Kündigung eines Fitneßvertrags bei unwirksamer Verlängerungsklausel

Gericht

LG Saarbrücken


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

09. 04. 1990


Aktenzeichen

13 BS 342/89


Leitsatz des Gerichts

Der Benutzer eines Fittness Centers ist trotz der Unwirksamkeit einer Verlängerungsklausel von zwölf Monaten in einem Fitnessvertrag nicht von der Verpflichtung entbunden, den Fitnessvertrag zu kündigen.

Tatbestand

Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Kl. betreibt ein Sport- und Fitneßcenter. Der Bekl. unterzeichnete am 6. 2. 1986 einen Trainingsvertrag, in dem er sich zur Zahlung einer einmaligen Anmeldegebühr in Höhe von 30 DM sowie zu monatlichen Mitgliedsbeiträgen in Höhe von 65 DM verpflichtete. Im Vertrag ist bestimmt, daß die Mitgliedschaft zunächst über die Dauer von 12 Monaten läuft und sich jeweils um ein weiteres Jahr verlängert, wenn nicht spätestens 1 Monat vor Ablauf gekündigt wird. Der Bekl. zahlte insgesamt 355 DM für die Monate Februar bis Juni 1986. Der Kl. hat für den Zeitraum vom 2. 6. 1986 bis 5. 2. 1988 den noch ausstehenden Restbetrag in Höhe von 1235 DM geltend gemacht und das AG hat der Klage stattgegeben. Die nur wegen der Beiträge des zweiten Jahres eingelegte Berufung des Bekl. hatte keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe

Auszüge aus den Gründen:

Das AG ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, daß es sich bei dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrag um einen Mietvertrag handelt, da die wesentliche von dem Kl. geschuldete Leistung in der entgeltlichen Überlassung der Räumlichkeiten des Sport- und Fitneßcenters sowie der zugehörigen Trainingsgeräte besteht (vgl. dazu OLG Karlsruhe, NJW-RR 1989, 243). Der Anspruch des Kl. folgt daher aus § 535 S. 2 BGB.

Allerdings ist die in dem Vertrag enthaltene Verlängerungsklausel, wonach sich das Vertragsverhältnis automatisch jeweils um ein weiteres Jahr verlängert, wenn nicht spätestens einen Monat vor Ablauf der zunächst vereinbarten Vertragsdauer von 12 Monaten gekündigt wird, unwirksam. Diese Verlängerungsklausel baut auf der Vereinbarung auf, wonach das Vertragsverhältnis zunächst über die Dauer von 12 Monaten läuft, einer Vereinbarung, die gem. § 9 I AGB-Gesetz unwirksam ist. Nach dieser Vereinbarung in Verbindung mit der angeführten Verlängerungsklausel kann der Mieter das Mietverhältnis erstmals zum Ablauf des ersten Vertragsjahres durch Kündigung beenden. Ein Recht zur ordentlichen Kündigung des Mietvertrages vor diesem Zeitpunkt ist nicht vorgesehen. Eine derartige Regelung stellt eine unangemessene Benachteiligung des Mieters dar. Die Inanspruchnahme der von dem Kl. zur Verfügung gestellten Geräte zur Durchführung eines Fitneßprogramms stellt bestimmte Anforderungen an die körperliche und gesundheitliche Konstitution des Mieters. Dieser kann bei Abschluß des Vertrages regelmäßig nicht übersehen, ob er diesen Anforderungen gewachsen ist, ohne körperliche oder gesundheitliche Schäden zu erleiden. Diese besonderen Interessen des Mieters gebieten, zur Wahrung seiner körperlichen Integrität und zur Erhaltung seiner Gesundheit ihm ein ordentliches Kündigungsrecht zuzubilligen, um ihm die Möglichkeit einzuräumen, innerhalb einer angemessenen Frist seit Vertragsbeginn eine Beendigung des Vertrages herbeizuführen, falls sich erweisen sollte, daß die Durchführung des Fitneßprogramms seine körperlichen Kräfte überfordert. Hinter diesem Interesse des Mieters muß das Interesse des Vermieters, den Mieter aus wirtschaftlichen, kalkulatorischen oder organisatorischen Gründen möglichst langfristig zu binden, zurücktreten (vgl. dazu ausführlich LG Hamburg, NJW-RR 1987, 687 m. w. Nachw.). Dies muß nach Auffassung der Kammer jedenfalls dann gelten, wenn dem Mieter bei Vertragsschluß nur die Möglichkeit eingeräumt wird, sich in der dargelegten Form langfristig vertraglich zu binden, ihm also nicht die Alternative bleibt, ein Vertragsverhältnis für eine wesentlich kürzere Vertragsdauer - gegebenenfalls auch zu ungünstigeren Konditionen - einzugehen (vgl. zu diesem Gesichtspunkt OLG Karlsruhe, NJW-RR 1989, 243 (244)). Daß dem Bekl. im vorliegenden Fall eine solche Alternative zur Verfügung stand, ergibt sich jedoch weder aus dem von dem Kl. verwendeten Formularvertrag, noch hat der Kl. dargelegt, daß dem Bekl. eine derartige Alternative in anderer Form bei Vertragsschluß eingeräumt worden wäre.

Die Unwirksamkeit der Vereinbarung einer festen Vertragsdauer von 12 Monaten ohne ordentliche Kündigungsmöglichkeit hat auch die Unwirksamkeit der auf der festen Vertragsdauer von 12 Monaten aufbauenden Verlängerungsklausel zur Folge, denn die Verlängerungsklausel steht in einem untrennbaren Regelungszusammenhang mit der fest vereinbarten Vertragsdauer und verlöre ohne diese ihren Bezugspunkt. Es handelt sich daher um eine aufeinander abgestimmte Laufzeit- und Fristenregelung, die insgesamt als unwirksam angesehen werden muß, nachdem derjenige Klauselteil, auf dem die Verlängerungsklausel aufbaut, keinen Bestand hat (vgl. zu der Problematik Palandt-Heinrichs, BGB, 48. Aufl. (1989), Vorb. § 8 AGB-Gesetz Anm. 3 d m. w. Nachw.). Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob die Verlängerungsklausel ihrerseits deshalb gegen § 9 AGB-Gesetz verstößt, weil die Verlängerungsdauer von 12 Monaten unangemessen lang ist (vgl. zu dieser Problematik OLG Karlsruhe, NJW-RR 1989, 243 und LG Hamburg, NJW-RR 1988, 317, jeweils m. w. Nachw.).

Grundsätzlich treten gem. § 6 II AGB-Gesetz an die Stelle der unwirksamen Vertragsklauseln die gesetzlichen Vorschriften. Nur wenn solche gesetzlichen Vorschriften nicht vorhanden sind, erfolgt die Lückenausfüllung durch ergänzende Vertragsauslegung (vgl. dazu Palandt-Heinrichs, BGB, § 6 AGB-Gesetz Anm. 3 m. w. Nachw.). Es braucht hier nicht entschieden zu werden, ob als gesetzliche Regelung, die an die Stelle der unwirksamen Vertragsbestandteile treten könnte, die in § 564 II BGB enthaltene Regelung in Betracht kommt, die voraussetzt, daß die Mietzeit nicht bestimmt ist. Dies hätte nämlich nur zur Folge, daß jeder Vertragspartner das Mietverhältnis, das dann auf unbestimmte Zeit vereinbart wäre, bei Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen des § 565 BGB kündigen könnte. Es wäre dann also zur Beendigung des Mietverhältnisses jedenfalls eine wirksame Kündigungserklärung erforderlich. Gleiches würde jedoch auch dann gelten, wenn eine Anwendung des § 564 II BGB nicht in Betracht käme (vgl. zu der Problematik für den ähnlich gelagerten Fall des § 621 BGB die Ausführungen des BGH, NJW 1985, 2585 (2586) = LM § 620 BGB Nr. 2), denn in diesem Fall würde die dann vorzunehmende ergänzende Vertragsauslegung dazu führen, dem Mieter in den ersten Wochen oder Monaten des Vertragsverhältnisses ein ordentliches Kündigungsrecht für den Fall, daß er den gesundheitlichen Anforderungen des Fitneßprogramms nicht gewachsen ist, einzuräumen (vgl. dazu LG Hamburg, NJW-RR 1987, 687), bzw. die unangemessen lange Verlängerungsdauer von 12 Monaten durch eine Verlängerungsklausel mit einer geringeren Verlängerungsdauer zu ersetzen (vgl. dazu LG Hamburg, NJW-RR 1988, 317). Auch in einem solchen Fall würde also die Beendigung des Vertragsverhältnisses eine Kündigungserklärung voraussetzen.

Daß der Bekl. eine wirksame Kündigungserklärung abgegeben hat, kann jedoch nicht festgestellt werden. Soweit der Bekl. in erster Instanz vorgetragen hatte, er habe dem Kl. gegenüber erklärt, daß er kein Interesse mehr am Training habe, hat das AG zutreffend darauf hingewiesen, daß der Bekl. diese von dem Kl. bestrittene Behauptung nicht ordnungsgemäß unter Beweis gestellt hat; dem ist der Bekl. in der Berufungsinstanz auch nicht entgegengetreten. Er hat in der Berufungsinstanz lediglich noch geltend gemacht, er habe die Kündigung durch schlüssiges Verhalten erklärt, indem er seit Juli 1986 die Leistungen des Kl. nicht mehr in Anspruch genommen und seitdem auch keine Zahlungen an den Kl. geleistet habe. Entgegen der Auffassung des Bekl. kann darin jedoch im vorliegenden Fall keine Kündigungserklärung gesehen werden. Zwar kann eine Kündigung grundsätzlich auch durch schlüssiges Verhalten zum Ausdruck gebracht werden. Dann aber muß das Verhalten des Mieters den eindeutigen Erklärungsinhalt haben, das Mietverhältnis beenden zu wollen (vgl. dazu Sternel, MietR, 3. Aufl. (1988), Teil IV Rdnr. 5). Daran fehlt es hier. Ein Fitneßstudio, wie es von dem Kl. betrieben wird, wird von einer Vielzahl von Kunden besucht, die die von dem Kl. in den Räumen zur Verfügung gestellten Geräte zu unregelmäßigen Zeitpunkten und in unregelmäßigen Abständen nutzen können. Der Kl. kann daher, wenn ein Kunde die ihm generell eingeräumte Möglichkeit, das Fitneßstudio zu nutzen, auch über einen längeren Zeitraum hinweg nicht nutzt, daraus - selbst wenn er ein entsprechendes Verhalten des Kunden feststellen sollte, was nicht unbedingt unterstellt werden kann - nicht ohne weiteres schließen, daß der Kunde das Vertragsverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt beenden wolle. Auf einen solchen Erklärungswillen des Kunden kann auch nicht ohne weiteres aufgrund ausbleibender Zahlungen geschlossen werden, denn dies kann mannigfache Gründe, etwa fehlende Solvenz oder auch bloße Nachlässigkeit, haben. Zweifel daran, wie ein Verhalten des Erklärenden zu werten ist, gehen aber zu seinen Lasten, denn ihm wird stets zuzumuten sein, eine eindeutige Kündigungserklärung abzugeben (vgl. dazu Sternel, MietR, Teil IV, Rdnr. 6).

Rechtsgebiete

Verbraucherschutzrecht