Klärung der Zielvorstellungen als Architektenaufgabe
Gericht
BGH
Art der Entscheidung
Revisionsurteil
Datum
17. 01. 1991
Aktenzeichen
VII ZR 47/90 (Düsseldorf)
Zur Aufgabe des Architekten, frühzeitig den wirtschaftlichen Rahmen der Planung abzustecken.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die Bekl. beauftragten den Kl. sowie F, die ein Architekturbüro betrieben, mit der Planung eines Hotels. Das Architekturbüro fertigte mehrere Entwürfe. Die Bekl. gaben ihr Bauvorhaben auf. Der Kl. verlangt aus eigenem Recht und als Zessionar des F eine Vergütung für bis dahin erbrachte Architektenleistungen. Der Kl. hat 213126,41 DM eingeklagt. Die Bekl. haben insbesondere vorgetragen, vor und bei Vertragsabschluß sei eine Baukostenbeschränkung zur Vorgabe gemacht worden, die bei den Entwürfen nicht beachtet worden sei.
Das LG hat die Bekl. verurteilt, 126435,98 DM zu zahlen, und hat festgestellt, daß der Anspruch des Kl. auf weitere Abschlagszahlungen dem Grunde nach gerechtfertigt sei. Das OLG hat der Zahlungsklage in Höhe von nur 1094,40 DM stattgegeben. Wegen 163161,86 DM hat es die Klage abgewiesen; in Höhe von 48720,73 DM hat es sie dem Grunde nach für gerechtfertigt gehalten. Mit der Revision verfolgt der Kl. den abgewiesenen Klageanspruch wegen der Entwürfe E 2, E 5 und E 6 (Leistungsphasen § 15 II Nrn. 1 und 2 HOAI) in Höhe von 51220,80 DM weiter. Die Revision führte zur Aufhebung des Berufungsurteils in dem erstrebten Umfang und zur Zurückverweisung.
Auszüge aus den Gründen:
... Das BerGer. meint, die Entwürfe E 2, E 5 und E 6 hätten den vorgesehenen Finanzierungs- und Rentabilitätsrahmen überschritten und somit den Auftrag verfehlt.
Die Bekl. seien von Gesamtkosten in Höhe von 500000 DM bis 750000 DM für die von ihnen ursprünglich vorgesehene kleine Lösung (Gästetrakt über der Kegelbahn) ausgegangen. Wenn sie für die später erwogene größere Lösung (Hotelneubau, -umbau) einen Kostenrahmen nicht genannt hätten, sei es Pflicht der Architekten gewesen, sich insoweit kundig zu machen. Da sie Ermittlungen zur Finanzierung und zur Rentabilität des Bauvorhabens nicht angestellt hätten, müßten sie hinnehmen, daß die Entwürfe von den Bekl. als vertragswidrig zurückgewiesen worden seien.
1. Mit Erfolg rügt die Revision, daß das BerGer. unter Beweis gestellten erheblichen Sachvortrag des Kl. übergangen hat (§ 286 ZPO).
a) Der Kl. hatte Zeugen zum Beweis für seine Behauptung benannt, daß er den Bekl. gegenüber schon zu Beginn der Vertragsverhandlungen im Frühjahr 1986 erklärt habe, mit (nur) 500000 DM bis 750000 DM könne die Aufstockung der Kegelbahn wahrscheinlich nicht finanziert werden. Für den sodann von den Bekl. ins Auge gefaßten Hotelneubau hätten diese den Architekten ein bestimmtes Raumprogramm vorgegeben. Auch mündlich sei eine Bausummenbegrenzung weder verlangt noch vereinbart worden.
Damit hat der Kl. die von den Bekl. gegen den Vergütungsanspruch (Entwürfe E 2, E 5, E 6) gerichtete Einwendung wirksam bestritten, soweit die Honorarforderung auf § 15 II Nrn. 1, 2 HOAI gestützt ist. Wenn zuträfe, daß der Kl. den Bekl. schon zu Beginn der Vertragsverhandlungen die Unzulänglichkeit des Finanzrahmens von bis zu 750000 DM für die „kleine Lösung“ aufgezeigt hätte, dann wäre zumindest zu prüfen gewesen, ob es nicht für alle Beteiligten von vornherein auf der Hand lag, daß die später erwogene „große Lösung“ nicht unerheblich höhere Baukosten als 750000 DM zur Folge haben würde. Sollten die weiteren Behauptungen des Kl. bestätigt werden, wäre ebenfalls in Frage gestellt, daß die Architekten von vornherein verpflichtet waren, sich an einen bestimmten Baukostenrahmen zu halten. Der schriftliche Architektenvertrag sieht das nicht vor. Damit wäre aber der Annahme des BerGer., die Entwürfe E 2, 5 und 6 hätten sich außerhalb des vorgesehenen Finanz- und Rentabilitätsrahmens bewegt und seien deshalb vertragswidrig, die Grundlage entzogen. Allerdings gehört es zu den Aufgaben des Architekten, schon zur Ermittlung der Grundlagen den Leistungsbedarf abzuklären, und zur Vorplanung, die Grundlagen zu analysieren und die Zielvorstellungen abzustimmen. Das BerGer. hebt zu Recht hervor, daß dazu hier auch erforderlich war, den wirtschaftlichen Rahmen abzustecken. Den bisherigen Feststellungen des Berufungsurteils kann aber nicht entnommen werden, ob der Kl. auch ohne die vom Berufungsrichter angenommene Planungsvorgabe diese Aufgabe verfehlt hat. Dazu wäre eine Auseinandersetzung mit dem umfangreichen und zum Teil bestrittenen Vortrag der Parteien über den Gang der Planung erforderlich.
b) Das BerGer. durfte die Beweisanträge nicht deshalb unberücksichtigt lassen, weil der Beweisantritt bereits im landgerichtlichen Verfahren erfolgt war. Als Berufungsbekl. oblag es dem Kl. gem. § 520 II 2 i. V. mit § 277 I ZPO nur, seine Verteidigungsmittel insoweit vorzubringen, als es nach der Prozeßlage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozeßführung entsprach. Danach durfte er sein Ziel in erster Linie darin sehen, die zu seinen Gunsten ergangene Entscheidung zu verteidigen. Dagegen erscheint es aus Gründen der Prozeßökonomie nicht geboten, die vom Ausgangsgericht als unerheblich betrachteten Verteidigungsmittel auch dann schon erneut ausführlich vorzutragen, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine abweichende Beurteilung durch das BerGer. noch nicht vorliegen. Es muß vielmehr im Grundsatz genügen, wenn der Berufungsbekl. wie hier zunächst nur allgemein auf sein vom Ausgangsgericht als unerheblich erachtetes erstinstanzliches Vorbringen verweist. Wenn das BerGer. das Vorbringen des Berufungsbekl. im Gegensatz zum LG als erheblich ansieht, hat es den Berufungsbekl. im Rahmen seiner Prozeßförderungspflicht auf den abweichenden Rechtsstandpunkt und die sich daraus ergebende Notwendigkeit anderweiter Verteidigung hinzuweisen (vgl. BGH, NJW 1982, 581 (582); NJW-RR 1987, 196 = FamRZ 1986, 1085 (1086)). Das ist hier unterblieben.
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