Beschädigung eines Kraftfahrzeugs in Autowaschstraße

Gericht

LG Bochum


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

13. 08. 2001


Aktenzeichen

6 O 362/99


Leitsatz des Gerichts

Wird in einer Autowaschstraße ein Kraftfahrzeug dadurch beschädigt, dass es auf das vorausfahrende, aus unerklärlichen Gründen aber zum Stillstand gekommene Auto aufgeschoben wird, so hat der Betreiber der Anlage dafür nur einzustehen, wenn die Anlage einen Fehler hatte oder er den Unfall durch zumutbare Maßnahmen hätte verhindern können.

Tatbestand

Zum Sachverhalt:

Der Kl. verlangt Schadensersatz aus einem Unfallereignis, das sich am 14. 7. 1997 in der Waschstraße in W. ereignet hat, die von dem Bekl. betrieben wird. Der Kl. wollte seinen Wagen waschen lassen. Vor ihm befand sich der VW Multivan Magnum; der Kl. fuhr einen VW Golf; ihm folgte ein BMW. Während des Waschvorgangs blieb der VW stehen. Das Fahrzeug des Kl. und der BMW wurden aufgeschoben. Der Bekl. hat Schadensersatzleistungen abgelehnt und den Fahrer F des vorausfahrenden VW als Schadensverursacher bezeichnet. Die daraufhin vom Kl. gegen F und dessen Versicherung erhobene Klage auf Zahlung von 4905,20 DM wurde jedoch vom AG abgewiesen, weil F keinen Fehler gemacht habe. Der Kl., der dem Bekl. in jenem Prozess den Streit verkündet hatte, nimmt nunmehr den Bekl. wegen des behaupteten Fehlers seiner Anlage auf Ersatz seines Schadens und der Kosten des Vorprozesses in Höhe von 10 731,82 DM nebst Zinsen in Anspruch. Der Bekl. bestreitet, dass die Waschanlage fehlerhaft funktioniert habe oder dass ein Bedienungsfehler vorgelegen habe. Die Wartung und In-Stand-Haltung sei in regelmäßigen Abständen erfolgt, Auswahl und Überwachung der Mitarbeiter seien hinreichend. Vorstellbar sei, dass die Vorderachse des in der Waschanlage befindlichen Fahrzeuges schräg gegen die seitliche Führungsschiene der Schleppkette angelaufen sei und es dadurch zu einer Schrägstellung der Lenkung sowie einem anschließenden Durchrutschen der Führungsrolle kommen könne. Am Fahrzeug des Kl. müsse ein Defekt in der Lenkung der Radaufhängung oder Achsgeometrie aufgetreten sein, welches die Schrägstellung des Rades und das anschließende Durchrutschen der Führungsrolle verursacht habe. Der Kl. habe den Zündschlüssel abgezogen und dadurch das Einrasten des Lenkradschlosses und die Arretierung des Vorderrades sowie die Schrägstellung verursacht.

Die Klage blieb ohne Erfolg.

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Der Kl. kann von dem Bekl. nicht Schadensersatz aus positiver Forderungsverletzung des mit ihm abgeschlossenen Werkvertrages aus entsprechender Anwendung der §§ 280, 286, 325, 326 BGB verlangen. Eine Gefährdungshaftung scheidet aus.

Der Bekl. muss als Betreiber der Waschanlage dafür Sorge tragen, dass zu reinigende Fahrzeuge keinen Schaden erleiden. Dabei muss der Kl. ein objektiv pflichtwidriges Verhalten, der Bekl. mangelndes Verschulden nachweisen.

Auf Grund des Vortrags der Parteien hat sich nicht feststellen lassen, weshalb das Fahrzeug des vorausfahrenden Fahrers F, der vor dem Kl. in die Waschstraße gefahren war, zum Stehen gekommen war. Offengeblieben ist ebenfalls, warum das Fahrzeug des Kl. aufgeschleppt worden ist. In dem Rechtsstreit, den der Kl. vor dem AG W. gegen den vorausfahrenden Fahrer F geführt hat, ist rechtskräftig zwischen den Parteien des damaligen Rechtsstreits festgestellt worden, dass ein Verschulden des F nicht vorgelegen hat. An diese Feststellungen ist der Bekl. auf Grund der Wirkung der Streitverkündung gebunden. Dem Bekl. könnte eine objektive Pflichtwidrigkeit bzw. ein Verschulden nur vorgeworfen werden, wenn er durch zumutbare Maßnahmen einen Vorfall, wie er sich hier ereignet hat, hätte verhindern können. Der Kl. hat nicht dargelegt oder gar bewiesen, dass in der Waschanlage sich derartige Vorfälle bereits wiederholt abgespielt hätten, auch nicht, dass in Anlagen gleicher Bauart Schäden vorgekommen sind, die nicht auf einen Fahrfehler eines weiteren Benutzers zurückzuführen gewesen wären, sondern in der Anlage selbst gelegen hätten.

Dem Bekl. wäre ein Vorwurf, dass er den Unfall hätte vermeiden können, auch nur zu machen gewesen, wenn die von ihm betriebene Anlage unter dem Standard der übrigen Anlagen zurückstände. Das hat sich auf Grund des Sachverständigengutachtens B jedoch nicht feststellen lassen. Der Sachverständige hat vielmehr festgestellt, dass Lichtschienen, die ein Auffahren auf ein stehengebliebenes Fahrzeug verhindern, von der Industrie nicht angeboten werden. Der Sachverständige hat weiterhin festgestellt, dass eine Überwachung durch ein Videogerät durch einen besonders dafür abgestellten Mitarbeiter zwar möglich sei, eine derartige Videoanlage aber in keiner der von ihm überprüften Waschanlagen installiert war. Die Installation einer derartigen Videoanlage könnte in Zukunft zwar von einem Betreiber verlangt werden, wenn Unfälle in derartigen Anlagen gehäuft vorkämen, ohne dass sich Verschulden eines anderen Teilnehmers feststellen ließe. Ein Vorwurf, die Waschanlage müsse auf jeden Fall zum Stehen gebracht werden, falls ein Auffahren drohe, das Unterlassen sei pflichtwidrig, lässt sich im konkreten Fall nicht aufrechterhalten.

Auch die Grundsätze über das beherrschbare Risiko kommen hier nicht zum Zuge. In derartigen Fällen kann es zu einer Beweislastumkehr kommen, dahin, dass der Bekl. auch den Nachweis zu erbringen hätte, dass kein objektiver Pflichtverstoß vorläge. Erforderlich wäre, dass es zu den besonderen Vertragspflichten des Bekl. gehörte, den Kl. gerade vor einem derartigen Schaden zu bewahren. Hier ist die besondere Vertragspflicht des Bekl., das Fahrzeug des Kl. zu waschen. Ihm obliegt keine besondere Vertragspflicht, das Fahrzeug vor Schaden zu bewahren. Es handelt sich dabei lediglich um eine Nebenpflicht, so dass die allgemeinen Beweislastgrundsätze eingreifen.

Rechtsgebiete

Schadensersatzrecht

Normen

pVV