Wichtiger Grund für die Kündigung eines Mobilfunkvertrags

Gericht

AG Frankfurt (Oder)


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

14. 07. 2000


Aktenzeichen

2.2 C 307/00


Leitsatz des Gerichts

  1. Der Gerichtsstand für Klagen eines Kunden aus der Bereitstellung von Mobilfunktelefonverbindungen ist am Ort, wo sich die Niederlassung befindet bei der der Vertrag geschlossen wurde.

  2. Wenn sich schon bei den ersten beiden Abrechnungen eines auf 24 Monaten abgeschlossenen Mobilfunkvertrages Unregelmäßigkeiten herausstellen, die jeweils Auseinandersetzungen mit einem entfernten Sitz des Unternehmens erfahren, kann der Vertrag mit dem Mobilfunk Anbieter aus wichtigem Grund gekündigt werden.

Tatbestand

Auszug aus dem Sachverhalt:

Der Kl. schloss mit der Niederlassung der M-GmbH in F. einen auf 24 Monate angelegten Vertrag über die Bereitstellung eines Mobilfunktelefons, das ihm dort auch ausgehändigt wurde. Da sich bereits bei den ersten beiden Abrechnungen Unregelmäßigkeiten ergaben, die ihn zur Kontaktaufnahme mit einer entfernter liegenden Niederlassung zwangen, aber auch dort nicht zuverlässig

erklärt und behoben werden konnten, kündigte er den Vertrag fristlos. Die Kündigung wurde von der Bekl. nicht anerkannt.

Die daraufhin vom Kl. erhobene Klage auf Feststellung der Vertragsbeendigung durch die Kündigung hatte Erfolg.

Entscheidungsgründe

Auszug aus den Gründen:

Das AG Frankfurt (Oder) ist örtlich zuständig. Die Zuständigkeit ergibt sich aus § 21 I ZPO. Die Bekl. hat in F. eine Niederlassung, von der aus unmittelbar Geschäfte geschlossen werden. Die Klage hat auf den Geschäftsbetrieb der Niederlassung Bezug, weil sie wegen eines hier abgeschlossenen Vertrages erhoben wird. Das Gericht muss davon ausgehen, dass es sich um eine selbstständige Niederlassung handelt. Denn nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien haben die Parteien den Vertrag in F. abgeschlossen. Dafür spricht auch, dass dem Kl. ausweislich des „Mobilfunk-Auftrages“ an Ort und Stelle die Mobilfunkkarte und das Mobiltelefon übergeben worden sind. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Vertrag zu seiner Wirksamkeit noch einer weiteren Handlung der Bekl. bedurfte.

Ein Interesse des Kl. an der Feststellung der Beendigung des Vertrages ist gegeben, denn die Parteien streiten darüber. Solange die Bekl. ihre Gebühren nicht einklagt, ist es dem Kl. nur über eine Feststellungsklage möglich, die Wirksamkeit der Kündigung verbindlich feststellen zu lassen.

Die Klage ist auch begründet. Der Kl. war berechtigt, den Vertrag aus wichtigem Grunde zu kündigen.

Da der Vertrag eine Laufzeit von 24 Monaten hatte, handelt es sich um ein Dauerschuldverhältnis. Es ist allgemein anerkannt, dass Dauerschuldverhältnisse aus wichtigem Grunde gekündigt werden können (vgl. dazu Palandt/Heinrichs, BGB, 58. Aufl., Vorb. § 241 Rdnr. 18 m.w. Nachw.).

Ein solcher wichtiger Grund ist gegeben. Denn es liegen Tatsachen vor, die unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertrags für den Kündigenden unzumutbar machen. Bereits die ersten beiden Rechnungen der Bekl. lassen gravierende Abrechnungsmängel erkennen. Der Kl. bemängelt insbesondere zu Recht, dass die Bekl. die Grundgebühr im Vorschussweg geltend macht. Eine Vorleistungspflicht des Kl. ergibt sich aber weder aus dem Gesetz noch - jedenfalls hat die Bekl. insoweit nichts vorgetragen - aus dem Vertrag. Hinzu kommt, dass die Bekl. entgegen ihrer Zusage das angekündigte Startguthaben von 100 DM in der zweiten Rechnung nicht berücksichtigt hat. Stattdessen hat sie ohne jeglichen Grund eine Gebühr von 10 DM wegen einer angeblichen, tatsächlich aber nicht gegebenen Adressenänderung des Kl. erhoben.

Bei diesen Unregelmäßigkeiten handelt es sich nach Ansicht des Gerichts nicht um Kleinigkeiten, über die man hinwegsehen könnte. Sicherlich sind bei einer Abrechnung Irrtümer möglich und können grundsätzlich nicht dazu führen, dass der dadurch Benachteiligte dann sogleich ein Vertragsverhältnis kündigen kann. Vorliegend ist es jedoch so, dass die Bekl. trotz mehrerer Anrufe des Kl. an ihrer Abrechnungsweise, die Grundgebühr im Vorschusswege zu verlangen, festgehalten hat. Es ist nicht ersichtlich, dass sie in irgendeiner Weise angekündigt hat, künftig anders verfahren zu wollen. Hinzu kommt, dass die Unregelmäßigkeiten bereits in den ersten beiden Rechnungen auftraten.

Als weiterer Umstand tritt die Besonderheit der Vertragsbeziehung hinzu. Die Abrechnung ist bei den Mobilfunkverträgen von zentraler Bedeutung. Mobilfunkverträge werden zwischenzeitlich von den verschiedensten Anbietern zu den unterschiedlichsten Bedingungen angeboten. Die technische Qualität der Geräte und der Verbindungen sind durchweg gut. Neben den Tarifen steht deshalb für den Kunden die Zuverlässigkeit des Vertragspartners im Vordergrund. Unter diesen Umständen ist es für einen Kunden sehr bedenklich, wenn schon die ersten beiden Rechnungen nicht nur verspätet, sondern auch mit Mängeln behaftet sind. Der Kunde wird auf diese Weise gezwungen, Verbindung aufzunehmen zur Vertragspartnerin, der Bekl., um die von ihm nicht verschuldeten Irrtümer aufzuklären. Eine Besonderheit der Mobilfunkverträge ist es, dass sie zwar vor Ort, hier in F., abgeschlossen werden, dass die Abrechnung aber andernorts erfolgt. Das bedeutet für den Kunden, dass er wegen der Mängel der Abrechnung entweder - gebührenpflichtig - fernmündlich oder aber - zeitaufwendig, mühselig und langwierig - schriftlich korrespondieren muss. Das Gericht verkennt nicht, dass die Bekl. bemüht war, sich wegen der von ihr verschuldeten Unregelmäßigkeiten kulant zu zeigen. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die Mängel der Abrechnungen für den Kl. nur sehr mühselig geltend gemacht werden können.

Hinzu kommt, dass die Bekl. weder eine Erklärung für die Irrtümer abgegeben hat noch Besserung zu erwarten ist. Wenn die Bekl. dem Kl. vorprozessual erklärt hätte, wie die Irrtümer zu Stande gekommen sind, hätte der Kl. möglicherweise Anlass gehabt, darauf zu vertrauen, dass nun künftig alles in geordneten Bahnen verlaufen werde. So aber deutet nichts darauf hin, dass die künftigen Abrechnungen fehlerlos sein werden. Das gilt umso mehr, als die Bekl. in keiner Weise die Absicht hat erkennen lassen, sie werde die Grundgebühr künftig nicht mehr im Vorschusswege einfordern.

Nach alldem musste der Kl. damit rechnen, dass ihm weitere - gebührenpflichtige - Telefonate und Anschreiben wegen unbefriedigender Abrechnungen bevorständen, wenn er den Vertrag nicht kündigte. Das aber erscheint dem Gericht in Anbetracht der langen Vertragsdauer und der Tatsache, dass die Unregelmäßigkeiten bereits zu Beginn der Vertragsbeziehung auftraten, nicht zumutbar. Der Kl. brauchte nach dem - zwar kulanten, aber keine Besserung versprechenden - Verhalten der Bekl. kein Vertrauen zu haben, die Bekl. werde künftig vertragsgerecht und sorgfältig abrechnen.

Rechtsgebiete

Verbraucherschutzrecht