Kündigung des Mobilfunkvertrages wegen kaputtem Handy

Gericht

AG Düsseldorf


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

15. 06. 2000


Aktenzeichen

34 C 3564/00


Leitsatz des Gerichts

Wird ein verbilligtes, subventioniertes Mobiltelefon im Zusammenhang mit dem Abschluss eines entgeltlichen Kartenvertrages, mit einer Mindestlaufzeit von 2 Jahren verkauft, so kann bei Wandelung des Handykaufs auch der Kartenvertrag fristlos gekündigt werden.

Tatbestand

Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Bekl. betreibt ein privates Mobiltelefonnetz. In einer Verkaufsaktion warb sie damit, dass an denjenigen, der einen für mindestens zwei Jahre befristeten Vertrag zur entgeltlichen Nutzung des Mobilfunknetzes (D2-Kartenvertrag) abschließt, ein Mobiltelefon der Marke N zum Preise von 42,24 DM zuzüglich Mehrwertsteuer verkauft werde. Der Listenpreis für ein derartiges Mobiltelefon betrug 343,10 DM zuzüglich Mehrwertsteuer. Der Kl. schloss am 6. 5. 1999 den Kartenvertrag sowie den Kaufvertrag ab. Zusätzlich kaufte der Kl. Zubehör für das Mobiltelefon zum Preis von 84,48 DM zuzüglich Mehrwertsteuer. Einschließlich der Mehrwertsteuer zahlte der Kl. 147 DM. Verkäufer des Mobiltelefons war nicht die Bekl., sondern ein von den Parteien nicht näher benannter Vertriebshändler. An dem Mobiltelefon trat bereits kurze Zeit später ein Defekt dergestalt auf, dass die Anzeige verblasste und nicht mehr lesbar war. Der Kl. legte das Gerät der Bekl. zur Reparatur vor, die diese nicht ausführen konnte. Auf Anweisung der Bekl. wandte sich der Kl. unmittelbar an den Hersteller des Telefons, der die Verbindung zu einem Vertragshändler in D. herstellte. Dort wurde das Telefon repariert, jedoch ohne nachhaltigen Erfolg, denn bereits nach einigen Tagen trat der ursprüngliche Defekt wieder auf. Ebenso verhielt es sich nach weiteren Reparaturversuchen des Vertragshändlers. Sowohl dieser als auch die Bekl. gestanden zu, dass eine Reparatur des Mobiltelefons nicht möglich sei. Daraufhin verlangte der Kl. von der Bekl., ihm ein neues Telefon zu verschaffen. Hierzu war die Bekl. nicht bereit. Daraufhin erklärte der Kl. durch Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 5. 8. 1999 „die Wandelung des gesamten Vertrages“. Die Bekl. erklärte sich mit der Wandelung des über das Mobiltelefon nebst Zubehör abgeschlossenen Kaufvertrages einverstanden und erstattete dem Kl. den gezahlten Kaufpreis von 147 DM. Hinsichtlich des Kartenvertrages bestand die Bekl. auf Vertragserfüllung durch den Kl. und stellte diesem weiterhin die vereinbarte monatliche Grundgebühr in Höhe von 24,95 DM in Rechnung. Da der Kl. keine Zahlungen leistete, deaktivierte die Bekl. die D2-Karte des Kl. und forderte von ihm mit der letzten, vom Kl. nicht beglichenen Rechnung 396,94 DM. Der Kl. hat daraufhin Klage erhoben mit dem Antrag, festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Rechtsverhältnis auf Grund der Vertragsabschlüsse vom 6. 5. 1999 nicht bestehe, hilfsweise, die Bekl. zu verurteilen, an ihn 348,99 DM zu zahlen. Die Bekl. hat Widerklage auf Zahlung von 396,94 DM nebst Zinsen erhoben.

Die Widerklage hatte keinen, die Klage dagegen teilweise Erfolg.

Entscheidungsgründe

Auszüge aus den Gründen:

Die Feststellungsklage ist unzulässig, soweit der Kl. die Feststellung begehrt, dass auf Grund des am 6. 5. 1999 geschlossenen Kaufvertrages über das Mobiltelefon und das Zubehör keine Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien bestehen. Die Bekl. hat sich mit der Wandelung dieses Kaufvertrages einverstanden erklärt und dem Kl. den Kaufpreis erstattet. Die Bekl. berühmt sich insoweit nicht des Bestehens eines Rechtsverhältnisses, sodass ein rechtliches Interesse des Kl. an der alsbaldigen Feststellung des Nichtbestehens dieses Rechtsverhältnisses (§ 256 I ZPO) nicht gegeben ist.

Da die Bekl. der Ansicht ist, dass der D2-Kartenvertrag zwischen den Parteien fortbestehe und der Kl. die monatliche Grundgebühr schulde, hat der Kl. ein rechtliches Interesse an der Feststellung des Nichtbestehens dieses Vertrages. Insoweit ist seine Klage zulässig. Die Klage ist in diesem Umfang auch begründet.

Der Kl. hat den zwischen den Parteien am 6. 5. 1999 geschlossenen Dienstvertrag über die Nutzung des von der Bekl. betriebenen Mobilfunknetzes (D2-Kartenvertrag) durch Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 5. 8. 1999 fristlos gekündigt. Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Mobilfunkvertrag handelt es sich um einen Dienstvertrag, § 611 BGB (Palandt/Sprau, BGB, 58. Aufl., Vorb. § 631 Rdnr. 16), sodass eine Kündigung aus wichtigem Grund gem. § 626 BGB in Betracht kam. Zu dieser Kündigung war der Kl. gem. § 626 BGB berechtigt, weil er den Kaufvertrag über das Mobiltelefon wirksam gewandelt hat und der Kartenvertrag mit dem Kaufvertrag ein einheitliches Rechtsgeschäft bildet.

Die Parteien haben den am 6. 5. 1999 geschlossenen Kaufvertrag über das Mobiltelefon N gewandelt. Die Bekl. hat sich mit dem Wandelungsverlangen des Kl. einverstanden erklärt und dem Kl. den für das Mobiltelefon sowie das Zubehör vereinnahmten Kaufpreis erstattet. Damit ist nach § 465 BGB die Wandelung vollzogen.

Durch das Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 5. 8. 1999 hat der Kl. den mit der Bekl. geschlossenen Dienstvertrag nach § 626 BGB wirksam gekündigt. In diesem Schreiben liegt eine auf den Kartenvertrag bezogene Kündigungserklärung des Kl. Die Bekl. hat die Erklärung des Kl. auch in diesem Sinne verstanden. Dem steht nicht entgegen, dass der Kl. offensichtlich in seinem Schreiben vom 5. 8. 1999 von dem Bestehen nur eines Vertragsverhältnisses ausgeht und hinsichtlich dieses Vertrages die Wandelung erklärt. Dies ergibt sich daraus, dass der Kl. auf der ersten Seite des Schreibens seines Prozessbevollmächtigten beide Vertragsverhältnisse, Kaufvertrag und Dienstvertrag, erwähnt und ausdrücklich hinsichtlich „des gesamten Vertrages“ die Wandelung erklärt. Wandelung bedeutet nach den Legaldefinitionen in § 462 und § 634 I 3 BGB Rückgängigmachung des Vertrages. Durch die Bitte, zu bestätigen, „dass das Vertragsverhältnis beendet ist“, wird deutlich, dass sämtliche zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnisse mit sofortiger Wirkung aufgelöst werden sollten. Die Bekl. hat der Wandelung des Kaufvertrages zugestimmt, die Kündigung des Dienstvertrages jedoch zurückgewiesen. Dadurch wird deutlich, dass auch die Bekl. die Erklärung des Kl. vom 5. 8. 1999 dahin gehend verstanden hat, dass auch der Dienstvertrag mit sofortiger Wirkung beendet werden soll.

Der Kl. war zu der außerordentlichen Kündigung des Dienstvertrages berechtigt, weil der Kaufvertrag über das Mobiltelefon gewandelt wurde und beide Verträge eine rechtliche Einheit bilden. Ein einheitliches Rechtsgeschäft ist dann anzunehmen, wenn zwei an sich selbstständige Vereinbarungen nach den Vorstellungen der Vertragsschließenden miteinander „stehen und fallen“ sollen (BGH, NJW 1976, 1931). Ein solches einheitliches Rechtsgeschäft liegt hier vor. Nach dem für die Bekl. erkennbaren Willen des Kl. sollten der Kauf- und der Dienstvertrag nicht für sich allein gelten, sondern gemeinsam miteinander stehen und fallen. Dies ergibt sich daraus, dass beide Verträge von der Bekl. in einer Aktion gemeinsam beworben worden sind und das Angebot zum Abschluss des Kaufvertrages unter der Bedingung des Abschlusses eines für mindestens zwei Jahre befristeten Kartenvertrages stand. Es wäre nicht möglich gewesen, den Kaufvertrag zu dem günstigen Preis ohne den gleichzeitigen Abschluss eines Kartenvertrages zu schließen. Auf Grund dieser Angebotsgestaltung konnte die Bekl. erkennen, dass ihre Kunden den Kartenvertrag abschließen, um das für die Nutzung des Mobilfunknetzes unentbehrliche Mobiltelefon zu einem gegenüber dem Listenpreis günstigen Preis erwerben zu können.

Zudem ist davon auszugehen, dass die Bekl. den Kunden, die auf das geschilderte Angebot eingehen, das Mobiltelefon nicht - auch nicht teilweise - schenkt, sondern dass der Erwerb des Mobiltelefons durch die im Rahmen des Kartenvertrags vom Kunden zu erbringenden Leistungen mitfinanziert wird (vgl. BGH, NJW 1999, 211 [213] = LM PreisabgabenVO 1985 Nr. 26). Hat das Mobiltelefon einen Mangel und wird nach der Wandelung des Kaufvertrages lediglich der vergünstigte Kaufpreis erstattet, der Kunde aber an dem Kartenvertrag zu den ursprünglichen Konditionen festgehalten, so führt dies dazu, dass der Kunde über die Leistungsentgelte für den Kartenvertrag das Mobiltelefon, das er wegen der Wandelung des Kaufvertrages nicht erworben hat, dennoch (zumindest teilweise) bezahlt. Daher war für die Bekl. erkennbar, dass ihre Kunden für den Fall, dass ihnen das Mobiltelefon nicht mehr funktionstüchtig zur Verfügung steht, auch an den in Verbindung mit dem Kaufvertrag geschlossenen Kartenvertrag nicht mehr gebunden sein wollen. Der Annahme einer rechtlichen Einheit steht es nicht entgegen, dass Vertragspartner des Kl. bei dem Kaufvertrag offenbar nicht die Bekl., sondern ein Dritter war. An Verträgen, die eine rechtliche Einheit bilden, müssen nicht durchweg dieselben Personen beteiligt sein (BGH, NJW 1976, 1931 [1932]). Es spricht zwar eine tatsächliche Vermutung dafür, dass mehrere selbstständige Verträge, die in verschiedenen Urkunden niedergelegt sind, keine rechtliche Einheit bilden sollen (BGHZ 78, 346 [349] = NJW 1981, 274 = LM § 313 BGB [L] Nr. 89). Diese Vermutung ist im vorliegenden Fall jedoch durch die soeben dargestellten Umstände widerlegt.

Soweit die Bekl. sich auf die Entscheidung BGH, NJW 1999, 211ff., beruft, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Vielmehr sprechen auch die dortigen Ausführungen des BGH, der Rechtsverkehr halte sich nicht mit rechtlichen Erwägungen der Aufspaltung in zwei Rechtsgeschäfte auf, dafür, dass von einem einheitlichen Rechtsgeschäft auszugehen ist.

Die beklagtenseits zitierten Entscheidungen des AG Bingen und des AG Düsseldorf lassen nicht erkennen, dass die Angebotsgestaltung mit der vorliegenden vergleichbar war und ob auch in jenen Fällen von einem einheitlichen Rechtsgeschäft ausgegangen werden konnte.

Die gem. § 33 ZPO zulässige Widerklage ist unbegründet, da der Kl. den D2-Kartenvertrag mit Schreiben vom 5. 8. 1999 gekündigt hat und daher die Zahlungsansprüche der Bekl., wegen derer sie Schadensersatz verlangt, nicht bestehen. Aus diesem Grund kann auch ein Schadensersatzanspruch der Bekl. nicht gegeben sein.

Rechtsgebiete

Verbraucherschutzrecht