Heranziehung zur Hundesteuer

Gericht

OVG Münster


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

23. 01. 1997


Aktenzeichen

22 A 2455/96 319


Leitsatz des Gerichts

1. Unwirksamkeit bzw. Bedenken gegen eine Hundesteuersatzung in bezug auf:

• Besteuerung von zu gewerblichen Zwecken gehaltenen Hunden

• Besteuerung von juristischen Personen und Personenvereinigungen

• von NWKAG und AO 1977 abweichenden Haftungsregelungen

• Regelung des Rechtsschutzes und der Vollstreckung

• Regelung der Züchterermäßigung - "Zwingerprivileg" -

• Auskunftspflichten der Grundstückseigentümer

• Besteuerung für zugelaufene, aber wieder abgegebene Hunde, wenn das Ordnungsamt nicht eingeschaltet war.

2. Eine Hundesteuersatzung, die an diesen Mängeln leidet, ist bezüglich des Grundtatbestandes, nämlich der Besteuerung des Aufwandes, der von natürlichen Personen für zu persönlichen Zwecken gehaltene Hunde betrieben wird, entsprechend § 139 BGB und dem mutmaßlichen Willen des Rates als wirksam anzusehen.

3. Die Regelung, daß nicht nur derjenige Steuerschuldner der Hundesteuer ist, der einen Hund im eigenen Interesse in seinen Haushalt aufgenommen hat, sondern auch derjenige, der dies im Interesse eines Familienangehörigen getan hat, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

Tatbestand

Zum Sachverhalt:

Der dreizehnjährige Sohn des Kl., der im Haushalt des als Rechtsanwalt und Notar tätigen Kl. lebt, meldete beim Bekl. einen Hund zur Hundesteuer an. Mit dem angefochtenen Bescheid zog der Bekl. daraufhin den Kl. zur Hundesteuer heran. Widerspruch, Klage und Berufung des Kl. blieben ohne Erfolg.

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Der Bekl. hat den Kl. rechtmäßig nach der Hundesteuersatzung der Stadt zur Hundesteuer für den Hund seines Sohnes herangezogen.

1. Die Satzung ist - entgegen der Rechtsauffassung des Kl. - jedenfalls insoweit gültig, als sie die Heranziehung von natürlichen Personen für zu persönlichen Zwecken gehaltene Hunde betrifft.

a) Die Satzung ist nicht aus formellen Gründen unwirksam, insbesondere nicht deshalb, weil sie mit einem vom Beschluß des Rates der Gemeinde abweichenden Wortlaut des § 1 II 2 bekanntgemacht worden ist. Bei der Abweichung („einer„ statt „seiner„) handelt es sich - wie das VG bereits zutreffend ausgeführt hat - um einen offensichtlichen Druckfehler, der, weil sich der wahre Wortlaut ohne weiteres erschließt, auf die Gültigkeit der Satzung keinen Einfluß hat.

b) Die Satzung ist, soweit es die hier anzuwendenden Vorschriften betrifft, auch nicht aus materiellen Gründen unwirksam. Zwar kann zu zahlreichen Regelungen der Satzung festgestellt werden, daß sie unwirksam sind bzw. daß ihre Gültigkeit ganz erheblichen rechtlichen Bedenken begegnet. Keiner dieser Mängel bzw. Zweifel (deren Berechtigung unterstellt) hat jedoch - entgegen der Auffassung des Kl. - Auswirkungen auf die Gültigkeit des hier anzuwendenden Teils der Satzung, da ein Regelungszusammenhang zwischen diesen ungültigen Bestimmungen und den hier einschlägigen nicht besteht und im übrigen davon auszugehen ist, daß der Rat der Stadt den hier zur Anwendung kommenden Teil der Satzung auch dann beschlossen hätte, wenn er von der Unwirksamkeit der ungültigen bzw. zweifelhaften Regelungen ausgegangen wäre.

Dazu im einzelnen:

b1) Unwirksam ist die Satzung offensichtlich, soweit der Steuertatbestand des § 1 I der Hundesteuersatzung (HStS), nach dem Steuergegenstand "das Halten von Hunden im Stadtgebiet" ist, über die Fälle, in denen zulässigerweise Hundesteuer erhoben werden kann, hinausgeht.

Die Hundesteuer ist, wie unstreitig ist, eine unter Art. 105 IIa GG fallende Aufwandsteuer. Das bedeutet, daß Gegenstand der Steuer die Verwendung von Einkommen und Vermögen zur Bestreitung eines Aufwandes, nämlich für das Halten eines Hundes, ist, der über das für die Deckung der allgemeinen Lebensbedürfnisse Erforderliche hinausgeht. Daraus folgt einmal, daß ein die Besteuerung rechtfertigender Aufwand nur bei natürlichen Personen entstehen kann, denn nur diese haben allgemeine Lebensbedürfnisse und nur diese können deshalb einen über den durch diese Lebensbedürfnisse bedingten Aufwand hinausgehenden Aufwand für das Halten eines Hundes erbringen. Zum anderen darf auch bei den natürlichen Personen der Aufwand nur in den Fällen besteuert werden, in denen das Halten der Hunde persönlichen Zwecken dient. Das folgt daraus, daß derjenige, der einen Hund zu gewerblichen Zwecken hält, damit keinen besonderen Aufwand für seine Lebensbedürfnisse betreibt. Vielmehr handelt es sich bei seinem Aufwand um Kosten seiner gewerblichen Tätigkeit, die zu besteuern der Gemeinde eine Rechtsgrundlage fehlt.

Entgegen diesen aus Art. 105 IIa GG folgenden Vorgaben will die Satzung der Stadt - der Hundesteuermustersatzung des Innenministers folgend (vgl. RdErl. des Innenministers v. 1. 10. 1970 - III B 1 - 4/170 - 5488/70 - MinBl NW 1970, 1800), alle Hundehalter, also nicht nur natürliche Personen, sondern auch Vereine, juristische Personen und Behörden u.ä., die einen solchen besonderen, die Besteuerung rechtfertigenden Aufwand gar nicht betreiben (können), der Steuerpflicht unterwerfen. Dies zeigt nicht nur die weite Formulierung des Steuergegenstandes, sondern wird auch in einer Reihe besonderer Einzelregelungen der Satzung deutlich. So regelt § 1 II HStS ausdrücklich (und - weil es dabei nicht um persönliche, sondern um gewerbliche Bedürfnisse geht - rechtswidrig) die Hundesteuerpflicht von Betriebsinhabern, begründet § 1 IV HStS fehlerhaft Pflichten der „Gesellschaften, Genossenschaften und Vereine„ und spricht § 3 lit.b HStS die Steuerfreiheit von Tierschutzvereinen und ähnlichen Einrichtungen aus. In zahlreichen Einzelregelungen des § 4 HStS werden ferner ausdrücklich Befreiungen für solche Institutionen vorgesehen, die mangels eines entsprechenden besonderen Aufwandes ohnehin nicht der Hundesteuer unterworfen sind (Behörden, Bundeswehr, Krankenhäuser usw.).

Ist wegen dieser weiten Fassung des Steuertatbestandes die Satzung bezüglich der Heranziehung von juristischen Personen, Personenvereinigungen u.ä. sowie von Hundehaltern, die die Hunde zu gewerblichen Zwecken halten, auch durch die in Art. 105 IIa GG vorgegebene Regelungsbefugnis für die Erhebung von Aufwandsteuern nicht gedeckt und die Satzung insoweit unwirksam, so führt dies jedoch nicht zur Gesamtnichtigkeit der Satzung. Vielmehr ist die Satzung verfassungskonform nur auf die natürlichen Personen anzuwenden, die die Hunde zu persönlichen Zwecken halten, mit der einzigen Folge, daß die Sonderregelungen zur Heranziehung, Steuerfreiheit oder Steuerermäßigung, soweit sie ohnehin nicht steuerpflichtige Einrichtungen und Personen betreffen, und die an diese unwirksamen Regelungen anknüpfenden Folgeregelungen (z.B. § 5 II lit.b HStS - Steuerermäßigung für gewerblich genutzte Hunde des Bewachungsgewerbes - oder die Auskunftspflichten der Betriebsinhaber in § 11 IV, V HStS) unwirksam oder schlicht gegenstandslos sind. Der vorliegende Fall, in dem es um das Halten von Hunden durch eine natürliche Person zu persönlichen Zwecken geht, ist davon jedoch nicht betroffen.

b2) Unwirksam ist auch § 7 HStS, wonach Personen, die gewerbsmäßig mit Hunden handeln und dieses Gewerbe angemeldet haben, von den für gewerbliche Zwecke gehaltenen Hunden auf Antrag „nur„ zwei zu versteuern haben. Diese Regelung ist aus den genannten Gründen mit der Ermächtigung der Gemeinde, Aufwandsteuern i.S. des Art. 105 IIa GG zu erheben, nicht vereinbar, denn von den für gewerbliche Zwecke gehaltenen Hunden darf mangels besonderen Aufwandes keiner besteuert werden. Die Fehlerhaftigkeit dieser Bestimmung wirkt sich jedoch lediglich noch auf § 11 III 2 HStS aus, nämlich soweit darin eine auf § 7 HStS bezogene, die Hundesteuermarken betreffende Sonderregelung für Hundehändler enthalten ist, nicht aber auf andere Regelungen der Satzung, denn diese stehen mit § 7 HStS in keinem sachlichen Zusammenhang.

b3) Unwirksam wegen Überschreitung der Satzungskompetenz ist auch die Haftungsbestimmung des § 1 V HStS, wonach neben dem Hundehalter der Eigentümer des Hundes als Gesamtschuldner haftet. Der Satzungsgeber hat nämlich keine Befugnis, die Haftung abweichend von den Haftungsregelungen des § 12 I Nr. 2 lit.d NWKAG in Verbindung mit den dort angeführten Haftungsvorschriften der AO 1977 zu regeln. Nur dem Gesetzgeber ist in § 12 I NWKAG eine abweichende Regelung vorbehalten, nicht aber dem Satzungsgeber. Wenn der Satzungsgeber, was der Senat dahinstehen läßt, überhaupt Haftungsregelungen in die Satzung aufnehmen darf, so kann es sich dabei allenfalls um die inhaltliche Wiedergabe bestehender Regelungen des NWKAG und der AO 1977 handeln, nicht aber um eigene, vom Satzungsgeber erfundene Haftungsregelungen.

Die in § 1 V der Satzung enthaltene Haftungsregelung verläßt diesen allenfalls in Betracht kommenden Rahmen der „Regelungs„-befugnis des Satzungsgebers. Mit ihr werden Personen in Haftung genommen, die nach den Bestimmungen des NWKAG und der AO 1977 keine Haftungsschuldner sind. Die Eigentümer von Gegenständen, die dem Steuerpflichtigen nicht gehören, haften nach der AO 1977 im Rahmen des hier nicht einschlägigen § 74 AO 1977. Für eine weitergehende Eigentümerhaftung gibt es keine Grundlage.

Außerdem verstößt diese Haftungsregelung gegen Art. 105 IIa GG, denn sie bedeutet letztlich eine Erstreckung der Steuerpflicht auf Personen, die mit dem Steuergegenstand („Halten eines Hundes zu persönlichen Zwecken„) nichts zu tun haben und dafür keinen der Steuer zu unterwerfenden Aufwand betreiben.

Doch auch diese Haftungsregelung kann ersichtlich ersatzlos entfallen, ohne daß dadurch die Satzung im übrigen berührt wird.

b4) Zur Unwirksamkeit der hier anzuwendenden Vorschriften der Satzung führt auch nicht der Umstand, daß § 12 HStS unwirksam ist. Unwirksam ist diese Bestimmung, weil für die dort getroffenen Regelungen über Rechtsmittel und Verwaltungszwang der Gemeinde ebenfalls die Regelungsbefugnis fehlt. Welche Rechtsmittel gegen Steuerbescheide und sonstige Maßnahmen gegeben sind bzw. in welcher Weise Verwaltungszwang auszuüben ist, ist nämlich durch Bundes- und Landesgesetze vorgegeben und der

Normsetzung durch die Gemeinde entzogen. Der Fortfall des § 12 HStS bleibt aber ohne Einfluß auf die Gültigkeit der Satzung im übrigen, weil es einmal am Regelungszusammenhang zwischen § 12 HStS und den übrigen Bestimmungen fehlt, und zum anderen, weil das in § 12 HStS Geregelte ohnehin gilt, nämlich aufgrund der bereits angesprochenen landes- und bundesgesetzlichen Bestimmungen.

b5) Erheblichen Bedenken begegnet auch die Steuerermäßigung nach § 6 HStS, weil die Regelung der Zwingersteuer, die diese Bestimmung enthält, nichtig sein dürfte. Sie dürfte nämlich gegen das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 III GG verstoßen, denn der Tatbestand dieser Steuervergünstigung erscheint so gefaßt, daß eine sich jeder gerichtlichen Kontrolle entziehende willkürliche Anwendung der Vorschrift möglich ist. Welcher Bestimmtheitsgrad aus dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot für eine Norm zu fordern ist, läßt sich nicht allgemein festlegen, sondern hängt von der Eigenart des jeweiligen Sachgebietes ab (vgl. BVerfGE 48, 210 = NJW 1978, 2143 = DVBl 1978, 698 = BStBl II 1978, 548 = BB 1978, 943 = HFR 1978, Nr. 395). Im Zusammenhang mit Abgaben kommt dem Bestimmtheitsgebot allein die Funktion zu, Vorschriften auszuschließen, die infolge ihrer Unbestimmtheit den Behörden die Möglichkeit einer rechtlich nicht hinreichend überprüfbaren willkürlichen Handhabung eröffnen (vgl. BVerwG, Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 113 m.w. Nachw.). Daraus folgt, daß auch bei Bestimmungen, die zu Steuervergünstigungen ermächtigen, ein gewisser Grad von gesetzlicher Bestimmtheit verlangt werden muß (vgl. BVerfGE 48, 210 = NJW 1978, 2143 = DVBl 1978, 698 = BStBl II 1978, 548 = BB 1978, 943 = HFR 1978, Nr. 395). Der Senat hat bereits in zwei früheren Entscheidungen (OVG Münster, Urt. v. 21. 2. 1996 - 22 A 5053/95; MittNWStGB 1995, 300 = NWVBl 1996, 15 = Gemeindehaushalt [GemHh] 1996, 192) zu Regelungen, die dem § 6 HStS exakt entsprachen und wie dieser aus der Hundesteuermustersatzung des Innenministers übernommen waren, auf Bedenken wegen der Möglichkeit willkürlicher Handhabung der Bestimmung hingewiesen. Er hat dort ausgeführt:

"Problematisch erscheint dem Senat, ohne daß er dies jedoch näher geprüft hat, ..., insbesondere der Umstand, daß nach § 6 I die Steuerermäßigung von Handlungen privater Hundezuchtvereinigungen abhängig gemacht wird, ohne daß insoweit eine öffentliche Kontrolle zum Schutz der Steuerpflichtigen gegen ein willkürliches Handeln dieser privaten Vereinigungen besteht. Darüber hinaus fehlt in der Satzung jedwede Regelung darüber, von welchen Kriterien es abhängt, ob die Stadt ... für die Zwecke der Steuerermäßigung im Rahmen der Zwingersteuer eine Hundezuchtvereinigung anerkennt oder nicht. Die Vorschrift schließt deshalb eine willkürliche Anerkennungspraxis und damit im Ergebnis eine willkürliche Entscheidung über die Gewährung oder Nichtgewährung von Zwingersteuer möglicherweise nicht aus."

Die Überprüfung dieser Bedenken, zu der dem Senat ein weiterer Fall Anlaß gegeben hat, hat diese verstärkt.

Der erste Ansatz für eine willkürliche Handhabung ist in der Regelung zu finden, daß nur solche Züchter in den Genuß der Steuervorteile kommen können, deren Zwinger und Zuchttiere in das Zucht- oder Stammbuch einer Hundezuchtvereinigung aufgenommen sind, die von der Stadt anerkannt ist. Dies ermöglicht es der Stadt, mit Hilfe der Anerkennungspraxis darüber zu entscheiden, welche Züchter die Steuerermäßigung erhalten und welche nicht. Die Satzungsbestimmung müßte deshalb, um der Verwaltung einen Handlungsrahmen vorzugeben, regeln, von welchen Kriterien es abhängig ist, ob eine Hundezuchtvereinigung für die Steuererleichterung der ihr angehörenden Züchter anerkannt wird oder nicht. Dazu enthält die Vorschrift aber nichts, vielmehr überläßt sie die Entwicklung der Anerkennungskriterien vollständig der Verwaltung, ohne daß die geringste Möglichkeit besteht, an Vorgaben der Norm zu messen, ob eine von der Verwaltung bezüglich der Anerkennung oder Nichtanerkennung getroffene Entscheidung den Willen des Satzungsgebers entspricht oder nicht, und insoweit Rechtsschutz zu gewähren. Die Satzung schafft vielmehr insoweit einen praktisch rechtsfreien Handlungsspielraum der Verwaltung.

Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil auch ohne eine ausdrückliche Vorgabe der Satzung sich etwa „aus der Natur der Sache„ ergäbe, nach welchen Kriterien über Anerkennung oder Nichtanerkennung einer Hundezuchtvereinigung zu entscheiden ist. Solche quasi vorgegebenen Kriterien können nämlich nicht festgestellt werden. Da der Zweck der Begünstigung der Züchter nach den Erläuterungen zur Hundesteuermustersatzung des Innenministers NW die Förderung der aus Liebhaberei und zu sportlichen Zwecken betriebenen Hundezucht ist, erscheint es zwar auf den ersten Blick, als könnten Kriterien für die Anerkennung aus diesem Zweck gewonnen werden. Die Zucht welcher Hunde die Verwaltung der Stadt Fr. für förderungswürdig hält oder nicht, kann jedoch nicht vorhergesehen werden, weil die politischen Vorgaben, von denen dies abhängt, durchaus unterschiedlich sein können. So kommt z.B. die Diskussion über Kampfhunde als Grund für die Nichtanerkennung bestimmter Zuchtvereinigungen ebenso in Betracht wie der Wille, bestimmte Überzüchtungen und denaturierte Rassen nicht zu fördern. Es ist aber auch denkbar, daß die Anerkennungspraxis der Verwaltung nicht an der Art der betroffenen Hunde, sondern an Merkmalen der jeweiligen Hundezuchtvereinigungen, wie Größe, Zuverlässigkeit, Inhalt der Satzung o.ä. ausgerichtet wird. Diese Beispiele zeigen deutlich, daß ohne Vorgabe des Satzungsgebers die Anerkennungspraxis nicht vorhersehbar und somit nicht rechtlich kontrollierbar ist.

Der zweite Grund dafür, daß § 6 HStS zu willkürlichen Ergebnissen führen kann, liegt darin, daß die Entscheidung über die Steuervergünstigung letztlich in die Hand der von der Stadt anerkannten privaten Hundezuchtvereinigungen gelegt wird, ohne daß die Stadt darauf einen Einfluß hat. Nach § 6 I der Satzung hängt die Steuervergünstigung nämlich davon ab, daß der Zwinger und die jeweiligen Zuchttiere in das von der jeweiligen Zuchtvereinigung geführte Zucht- oder Stammbuch eingetragen sind. Ob diese Eintragung aber erfolgt, hängt allein von der Entscheidung dieser privaten Vereinigung ab, die ihrerseits wieder von völlig sachfremden Erwägungen (z.B. Vereinsstreitigkeiten, Auseinandersetzungen persönlicher Art) beeinflußt sein kann, ohne daß hier die Abgabensatzung ein Korrektiv vorsieht, wie es etwa durch die Aufstellung von Mindestkriterien für die Satzungen solcher Vereinigungen und die Drohung mit dem Entzug der Anerkennung bei Nichteinhaltung dieser Kriterien geschaffen werden kann.

Diese Bedenken gegen das sogenannte „Züchterprivileg„ brauchen jedoch nicht abschließend geklärt zu werden, da auch die Fehlerhaftigkeit von § 6 HStS nur zum Wegfall dieser Sonderregelung selbst führen würde, ohne die Satzung im übrigen zu tangieren.

b6) Offenbleiben kann auch, ob die Bestimmungen über die in § 11 IV, V HStS geregelten Auskunftspflichten von Grundstückseigentümern, die mit dem auf die Hundesteuer bezogenen Rechtsverhältnis überhaupt nichts zu tun haben, rechtmäßig sind. Unterstellt man die Unwirksamkeit dieser Bestimmungen, so bleiben, weil es sich bei diesen um einen gesonderten, andere Bestimmungen der Satzung nicht berührenden Regelungskomplex handelt, die übrigen Satzungsbestimmungen - natürlich mit Ausnahme der Bußgeldregelung in § 13 I lit.e HStS - davon unberührt.

b7) Schließlich dürfte auch § 1 II 4 HStG insoweit unwirksam sein, als er jemand, der einen zugelaufenen Hund nicht behält, sondern abgibt, dennoch einer Steuerpflicht unterwirft, wenn er diesen Vorgang nicht dem Ordnungsamt angezeigt hat oder den Hund an eine andere Stelle als die vom Ordnungsamt bestimmte abgegeben hat. Für eine solche Besteuerung ohne das Halten eines Hundes dürfte sich schwerlich eine Rechtfertigung finden lassen. Doch kann auch das offenbleiben, weil von einer eventuellen Unwirksamkeit auch dieser Regelung andere Regelungen der Satzung sachlich nicht betroffen sind.

2. Die Heranziehung des Kl. zur Hundesteuer ist durch die §§ 1 I, II 1, 2, 3 und 5, 2 HStS gedeckt.

Der Kl. hielt während des Heranziehungszeitraums im Stadtgebiet der Stadt als natürliche Person einen Hund zu persönlichen Zwecken (§ 1 I HStS in der gebotenen einschränkenden Anwendung).

Er ist auch Hundehalter i.S. von § 1 II 1 HStS. Dies gilt unabhängig davon, ob auch sein minderjähriger Sohn Hundehalter im Sinne der Satzung war und als solcher ebenfalls der Steuerpflicht unterlag. Selbst wenn, wie der Kl. meint, dies der Fall gewesen sein sollte, ändert dies nichts daran, daß auch der Kl. als Hundehalter anzusehen war. Der Hund war nämlich, da sein Sohn über keinen eigenen Haushalt verfügte, in den Familienhaushalt des Kl. und damit auch vom Kl. "aufgenommen".

"Aufgenommen" ist ein Hund da, wo er untergebracht ist und betreut und versorgt wird, und zwar unabhängig davon, wer Eigentümer des Hundes ist. Soweit - wie hier - der Hund "in einen Haushalt" aufgenommen ist, der von mehreren Personen gebildet wird, d.h. in eine aus mehreren Personen bestehende "Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft" (vgl. zu diesem Verständnis des Begriffes "Haushalt" im Hundesteuerrecht VGH Mannheim, NJW 1992, 1716 = KStZ 1993, 38 = ZKF 1992, 253 = VGHBW RSpDienst 1992, Beil. 2, B 3 = VBlBW 1992, 221; VGH Mannheim, ZKF 1983, 34 = StB 1983, 183 = JagdrEntsch XVI Nr. 32; BVerwG, Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 3 [zu Ehegatten]), sind jedenfalls alle diejenigen Mitglieder des Haushaltes Hundehalter, die durch ihren wirtschaftlichen Beitrag zu dieser "Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft" auch zu den Kosten des in diesen Haushalt aufgenommenen Hundes beitragen und damit auch - ganz oder zum Teil - den besonderen Aufwand betreiben, auf den die Hundesteuer abhebt (vgl. dazu auch VGH Mannheim, NJW 1992, 1716 = KStZ 1993, 38 = ZKF 1992, 253 = VGHBW RSpDienst 1992, Beil. 2, B 3 = VBlBW 1992, 221). Dies gilt unabhängig davon, wie im Innenverhältnis der am gemeinsamen Haushalt Bet. die durch den Hund verursachten Kosten getragen werden. Daß die Anteile, die die einzelnen Mitglieder eines Haushalts zum gemeinsamen Wirtschaften beitragen, unterschiedlich sind und dies vielleicht auch gerade im Hinblick auf einen im Innenverhältnis einen bestimmten Haushaltsmitglied zugerechneten Hund sind, ist für den Umstand, daß ein in den Haushalt aufgenommener Hund von allen denjenigen i.S. des § 1 II 2, 3 HStS "aufgenommen" ist, die gemeinsam wirtschaften und die Lasten des Haushalts tragen, unerheblich. Da der Kl. als Rechtsanwalt unstreitig über Einkommen verfügte und zu den wirtschaftlichen Lasten seines Familienhaushaltes beitrug, hat der Bekl. ihn zu Recht als Halter des Hundes (im Sinne der Hundesteuersatzung) zur Hundesteuer herangezogen. Ob auch weitere Mitglieder des Haushaltes als Steuerschuldner in Frage kamen, kann dahinstehen, denn die Heranziehung des Kl. ist unabhängig davon rechtmäßig, ob er Alleinschuldner der Steuer oder gem. § 1 II 5 HStS Gesamtschuldner mit anderen Haltern des Hundes war.

3. Die Heranziehung des Kl. ist auch nicht wegen Ermessensfehlern bei der Auswahl unter den in Betracht kommenden Steuerschuldnern rechtswidrig. Wenn neben dem Kl. überhaupt weitere Mitglieder des Haushalts als Gesamtschuldner die streitige Hundesteuer schuldeten, was der Senat nicht zu klären braucht, so konnte der Bekl. beim Erlaß der streitigen Bescheide mangels anderweitiger Informationen angesichts der beruflichen Tätigkeit des Kl. nach der Lebenserfahrung davon ausgehen, daß dieser unter diesen Personen der wirtschaftlich Leistungsfähigste sei. Es war deshalb - wenn es denn mehrere Steuerschuldner gab - sachgerecht, wenn der Bekl. sich bei der Auswahl des heranzuziehenden Schuldners an den Kl. hielt.

Rechtsgebiete

Steuerrecht

Normen

GG Art. 20 III, 105 IIa; NWKAG § 12 I; BGB § 139; AO 1977 § 74