grundstücksverkehrsrechtlichen Gründen oder wegen seiner Sozialpflichtigkeit erheblichen Verfügungsbeschränkungen und öffentlichrechtlichen Bindungen unterliegt, ohne daß deshalb die Eigentumsqualität in Zweifel zu ziehen ist. Mit derartigen die Eigentümerstellung nicht berührenden Verfügungsbeschränkungen lassen sich aber die o. a. Regelungen des Bodenreformrechts nicht vergleichen:

Zum einen führten nämlich die dem Neubauern auferlegten Schranken dazu, daß die Verkehrsfähigkeit des Siedlungseigentums faktisch ausgeschlossen war. Zum anderen - und dies ist noch entscheidender - knüpften die öffentlichrechtlichen Bindungen und die Konfiskationsmöglichkeiten nicht an die Objekt- oder Situationsbezogenheit eines bestimmten Grundstücks an, sondern hingen allein von den persönlichen Verhältnissen des Erben ab. Ein derartiger nicht situationsbezogener Ausschluß der Verkehrsfähigkeit ist aber mit dem Eigentumsbegriff von Artikel 14 GG, der - wie dargelegt - auch die Grenzen des bürgerlichrechtlichen Eigentums aufzeigt, unvereinbar (vgl. BVerfGE 82, 6 (16); BVerfGE 79, 292 (303 f.); BVerfGE 52, 1, (30)).

Erst recht ist der bundesdeutschen Rechtsordnung fremd, daß ein Eigentumsrecht allein wegen der persönlichen Verhältnisse des Rechtsinhabers, d. h. ohne Rücksicht auf die Situationsbezogenheit des konkreten Grundstücks, konfisziert werden kann.

ee) Begründete aber das Siedlungseigentum kein persönliches Eigentum i. S. v. §§ 22 ff. ZGB, 3 EGZGB, konnte die Beteiligte zu 1) vorliegend auch nicht als (hier unterstellte) Rechtsnachfolgerin ihres am 16. 7. 1946 im Grundbuch eingetragenen Vaters Eigentum ersessen haben.

(1) Zwar sah § 11 der Grundbuchverfahrensordnung vom 30. 12. 1975 (GBl. I 1976, S. 42) die Ersitzung eines im Grundbuch eingetragenen Eigentums unter gewissen (im Rechtsbeschwerdeverfahren zu unterstellenden) Voraussetzungen vor. Einer den Erfordernissen von Artikel 233 § 2 EGBGB entsprechenden Ersitzung von persönlichem Eigentum (§§ 22 ff. ZGB) steht aber entgegen, daß in Abteilung II des Grundbuchs ein sogenannter Bodenreformvermerk (vgl. Art. IV I BodRefGrundbuchVO; ; dazu Böhringer, a. a. O.) eingetragen war, der auszugsweise folgenden Wortlaut hatte:

Zugeteilt aus dem Bodenfonds gemäß der Verordnung über die landwirtschaftliche Bodenrefom vom 10. September 1945 ... mit der Verfügungsbeschränkung des Artikel 6..


Bringt aber der Bodenreformvermerk bei einer Gesamtbetrachtung des Grundbuchs zum Ausdruck, daß der Neubauer entgegen dem durch die Eintragung in Abteilung I erweckten Anschein kein Eigentum i. S. v. (der bis zum 31. 12. 1975 geltenden) §§ 903, 873 ff., 929 ff. BGB bzw. (der danach geltenden) §§ 22 ff. ZGB erworben hat, scheidet die Ersitzung persönlichen Eigentums mangels Diskrepanz zwischen der materiellen und der im Grundbuch ausgewiesenen Rechtslage von vornherein aus (mit anderer Begründung gegen die Ersitzung persönlichen Eigentums ebenfalls: BezG Rostock, Beschluß vom 18. 12. 1991 - 4 T 66/91 - unter III 4 (VIZ 1992, 193 m. Anm. Gollasch/Kroeger; nicht rechtskräftig)).

(2) Die dieser rechtlichen Würdigung zugrunde liegenden Tatsachenfeststellungen konnten unter den vorliegenden Gegebenheiten auch im Rechtsbeschwerdeverfahren getroffen werden. (...)

b) Die fehlende Eigentümerstellung des Neubauern hinderte jedoch die Vererblichkeit des Siedlungseigentums nicht.

aa) Entgegen der von Forsthoff vertretenen Auffassung (Forsthoff, Ist die Bodenrefom in der Deutschen Demokratischen Republik im Falle der Wiedervereinigung als rechtswirksam anzuerkennen?, Rechtsgutachten für die Arbeitsgemeinschaft der Grundbesitzerverbände Bonn, Heidelberg 1954, S. 24 f.) sieht der Senat im Siedlungseigentum kein öffentlichrechtliches Nutzungsverhältnis des Neubauern am Grundstück. Forsthoff ist zwar zuzugeben, daß die Entscheidung des Rates des Kreises und des staatlichen Bodenfonds über die Zuweisung des Siedlungseigentums unmittelbar aus dem öffentlichen Recht folgte. Entsprechend den Grundsätzen der sogenannten Zwei-Stufentheorie (vgl. etwa zur Darlehensvergabe bei öffentlichen Kreditprogrammen: BGH, Urt. v. 29. 5. 1969 - III ZR 172/68 - BGHZ 52, 155; BGH, Urt. v. 25. 10. 1973 - III ZR 108/72 - BGHZ 61, 296) bewegte sich aber die dem Neubauern in bezug auf das Siedlungseigentum zustehende Rechtsstellung ersichtlich auf der Ebene des Zivilrechts.

bb) Der Senat vermag auch nicht der Ansicht näher zu treten, daß den Neubauern an den ihnen im Zuge der Bodenreform zugewiesenen Grundstücken ein bloßes (gemeint: zivilrechtliches) Nutzungsverhältnis zugekommen sei (so allerdings: Krüger, a. a. O., S. 391).

Die Regelungen der BRVO, der AB-BRVO, der BodRefGrundbuchVO sowie der verschiedenen BesitzwechselVO bringen nämlich eindeutig zum Ausdruck, daß der Neubauer hinsichtlich des von ihm zu bewirtschaftenden Landes in keine rein schuldrechtlichen Beziehungen zum staatlichen Bodenfonds treten sollte. Einerseits folgt dies bereits aus den durchgängig verwandten sachenrechtlichen Begriffen ("Besitz, Eigentum“) sowie aus der bewußten Abgrenzung zu dem anders ausgestalteten Nutzungsrecht ehemaliger Neubauern an dem zum Bodenreformgrundstück gehörenden Wohnhaus (vgl. §§ 4 II, 8 BodenwechselVO-NF). Andererseits belegt der Gesamtzusammenhang der im Zuge der Bodenreform ergangenen Regelungen, daß dem Neubauern innerhalb der aufgezeigten Schranken eine unmittelbare und absolut wirkende Sachherrschaft über das Bodenreformgrundstück zustehen sollte. Abgerundet wird dies durch die nur bei Annahme einer dinglichen Rechtsstellung sinnvollen Regelungen über die Verfügungsbefugnis und über die grundbuchrechtliche Behandlung.

cc) Begründet aber demnach das Siedlungseigentum ein dingliches Recht, ist es sowohl in den Nachlaß des mit Wirkung zum 31. 7. 1949 für tot erklärten Vaters als auch (wie im Rechtsbeschwerdeverfahren zu unterstellen ist) in den Nachlaß der am 4. 2. 1976 verstorbenen Mutter der Beteiligten zu 1 gefallen. Der gegenteiligen Sicht des Beschwerdegerichts (EWiR 1992, 397 mit zustimmendem Kurzkommentar von Kohler) sowie des BezG Dresden (Urt. vom 17. 12. 1991 - 2 S 152/91 - NJ 1992, 172 = VIZ 1992, 198 in einem Streitverfahren der einstweiligen Verfügung), des BezG Rostock (a. a. O.) und des BezG Schwerin (Beschl. vom 3. 2. 1992 - T 5/92 - unveröffentlicht; nicht rechtskräftig), die im Ergebnis darauf hinausläuft, daß am Siedlungseigentum mit dem Tode des Neubauern eine Sonderrechtsnachfolge zugunsten des staatlichen Bodenfonds erfolgte, vermag sich der Senat nicht anzuschließen (im Ergebnis wie hier: KreisG Rostock-Stadt, Beschl. v. 16. 12. 1991 - nicht rechtskräftig; ohne Az. veröffentlicht in RNL 2/92 = VIZ 1992, 195 m. Anm. Gollasch/Kroeger).

(1) Obwohl das Siedlungseigentum in einer für ein dingliches Recht ungewöhnlich intensiven Weise mit der Person des das Bodenreformgrundstück bewirtschaftenden Neubauern verknüpft war (vgl. §§ 9, 14, 1. . BesitzwechselVO; §§ 4, 8, 9 BesitzwechselVO-NF; § 4 der Zweiten Verordnung über die Durchführung des Besitzwechsels bei Bodenreformgrundstücken vom 7. 1. 1988 (GBl. I Nr. 3, S. 25; künftig: 2. BesitzwechselVO) und an diesen zudem noch persönliche Anforderungen bis hin zur Gewähr einer antifaschistischen Einstellung gestellt wurden (vgl. Art. 4 X BRVO; exemplarisch hierzu: OG, Urt. v. 6. 7. 1951 - 1. Zz 9/51 - a. a. O.), stellte es sich nicht als ein - hinsichtlich des Ausschlusses der Vererblichkeit der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit oder dem Nießbrauch (vgl. §§ 1061, 1090 II BGB) angenähertes - höchstpersönliches Recht dar. Gegen eine solche mit dem Tode des Berechtigten erlöschende Rechtsstellung spricht bereits, daß dann sämtliche das Siedlungseigentum prägenden Verfügungsbeschränkungen entfallen wären und sich bis zur erneuten Zuweisung ein mit den Zielsetzungen der Bodenreform unvereinbarer freier Grundstücksverkehr über die betroffenen land- und forstwirtschaftlichen Flächen eröffnet hätte.

(2) Den im Zuge der Bodenreform erlassenen Verordnungen kann weiterhin nicht entnommen werden, daß der staatliche Bodenfonds mit dem Tode des Neubauern hinsichtlich des Bodenreformgrundstücks Sonderrechtsnachfolger wurde:

(2.1) Trotz der uneinheitlichen und nicht immer präzisen Terminologie (kritisch zur Regelungstechnik auch: Schildt, a. a. O., S. 99) zeugen hiervon schon §§ 4, 6 der BesitzwechselVO-NF und § 4 der 2. BesitzwechselVO, die folgenden Wortlaut haben (Hervorhebungen vom Senat):


§ 4 BesitzwechselVO-NF

(1) Der Erbe tritt in die mit dem Bodenreformgrundstück verbundenen Rechte und Pflichten ein, sofern er zu dem unter § 1 genannten Personenkreis gehört und in der Lage ist, das Grundstück zweckentsprechend zu nutzen. Sind mehrere Erben vorhanden, haben sie sich innerhalb einer vom Rat des Kreises festgelegten Frist darüber zu einigen, welchem Erben das Bodenreformgrundstück übertragen werden soll. Kommt eine Einigung in der angegebenen Frist nicht zustande, treten die Rechtsfolgen nach Abs. 3 ein.

(2) Dem Erben, der nicht zu dem unter § 1 genannten Personenkreis gehört, kann durch den Rat des Kreises das Nutzungsrecht am Bodenreformgrundstück in dem im § 3 Abs. 1 genannten Umfang eingeräumt werden, wenn er bereits in dem zum Bodenreformgrundstück gehörenden Wohnhaus wohnt oder ihm im Rahmen der Wohnraumlenkung die Wohnungszuweisung dafür erteilt werden kann.

(3) Sind die Voraussetzungen für die Übertragung des Nutzungsrechts am Bodenreformgrundstück nicht gegeben, ist das Bodenreformgrundstück in den staatlichen Bodenfonds zurückzuführen.

§ 6 BesitzwechselVO-NF

(...)

(4) Werden Bodenreformgrundstücke nicht an Erben übertragen, stehen diesen die Rechte entsprechend den Sätzen 1 und 3 (Hinweis des Senats: Ausgleich des Wertzuwachses betreffend) zu, wenn sie innerhalb eines Jahres einen geeigneten Bewerber für das Bodenreformgrundstück benennen bzw. sich in dieser Zeit anderweitig ein Bewerber findet und der Besitzwechsel oder Verkauf entsprechend § 5 zustande kommt. ...

§ 4 2. BesitzwechselVO

(1) Der Rat des Kreises hat auf Verlangen des Erben ihm oder einem seiner von ihm benannten Verwandten die Rechte und Pflichten zur Bewirtschaftung des Bodenreformgrundstücks zu übertragen, wenn er oder der Verwandte das Bodenreformgrundstück als Genossenschaftsmitglied oder Arbeiter zweckentsprechend nutzen wird. Sind mehrere Erben vorhanden, sollen sie sich innerhalb einer vom Rat des Kreises festzulegenden angemessenen Frist einigen und dem Rat des Kreises vorschlagen, welchem Erben oder Verwandten die Rechte und Pflichten zur Bewirtschaftung des Bodenreformgrundstücks übertragen werden sollten.

(2) (...)

(3) Liegen die Voraussetzungen dafür, daß dem Erben oder dem von ihm benannten Verwandten die Rechte oder Pflichten zur Bewirtschaftung des Bodenreformgrundstücks übertragen werden, nicht vor, oder einigen sich die Erben nicht innerhalb der vom Rat des Kreises festgelegten Frist, treten die Rechtsfolgen nach Abs. 5 ein. Die Bestimmungen nach Abs. 4 werden davon nicht berührt.

(4) Dem Erben, der nicht zu dem im § 1 genannten Personenkreis gehört, kann durch den Rat des Kreises das Nutzungsrecht am Bodenreformgrundstück in dem im § 3 Abs. 1 genannten Umfang eingeräumt werden, wenn er bereits in dem zum Bodenreformgrundstück gehörenden Haus wohnt und ihm im Rahmen der Wohnraumlenkung die Wohnungszuweisung dafür erteilt werden kann.

(5) Sind die Voraussetzungen für die Übertragung der Rechte und Pflichten zur Bewirtschaftung des Bodenreformgrundstücks nicht gegeben, ist das Grundstück in den staatlichen Bodenfonds zurückzuführen.


Der Senat sieht zwar, daß § 4 I 2. BesitzwechselVO sprachlich auch in dem Sinne verstanden werden kann, daß das Bodenreformgrundstück mit dem Tode des Neubauern kraft Gesetzes zunächst dem staatlichen Bodenfonds zufloß und von diesem dann unter gewissen Voraussetzungen dem Erben oder einem der Erben des Neubauern zuzuweisen war. Da aber durch § 4 2. BesitzwechselVO konstitutive Änderungen bei der Vererblichkeit des Siedlungseigentums nicht erstrebt wurden, wird dieser Wortlaut durch die sprachliche Fassung von § 4 BesitzwechselVO-NF und § 4 Abs. 5 2. BesitzwechselVO relativiert, mit der sich unschwer in Einklang bringen läßt, daß der Erbe auch hinsichtlich des Siedlungseigentums Rechtsnachfolger des Neubauern wurde und erst danach der Rat des Kreises unter gewissen Voraussetzungen zu einer Konfiskation des Siedlungseigentums befugt war.

(2.2) Noch stärker als vom Wortlaut der verschiedenen BesitzwechselVO wird die Vererblichkeit des Siedlungseigentums von folgenden systematischen und teleologischen Gründen getragen:

(2.2.1) Unabhängig von ihrer sprachlich unklaren Fassung erhellen § 4 BesitzwechselVO-NF und § 4 2. BesitzwechselVO jedenfalls, daß das Bodenreformgrundstück nach dem Tode des Neubauern im Regelfall von dessen Erben weiterbewirtschaftet und lediglich bei dessen mangelnder persönlicher Eignung konfisziert werden sollte. Die mit diesen Regelungsmechanismen erstrebte Kontinuität bei der Bewirtschaftung des Bodenreformgrundstücks (vgl. Art. 1 II BRVO; § 1 II 1. BesitzwechselVO, § 9 BesitzwechselVO-NF) legt aber auch eine Kontinuität bei der Rechtsinhaberschaft nahe: Wäre nämlich das Siedlungseigentum mit dem Tode des Neubauern zunächst kraft Gesetzes an den staatlichen Bodenfonds zurückgefallen, hätte dies angesichts der kaum absehbaren Entwicklung bei der Rechtsträgerschaft sowohl die Bewirtschaftung gefährdet als auch in den besonders auf Rechtssicherheit ausgerichteten Bereichen des Grundstücksrechts und des Genossenschaftsrechts zu kaum zu bewältigenden Schwierigkeiten geführt:

Ein aus dem Bodenreformrecht folgender Ausschluß der Vererblichkeit des Siedlungseigentums wäre nämlich als lex specialis auch § 45 LPG-G (hier zitiert in der Fassung vom 2. 7. 1982 (GBl. I, S. 443) vorgegangen und hätte damit die durch diese Norm bewirkte Harmonisierung der erbrechtlichen und genossenschaftsrechtlichen Regelungen systemwidrig durchbrochen. Dies hätte aber auf der Ebene des Genossenschaftsrechts rechtlich kaum lösbare Friktionen mit sich gebracht, da eine Sonderrechtsnachfolge des staatlichen Bodenfonds mit anschließender Zuweisung des Bodenreformgrundstücks an den Erben oder an einen der Miterben weder in die organisatorischen Strukturen einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft einzufügen, noch mit den genossenschaftsrechtlichen Regelungen über die Auseinandersetzung mit den weichenden Miterben in Einklang zu bringen gewesen wäre. Vollends undurchsichtig wäre die genossenschaftliche Rechtslage geworden, wenn der Neubauer sowohl Siedlungseigentum als auch persönliches Eigentum in die LPG eingebracht hätte und sich damit der Regelungsbereich des § 45 LPG-G mit jenem des Bodenreformrechts überlagert haben würde.

Ein gewisses Indiz für eine Parallelität zwischen den genossenschaftsrechtlichen und bodenreformrechtlichen Bestimmungen über die Vererblichkeit des Siedlungseigentums mag dabei auch sein, daß der Gesetzgeber hinsichtlich der Veräußerung des Bodenreformgrundstücks den Regelungen des Bodenreformrechts Vorrang vor jenen des Genossenschaftsrechts einräumte (§ 19 IV LPG-G), für eine korrespondierende erbrechtliche Regelung hingegen keinen Anlaß sah.

(2.2.2) Zu diesen Überlegungen kommt hinzu, daß sich ein einheitliches Normgefüge auch außerhalb des Regelungsbereichs des Genossenschaftsrechts nur herbeiführen läßt, wenn das Siedlungseigentum zunächst in den Nachlaß fiel und dann dem Rat des Kreises unter den in den jeweiligen Verordnungen genannten Voraussetzungen der Zugriff auf das Bodenreformgrundstück eröffnet wurde. Dies gilt etwa für die Behandlung weiterer Erbfälle zwischen dem Tode des Neubauern und der Entscheidung des Rates des Kreises, für in diesem Zeitraum erfolgende Verfügungen über das Grundstück und namentlich für die Nutzung eines zum Siedlungseigentum gehörenden Wohngrundstücks durch einen mit dem Neubauern in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen (vgl. § 4 II BesitzwechselVO-NF; § 4 IV 2. BesitzwechselVO) sowie für die Bewirtschaftung des Bodenreformgrundstücks durch Angehörige oder Bekannte des Neubauern.

(2.2.3) Vor allem aber legt die systematische Geschlossenheit der Erbrechtsordnung nahe, das Siedlungseigentum als dem Nachlaß zugehörig zu erachten:

Die in § 4 I BesitzwechselVO-NF und in § 4 II 2. BesitzwechselVO enthaltenen Regelungen sind aus der Sicht des Senats dem Recht der Erbauseinandersetzung zuzuordnen, da sie - wenn auch öffentlichrechtlich überlagert - bestimmen, wie sich die Erben des Neubauern untereinander hinsichtlich des Siedlungseigentums vermögens- und sachenrechtlich zu verhalten haben. Dies macht aber nur Sinn, wenn die Erben in einer vermögens- und sachenrechtlichen Beziehung zum Bodenreformgrundstück standen, dieses also in den Nachlaß gefallen war. Hingegen bliebe für vermögensrechtliche Beziehungen zwischen den Erben ersichtlich kein Raum, wenn das Siedlungseigentum im Wege einer Sonderrechtsnachfolge mit dem Tode des Neubauern kraft Gesetzes dem staatlichen Bodenfonds zugefallen wäre und dieser dann das Bodenreformgrundstück einem bestimmten Erben zugewiesen hätte.

Weiterhin gehen § 4 I 2. BesitzwechselVO sowie der nachfolgend unter (4) wiedergegebene Runderlaß des Kreisrats zu Dresden und der Beschluß der Landesbodenkommission des Landes Sachsen-Anhalt (vgl. unten (4)) davon aus, daß der das Bodenreformgrundstück bewirtschaftende Erbe in eine vom Erblasser abgeleitete Rechtsstellung einrückte und nicht etwa Rechtsnachfolger des staatlichen Bodenfonds wurde.

Wesentliches Gewicht kommt ebenfalls dem Umstand bei, daß das Bodenreformrecht in eine Erbrechtsordnung eingebettet war, die selbst während der Geltung des ZGB unter dem Leitbild der Universalsukzession stand (vgl. Göhring/Posch, Zivilrecht, Lehrbuch, Teil II, S. 242 f.; Kommentar zum Zivilgesetzbuch der DDR, herausgegeben vom Ministerium der Justiz, Staatsverlag der DDR, Berlin 1985, § 263 Anm. 1.3.) und in der Singularsukzessionen deutliche Ausnahmen blieben (vgl. Kommentar zum Zivilgesetzbuch der DDR, a. a. O.).

(2.2.4) Schließlich kann nicht außer Betracht bleiben, daß die Zugriffsbefugnisse des Rates des Kreises dem klassischen Bereich der staatlichen Eingriffsverwaltung zuzuordnen sind. Dies läßt aber selbst unter den bundesdeutschen Vorstellungen eines rechtsstaatlichen Verwaltungsrechts nicht ohne weiteres gerechtwerdenden Verhältnissen in der SBZ und in der DDR darauf schließen, daß der staatliche Eingriff eines konstitutiven Akts des Rates des Kreises bedurfte und nicht etwa umgekehrt eine Konfiskation kraft Gesetzes erfolgte und dann dem Hoheitsträger die öffentlichrechtliche Verpflichtung auferlegt war, das konfiszierte Recht einem den persönlichen Anforderungen der BRVO und der verschiedenen BesitzwechselVO genügenden Rechtsnachfolger des ursprünglich Berechtigten durch konstitutiven Akt zu übertragen.

(3) Erst recht wäre mit der Systematik der Erbrechtsordnung und mit den Belangen der Rechtssicherheit nicht in Übereinstimmung zu bringen, wenn man § 4 I S. 1 BesitzwechselVO-NF entnehmen wollte, daß von den persönlichen Verhältnissen des Erben abhängig war, ob das Siedlungseigentum in den Nachlaß des Neubauern fiel oder nicht (so wohl Mutschmann/Hartmann/Maas, Bodenrecht in der DDR, AnwBl. 1990, 190 (195)). Zum einen knüpfen sowohl das BGB als auch das ZGB die Vererblichkeit eines Rechts allein an die Rechtsstellung des Erblassers an, während persönliche Verhältnisse des potentiellen Erben insoweit unerheblich sind. Zum anderen hätte sich eine grundstücks- und genossenschaftsrechtlichen Erfordernissen zuwiderlaufende Rechtsunsicherheit ergeben, wenn die Vererblichkeit des Siedlungseigentums von kaum objektivierbaren Umständen, wie etwa der antifaschistischen Einstellung des Erben oder dessen Fähigkeit zur zweckentsprechenden Nutzung des Bodenreformgrundstücks, abhängig gewesen wäre.

(4) In dieser die Vererblichkeit des Siedlungseigentums bejahenden Auffassung sieht sich der Sentat letztlich auch durch die in der SBZ und in der DDR vertretene Rechtsmeinung bestärkt. Auffällig ist hierbei, daß auch im dortigen Rechtskreis zunächst weitgehend von einer Vererblichkeit des Siedlungseigentums ausgegangen wurde und sich erst im Laufe der Zeit eine gegenteilige Ansicht gebildet hat.

(4.1.) So hat etwa der Kreisrat zu Dresden - Kreisbodenkommission - mit einem an die Gemeindebodenkommissionen der jeweiligen Gemeinderäte gerichteten Runderlaß vom 18. 10. 1948 folgende von der Landesregierung Sachsen, Abteilung Bodenreform, am 20. 9. 1948 getroffene Vereinbarung „als rechtsgültig erklärt“:

(...) Bei dem des Eigentümers von Bodenreformland geht dieses automatisch in das Eigentum des oder der Erben über, fällt also nicht an den Landesbodenfonds zurück. In den Besitzurkunden ist es deshalb auch als frei vererbbares Eigentum des Bauern bezeichnet und somit nach Artikel 78 der Verfassung des Landes Sachsen besonders gewährleistet. Ob nun diese Erbfolge auf Testament, Erbvertrag oder Gesetz (§ 1924 ff. BGB) beruht, ist hierbei gleichgültig.

Da jedoch Bodenreformland nach einem zwingenden Grundsatz im Eigentum einer Einzelperson stehen muß, ist die Erbengemeinschaft gehalten, sich binnen einer angemessenen Frist (wird notfalls durch den Kreisrat zu Dresden bestimmt) über das Bodenreformland durch Vertrag vor Gericht oder Notar auseinanderzusetzen. Hierbei kann die Erbengemeinschaft die freigewordene Landstelle einem Miterben überlassen, wenn dieser politisch unbelastet ist (vgl. Befehl 201 der SMAD) und zur Eigenbewirtschaftung der Landstelle willens und fähig erscheint. ...

Wenn es nicht zu einer Übereignung des Landes an einen Miterben kommt, so ist der Erbengemeinschaft anzuraten, auf das Land zu Protokoll zu verzichten, da ein gewöhnlicher Kaufvertrag über Bodenreformland an dritte Personen nicht abgeschlossen werden kann. Im Falle eines Verzichtes muß die Erbengemeinschaft hinsichtlich der aufgewendeten Jahresrenten und etwaiger Wertverbesserungen seitens des Nachfolgers im Eigentum abgefunden werden. In diesem Fall sind die Erben verpflichtet, das unbewegliche und bewegliche Vermögen in dem Umfange unentgeltlich herauszugeben, wie sie es aus der Bodenreform erhalten haben. Nur bei einem solchen Verzicht fällt das Land an den Bodenfonds zurück.

Entsprechende Regelungen hat der Präsident des Landes Mecklenburg-Vorpommern für dieses Gebiet erlassen (vgl. Radloff, a. a. O.). Schließlich soll auch durch eine gemeinsame Rundverfügung des Ministeriums der Justiz und des Ministeriums für Land- und Forstwirtschaft der DDR vom 14. . 11. 1950 (Aktenzeichen: 8300-I-1783/50 bzw. 3/A 4681/50 II; zitiert nach OG, Urt. vom 12. 3. 1953 - 2 Zz 3/53, a. a. O.) für das Gebiet der DDR eine dem oben erwähnten Runderlaß des Kreisrats zu Dresden vom 18. 10. 1948 zumindest weitgehend angenäherte Anordnung ergangen sein.

Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang zudem, daß die Verleihungsurkunden das Siedlungseigentum zumindest im Land Mecklenburg-Vorpommern als vererblich auswiesen (vgl. Abdruck einer Verleihungsurkunde in: Bündnis der Arbeiter und Bauern, Dokumente und Materialien zum 30. Jahrestag der Bodenreform, hrsg. vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED, Berlin 1975, S. 62).

Veranschaulicht wird das damalige Rechtsverständnis weiterhin durch den im folgenden auszugsweise wiedergegebenen Beschluß der Landesbodenkommission des Landes Sachsen-Anhalt, den diese auf ihrer Sitzung vom 27. Juni 1951 gefaßt hat (abgedruckt bei Döring, Von der Bodenreform zu den landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften, VEB Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953, S. 294 ff.):

Die Vererbung der Bodenreformgrundstücke ist möglich im Zuge der vorweggenommenen Erbfolge an einen Besitzer. Eine außergerichtliche Auseinandersetzung der mitbeteiligten Erben ist notwendig mit dem Ziel, daß ein Erbe, der die notwendigen Voraussetzungen zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung einer Neubauernstelle bietet, diese Stelle durch Beschluß der KBK übertragen bekommt im Zuge der Vererbung bei Todesfall bzw. testamentarischer Festlegung nach Bestätigung durch die KBK. In Zweifels- und Beschwerdefragen entscheidet die LBK. (...)

Auch bei der Vererbung von Neubauernstellen steht im Vordergrund, daß die durch die Bodenreform geschaffenen Wirtschaften Privateigentum ihres Besitzers sind. Gleichzeitig darf aber auch entsprechend den Grundsätzen der Bodenreformgesetzgebung durch die Erbfolge keine Zersplitterung des Grundbesitzes erfolgen, die ordnungsgemäße Wirtschaftsführung nicht gefährdet werden und keine Belastung der Neubauernwirtschaften durch dingliche Sicherung (Eintragung im Grundbuch) von Altenteilen, Zahlung von Geschwisterabfindungen, Sicherung von Wohnrechten usw. vorgenommen werden. Es kommt damit zum Ausdruck, daß die zu vererbende Wirtschaft unteilbar ist. Sie kann daher nur von einem Erben übernommen werden.

Ist kein Testament vorhanden und kommen nach der gesetzlichen Erbfolge mehrere Erben in Frage, so haben diese vorzuschlagen, welcher Erbe die Wirtschaft übernehmen soll. Darüber ist in Anlehnung an den Beschluß der LBK eine entsprechende Auseinandersetzung zu führen. Es empfiehlt sich, diese Auseinandersetzung schriftlich, aber nicht notariell zu führen, die von einem Vertreter der OBK, der Orts-VdgB (BHG) und dem Bürgermeister mit den Erben getätigt, unterzeichnet und der KBK vorgelegt wird. Der übernehmende Erbe muß die fachliche Qualifikation zur Bewirtschaftung einer Neubauernstelle besitzen. Darüber ist von der Orts-VdgB (BHG) bzw. dem Kreiswirtschaftsberater ein Gutachten zu geben. Der Eigentumsübergang an den durch Testament oder durch die Erbberechtigten bestimmten Erben erfolgt erst nach Bestätigung der KBK. Nach dieser Bestätigung kann die Umschreibung im Grundbuch veranlaßt werden. Diese Umschreibung im Grundbuch stellt sich entsprechend der Rechtsauffassung der LBK des Landes Sachsen-Anhalt nur als Grundbuchberichtigung dar, so daß die Einrichtung einer Erbschaftssteuer, wie bei Überlassung von sonstigen ldw. Grundstücken, entfällt. Ebenso ist zur Grundbuchumschreibung - Berichtigung - die Vorlage eines Erbscheines nicht erforderlich. Es genügt der Beschluß der KBK.

Der Eintritt des Erbfalles darf die Wirtschaftsführung der Neubauernstelle nicht beeinträchtigen. Es ist in sinngemäßer Anwendung der Rechtsprechung, wie sie in der VO über die Besitzwechsel ... festgelegt wurde, zu verfahren, d. h., grundsätzlich hat sämtliches auf der Wirtschaft befindliche lebende und tote Inventar sowie Vorräte an ldw. Erzeugnissen und Betriebsmitteln auf der Wirtschaft zu verbleiben. Die übrigen, die Wirtschaft nicht übernehmenden Erben können nur aus dem sonstigen Nachlaß bzw. aus dem entstandenen Wertzuwachs von dem Erben bedacht werden. Auf keinen Fall darf die Neubauernstelle durch die Übernahme irgendwelcher Abfindungssummen (...) belastet und damit in ihrer Entwicklung gehemmt werden. (...)

In den vereinzelten Fällen, wo von den Miterben keine Einigung über den die Wirtschaft übernehmenden Erben erzielt wird, hat die KBK auf Grund der festgestellten fachlichen und sonstigen Voraussetzungen unter Mitwirkung der OBK und Orts-VdgB (BHG) den Miterben einen entsprechenden Vorschlag zu machen. Wird dieser Vorschlag nicht angenommen, so sind sie zu einer Rückgabe der Neubauernstelle an den Bodenfonds zu veranlassen. In diesem Falle erfolgen die Rückgabe und die Wertzuwachsberechnung unabhängig von dem in der VO über den Besitzwechsel (...) festgelegten Termin auf der Grundlage dieser VO. Ebenso ist zu verfahren, wenn bei keinem Erben die Voraussetzungen zur Übernahme der Neubauernstelle gegeben sind.

Schließlich hat sich auch das Oberste Gericht der DDR in seinem Urteil vom 12. 3. 1953 (- 2 Zz 3/53 - a. a. O.) zumindest im Grundsatz zur Vererblichkeit des Siedlungseigentums bekannt und lediglich einschränkend ausgeführt, daß „eine Übertragung von Todes wegen kraft gesetzlicher und testamentarischer Erbfolge auch noch eines staatlichen Aktes“ bedürfe „bzw. durch einen solchen bekräftigt werden" müsse und diese Bestätigung zu versagen sei, wenn der Erbe den gestellten Anforderungen nicht entspreche.

(4.2) Erst danach hat sich Arlt als damals führender Bodenrechtler der DDR zum Sprecher jener gemacht, die das gesetzliche Erbrecht trotz seiner verfassungsrechtlichen Verankerung (vgl. Artikel 22 II DDR-Verfassung) hinsichtlich des Siedlungseigentums nach und nach einzuschränken versuchten. So geht Arlt in einer im Jahre 1959 erschienenen Monographie (Grundriß des LPG-Rechts, a. a. O., S. 362) unter Bezugnahme auf Marx, Das Kapital, Band III, Berlin 1951, S. 859 ("Bei der beweglichen Natur, die hier der Boden als lose Ware einnimmt, wachsen die Besitzveränderungen, sodaß bei jeder neuen Generation, mit jeder Erbteilung der Boden, vom Standpunkt des Bauern aus, von neuem als Kapitalanlage eingeht, d. h., daß er von ihm gekaufter Boden wird“) noch vergleichsweise behutsam davon aus, daß „Boden und Wirtschaft des Neubauern nicht an die an alle Erben und Pflichtteilberechtigten zu verteilende Erbmasse" falle, „sondern (...) aus dieser Erbmasse auszusondern“ sei. In der Folge hat Arlt diese Vorbehalte überwunden und ohne irgendeine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichts, der gemeinsamen Rundverfügung des Ministeriums der Justiz und des Ministeriums für Land- und Forstwirtschaft der DDR sowie der in der SBZ ergangenen Runderlasse festgestellt, das Bodenreformgrundstück falle „beim Tode des Eigentümers der Neubauernwirtschaft (...) in jedem Fall an den Staat zurück“ und müsse „an den Erben neu verliehen werden" (Arlt, Rechte und Pflichten der Genossenschaftsbauern, a. a. O., S. 47; vgl. auch Arlt/Rohde, Bodenrecht, Staatsverlag der DDR, 1967, S. 354). Dies ist dann gerichtsbekannt zu einer in der DDR verbreiteten - aber nie näher begründeten - Rechtsmeinung geworden, wobei abweichende Ausführungen (etwa Schietzsch, Die Übertragung des Eigentumsrechts an Bodenreformwirtschaften, NJ 1965, 564, 565; Rohde, Bodenrecht, a. a. . O., S. 109) eher zufällig erscheinen und ebenfalls eine nähere Auseinandersetzung mit der rechtlichen Problematik vermissen lassen.

(4.3) Angesichts dieser Entwicklung im Rechtsverständnis der SBZ und der DDR muß der Senat der von Arlt geprägten neueren Rechtsansicht die Gefolgschaft versagen. Er sieht seinen Standpunkt vielmehr zutreffend in der in den Jahren 1946 ff. vertretenen und unter (4.1) dargelegten Auffassung wiedergegeben:

Trotz ihrer nicht immer eindeutigen sprachlichen Fassung belegen nämlich die dort referierten gerichtlichen Entscheidungen und behördlichen Maßnahmen, daß nach dem in der SBZ und in der DDR ursprünglich vorhandenen Rechtsverständnis das Siedlungseigentum dem Erben aus dem Nachlaß zufließen sollte und nicht etwa im Wege der Singularsukzession ein originärer Rechtserwerb durch einen Verleihungsakt des staatlichen Bodenfonds erfolgte.

Hiermit läßt sich auch ohne weiteres vereinbaren, daß generell die Zuweisung an einen Erben gefordert wurde. Der Senat siedelt nämlich dieses Gebot - wie ausgeführt - nicht auf der Ebene des Erbfalls, sondern auf der Ebene der Erbauseinandersetzung an, versteht es also als öffentlichrechtliche Verpflichtung der Erbengemeinschaft, den Nachlaß unter Berücksichtigung der Ziele des Bodenreformrechts zu verteilen.

Hinsichtlich des sich in der DDR sodann vollzogenen Meinungsumschwungs ist für den Senat auffällig, daß - soweit feststellbar - eine juristische Erörterung der Problematik fehlt und ergebnisorientiert vorgegangen wurde. Bemerkenswerterweise wurde in den dem Senat zugänglichen Ausarbeitungen auch nicht darauf abgestellt daß durch § 4 BesitzwechselVO-NF oder durch § 4 2. BesitzwechselVO in erbrechtlicher Hinsicht eine Änderung der Rechtslage eingetreten sei.

Nur am Rande sei bemerkt, daß zwischenzeitlich auch Arlt die „demokratische Bodenreform" mit dem Hinweis darauf rechtfertigt, daß sie bäuerliches Privateigentum geschaffen habe (vgl. Arlt, Gutachten zur Legitimität der Bodenreform auf dem Gebiet der DDR, in: Bauern-Echo, Nr. 61 vom 13. 3. 1990, S. 5), was jedenfalls nach jetzigem Rechtsverständnis die Vererblichkeit einschließen müßte.

c) Der Senat verkennt nicht, daß gerade sein auf die Ermittlung des objektiven Rechts gerichtetes Bemühen das in der SBZ und in der DDR geschaffene Unrecht perpetuiert und jetziges Grundeigentum u. U. Neubauern zuspricht, welche Defizite bei den sonstigen im Bodenreformrecht vorausgesetzten persönlichen Eignungen durch eine ausgeprägt antifaschistische Einstellung (vgl. Art. 4 X BRVO) überkompensiert haben. Die Hinnahme und gegebenenfalls Verfestigung solchen in der SBZ und DDR geschaffenen Unrechts läßt sich aber im Zusammenhang mit der Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands nicht immer ausschließen (vgl. BVerfG, Urt. vom 23. 4. 1991 - 1 BvR 1170, 1174, 1175/90 - NJW 1991, 1597, hinsichtlich der Bestandskraft der im Zuge der Bodenreform ergangenen Enteignungen). Im übrigen könnte auch eine andere rechtliche Sicht ein Fortwirken des geschaffenen Unrechts allenfalls bei einer nach einem Erbfall unterbliebenen erneuten Zuweisung des Bodenreformgrundstücks verhindern. Dann hinge aber die jetzige Eigentumslage von Umständen ab, die aus heutiger Sicht als eher zufällig erscheinen und tendenziell jene Personen begünstigen, denen der Rat des Kreises besonderes Vertrauen in die persönliche Eignung (vgl. Art. 4 X BRVO) entgegenbrachte.

d) Ferner gibt der Senat außerhalb der tragenden Gründe zu erwägen, ob die von den BezG Dresden, Rostock und Schwerin vertretene Ansicht nicht letztlich für das Fiskalvermögen der Bundesrepublik Deutschland dieselben - vielleicht sogar noch nachteiligere - Auswirkungen hätte, dabei aber für geraume Zeit (weitere) Rechtsunsicherheit in den Grundstücksverkehr im Beitrittsgebiet sowie in die Behandlung der Ansprüche nach dem VermG brächte:

Da zumindest im Gebiet des jetzigen Freistaates Sachsen das den Neubauern zugewiesene Siedlungseigentum während des zeitlichen Geltungsbereichs des Besatzungs- und Besatzungshoheitsrechts zweifelsfrei vererblich war (vgl. etwa den Runderlaß des Kreisrats zu Dresden - Kreisbodenkommission - vom 18. 10. 1948, a. a. O.), wäre nämlich ausgehend von den Urteilen und Beschlüssen der BezG Dresden, Rostock und Schwerin eine zeitlich nachfolgende - also nicht mehr auf besatzungs- und besatzungshoheitsrechtlicher Grundlage beruhende - Enteignung des Erbrechts am Siedlungseigentum in Betracht zu ziehen (in diese Richtung gehend auch Kohler, EWiR, § 1 VermG 4/92 S. 379). Bei den sich in diesem Falle ergebenden Rückübertragungsansprüchen aus § 1 Ia, 3 ff. VermG stünde zusätzlich in Frage, wie die Rückübertragung des der jetzigen Rechtsordnung unbekannten Siedlungseigentums zu erfolgen hätte und ob gegebenenfalls die durch § 1 BodRefG bewirkte Änderung im sachenrechtlichen Status auch auf den Rückübertragungsanspruch durchschlüge.

Derartige Überschneidungen und Verwicklungen mit den Regelungen des VermG werden hingegen durch die Senatsentscheidung vermieden. Vor allem stellt sich vom rechtlichen Ausgangspunkt des Senats her nicht als Enteignung i. S. v. § 1 Ia VermG dar, wenn der Rat des Kreises, die Kreisbodenkommission oder ein anderer Hoheitsträger ein Bodenreformgrundstück unter den in der BRVO und den jeweiligen Besitzwechselverordnungen genannten Voraussetzungen an den staatlichen Bodenfonds zurückführten (so im Ergebnis auch Siewert, NJ 1992, 155, 158 und ein keinem bestimmten Autor zuordenbarer redaktioneller Vermerk in OV spezial 3/92 vom 7. 2. 1992, S. 5). Dieser Makel, also die Konfiskationsbefugnis unter den in der BRVO genannten Voraussetzungen, haftete nämlich dem Siedlungseigentum jedenfalls auf dem Gebiet des jetzigen Freistaates Sachsen bereits nach dem Besatzungs- und dem Besatzungshoheitsrecht an, sodaß insoweit die Rückführungen lediglich konkretisierten, was nach dem Besatzungs- und Besatzungshoheitsrecht Inhalt des Siedlungseigentums war.

Demgegenüber könnte die von den BezG Dresden, Rostock und Schwerin auf der Ebene des Erb- und des Sachenrechts vertretene Rechtsauffassung selbst in solchen Fällen dem Grunde nach einen Rückübertragungsanspruch auslösen, wobei dann allenfalls in Frage stünde, ob sich der Umfang des Anspruchs um den Makel der Belastung mit einer Konfiskationsbefugnis mindert und ob nach den Grundsätzen der Reserveursache zu berücksichtigen wäre, daß sich ohne die auf DDR-Recht beruhende Enteignung des Erbrechts der dem Siedlungseigentum bereits nach dem Besatzungs- und Besatzungshoheitsrecht anhaftende Makel einer Konfiskationsbefugnis verwirklicht hätte. Schließlich sei - ebenfalls der bloßen Darstellung des Umfeldes dienend - ergänzend bemerkt, daß die Abwicklung der Ansprüche aus dem VermG bei mehrfach zugewiesenen Bodenreformgrundstücken vollends undurchsichtig werden müßte.

2. Das gemäß den Ausführungen unter III. 1. a und b auf die Erben als dingliches Recht sui generis übergegangene Siedlungseigentum ist durch § 1 BodRefG am 16. 3. 1990 zu persönlichem Eigentum i. S. v. §§ 22 ff. ZGB, 3 EGZGB erstarkt (ebenso: Horn, Das Zivil- und Wirtschaftsrecht im neuen Bundesgebiet, S. 211 und Koerner, Offene Vermögensfragen in den neuen Bundesländern, 1991, S. 89; persönliches Eigentum erwägend auch Kroeschell, FS Rittner, a. a. O., S. 340; im Ansatz ebenso (wegen der Verfassungswidrigkeit des BodRefG jedoch mit anderem Ergebnis): Schildt, a. a. O., S. 99 und Böhringer, a. a. O.; a. A.: Krüger, a. a. O., S. 392 f. und diesem (hinsichtlich einer inhaltsgleichen Monographie) folgend von dem Borne, Zur Rechtsnatur des sog. Siedlungseigentums der Neubauern der kommunistischen Bodenreform in der ehemaligen SBZ/DDR, Agrarrecht 1991, 94 (95); im Ergebnis wie hier wohl auch Andrae/Steding, Das Bodenreform-Urteil des BVerfG und der Versuch seiner Demontage, Wirtschaftsrecht 1992, 135 (140)).

a) Mit § 1 BodRefG wurden nämlich nach dem Willen des Gesetzgebers nicht nur die den Neubauern bis dahin auferlegten Verfügungsbeschränkungen beseitigt, sondern auch Veränderungen am Rechtscharakter des Siedlungseigentums vorgenommen.

aa) So haben der damalige DDR-Landwirtschaftsminister und der Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses der Volkskammer die Notwendigkeit des BodRefG u. a. damit begründet, daß durch sie die Eigentumsrechte der Bauern am landwirtschaftlich genutzten Grund und Boden ausdrücklich gesichert und so stabile Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Existenz unter den Bedingungen der Marktwirtschaft geschaffen seien. Gleichzeitig biete das BodRefG einen wirksamen Schutz vor einem Ausverkauf und sorge dafür, „daß die aus der Bodenreform erworbenen Eigentumsrechte festgeschrieben" seien (zitiert nach Kimminich, a. a. O., S. 66 unter weiteren Hinweis auf FAZ vom 7. 3. 1990, S. 17). Damit korrespondiert, daß Bundesminister Dr. Kinkel und Ministerpräsident a. D. de Maiziere anläßlich der mündlichen Verhandlung vor dem BVerfG in den Verfahren 1 BvR 1170, 1174, 1175/90 bekundet haben, die Aufrechterhaltung der durch die Bodenreform geschaffenen Eigentumsverhältnisse habe im Zuge der auf die Herstellung der staatlichen Einheit Deutschlands gerichteten Verhandlungen eine zentrale Forderung der Deutschen Demokratischen Republik gebildet. Ähnliche Ansprüche sind nach den Darlegungen von Staatssekretär Dr. Kastrup im Zuge der Zwei-plus-vier-Verhandlungen von der damaligen Sowjetunion erhoben worden (zitiert jeweils nach BVerfG, Urt. vom 23. 4. 1991 - 1 BvR 1170, 1174, 1175/90 - a. a. O.).

Sinnfälligen Ausdruck findet diese Absicht weiterhin in dem von Krüger (a. a. O., S. 393) auszugsweise veröffentlichten Protokoll der 18. Tagung der Volkskammer (9. Wahlperiode, S. 532), wonach das BodRefG „die rechtliche Gleichstellung des Bodenreformeigentums mit anderen Formen des bäuerlichen Eigentums, des sog. Alteigentums der Bauern“, bewirken sollte. Schließlich soll Ministerpräsident de Maiziere in seiner Regierungserklärung vom 19. 4. 1990 ausgeführt haben, die „Sicherung der Eigentumsrechte aus der Bodenreform und aus Eigentumsübertragungen, die nach Treu und Glauben rechtens waren und daher auch rechtens bleiben" müßten, gehöre zu den Grundlagen der Währungs- und Wirtschaftsunion (zitiert nach Kroeschell, FS Rittner, a. a. O., S. 339 unter Hinweis auf Badische Zeitung Nr. 91 vom 20. 4. 1990, S. 5).

bb) Dieses gesetzgeberische Ziel impliziert aber, daß sich das BodRefG von den Vorstellungen einer dem kommunistischen Weltbild verhafteten Bodenordnung gelöst und sich dem Eigentumsverständnis der sozialen Marktwirtschaft zugewandt hat. Nur hierdurch konnte sich nämlich der Gesetzgeber der DDR erhoffen, daß das Siedlungseigentum im Falle des Beitritts auch nach bundesdeutschem Recht als eigentumsfähig anerkannt werde und damit die Neubauern im Geltungsbereich des BGB Grundstückseigentum erwerben können.

Damit gerieten aber durch § 1 BodRefG all jene Gründe in Wegfall, die dem Senat Anlaß geben, im Siedlungseigentum bis zum Inkrafttreten des BodRefG ein dem Eigentum an Sachen i. S. v. Art. 233 § 2 RGBGB nicht vergleichbares dingliches Recht sui generis zu sehen (im Ergebnis ebenso: BezG Dresden, NJ 1992, 172 (173) unter 5.).

b) Schließlich vermag der Senat auch nicht die verschiedentlich gegen die Wirksamkeit von § 1 BodRefG erhobenen Bedenken zu teilen:

aa) Die Zweifel daran, ob das BodRefG in bundesdeutsches Recht übergeleitet wurde (vgl. Schildt, S. 99; BezG Dresden, NJ 1992, 172 (173)), macht sich der Senat nicht zu eigen:

(1) Obwohl nicht gesichert ist, daß die sowjetische Besatzungsmacht auf die Entschließungen der Landes- und Provinzialverwaltungen gezielten Einfluß genommen hatte, muß die Bodenreform ihrem erklärten Willen entsprochen haben, da den von ihr eingesetzten Verwaltungen bei Erlaß der BRVO noch keine originäre Rechtssetzungsbefugnis eingeräumt war und die SMAD mit Befehl vom 22. 10. 1945 die BRVO für „gesetzkräftig“ erklärte (vgl. BVerfG, Urt. vom 3. 8. 1991 - 1 BvR 1170/90 u. a. - a. a. O.).

Damit zerstreuen sich aber die von Schildt (a. a. O., S. 99) unter Hinweis auf § 1 VIIIa VermG und Nr. 1 der Gemeinsamen Erklärung vom 15. 6. 1990 (BGBl. II 1237) erhobenen Bedenken.

(2) Die Überleitung in bundesdeutsches Recht ergibt sich entgegen BezG Dresden, NJ 1992, 172 (173) unmittelbar aus Art. 9 EVertr i. V. m. dem Zustimmungsgesetz zum EVertr, sodaß die fehlende Erwägung des BodRefG in Anl. II Kap. III Sachgeb. B Abschn. I EVertr unschädlich ist.

(3) Im übrigen ist ergänzend zu bemerken, daß die gegen die Fortgeltung des BodRefG gerichteten Einwände rechtlich ohnehin unerheblich sind. Da § 1 BodRefG unmittelbar in den sachenrechtlichen Status des Siedlungseigentums eingegriffen hat, hätten nämlich die rechtsgestaltenden Wirkungen des BodRefG nur durch einen gegenteiligen legislativen oder exekutiven Akt beseitigt werden können (so im Ergebnis wohl auch BezG Dresden, NJ 1992, 172 (173)).

bb) Weiterhin teilt der Senat weder die gegen das BodRefG erhobenen verfassungsrechtlichen Einwände (dazu: Böhringer, a. a. O., Fn. 9; Krüger, a. a. O., S. 392 f.; Schildt, a. a. O., S. 99; für Verfassungsmäßigkeit in der Literatur nur Siewert a. a. O., S. 158), noch hält er das ZustimmungsG zum EVertr insoweit für verfassungswidrig, als durch Art. 233 § 2 EGBGB das frühere Siedlungseigentum in Eigentum an Grundstücken übergeleitet wurde:

(1) Keiner abschließenden Entscheidung bedarf dabei, ob nach dem insoweit maßgebenden Staatsrechtsverständnis der DDR eine Verfassungswidrigkeit des BodRefG diesem - im Sinne einer generellen Nichtigkeit - die durch § 1 BodRefG erstrebten statusbegründenden Wirkungen hätte nehmen können (vgl. Art. 66, 89 DDR-Verfassung vom 7. 10. 1949). Erst recht kann offen bleiben, ob das BodRefG bei einem unterstellten Verstoß gegen die Verfassung der DDR nicht zumindest dadurch verfassungsgemäß geworden wäre, daß es durch Art. 9 EVertr in bundesdeutsches Recht übergeleitet wurde und Bestimmungen des Grundgesetzes - wie nachstehend unter (3) dargelegt - nicht widerspricht.

Wie einleitend ausgeführt wurde, läßt sich nämlich § 1 BodRefG bei richtigem Verständnis der im März 1990 auf dem Gebiet der DDR herrschenden Verfassungslage mit den Bestimmungen der DDR-Verfassung, insoweit zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung und Ergänzung der Verfassung der DDR vom 12. . 1. 1990 (GBl. I Nr. 4 S. 15), zwanglos in Einklang bringen:

(1.1) Richtig ist zwar, daß die Herstellung der Verkehrsfähigkeit des Bodenreformgrundstücks das Privateigentum an Produktionsmitteln wesentlich verstärkte und damit gegen die bis dahin geltenden boden- und eigentumsrechtlichen Wertentscheidungen der sozialistischen Verfassung der DDR, nach denen Produktionsmittel im sozialistischen Eigentum zu stehen hatten und persönliches Eigentum lediglich der Befriedigung der materiellen und kulturellen Bedürfnisse der Bürger zu dienen bestimmt war, verstieß.

(1.2) Diese auf den Wortlaut und den früheren Wesensgehalt der Verfassung abstellende Sicht wird jedoch der im März 1990 bestehenden Verfassungswirklichkeit nicht gerecht (a. A. Krüger, a. a. O., S. 393, der in der Bodenreform-Gesetzgebung vom März 1990 „das Fortleben des alten Geistes" sieht). Zum damaligen Zeitpunkt war auf dem Gebiet der DDR die demokratische Umgestaltung der Rechtsordnung bereits in Gang gekommen, mag auch dieser Wandel zunächst nicht konsequent und ohne Wertungswidersprüche eingeleitet worden sein. Immerhin waren aber bereits spürbare Tendenzen für eine Loslösung von der sozialistischen Rechtsideologie und für eine Zuwendung zur demokratisch-sozialen Rechtsordnung des Grundgesetzes erkennbar.

Im Hinblick auf diese historische Situation wäre es verfehlt, die Verfassungsmäßigkeit des BodRefG, das selbst einen - wenn auch wenig glücklichen - Schritt dieses politischen Erneuerungsprozesses darstellte, am Wortlaut und an den Wertentscheidungen einer Verfassung zu messen, die im Zeitpunkt des Erlasses des BodRefG faktisch in den Wandel der Wertvorstellungen einbezogen war und mit der Verfassungswirklichkeit nur noch teilweise übereinstimmte.

Diese kurzfristige Diskrepanz zwischen den Buchstaben und dem Geist der Verfassung wurde im übrigen wenig später beseitigt, indem die Volkskammer am 17. Juni 1990 (GBl. S. 299) ein Gesetz zur Änderung und Ergänzung der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik beschlossen hat, deren Präambel und Artikel 2 folgendes bestimmen:

In der Erkenntnis, daß in der Deutschen Demokratischen Republik im Herbst 1989 eine friedliche und demokratische Revolution stattgefunden hat, und in der Erwägung einer baldigen Herstellung der staatlichen Einheit Deutschlands wird für eine Übergangszeit die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik um folgende Verfassungsgrundsätze ergänzt. Entgegenstehende Verfassungsgrundsätze besitzen keine Rechtsgültigkeit mehr.

Artikel 2. Eigentum

Privateigentum einschließlich des Erwerbs von Eigentum und eigentumsgleichen Rechten an Grund und Boden sowie an Produktionsmitteln wird gewährleistet. Dadurch wird die gesetzliche Zulassung besonderer Eigentumsformen für die Beteiligung der öffentlichen Hand oder anderer Rechtsträger im Wirtschaftsverkehr sowie eine rechtsstaatliche Überprüfung der bestehenden Eigentumsverhältnisse nicht berührt. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohl der Allgemeinheit und dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen dienen.


(2) § 1 BodRefG ist auch nicht wegen Verstoßes gegen allgemeine Grundsätze des Völkerrechtes nichtig.

Der Senat erachtet es zwar für bemerkenswert, daß die Volkskammer der DDR durch das BodRefG den Neubauern ohne irgendeine Gegenleistung eine teilweise massive Vermehrung ihres Vermögens bereitete, obwohl die gravierenden wirtschaftlichen Folgen dieser Zuwendung vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands voll zu Lasten der Bundesrepublik Deutschland gehen mußten. Selbst wenn es aber ein völkerrechtliches Mäßigungsgebot des Inhalts gäbe, daß ein Staat kurz vor dem Vollzug des Beitritts seinen Bürgern nicht ohne sachlichen Grund Vermögensmehrungen zukommen lassen darf, die den aufnehmenden Staat belasten, könnte dies die Wirksamkeit von § 1 BodRefG nicht berühren. Die Verfassung der DDR enthält nämlich keine Artikel 25 GG korrespondierende Regelung, sodaß ein etwaiger Verstoß gegen Grundsätze des Völkerrechts nicht auf die Wirksamkeit des innerstaatlichen Rechts durchschlüge.

(3) Das ZustimmungsG zum EVertr ist auch insoweit verfassungsgemäß, als durch Art. 233 § 2 EGBGB früheres Siedlungseigentum in Eigentum an Grundstücken übergeleitet wurde.

(3.1) Soweit durch Art. 233 § 2 RGBGB die der Bodenreform zugrundeliegenden Enteignungen anerkannt wurden, ist bereits durch Urteil des BVerfG vom 23. 4. 1991 (- 1 BvR 1170, 1174, 1175/90 - a. a. O.) zutreffend - und gemäß § 31 I BVerfGG für den Senat bindend - die Verfassungsmäßigkeit des Zustimmungsgesetzes festgestellt worden.

(3.2) Das Zustimmungsgesetz zum EVertr verstößt weiterhin nicht dadurch gegen den Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 I GG, daß die Neubauern ohne eine einigermaßen adäquate Gegenleistung Grundeigentum an dem ihnen früher als Produktionsmittel zugewiesenen „Arbeitseigentum“ erlangt haben, während anderen Bürgern eine solche Teilhabe an den Produktionsmitteln nicht eröffnet wurde.

Dem Bundesgesetzgeber kam nämlich im Zuge der Überleitung des Rechts der DDR auch von Verfassungs wegen her ein breiter Gestaltungsrahmen zu, wobei es der gerichtlich nicht überprüfbaren Beurteilung der Bundesregierung unterlag, welche Verhandlungsergebnisse sie für politisch erzielbar hielt. Vor diesem Hintergrund ist aber ersichtlich nicht als willkürlich zu erachten, wenn sich die Bundesrepublik Deutschland entschloß, die den Neubauern in der SBZ und in der DDR durch die praktisch unentgeltliche Überlassung des Siedlungseigentums zuteil gewordenen Privilegien aufrechtzuerhalten. Einer als vertretbar hinzunehmenden Entscheidung steht insbesondere nicht entgegen, daß sich aus dem früheren Siedlungseigentum durch § 1 BodRefG namentlich in Großstadtnähe erhebliche Vermögenswerte (auf heutige Wertverhältnisse bezogen bei 5 ha Siedlungseigentum und Baulandpreisen in Großstadtnähe von etwa DM 200,- je qm bis zu DM 10 Mill. je Neubauer) entwickelt hatten und daß die Kriterien, nach denen das Siedlungseigentum an die Neubauern zu vergeben war, einer Überbewertung der antifaschistischen Einstellung Raum gelassen hatten.

c) Haben aber die Neubauern durch § 1 BodRefG persönliches Eigentum erlangt und ist dieses durch Art. 233 § 2 EGBGB in Eigentum an Grundstücken übergeleitet worden, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, ob an den Bodenreformgrundstücken nach bundesdeutschem Rechtsverständnis bis zum 15. 3. 1990 überhaupt kein Eigentum bestand oder ob die DDR (staatlicher Bodenfonds) als - mit dem Siedlungseigentum belastete - Eigentümerin anzusehen war.

3. Im übrigen besagt die Entscheidung des Senats nur, daß die früherern Neubauern nunmehr Grundstückseigentum am ehemaligen Bodenreformgrundstück erlangt haben. Inwieweit Art. 14 GG für eine Abschöpfung des den Neubauern praktisch unentgeltlich zugeflossenen Vermögens Raum ließe, steht nicht zur Entscheidung des Senats und wird durch den vorliegenden Beschluß, der nur die formale Rechtslage des Erb- und des Sachenrechts berührt, keinesfalls präjudiziert.

IV. 1. Die demnach von der ihr beigegebenen Begründung nicht getragene Entscheidung des Beschwerdegerichts erweist sich derzeit auch nicht aus anderen Erwägungen als zutreffend.

Insbesondere kann nach den bisherigen tatrichterlichen Feststellungen nicht ausgeschlossen werden, daß die Bet. zu 1) als Ergebnis einer doppelten Erbfolge ihr Alleineigentum an den verfahrensgegenständlichen früheren Bodenreformgrundstücken glaubhaft gemacht hat (vgl. zu den Anforderungen einer auf die Löschung eines Amtswiderspruchs gerichteten Beschwerde: OLG Hamm, DNotZ 1968, 631 (632); BayObLGZ 1952, 24 (27); Horber/Demharter, Grundbuchordnung, 19. Auflage, § 54 Anm. 11 und 15). Hat sich nämlich die als Siedlungseigentum bezeichnete dingliche Rechtsstellung an den verfahrensgegenständlichen Grundstücken im Nachlaß des mit Wirkung zum 31. 7. 1949 für tot erklärten Vaters der Bet. zu 1) befunden und ist in der Folge die zwischen der Beteiligten zu 1) und deren Mutter gemäß § 2032 BGB (i. V. m. § 8 EGZGB, Art. 235 § 1 I EGBGB) bestehende Erbengemeinschaft nicht auseinandergesetzt worden, kann die Bet. zu 1) durch eine Vereinigung der gesamthänderisch gebundenen Miterbenanteile mit dem am 4. 2. 1976 eingetretenen Tod ihrer Mutter gemäß § 363 I ZGB (i. V. m. Art. 235 § 1 I EGBGB) alleinige Inhaberin des Siedlungseigentums geworden sein. Sollte der Rat des Kreises weder vorher noch später im Wege der Konfiskation auf dieses Siedlungseigentum zugegriffen haben, wäre dann aus den in Abschn. III dargelegten Gründen am 16. 3. 1990 persönliches Eigentum und am 3. Oktober 1990 Grundstückseigentum der Bet. zu 1) entstanden. (...)

Rechtsgebiete

Erbrecht

Normen

EGBGB Art. 233 § 2