Bereitschaftsdienst nichtvollbeschäftigter Angestellter
Gericht
BAG
Art der Entscheidung
Revisionsurteil
Datum
21. 11. 1991
Aktenzeichen
6 AZR 551/89
Regelmäßige Arbeitszeit i. S. der Nr. 8 I SR 2c BAT ist die regelmäßige Arbeitszeit nach § 15 BAT. Von dieser zu unterscheiden ist die mit nichtvollbeschäftigten Angestellten vereinbarte durchschnittliche Arbeitszeit.
Die Stundenvergütung nach § 34 I 2 BAT betrifft nicht den Bereitschaftsdienst, den ein nichtvollbeschäftigter Angestellter über die mit ihm vereinbarte durchschnittliche, aber nicht über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus leistet.
Das Benachteiligungsverbot nach Art. 1 § 2 I BeschFG 1985 zwingt nicht dazu, Bereitschaftsdienst, den ein teilzeitbeschäftigter Angestellter über die mit ihm vereinbarte Arbeitszeit hinaus leistet, ebenso zu vergüten wie Bereitschaftsdienst, der über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistet wird.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die Parteien streiten über die Höhe der Vergütung für Bereitschaftsdienst. Der Kl. ist beim beklagten Land als Assistenzarzt in einer Universitätsklinik beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) sowie die Sonderregelungen für Ärzte und Zahnärzte an den in den SR 2a und SR 2b genannten Anstalten und Heimen (SR 2c BAT) Anwendung. Arbeitsvertraglich ist eine Arbeitszeit von 20 Stunden pro Woche vereinbart. Die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit betrug bis zum 1. 4. 1989 40 und bis zum 1. 4. 1990 39 Stunden pro Woche. Seitdem ist sie auf 38,5 Stunden pro Woche festgesetzt. Das beklagte Land zog den Kl. nach Nr. 8 SR 2c BAT zur Leistung von Bereitschaftsdiensten heran. Diese tarifliche Bestimmung hat u. a. folgenden Wortlaut:
"Nr. 8. Zu § 17 - Überstunden - Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft. (1) Der Arzt ist verpflichtet, sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen (Bereitschaftsdienst). Der Arbeitgeber darf Bereitschaftsdienst nur anordnen, wenn zu erwarten ist, dass zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt.
(2) Zum Zwecke der Vergütungsberechnung wird die Zeit des Bereitschaftsdienstes einschließlich der geleisteten Arbeit wie folgt als Arbeitszeit gewertet:
a) Nach dem Maß der während des Bereitschaftsdienstes erfahrungsgemäß durchschnittlich anfallenden Arbeitsleistungen wird die Zeit des Bereitschaftsdienstes wie folgt als Arbeitszeit gewertet:
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b) Entsprechend der Zahl der vom Arzt je Kalendermonat
abgeleisteten Bereitschaftsdienste wird die Zeit eines jeden
Bereitschaftsdienstes zusätzlich wie folgt als Arbeitszeit
gewertet:
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(3) Für die nach Absatz 2 errechnete Arbeitszeit wird die
Überstundenvergütung gezahlt.
(4) Die nach Absatz 2 errechnete Arbeitszeit kann bis zum Ende des dritten Kalendermonats auch durch entsprechende Arbeitsbefreiung abgegolten werden (Freizeitausgleich). Für den Freizeitausgleich ist eine angefangene halbe Stunde, die sich bei der Berechnung nach Absatz 2 ergeben hat, auf eine halbe Stunde aufzurunden.
(5) Die Zuweisung zu den einzelnen Stufen des Bereitschaftsdienstes erfolgt als Nebenabrede (§ 4 II) zum Arbeitsvertrag. Die Nebenabrede ist mit einer Frist von drei Monaten jeweils zum Ende eines Kalenderhalbjahres kündbar."
Hinsichtlich der Vergütung nichtvollbeschäftigter Angestellter ist in § 34 BAT bestimmt: "§ 34. Vergütung Nichtvollbeschäftigter. (1) Nichtvollbeschäftigte Angestellte erhalten von der Vergütung (§ 26), die für entsprechende vollbeschäftigte Angestellte festgelegt ist, den Teil, der dem Maß der mit ihnen vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit entspricht. Für jede Arbeitsstunde, die der Angestellte darüber hinaus leistet, erhält er den auf eine Stunde entfallenden Anteil der Vergütung eines entsprechenden vollbeschäftigten Angestellten; § 17 I bleibt unberührt."
§ 17 I BAT lautet: "§ 17. Überstunden. (1) Überstunden sind die auf Anordnung geleisteten Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit (§ 15 I bis IV und die entsprechenden Sonderregelungen hierzu) für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgelegten Arbeitsstunden hinausgehen."
In einer Nebenabrede zum Arbeitsvertrag ist der vom Kl. geleistete Bereitschaftsdienst der Stufe "D" zugewiesen worden. Demgemäß wurden die Bereitschaftsdienstzeiten zu 80 v. H. als Arbeitszeit bewertet. Bis zum Monat Oktober 1987 zahlte das beklagte Land nach Nr. 8 III SR 2c BAT für die so errechnete Arbeitszeit Überstundenvergütung. Danach wurde für die aus den Bereitschaftsdienstzeiten errechnete Arbeitszeit nur noch die Stundenvergütung nach § 34 I 2 BAT gezahlt, soweit durch die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit von 20 Stunden pro Woche zuzüglich der aus den Bereitschaftsdienstzeiten errechneten Arbeitszeit die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit pro Woche nicht überschritten wurde. Der Kl. hat die Auffassung vertreten, daß ihm für die aus den Bereitschaftsdienstzeiten errechnete Arbeitszeit weiterhin die Überstundenvergütung zustehe.
Das ArbG hat die Klage abgewiesen. Das LAG hat die Berufung des Kl. zurückgewiesen. Die Revision der Kl. hatte Erfolg.
Auszüge aus den Gründen:
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das BerGer. Dem Kl. steht ein tariflicher Anspruch auf Überstundenvergütung für die aus den Bereitschaftsdienstzeiten errechnete Arbeitszeit nicht zu. Ob das beklagte Land arbeitsvertraglich verpflichtet ist, ihm für diese Arbeitszeit eine höhere Vergütung als den auf eine Stunde entfallenden Anteil der Vergütung eines entsprechenden vollbeschäftigten Angestellten zu zahlen, kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Insoweit bedarf es weiterer tatrichterlicher Feststellungen.
I. Das LAG hat angenommen, dem Kl. stehe für die aus den Bereitschaftsdienstzeiten errechnete Arbeitszeit nach Nr. 8 III SR 2c BAT keine Überstundenvergütung zu. Diese Vorschrift sei im Hinblick auf Nr. 8 I und II SR 2c BAT dahingehend auszulegen, daß die Überstundenvergütung nur zu zahlen sei, wenn Bereitschaftsdienst außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit geleistet worden sei. Regelmäßige Arbeitszeit sei die in § 15 I BAT bestimmte Arbeitszeit eines vollbeschäftigten Angestellten. Diese Arbeitszeit habe der Kl. im Klagezeitraum nicht geleistet.
II. Diesen Ausführungen des LAG kann nicht gefolgt werden. Zwar ist zutreffend, daß dem Kl. ein tariflicher Anspruch auf Überstundenvergütung nach Nr. 8 III 2c BAT nicht zusteht. Dies schließt jedoch nicht aus, daß er einen Anspruch auf eine Vergütung hat, die höher ist als die, die er erhalten hat.
1. Die tarifliche Bestimmung der Nr. 8 SR 2c BAT enthält eine Sonderregelung zu § 17 BAT. In § 17 I BAT ist bestimmt, daß Überstunden die auf Anordnung geleisteten Arbeitsstunden sind, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit (§ 15 I bis IV und die entsprechenden Sonderregelungen hierzu) für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgelegten Arbeitsstunden hinausgehen. Überstunden im tariflichen Sinne können daher nur außerhalb der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit geleistet werden. In gleicher Weise haben die Tarifvertragsparteien in Nr. 8 I SR 2c BAT bestimmt, daß Bereitschaftsdienst als besondere Form der Arbeitsleistung außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit zu erbringen ist. Die Verpflichtung des Arztes, sich auf Anordnung des Arbeitgebers an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfalle die Arbeit aufzunehmen (Bereitschaftsdienst), ist tariflich nur für Zeiten normiert, die über die regelmäßige Arbeitszeit hinausgehen.
Regelmäßige Arbeitszeit i. S. von Nr. 8 I SR 2c BAT ist die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit nach § 15 BAT. Dies folgt aus dem Tarifwortlaut und dem tariflichen Gesamtzusammenhang, die bei der Tarifauslegung maßgebend zu berücksichtigen sind (BAGE 46, 308 (313) = NZA 1985, 160 = AP § 1 TVG - Auslegung - Nr. 135). Da die Tarifvertragsparteien den Begriff der regelmäßigen Arbeitszeit in § 15 BAT im einzelnen bestimmt haben, ist davon auszugehen, daß sie ihn in dieser Weise auch in anderen tariflichen Bestimmungen verwenden. Dies wird für den Begriff der regelmäßigen Arbeitszeit in Nr. 8 I SR 2c BAT durch den tariflichen Gesamtzusammenhang bestätigt. Da die tarifliche Bestimmung der Nr. 8 SR 2c BAT eine Sonderregelung zu § 17 BAT enthält und in § 17 BAT der Begriff der regelmäßigen Arbeitszeit durch Bezugnahme auf § 15 BAT erläutert ist, kann unter regelmäßiger Arbeitszeit i. S. von Nr. 8 I SR 2c BAT auch nur die regelmäßige Arbeitszeit i. S. des § 15 BAT verstanden werden. Anhaltspunkte dafür, daß die Tarifvertragsparteien mit regelmäßiger Arbeitszeit i. S. der Nr. 8 I SR 2c BAT etwa die in Krankenhäusern betriebsübliche Arbeitszeit oder bei teilzeitbeschäftigten Ärzten deren vereinbarte Arbeitszeit meinen, haben in den tariflichen Bestimmungen keinen Ausdruck gefunden.
2. Wird Bereitschaftsdienst außerhalb der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit erbracht, so gelten für die Bewertung solcher Zeiten als Arbeitszeit und für die Vergütung Nr. 8 II und III SR 2c BAT, wonach die Arbeitszeit zu errechnen und die Überstundenvergütung zu zahlen ist. Die Vergütung derartiger Bereitschaftsdienstzeiten ist zwischen den Parteien jedoch nicht im Streit. Die vom Kl. geleisteten Dienste lagen nicht außerhalb der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit. Zwar hielt sich der Kl. auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb seiner vereinbarten Arbeitszeit von 20 Stunden pro Woche an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle auf, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen. Er leistete damit, was die Art der Tätigkeit anbelangte, Bereitschaftsdienst. Dieser erfüllte jedoch nicht die Voraussetzungen der Nr. 8 I Nr. 2c BAT, weil er nicht außerhalb der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit erbracht wurde. Daraus folgt, daß für Bewertung und Vergütung derartiger Bereitschaftsdienstzeiten die tariflichen Regelungen in Nr. 8 II und III SR 2c BAT nicht herangezogen werden können.
3. Ein tariflicher Vergütungsanspruch für Tätigkeiten, die ihrer Art nach als Bereitschaftsdienst anzusehen sind und von einem nichtvollbeschäftigten Angestellten über seine vereinbarte Arbeitszeit hinaus geleistet werden, ohne daß die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit überschritten wird, ergibt sich auch nicht aus § 34 I 2 BAT. Zwar betrifft diese Bestimmung nach ihrer Überschrift die Vergütung nichtvollbeschäftigter Angestellter. Dies gilt jedoch nach dem Tarifwortlaut nicht für den vom Kl. geltend gemachten Vergütungsanspruch.
Nach § 34 I 2 BAT erhält der nichtvollbeschäftigte Angestellte für jede Arbeitsstunde, die er über seine vereinbarte durchschnittliche Arbeitszeit hinaus leistet, den auf eine Stunde entfallenden Anteil der Vergütung eines entsprechenden vollbeschäftigten Angestellten. Die Tarifvertragsparteien legen damit die Vergütung von Arbeitsstunden fest, die der nichtvollbeschäftigte Angestellte über eine vereinbarte Arbeitszeit hinaus leistet. Es handelt sich somit um die Vergütung der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit für den Fall, daß zwar die vereinbarte Arbeitszeit, nicht aber die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit überschritten wird. Dies folgt daraus, daß nach § 34 I 2 Halbs. 2 BAT die tarifliche Bestimmung des § 17 BAT hinsichtlich der Vergütung von Überstunden unberührt bleibt.
Da sich die tarifliche Regelung in § 34 I 2 BAT aber nur auf die Vergütung "geleisteter Arbeitsstunden" bezieht, kann sie zur Bestimmung der Vergütung für den vom Kl. geleisteten "Bereitschaftsdienst" nicht herangezogen werden. Hinsichtlich der Art der Tätigkeit ist maßgebliches Kennzeichen des Bereitschaftsdienstes, daß zu erwarten ist, daß zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt (Nr. 8 I 2 SR 2c BAT). Die Zeiten des Bereitschaftsdienstes können somit mit geleisteten Arbeitsstunden i. S. § 34 I 2 BAT nicht gleichgesetzt werden. In der tariflichen Bestimmung kommt auch nicht zum Ausdruck, daß die Bewertung des Bereitschaftsdienstes einschließlich der geleisteten Arbeit nach Nr. 8 II SR 2c BAT bei nichtvollbeschäftigten Angestellten, die als Ärzte tätig sind, zur Anwendung kommen soll.
4. Hinsichtlich des Vergütungsanspruchs für Tätigkeiten, die ihrer Art nach als Bereitschaftsdienst anzusehen sind und die von nichtvollbeschäftigten Angestellten über ihre vereinbarte Arbeitszeit hinaus bis zur regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit geleistet werden, besteht damit eine Tariflücke. Diese kann von den Gerichten für Arbeitssachen nicht geschlossen werden, da es sich um eine bewußte Tariflücke handelt. Eine solche liegt vor, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage bewußt tariflich ungeregelt gelassen haben und dies in einer entsprechenden Auslassung seinen Ausdruck findet, wobei die Unterlassung der Regelung ihren Grund auch darin haben kann, daß die Tarifvertragsparteien sich über die betreffende Frage nicht haben einigen können (vgl. BAGE 46, 292 (298) = AP §§ 22 BAT1975 Nr. 93; BAGE 47, 61 (67) = AP §§ 22 BAT1975 Nr. 95).
a) Die tariflichen Bestimmungen sehen sowohl die Verpflichtung zur Leistung von Bereitschaftsdienst als auch seine Bewertung als Arbeitszeit und seine Vergütung mit der Überstundenvergütung nur für vollbeschäftigte Angestellte vor. Dies ergibt sich daraus, daß der Arzt zur Leistung von Bereitschaftsdienst nur außerhalb der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit tarifvertraglich verpflichtet ist. Demgegenüber verwenden die Tarifvertragsparteien in § 34 BAT für nichtvollbeschäftigte Angestellte den Begriff der vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit. Damit stellt sich die regelungsbedürftige Frage, welche tarifliche Vergütung einem nichtvollbeschäftigten Angestellten zustehen soll, der über seine vereinbarte Arbeitszeit hinaus bis zum Erreichen der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit Tätigkeiten erbringt, die ihrer Art nach als Bereitschaftsdienst anzusehen sind. Darauf wird auch in der Literatur hingewiesen. So verweisen Clemens-Scheuring-Steingen-Wiese (BAT, Stand: Oktober 1990, SR 2a Nr. 6 Erl. 3) auf ein Urteil des LAG Niedersachsen vom 22. 2. 1978 - 3 Sa 165/77, wonach nur für vollbeschäftigte Angestellte eine Verpflichtung zur Leistung von Bereitschaftsdienst besteht und nichtvollbeschäftigten Angestellten bis zum Erreichen des der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit entsprechenden Arbeitszeitquantums nur die Stundenvergütung nach § 34 I 2 BAT zu zahlen ist. Demgegenüber vertritt der Gruppenausschuß der VkA für Kranken- und Pflegeanstalten die Auffassung, daß auch für nichtvollbeschäftigte Angestellte grundsätzlich die tarifliche Verpflichtung zur Leistung von Bereitschaftsdienst gegeben sei und teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern für die umgerechnete Zeit des Bereitschaftsdienstes die Überstundenvergütung unabhängig davon zustehe, ob die Gesamtstundenzahl (Teilzeitarbeit und umgerechnete Bereitschaftsdienstzeiten) die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit überschreite oder nicht (zitiert bei Clemens-Scheuring-Steingen-Wiese, SR 2a Nr. 6 Erl. 3). Da die Tarifvertragsparteien trotz dieser unterschiedlichen Auffassungen und trotz des zunehmenden Umfangs der Teilzeitarbeit eine Regelung bisher unterlassen haben, ist davon auszugehen, daß sie die Frage der Vergütung von Bereitschaftsdiensten, die von nichtvollbeschäftigten Angestellten geleistet werden, bewußt ungeregelt gelassen haben. Dies wird insbesondere auch dadurch deutlich, daß die Mitgliederversammlung der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) insoweit einzelvertragliche Vereinbarungen empfiehlt (siehe Clemens-Scheuring-Steingen-Wiese, SR 2a Nr. 6 Erl. 3). Die Tarifvertragsparteien haben auch die Neuregelung der tariflichen Bestimmungen über den Bereitschaftsdienst durch den 66. Änderungstarifvertrag vom 24. 4. 1991 nicht zum Anlaß genommen, eine entsprechende Vergütungsregelung für nichtvollbeschäftigte Angestellte zu treffen. Da die Tarifvertragsparteien insoweit verschiedene Regelungsmöglichkeiten haben, würde eine Lückenausfüllung durch die Gerichte für Arbeitssachen in unzulässiger Weise in die Tarifautonomie eingreifen (BAGE 54, 30 = NZA 1987, 823 = AP § 42 MTBII Nr. 1).
b) Aus dem Benachteiligungsverbot in Art. 1 § 2 I BeschFG 1985, das auch von den Tarifvertragsparteien zu beachten ist (vgl. BAGE 62, 334 = NZA 1990, 37 = AP § 2 BeschFG1985 Nr. 6), folgt nicht, daß eine unterschiedliche Vergütungsregelung für Bereitschaftsdienst, der von vollbeschäftigten Angestellten über die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit hinaus geleistet wird, und für Bereitschaftsdienst, der von nichtvollbeschäftigten Angestellten über ihre vereinbarte Arbeitszeit hinaus geleistet wird, unzulässig wäre und deshalb nichtvollbeschäftigten Angestellten insoweit ein Anspruch auf Zahlung der Überstundenvergütung zusteht. Nach Art. 1 § 2 I BeschFG 1985 darf ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer nicht wegen der Teilzeitarbeit gegenüber einem vollbeschäftigten Arbeitnehmer unterschiedlich behandelt werden, es sei denn, daß sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Soweit tarifliche Regelungen Überstundenzuschläge erst dann vorsehen, wenn die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit überschritten wird, so daß Teilzeitbeschäftigten bis zum Erreichen der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit nur die normale Stundenvergütung zu zahlen ist (vgl. BAG, AP § 1 TVG - Tarifverträge: Techniker-Krankenkasse - Nr. 1), besteht ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung darin, daß mit Überstundenzuschlägen eine erhöhte körperliche Belastung ausgeglichen und eine übermäßige Inanspruchnahme des Arbeitnehmers verhindert werden soll (vgl. GK-TzA-Lipke, Art. 1 § 2 BeschFG Rdnr. 140 m. w. Nachw.). Gleiches gilt hinsichtlich der Leistung von Bereitschaftsdiensten. Auch diese führen, wenn sie außerhalb der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit erbracht werden müssen, zu einer höheren Belastung des Arbeitnehmers, als wenn die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit in der betreffenden Woche nicht überschritten wird. Demgegenüber wird eingewendet, daß die Einschränkung der Dispositionsmöglichkeit über die Freizeit teilzeitbeschäftigte und vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer in gleicher Weise treffe (vgl. Schüren, RdA 1985, 22 (28 f.)). Dieser Gesichtspunkt greift jedoch nicht durch. Auch die Einschränkung der Dispositionsmöglichkeit über die Freizeit trifft den vollbeschäftigten Angestellten, der über die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit hinaus Bereitschaftsdienst leisten muß, in höherem Maße als den teilzeitbeschäftigten Angestellten.
Außerdem zwingt die tarifliche Regelung über die Pflicht zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst nicht zur Gleichbehandlung von vollbeschäftigten und nichtvollbeschäftigten Angestellten. Die Tarifvertragsparteien haben nämlich bei nichtvollbeschäftigten Angestellten anders als bei vollbeschäftigten Angestellten in Nr. 8 I SR 2c BAT keine tarifliche Verpflichtung normiert, Bereitschaftsdienst zu leisten. Leistet deshalb ein nichtvollbeschäftigter Arzt ohne eine entsprechende tarifliche Verpflichtung Bereitschaftsdienst, so sind die Gerichte für Arbeitssachen jedenfalls nicht befugt, anstelle der Tarifvertragsparteien eine Regelung einzuführen, nach der dieser Bereitschaftsdienst ebenso wie der aufgrund tariflicher Verpflichtung geleistete Bereitschaftsdienst vollbeschäftigter Ärzte zu vergüten ist. Es muß den Tarifvertragsparteien überlassen bleiben, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang sie eine entsprechende Verpflichtung für nichtvollbeschäftigte Ärzte normieren und in welcher Weise sie den Vergütungsanspruch regeln.
III. Das LAG hat nicht geprüft, ob dem Kl. ein arbeitsvertraglicher Anspruch auf die geltend gemachte Überstundenvergütung zusteht. Dies wird es nachholen müssen. Aus diesem Grunde ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Die Sache ist zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das BerGer. zurückzuverweisen (§ 565 I ZPO).
1. Nach den Feststellungen des LAG haben die Parteien in einer "Nebenabrede" zum Arbeitsvertrag nach Nr. 8 V SR 2c BAT den Bereitschaftsdienst der Stufe "D" zugewiesen. Das LAG wird prüfen müssen, ob sie damit - unabhängig von den tariflichen Voraussetzungen - einen arbeitsvertraglichen Anspruch des Kl. auf Bewertung der aus den Bereitschaftsdienstzeiten zu errechnenden Arbeitszeit nach Nr. 8 II SR 2c BAT und ihre Vergütung nach Nr. 8 III SR 2c BAT begründet haben. Da der Wortlaut der "Nebenabrede" tatrichterlich bisher nicht festgestellt ist, kann der Senat die Vereinbarung nicht selbst auslegen.
2. Sollte die Vereinbarung allerdings, wie im öffentlichen Dienst allgemein üblich, nur das widerspiegeln, was ohnehin tariflich gilt, läge eine arbeitsvertragliche Abrede über die Verpflichtung zur Leistung von Bereitschaftsdienst und seine Vergütung nicht vor. Die Parteien wären dann irrtümlich davon ausgegangen, daß für den Kl. als nichtvollbeschäftigten Arzt eine tarifliche Verpflichtung zur Leistung von Bereitschaftsdienst bestand. Allein durch die Zuweisung des Bereitschaftsdienstes zur Stufe "D" in vermeintlicher Anwendung von Nr. 8 V SR 2c BAT hätten sie keinen arbeitsvertraglichen Anspruch des Kl. begründet.
3. Liegt eine arbeitsvertragliche Vereinbarung über die Vergütung der vom Kl. geleisteten Bereitschaftsdienste nicht vor, bestimmt sich der Vergütungsanspruch nach § 612 II BGB. Maßgebend ist damit die übliche Vergütung. Als solche kommt zwar im öffentlichen Dienst regelmäßig die tarifliche Vergütung in Betracht (BAGE 61, 43 = AP § 2 BeschFG1985 Nr. 2). Auf sie kann jedoch vorliegend nicht zurückgegriffen werden, da die Tarifvertragsparteien die Vergütung des Bereitschaftsdienstes nichtvollbeschäftigter Ärzte nicht geregelt haben und nicht in gleicher Höhe regeln mußten wie die Vergütung des Bereitschaftsdienstes vollzeitbeschäftigter Ärzte (vgl. oben II 4a). Sollte sich die übliche Vergütung nicht feststellen lassen, wird das BerGer. zu prüfen haben, ob der Kl. die Vergütung verbindlich bestimmt hat (§ 316 BGB).
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