Schimmelpilzbefall als fristloser Kündigungsgrund – Mieterallergie

Gericht

LG Berlin


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

11. 06. 1998


Aktenzeichen

62 S 10/98


Leitsatz des Gerichts

  1. Wird ein Wohnraummietverhältnis wegen Gesundheitsgefährdung fristlos gekündigt, kommt es nicht auf die Befindlichkeit des Einzelnen an. Vielmehr muss eine Gefährdung aufgrund objektiver Maßstäbe festgestellt werden.

  2. Voraussetzung einer Kündigung wegen Nichtgewährung des Gebrauchs (Befall mit Schimmelpilz) ist, dass dem Vermieter eine Frist zur Abhilfe gesetzt wird.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Bekl., Mieterin einer Wohnung, hat den Mietvertrag am 5. 9. 1996 fristlos wegen Schimmelpilzbefalls der Räume und am 24. 9. 1996 wegen Verweigerung der Erlaubnis zur Untervermietung zum 30. 12. 1996 gekündigt. Der Vermieter hat nach dem Auszug der Bekl. am 6. 9. 1996 Klage auf Feststellung, dass der Mietvertrag durch die Kündigung vom 5. 9. 1996 nicht beendet worden sei, und auf Zahlung von Mietzins erhoben. Die Feststellungsklage hatte vollen, die Klage auf Zahlung von Mietzins nur für die Zeit bis einschließlich Dezember 1996 Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Zu Recht hat das AG auch festgestellt, dass das Mietverhältnis über die streitgegenständliche Wohnung durch die fristlose Kündigung vom 5. 9. 1996 nicht wirksam beendet worden ist, da sich kein Grund für eine fristlose Kündigung der Bekl. ergibt. Auf der Grundlage des § 544 BGB kommt eine solche Kündigung nicht in Betracht, da die Bekl. nicht hinreichend substantiiert dargelegt hat, dass die Benutzung der streitgegenständlichen Wohnung infolge des Befalls mit Schimmelpilz mit einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit verbunden ist. Es entspricht der einhelligen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass eine solche Gesundheitsgefährdung nach objektiven Maßstäben bestehen muss und dass besondere Anfälligkeiten einzelner Personen im Rahmen des § 544 BGB außer Betracht zu bleiben haben (AG München, WuM 1986, 247; Grapentin, in: Bub/Treier, Hdb. d. Geschäfts- u. Wohnraummiete, IV Rdnr. 155; Sternel, MietR, 3. Aufl., IV Rdnr. 480). Eine solche Gefährdungssituation ergibt sich nach dem Vortrag der Bekl. jedoch nicht.

Das von ihr beigefügte Gutachten des Bezirksamts Tempelhof kommt lediglich zu dem Ergebnis, dass die festgestellten Sporen im Schlafzimmer der streitgegenständlichen Wohnung bei einer entsprechenden Disposition als Allergene wirken können. Damit setzt dieses Gutachten jedoch gerade eine subjektive Empfindlichkeit der Mieter voraus und stellt nicht auf objektive Maßstäbe ab. In dem ebenfalls eingereichten Attest der Ärzte X und Y wird eine erhebliche, gesundheitsschädliche Belastung auch für Gesunde lediglich pauschal behauptet, ohne jede weitere Darstellung von Tatsachen oder Begründungen.

Schließlich hilft der Bekl. auch nicht der Verweis auf das Urteil des LG München I, NJW-RR 1991, 975f. Soweit das LG in diesem Urteil zu dem Ergebnis gelangt ist, dass Schimmel allgemein Krankheiten aus dem allergischen und asthmatischen Formenkreis hervorrufen oder zumindest auslösen kann, außerdem zu den cancerogenen Stoffen gerechnet werden muss, handelt es sich dabei um eine Tatsachenwürdigung des Gerichts, die mangels hinreichenden Tatsachenvortrags im vorliegenden Verfahren nicht übernommen werden kann.

Für die Bekl. bestand ebenso wenig ein Kündigungsgrund nach § 542 BGB. Selbst wenn der Befall mit Schimmelpilz im vorliegenden Fall als erheblicher Mangel der Mietsache anerkannt würde und somit der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache zumindest teilweise i.S. von § 542 BGB als entzogen angesehen werden müsste, war die Bekl. danach zur Kündigung nicht berechtigt. Denn nach § 542 I 2 BGB ist eine Kündigung erst dann zulässig, wenn der Vermieter eine ihm vom Mieter bestimmte angemessene Frist hat verstreichen lassen, ohne Abhilfe hinsichtlich des Mangels zu schaffen. Die Bekl. hat jedoch nicht darlegt und es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass sie vor Ausspruch der Kündigung ein solches Abhilfeverlangen unter Fristsetzung gegenüber dem Kl. erklärt hat.

Eine solche Fristsetzung war auch nicht entbehrlich, da sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Kl. zum Zeitpunkt der Kündigung bereits über den Befall mit Schimmelpilzen informiert worden ist und er eine Beseitigung des Mangels ernsthaft verweigert hätte.

Schließlich kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Erfüllung des Vertrags i.S. von § 542 I 3 BGB infolge des Befalls mit Schimmelpilz für die Bekl. kein Interesse mehr hatte, selbst wenn man davon ausgeht, dass ihr Ehemann und ihre Tochter aufgrund ihrer Allergien unter dem mangelhaften Zustand der Mietsachen litten. Zunächst ist festzuhalten, dass die Bekl. mit ihrer Familie bereits vor Ausspruch der Kündigung die streitgegenständliche Wohnung verlassen hatte, so dass sich von daher schon keine Beeinträchtigung ergibt. Darüber hinaus ergibt sich auf der Grundlage ihres Sachvortrages aber auch nicht, dass durch geeignete Maßnahmen nicht auch für ihren Ehemann und ihre Tochter kurzfristig Abhilfe hätte geschaffen werden können.

Lediglich für den festgestellten Pilz Aspergillus niger hat die Bekl. vorgetragen, dass dieser nur durch eine langwierige Behandlung mit Fungiziden erfolgreich bekämpft werden könne. Diese Pilzart ist jedoch überhaupt nur an einer Wand des Schlafzimmers festgestellt worden, und es ergibt sich nicht, in welcher Konzentration. Da nach dem von der Bekl. eingereichten ärztlichen Gutachten aber gerade die Schimmelpilzkonzentration insgesamt für ihren Ehemann als unzumutbar anzusehen ist, kann nicht ausgeschlossen werden, dass bereits Abhilfemaßnahmen betreffend die anderen Pilzarten die gesundheitsbeeinträchtigende Wirkung weithin hätten beseitigen können.

Unter dem Gesichtspunkt, dass der Kl. zum Zeitpunkt der Kündigung der Bekl. bereits die begehrte Untervermietung verweigert hatte, kommt eine fristlose Kündigung nach § 542 BGB schließlich auch nicht in Betracht, obwohl diese Vorschrift grundsätzlich auch diese Fälle umfassen kann. Diesbezüglich fehlt es wieder daran, dass die Bekl. dem Kl. zuvor nicht eine angemessene Frist zur Beseitigung der Störung gesetzt hat.

2. Was die Zahlungsklage betrifft, so kann der Kl. lediglich den Mietzins für die Monate September bis einschließlich Dezember 1996 abzüglich eines Betrags von 121,45 DM für den Monat September 1996 verlangen, was einen Betrag von 2794,35 DM ausmacht. Denn das Mietverhältnis wurde durch die Kündigung der Prozessbevollmächtigten der Bekl. vom 24. 9. 1996 gem. § 549 I 2 BGB nach Verweigerung der Erlaubnis zur Untervermietung durch den Kl. zum 31. 12. 1996 wirksam beendet. ...

Rechtsgebiete

Mietrecht