Kein erhöhtes Beförderungsentgeld bei minderjährigem Schwarzfahrer

Gericht

AG Jena


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

05. 07. 2001


Aktenzeichen

22 C 21/01


Leitsatz des Gerichts

Von einem minderjährigen Schwarzfahrer kann mangels wirksamen Vertragsschlusses kein erhöhtes Beförderungsentgelt gefordert werden.

Tatbestand

Auszüge aus dem Sachverhalt:

Am 17. 8. und 24. 8. 2000 benutze der 14-jährige Beklagte die Beförderungsmittel der Klägerin. Der Beklagte besaß keinen gültigen Fahrschein. Die Klägerin macht geltend, dass ihr nach ihren Beförderungsbedingungen ein erhöhtes Beförderungsentgelt zusteht.

Die Klage hatte keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe

Auszüge aus den Gründen:

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung eines erhöhten Beförderungsentgeltes in eingeklagter Hohe da zwischen den Prozessparteien weder am 17 08 2000 noch am 24 08 2000 ein wirksamer Beforderungsvertrag zustande gekommen ist.

Der Beklage war zum maßgeblichen Zeitpunkt 14 Jahre alt, also minderjährig Nach § 107 BGB bedarf der Minderjährige , zu einer Willenserklärung durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt der Einwilligung eines gesetzlichen Vertreters , Umgekehrt kann er also Willenserklärungen die für ihn lediglich rechtlich vorteilhaft sind wirksam abgeben Maßgebend sind die rechtlichen Folgen des Rechtsgeschäfts Da der Beforderungsvertrag die Pflicht zur Zahlung des Beforderungsentgeltes begründet hangt die Wirksamkeit des vom minderjährigen geschlossenen Vertrages von der Einwilligung der Eltern als des gesetzlichen Vertreters ab Die gesetzliche Vertreterin des Beklagten will den Beförderungsvertrag nicht gelten lassen hierin ist die Verweigerung der Genehmigung zu erblicken. Die Wirksamkeit des Beforderungsvertrages lässt sich auch nicht aus § 110 BGB einem besonderen Anwendungsfall des § 107 BGB herleiten da der Beklagte die Leistung unstreitig nicht mit Mitteln bewirkte die ihm zu diesem Zweck zur freien Verfugung von den Eltern überlassen waren Entgegen der Ansicht der Klägerin lässt sich die Wirksamkeit der Beförderungsvertrage auch nicht aus erteilter Generaleinwilligung herleiten Zwar ist auch eine Generaleinwilligung zu einem Kreis von zunächst noch nicht individualisierten Geschäften grundsätzlich zulässig Sie bedarf aber im Interesse eines wirksamen Minderjährigenschutzes einer Konkretisierung, diese ist im Zweifel eng auszulegen und darf nicht zu einer partiell erweiterten Geschäftsfähigkeit führen. So gilt die Einwilligung zur Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel im Zweifel nicht für Schwarzfahrten ( Palandt, 60 Auflage, § 107, Rz 9 ). Angesichts des Umstandes, dass die strenge Prüfung der Wirksamkeit der vertraglichen Verpflichtungen im Interesse des Minderjährigenschutzes erfolgt und im Zweifel eine enge Auslegung des Umfangs der erteilten Einwilligungen vorzunehmen ist liegt auch kein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB vor. Das Gericht verkennt insoweit nicht, dass mittels der Vertragsstrafe Einfluss auf das Verhalten jugendlicher Straßenbahnbenutzer genommen werden kann Indes lassen die gesetzlichen Vorschriften des Minderjährigenschutzes insoweit keinen Spielraum, sodass die Klägerin - um Auswüchsen wirksam zu begegnen - darauf verwiesen wird, die betreffenden Personen gegebenenfalls gemäß § 6 Abs. 5 der Beförderungsbedingungen von der Beförderung auszuschließen. Das dies generell einen erhöhten Verwaltungsaufwand mit sich bringt ändert an der Beurteilung der Frage der Wirksamkeit der vom Minderjährigen abgeschlossenen Verträge nichts.

Andere Anspruchsgrundlagen kommen vorliegend nicht in Betracht, dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass seitens des Beklagen das übliche Beförderungsentgeld unstreitig gezahlt wurde
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage im § 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Rechtsgebiete

Allgemeines Zivilrecht