Baustellenampel: trotz Grün Vorsicht!
Gericht
LG Coburg
Art der Entscheidung
Pressemitteilung
Datum
30. 04. 2002
Aktenzeichen
33 S 2/02
Landgericht Coburg
Ketschendorfer Str. 1
96450 Coburg
Tel.: 09561/878-0
Datum: 30.4.2002
Rechtsprechung des Landgerichts Coburg in Zivilsachen
S c h a d e n s e r s a t z r e c h t
Baustellenampel: trotz Grün Vorsicht!
Zur Frage, ob ein Straßenbauunternehmen bei Ausfall einer Baustellenampel für einen Auffahrunfall im Baustellenbereich haftet
Im Bereich von Baustellen ist auch dann besonders vorsichtig zu fahren, wenn der Verkehr durch Baustellenampeln geregelt wird. Wer bei Grün los- und auf einen vorausfahrenden Pkw auffährt, der wegen Gegenverkehrs bremsen muss, trägt daher in der Regel seinen Eigenschaden selbst.
Das entschieden Amts- und Landgericht Coburg und wiesen die Klage eines Autoeigentümers gegen die Straßenbaufirma ab. Der Unfall sei nämlich vor allem durch die mangelnde Sorgfalt der Fahrerin des klägerischen Autos verursacht worden - nicht aber dadurch, dass die Ampel für die Gegenrichtung wegen zu schwacher Batterie auf Blinklicht umgeschaltet habe.
Bei schlechten Sicht- und Witterungsbedingungen war die Tochter des Klägers mit dessen Pkw außerorts unterwegs. Hinter einem anderen Fahrzeug musste sie vor einer roten Baustellenampel anhalten. Bei Grün fuhren beide los - und wohl vor Schreck auch erst einmal zusammen, als ihnen nach einigen Hundert Metern im Baustellenbereich ein Lkw entgegen kam. Der Vorausfahrende konnte gleichwohl noch bremsen, des Klägers Tochter hingegen nicht. Sie fuhr auf. Schaden am Wagen des Klägers: rund 6.500,- €. Einen Teil dieses Betrages wollte er nun von der Baufirma ersetzt bekommen. Die sei nämlich nicht nur dafür verantwortlich, dass die Ampel für den Entgegenkommenden nicht etwa Rot angezeigt, sondern mangels Stromversorgung etwa 30 Minuten vor dem Unfall auf Blinklicht umgeschaltet habe - sondern auch für die Kollision.
Amts- und Landgericht Coburg verneinten aber eine Schadensersatzpflicht der beklagten Firma. Ob diese tatsächlich gegen ihre sogenannte Verkehrssicherungspflicht verstoßen habe, müsse nicht geklärt werden. Eine etwaige Mitschuld trete nämlich hinter das grobe Fehlverhalten der Tochter des Klägers zurück. Der Baustellenbereich und die herrschenden äußeren Bedingungen hätten eine besondere Sorgfalt erfordert. Die habe die Fahrerin des klägerischen Pkws nicht walten lassen: ihr zu geringer Sicherheitsabstand und ihre zu hohe Geschwindigkeit hätten den Unfall herbeigeführt, nachdem der vor ihr Fahrende noch gefahrlos habe anhalten können.
Auch bei Grün muss man rechtzeitig anhalten können, wenn die vor einem Fahrenden bremsen.
(Amtsgericht Coburg, Az: 12 C 941/01; Landgericht Coburg, Az: 33 S 2/02; rechtskräftig)
Mit "Verkehrssicherungspflicht" umschreiben die Juristen den allgemeinen Rechtsgedanken, dass derjenige, der im allgemeinen Verkehr eine Gefahrenquelle schafft oder für diese verantwortlich ist, die notwendigen Vorkehrungen zum Schutze Dritter vor dieser Gefahr vorzunehmen hat. Diese Pflicht trifft immer den, der über die gefahrträchtige Sache verfügen kann. Bei Straßenbaustellen sind dies in der Regel die Baufirmen. Die Verletzung einer solchen Pflicht kann zu einem Schadensersatzanspruch des Geschädigten führen.
§ 823 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) [Schadensersatzpflicht]:
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatze des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalte des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
Kanzlei Prof. Schweizer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH © 2020
Impressum | Datenschutz | Cookie-Einstellungen