Zusage eines „Treuepaketes”

Gericht

AG Bremen


Datum

10. 12. 2001


Aktenzeichen

8 C 0211/01


Leitsatz des Gerichts

Das Versprechen, der Verbraucher erhielte eine Gratiszuwendung als treuer Kunde, erfüllt den Tatbestand einer Gewinnzusage.

Tatbestand

Zum Sachverhalt:

Die Kl. macht mit vorliegender Klage Schadensersatz wegen Nichterfüllung geltend. Sie erhielt im Frühjahr 2001 ein an sie adressiertes Schreiben mit dem Briefkopf „E-Verwaltung, Postfach … Bremen”. darin heißt es: „Firmentreue, sehr geehrte Frau S, macht sich bezahlt. … (Wir sind) … stolz darauf, die … Produkte und Werbepräsente zu verwalten und endlich, wunschgemäß den treuen Stammgästen, zu denen wir auch Sie zählen, zu übergeben … Wir offerieren Ihnen … Ihr Jahr 2001 Treuepaket im Werte von 720 DM. Ihr Jahr 2001 Treuepaket beinhaltet: (1.) Ein Farb-Fernsehgerät … (2.) Eine Mikrowelle … (3). Einen Bodenstaubsauger …, (4.)-(6.) … Das Jahr 2001 Treuepaket … steht für Sie, Frau S, zur Mitnahme bereit. Sie können das Treuepaket garantiert am 17. 4. 2001 abholen.” Daraufhin buchte die Kl. die - ebenfalls in diesem Schreiben - angebotene Ausflugsfahrt. Dort erhielt die Kl. das Treuepaket jedoch nicht; auch die übrigen ca. 50 Mitreisenden gingen leer aus. Dafür wurden ihnen Decken, Salben, Warengutscheine und ähnliche Artikel zum Kauf angeboten. Die Kl. beruft sich auf eine Gewinnzusage i.S. des § 661a BGB und verlangt 720 DM Schadensersatz nebst 9,26% Zinsen ab Rechtshängigkeit.

Die Klage hatte Erfolg.

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Der Kl. steht ein Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung nach den §§ 280 I, 286 II BGB i.V. mit § 661a BGB zu. Der Bekl. hat sich gegenüber der Kl. schadensersatzpflichtig gemacht, da er seine Gewinnzusage offensichtlich nicht mehr einhalten kann oder will. Der Bekl. ist passiv legitimiert. Er selbst muss sich die Zusage der E-Verwaltung zurechnen lassen. Er selbst war ausweislich einer Auskunft der Deutschen Post Inhaber des Postfachs.

Dafür, dass sich hinter der E-Verwaltung eine andere natürliche oder juristische Personen verbarg, bestehen keine Anhaltspunkte. Der Bekl. selbst lässt sich dazu lediglich ein, das Postfach habe dazu gedient, Antwortkarten „auf diverse Werbeschreiben” entgegenzunehmen. Bei lebensnaher Betrachtung gibt es keine Zweifel darüber, dass der Bekl. es war, der die Erklärung in dem Werbeschreiben, welches sich persönlich an die Kl. richtete, selbst als Unternehmer abgegeben hat.

Das Werbeschreiben enthält mit dem Offerieren des „Jahr 2001 Treuepakets” eine Mitteilung, die eine Gewinnzusage i.S. des § 661a BGB enthält, an welche der Bekl. gebunden ist.

Insbesondere konnte die Mitteilung von einem redlichen Empfänger, also nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte (§§ 133, 157 BGB), nicht dahin verstanden werden, der Erklärende wolle lediglich ein Paket im Wert von 720 DM zum Kauf „anbieten”. Von einem Kaufpreis oder einer sonstigen Gegenleistung ist in dem Schreiben nirgends, nicht einmal andeutungsweise - die Rede, wie auch an keiner Stelle das Wort „Kauf” oder ein ähnlicher, auf einen solchen Sachverhalt hindeutender Ausdruck auftaucht. Es heißt lediglich zweimal „im Wert von …”; dabei weiß aber ein jeder, auch der „unbedarfte” Kunde, dass „Wert” und „Kaufpreis” zweierlei sind. Mit einem großen Aufwand an Worten wird darüber hinaus den Kunden suggeriert, das Paket werde kostenlos an sie abgegeben. So ist von „Werbepräsenten” die Rede, die „übergeben” werden sollen, die den treuen Stammgästen, die es „wirklich verdient” haben, „zur Mitnahme” bereitstehen und die man „abholen” kann. Danach entsteht kein anderer Eindruck, als werde hier tatsächlich eine „Treueprämie” kostenlos an langjährige Kunden verteilt. Dieser Eindruck wird auch nicht durch die Verwendung des Begriffs „offerieren” in Frage gestellt; denn darin kommt nur die selbstverständliche Tatsache zum Ausdruck, dass es dem Verbraucher natürlich freigestellt ist, selbst zu entscheiden, ob er „zugreifen” und die Prämie in Empfang nehmen will oder nicht.

Derartige Versprechungen erfüllen den Tatbestand einer Gewinnzusage. Wie vorstehend bereits ausgeführt, hat der Bekl. als Unternehmer u.a. bei der Kl. als Verbraucherin den Eindruck erweckt, eine Gratiszuwendung zu erhalten. Diese Zuwendung ist ein „gewonnener Preis” i.S. des § 661a BGB, ohne dass es darauf ankommt, ob sie erst nach Durchführung einer Auslobung, eines Gewinnspiels oder einer ähnlichen „Aktion” erfolgt. Das Wort „Preis”, mittelhochdeutsch pris, lat. pretium, bedeutet seinem Sinne nach nichts anderes als „Wert, Lohn, Belohnung, Lob, Anerkennung” (Duden, Etymologie der Deutschen Sprache). Genau eine solche Anerkennung wurde der Kl. hier für langjährige Treue als Kundin erteilt in Gestalt der Zusage eines „Treuepakets” als Belohnung. Hierin lag für die Kl. auch ein Gewinn, nämlich eine entsprechende Vermögensvermehrung nach Erfüllung der Zusage. Allerdings ist dem Bekl. darin beizupflichten, dass das hier in Rede stehende Werbeschreiben nicht auf die Spielleidenschaft der Kunden abzielt. Dies ist aber für die Erfüllung des Tatbestands einer Gewinnzusage nach § 661a BGB auch nicht erforderlich. Zweck der Vorschrift ist es vielmehr, unerwünschten Geschäftspraktiken in der Form, dass Mitteilungen über angebliche Gewinne die Verbraucher zur Bestellung von Waren oder Leistungen bewegen sollen, entgegenzuwirken. Genau darum geht es auch in diesem Fall. Im Ergebnis wurde die Kl. über den Trick einer Gewinnzusage zu der Teilnahme an einer „Kaffeefahrt”, auf welcher es zum Feilbieten von Waren kam, bewogen.

Die Kl. ist so zu stellen, wie sie bei ordnungsgemäßer, rechtzeitiger Leistung des Bekl. stünde. Ihr ist also das positive Interesse als Schadensersatz zu vergüten. Da der Bekl. die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert hat, ist der Wert gem. §§ 249, 250 S. 2 BGB zu ersetzen. Dieser bemisst sich auf 720 DM, den Wert des Treuepakets.

Rechtsgebiete

Verbraucherschutzrecht