Kinderzulage für auswärtig Studierenden - Aufgespaltener Familienhaushalt
Gericht
BFH
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
23. 04. 2002
Aktenzeichen
IX R 52/99 (Rheinland-Pfalz)
Ein Steuerpflichtiger kann auch dann die Kinderzulage nach § 9 V 2 EigZulG beanspruchen, wenn das Kind zu Studienzwecken auswärtig untergebracht ist, aber am Studienort keinen unabhängigen Haushalt führt und regelmäßig an Wochenenden und in den Semesterferien in die elterliche Wohnung zurückkehrt, in der ihm weiterhin ein Zimmer zur Verfügung steht.
Die Kl., die ihren Familienwohnsitz in N. haben, erwarben 1997 eine Eigentumswohnung in F., die seit dem 1. 4. 1997 dem Sohn C unentgeltlich zu Wohnzwecken überlassen wird. Der Sohn, der von den Kl. unterhalten wird, hat ab Sommer 1997 ein zuvor in H. begonnenes Studium in F. fortgeführt. Die Kl. beantragten für die Eigentumswohnung Eigenheimzulage ab 1997 einschließlich der Kinderzulage für ein Kind. Das bekl. Finanzamt erließ nach materieller Überprüfung einen Änderungsbescheid, mit dem nur noch die Grundförderung gewährt wurde.
Die Klage hatte Erfolg. Das FG (EFG 1999, 1006) vertrat die Ansicht, die beantragte Kinderzulage sei zu gewähren, da der Sohn im Förderzeitraum zum inländischen Haushalt der Kl. gehört habe. Im Streitfall sei die Wohnung in F. als Teil eines aufgespaltenen Familienhaushalts anzusehen. Die Kl. hatten unwidersprochen vorgetragen, dass ihr Sohn häufig an den Wochenenden und in den Semesterferien in das Elternhaus in N. zurückkehre, wo ihm nach wie vor ein Zimmer zur Verfügung stehe und er auch versorgt werde. Ferner sei er häufiger in N. gewesen, weil er für eine Stiftung tätig gewesen sei. Darüber hinaus suchten die Kl. selbst regelmäßig die Wohnung in F. auf, wo ihnen ausreichend Schlafmöglichkeiten zur Verfügung stünden.
Die Revision des Finanzamts hatte keinen Erfolg.
1. Nach § 9 V 2 EigZulG ist Voraussetzung für die Gewährung einer Kinderzulage, dass das Kind im Förderzeitraum zum inländischen Haushalt des Anspruchsberechtigten gehört oder gehört hat. Diese Voraussetzung ist in Bezug auf den Sohn der Kl. gegeben. Der Begriff der Haushaltszugehörigkeit wird von Merkmalen verschiedener Art geprägt. Haushaltszugehörigkeit entsteht aus dem Zusammenwirken örtlicher Gegebenheiten sowie materieller und immaterieller Faktoren. Sie verlangt sowohl eine Familienwohnung, die vom Steuerpflichtigen und der Person, die zu seinem Haushalt gehört, genutzt wird, als auch, dass der Steuerpflichtige Verantwortung für das materielle Wohl des Haushaltsangehörigen trägt und dass zwischen den Personen familiäre Bindungen bestehen und unterhalten werden, was sich auch in der Fürsorge für den Haushaltsangehörigen niederschlägt (BFH, BFHE 197, 296 = BStBl II 2002, 244 = BFH/NV 2002, 429 = DStRE 2002, 219 = FPR 2002, 465 m.w. Nachw.)
Bei Kindern, die sich in Berufsausbildung befinden und auswärtig untergebracht sind, fehlt die Haushaltszugehörigkeit, wenn sie räumlich und hauswirtschaftlich aus dem Haushalt der Eltern ausgegliedert sind, d.h. wenn sie außerhalb des elterlichen Haushalts wohnen und verpflegt werden (BFHE 173, 345 = BStBl II 1994, 544 = NJW 1994, 2502; BFHE 176, 431 = BStBl II 1995, 378 = NJW 1995, 1695). Gleichwohl kann ein Kind, auch wenn es zu Studienzwecken auswärtig untergebracht ist, insbesondere dann noch zum Haushalt der Eltern gehören, wenn es am Studienort keinen eigenen (unabhängigen) Haushalt führt und regelmäßig an Wochenenden und in den Semesterferien in die elterliche Wohnung zurückkehrt, in der ihm weiterhin ein Zimmer zur Verfügung steht (BFH/NV 1999, 39).
2. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Frage, ob auf Grund der Umstände des Einzelfalls von einer Haushaltszugehörigkeit des Kindes auszugehen ist, Aufgabe tatrichterlicher Würdigung. Insoweit lässt der Schluss des FG, der noch in Ausbildung befindliche Sohn der Kl., der auf Grund familiärer Bindungen, wirtschaftlicher Abhängigkeit sowie auf Grund eigener Interessen häufig an den Wochenenden und in den Semesterferien in das Elternhaus zurückkehrte, in dem ihm nach wie vor ein Zimmer zur Verfügung stand und in dem er auch regelmäßig und intensiv versorgt wurde, habe in F. keinen eigenen, unabhängigen Haushalt geführt und sei mithin noch zum elterlichen Haushalt zu rechnen, keinen Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze erkennen. Darüber hinaus suchten die Kl. selbst regelmäßig die Wohnung in F. auf, wo ihnen ausreichend Schlafmöglichkeiten zur Verfügung standen. Danach ist die Folgerung, der Sohn der Kl. sei trotz seiner auswärtigen Unterbringung weiterhin als dem elterlichen Haushalt zugehörig anzusehen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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