Beweislast bei geltend gemachten Verbindungsentgelten
Gericht
AG Bonn
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
17. 04. 2002
Aktenzeichen
9 C 631/00
Um den Beweis des ersten Anscheins für das Zustandekommen einer Telefonverbindung zu erschüttern, genügt es, dass das Kunde nachweist, dass zumindest ein ihm berechnetes Telefongespräch nicht von ihm geführt worden sein kann.
Zwischen den Parteien besteht ein Mobilfunkvertrag. Mit seiner Klage verlangt der Kl. einen Teil der für den Monat Juni 2000 berechneten Verbindungsentgelte aus ungerechtfertigter Bereicherung zurück. Dazu trägt er vor, im ersten Halbjahr 2000 seien seine Telefonrechnungen aus einer Höhe bei 200 DM explosionsartig bis auf fast 4000 DM im Monat angestiegen. Dies müsse auf einer fehlerhaften Abrechnung durch die Bekl. beruht haben, da er nicht mehr als bisher üblich telefoniert habe. Nachdem der Kl. einen Einzelverbindungsnachweis bei der Bekl. angefordert hatte und dieser nur noch für den Monat Juni 2000 geliefert werden konnte, hat er auf diesem eine Vielzahl von Gesprächen angekreuzt, von denen er behauptet, dass diese nicht von ihm oder mit seinem Handy geführt worden seien. Er habe nämlich in der fraglichen Zeit sein Handy immer mit sich geführt und keiner anderen Person zugänglich gemacht. Die vom Kl. gerügten Verbindungen betrafen ganz überwiegend eine Handynummer mit der Vorwahl 0174 und Verbindungen mit dem Service 0190. Der Kl. hat zunächst einen Betrag von 5587,43 DM zurückgefordert und nach dem Vortrag der Bekl., die Teilnehmerin der Handynummer mit der Vorwahl 0174 habe auf Nachfrage bestätigt, mit dem Kl. bekannt zu sein, die Klage hinsichtlich der diese Nummer betreffenden Verbindungen zurückgenommen. Der Kl. hat behauptet, die Verbindungen müssten bei der Bekl. falsch erfasst und seiner Rufnummer zugeordnet worden sein oder auf Grund von durchgeführten Manipulationen zu seinen Lasten berechnet worden sein. Hierfür hat der Kl. zu einzelnen Verbindungen Beweis angetreten.
Die Klage hatte, soweit sie nicht zurückgenommen wurde, Erfolg.
Die Klage ist aus ungerechtfertigter Bereicherung gem. § 812 BGB begründet, da die vom Kl. gezahlten streitgegenständlichen Verbindungsentgelte der Bekl. ohne Rechtsgrund zugeflossen sind. Der Mobilfunkvertrag der Parteien stellt keinen rechtfertigenden Grund für die Zahlung dar, da die Bekl. dafür beweisfällig geblieben ist, dass die von ihr berechneten streitgegenständlichen Verbindungen tatsächlich vom Handy des Kl. aus in Anspruch genommen wurden. Hierfür ist nach übereinstimmender Ansicht der Parteien die Bekl. beweispflichtig, die sich insoweit auf einen Anscheinsbeweis zu ihren Gunsten beruft. Ob dieser Anscheinsbeweis zu Gunsten der Bekl. eingreift, bedarf im vorliegenden Falle keiner Entscheidung. Denn auch wenn das Gericht zu Gunsten der Bekl. die Geltung eines derartigen Anscheinsbeweises als gegeben unterstellt, bedurfte es im vorliegenden Falle des Vollbeweises für das Zustandekommen der berechneten Verbindungen durch die Bekl., da der Kl. den Anscheinsbeweis erschüttert hat. Für diesen Vollbeweis hat die Bekl. jedoch nicht ausreichend vorgetragen, da sie ihr Vorbringen hinsichtlich der bestrittenen Verbindungen nicht soweit konkretisiert hat, dass es einer Beweiserhebung zugänglich wäre.
Für die Erschütterung des von der Bekl. in Anspruch genommenen Anscheinsbeweises hält das Gericht für ausreichend, dass dem Kl. der Nachweis gelungen ist, dass zumindest ein ihm berechnetes Telefongespräch nicht von ihm geführt worden sein kann. Nachdem zwischen den Parteien unstreitig geblieben ist, dass allein der Kl. Zugriff auf sein Handy in der fraglichen Zeit hatte, ist damit die Richtigkeit der Berechnung dieses Telefongespräches widerlegt. Dies führt zur Erschütterung des Anscheinsbeweises hinsichtlich aller streitgegenständlichen Verbindungen, da auf der Hand liegt, dass der Kl. schon aus tatsächlichen Gründen nicht in der Lage ist, den Gegenbeweis für alle 107 bestrittenen Verbindungen zu führen. Dies kann ihm nur für derartige Verbindungen gelingen, bei denen er nachträglich rekonstruieren kann, dass sie zu dem Zeitpunkt, mit dem sie in dem Einzelverbindungsnachweis der Bekl. aufgeführt sind, nicht stattgefunden haben können und ihm hierfür zum Nachweis Beweismittel zur Verfügung stehen.
Den Gegenbeweis hat der Kl. für drei am 23. 7. 2000 berechnete Telefongespräche angetreten und ihn für das ab 22 Uhr geführte Gespräch von knapp 55 Minuten Dauer auch geführt. Alle drei gehörten Zeugen haben bestätigt, dass der Kl. am 23. 7. 2000 den Tag über entsprechend seiner Behauptung Getreide gedroschen und zur Mühle gefahren hat. Die Zeugen haben auch bestätigt, dass sie als Mitarbeiter der Mühle nach Einstellung des Betriebes der Mühle im Gasthaus K. gewesen sind und dort mit dem Kl. zusammen waren. Nach der Aussage des Zeugen X ist der Kl. in dem Gasthaus erschienen und hat die Zeugen G und X geholt, um noch einen weiteren Wagen in der Mühle abladen zu können. Danach ist er mit den beiden Zeugen in das Gasthaus zurück gegangen und hat nach ihrer übereinstimmenden Bekundung dort mit ihnen zusammen ein Gericht eingenommen, wobei man am Stammtisch zusammen gesessen hat. Beide Zeugen bestätigen übereinstimmend, dass der Kl. während seines Aufenthaltes mit ihnen kein Telefongespräch geführt hat. Dabei ergibt sich zumindest aus den Zeitangaben des Zeugen X, dass dieser mit dem Kl. zusammen war, während das um 22.20 Uhr beginnende und für mehr als 54 Minuten berechnete Telefongespräch stattgefunden haben soll. Denn der Zeuge X hat einerseits bekundet, dass er nach dem Abladen des Wagens für den Kl. mit diesem noch etwa 1 Stunde bis 1,5 Stunden zusammen gewesen sei, während er andererseits den Zeitpunkt seines Verlassens der Gaststätte zwischen 23.30 Uhr und 24.00 Uhr angegeben hat. Selbst bei Zugrundelegen des spätest genannten Zeitpunkts des Verlassens der Gaststätte um 24.00 Uhr und des kürzesten angegebenen gemeinsamen Aufenthaltes in der Gaststätte von einer Stunde ergibt sich daher, dass der Zeuge X spätestens ab 23.00 Uhr mit dem Kl. in der Gaststätte zusammen gewesen sein muss, während das um 22.20 Uhr begonnene Telefongespräch bis kurz vor 23.15 Uhr gedauert haben soll. Hinzu kommt, dass nach der Aussage des Zeugen X der Kl. nach dem Abladen des Wagens mit den Beschäftigten der Mühle zur Gaststätte zurückgegangen ist. Auch in dieser Zeit, die nach den Zeitangaben der Zeugen in die Dauer des ab 22.20 Uhr berechneten Telefongesprächs fiel, waren die beiden Zeugen G und X somit mit dem Kl. zusammen und hätten beobachten müssen, wenn dieser mit seinem Handy telefoniert hätte, was die Zeugen übereinstimmend verneint haben. Hiernach hält das Gericht für erwiesen, dass die Zeugen X und G mit dem Kl. während des von der Bekl. behaupteten Zeitraumes des ca. 55 Minuten dauernden Telefongespräches zusammen gewesen sind, so dass sich aus ihrer Bekundung, dass der Kl. während ihres Zusammenseins nicht telefoniert hat, ableiten lässt, dass der Kl. das ihm insoweit berechnete Telefongespräch nicht geführt hat. Nachdem unstreitig ist, dass der Kl. sein Handy bei sich führte, kann er dieses ihm berechnete Gespräch somit nicht geführt haben.
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