Erteilung der Approbation nach § 3 III 1 BÄO

Gericht

BVerwG


Art der Entscheidung

Beschluss über Beschwerde


Datum

04. 09. 1991


Aktenzeichen

3 B 32/91 (Münster)


Leitsatz des Gerichts

  1. Ein besonderer Einzelfall i. S. des § 3 III 1 BÄO liegt nicht schon jedesmal dann vor, wenn der Antragsteller einen Rechtsanspruch auf die Approbation hätte, falls er Deutscher wäre.

  2. Die Erteilung der Approbation nach § 3 III 1 BÄO kann nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der Antragsteller habe einen Einbürgerungsanspruch und könne sich einbürgern lassen.

  3. Für die Annahme eines „besonderen Einzelfalles” nach § 3 III 1 BÄO und nicht erst für die Ermessensausübung spielt die Integration des Antragstellers in die hiesigen Berufs- und Lebensverhältnisse eine Rolle (so schon BVerwGE 58, 290 (293)).

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Kl. wandte sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des OVG. Die Beschwerde blieb erfolglos.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Wollte die Kl. mit der Kritik am Berufungsurteil die Frage aufwerfen, ob ein besonderer Einzelfall i. S. des § 3 III 1 BÄO bereits dann vorliegt, wenn die Ast. einen Rechtsanspruch auf die Approbation hätte, falls sie Deutsche wäre, so ist dies schon vom Wortlaut des § 3 III 1 BÄO her eindeutig zu verneinen, ohne daß es für diese Erkenntnis der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Hätte diese Auslegung in der Absicht des Gesetzgebers gelegen, so hätte nur der Mußvorschrift des § 3 I BÄO für Deutsche und die ihnen Gleichgestellten, „die Approbation als Arzt ist... zu erteilen”, eine Kannvorschrift für die übrigen Ausländer - bei Vorliegen der Voraussetzungen im übrigen - hinzugefügt zu werden brauchen. Dies ist aber nicht geschehen; vielmehr macht die Kannvorschrift des § 3 III 1 BÄO die Ermessensausübung des Bekl. über die Erteilung der Approbation von einem weiteren zusätzlichen Erfordernis - eben dem Vorliegen eines „besonderen Einzelfalls” - abhängig.

Sollte mit der Kritik an dem Berufungsurteil zusätzlich die Frage gestellt werden, ob ein besonderer Einzelfall dann vorliege, wenn ein Ast. einen Einbürgerungsanspruch hat, so kann ihre Beantwortung nicht verallgemeinert werden. Es mag Konstellationen geben, in denen dies bejaht werden kann, und andere, in denen es verneint werden muß. Das letztere ist evident etwa, wenn gar keine dauerhafte Existenzgründung in der Bundesrepublik erstrebt wird. Wie die Dinge im vorliegenden Fall stehen, ist für die Frage der Zulassung der Revision unerheblich; entscheidend ist, ob sich das gewonnene Ergebnis verallgemeinern läßt und das muß verneint werden, weil nach der Rechtsprechung des BVerwG die Annahme eines „besonderen Einzelfalls” i. S. des § 3 III 1 BÄO voraussetzt, daß die persönlichen und beruflichen Lebensverhältnisse eines Ast. Besonderheiten aufweisen, die ihn von dem Regelfall eines Ausländers, der im Geltungsbereich der Bundesärzteordnung als nicht approbierter Arzt tätig ist, wesentlich unterscheiden; insgesamt macht die Annahme eines „besonderen Einzelfalls” eine zusammenfassende Würdigung sämtlicher Umstände des einzelnen Falles erforderlich (BVerwGE 45, 162 (167) = NJW 1974, 1634, 2068 L; BVerwGE 58, 290 (293)). Schon das letztere setzt einer Verallgemeinerung, die in der Beschwerdeschrift zumindest angedeutet werden müßte, Grenzen.

Daß ein Einbürgerungsanspruch auch Grundlage für die Erteilung einer bloßen Erlaubnis sein kann, zeigt nämlich § 10 III Nr. 4 BÄO, wonach unter den dort näher genannten Umständen eine Erlaubnis erteilt werden kann, wenn der Ast. im Besitze einer Einbürgerungszusicherung ist, der Einbürgerung jedoch Hindernisse entgegenstehen, die der Ast. selbst nicht beseitigen kann. Im übrigen ist durch die Rechtsprechung des BVerwG geklärt, daß die Erteilung der Approbation nicht mit der Begründung abgelehnt werden kann, die Ast. könne sich ja einbürgern lassen. In dem eben genannten Urteil hat das BVerwG ausdrücklich ausgeführt, daß es für den berufsrechtlichen Zusammenhang unerheblich ist, ob der ausländische Arzt von der Möglichkeit des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit Gebrauch machen will oder nicht. Eine Begründung, daß die Approbation der Kl. verweigert werde, weil sie sich einbürgern lassen könne, hat weder der Bekl. gegeben noch das BerGer. zugrunde gelegt. Wählt allerdings die Ast. den Weg über § 3 I BÄO und damit über die Einbürgerung nicht, so kann sie die Approbation nur über § 3 III 1 BÄO zu erlangen versuchen, ist aber den Voraussetzungen dieser Vorschrift unterworfen.

Die mit der Beschwerde erhobenen Abweichungsrügen sind ebenfalls nicht begründet. Nach § 132 II Nr. 2 VwGO ist die Revision zuzulassen, wenn das Urteil von einer Entscheidung des BVerwG oder von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht und auf dieser Abweichung beruht.

Eine die Revision eröffnende Divergenz liegt nur dann vor, wenn die Vorinstanz in bezug auf einen inhaltlich bestimmten entscheidungserheblichen Rechtssatz abgewichen ist. Eine derartige Abweichung wird in der Beschwerdeschrift nicht aufgezeigt. Die Kl. meint, das Berufungsurteil weiche insofern vom Urteil des BVerwG vom 21. 5. 1974 (BVerwGE 45, 162 (168) = NJW 1974, 1634, 2068 L) ab, als es den Begriff des „besonderen Einzelfalls” i. S. des § 3 III 1 BÄO enger ziehe als das BVerwG. Das trifft nicht zu. Dem Urteil des BerGer. läßt sich nicht entnehmen, daß es einen „besonderen Einzelfall” nur dann annimmt, wenn der Fall maximal dreimal vorkomme. Das BerGer. gibt überhaupt kein absolutes Maß für die Seltenheit, mit der ein Fall vorkommen dürfe, um ein „besonderer Einzelfall” zu sein; es sagt lediglich, der Fall dürfe nur so selten vorkommen, daß die Angelegenheit zum „Einzelfall” werde. Dagegen ist nichts zu erinnern. Im Grunde sagt das schon der Gesetzeswortlaut; auch das BVerwG vertritt keine andere Auffassung. Beschreibende Formulierungen wie „so selten, daß die Angelegenheit zum Einzelfall wird” und „nicht ganz selten” schließen sich nicht aus. Auch eine Differenzierung in „fallbezogen” und „personenbezogen” läßt sich den Formulierungen des Berufungsurteils und des angeführten Urteils des BVerwG nicht entnehmen.

Eine Auffassung zu der Frage, ob die Anforderungen des § 3 I 1 Nr. 1 BÄO zu den Einigungsvoraussetzungen gehört, hat weder das BVerwG noch der Gemeinsame Senat - jedenfalls, was die gegenwärtige Fassung des Gesetzes betrifft und auf die das BerGer. abstellt - bisher geäußert, so daß auch keine Abweichung vorliegen kann.

Unterschiedliche Rechtsauffassungen von BerGer. und BVerwG sind auch nicht im Hinblick auf die Frage ersichtlich, welche Bedeutung der Einordnung des ausländischen Arztes in die deutschen Verhältnisse zukommt. Auch das BVerwG (BVerwGE 58, 290 (293)) vertritt die Auffassung, daß für die Annahme eines „besonderen Einzelfalles” nach § 3 III 1 BÄO „insbesondere seine - des Arztes - Integration in die hiesigen Berufs- und Lebensverhältnisse eine Rolle spielt”.

Die Kl. sieht eine Abweichung des Berufungsurteils vom Urteil des BVerwG vom 21. 5. 1974 (BVerwGE 45, 162 (170, 171) = NJW 1974, 1634, 2068 L) schließlich darin, daß es ein Stufenverhältnis zwischen § 10 BÄO und § 3 III 1 BÄO annehme, dergestalt, daß die Fälle, die unter § 10 BÄO fielen, als „besonderer Einzelfall” nicht in Betracht kämen. Das BerGer. hat aber lediglich die Auffassung vertreten, daß erhebliche „Besonderheiten” i. S. des § 3 III 1 BÄO „für sich allein” nicht solche Umstände sein könnten, die in den Vorschriften über die Berufserlaubnis behandelt würden. Eine gegenteilige Auffassung ist dem genannten Urteil des BVerwG nicht zu entnehmen. Das BVerwG stellt - wie letztlich auch das BerGer. unter „D” seines Urteils - auf die oben bereits erwähnte zusammenfassende Würdigung sämtlicher Umstände des einzelnen Falles ab.

Rechtsgebiete

Arbeitsrecht

Normen

BÄO §§ 3 III 1, 10