Nachbesserungsbefugnis eines Schreiners bei dilettantischer Arbeit

Gericht

OLG Koblenz


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

19. 07. 2001


Aktenzeichen

5 U 443/01


Leitsatz des Gerichts

Gelegenheit zur Nachbesserung muss ein Handwerker grundsätzlich auch dann erhalten, wenn seine bisherige Werkleistung unbrauchbar ist und er sich damit als fachlich unqualifiziert erwiesen hat. Denn zur sachgemäßen Nachbesserung kann er sich erforderlichenfalls fremder Hilfe bedienen.

Tatbestand

Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Kl. beauftragte den Bekl. mit der Herstellung einer Eckbank, eines zugehörigen Ausziehtisches sowie von vier verschiedenen Vitrinen und vier Stühlen aus Buche zum Preis von 27668 DM. Auf den Werklohn zahlte er sogleich 6000 DM an. Die Möbel, die bis Weihnachten des Jahres 1999 gefertigt sein sollten, wurden am 8. 2. 2000 ausgeliefert, wobei der Kl. einen weiteren Betrag von 18000 DM leistete. Gleichzeitig erhob er Mängelrügen, die er wenige Tage später erweiterte. Auf ein entsprechendes Verlangen des Kl. hin bot der Bekl. am 17. 2. 2000 Nachbesserungen an. Der Kl. verlangte indessen einen Tag später die endgültige Rücknahme der Möbel und die Auskehrung der von ihm gezahlten 24000 DM. Demgegenüber beharrte der Bekl. auf seinem Mängelbeseitigungsangebot. Der Kl. antwortete mit der Einholung eines Sachverständigengutachtens vom 2. 3. 2000, das die ausgelieferte Arbeit als „laienhaft gefertigt“ und „handwerklich unsauber“ einstufte. Nach der Auffassung des Gutachters war eine Nachbesserung „nur durch einen sehr versierten Schreiner mit einem sehr hohen Arbeitsaufwand“ zu erreichen. „Dem Schreiner oder der Schreinerin“, die am Werke gewesen seien, könne man eine erfolgreiche Mängelbehebung „nicht zutrauen“. Gestützt darauf verlangte der Kl. ungeachtet des Nachbesserungswillens des Bekl. mit anwaltlichen Schreiben vom 17. 3. und 19. 5. 2000 die Wandelung des Vertrages.

Die Klage auf Rückgewähr des gezahlten Werklohns Zug um Zug gegen die Rückgabe der Möbel sowie auf Ersatz der Sachverständigenkosten und Einlagerungskosten hatte in beiden Instanzen keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe

Auszüge aus den Gründen:

1. Der Kl. verfolgt in erster Linie ein werkvertragliches Wandelungsrecht gem. § 634 BGB, das auf die Erstattung der von ihm geleisteten Zahlungen gerichtet ist. Daran anknüpfend macht er dann weitere Zahlungsansprüche geltend, die er aus einer behaupteten Schadensersatzpflicht des Bekl. wegen Nichterfüllung (§ 635 BGB), und, was die Einlagerungskosten anbelangt, auch daraus herleitet, dass sich der Bekl. mit der Rücknahme der ausgelieferten Möbel in Annahmeverzug befinde (§ 304 BGB). Eben dieser Umstand ist ebenfalls Gegenstand eines - im Vollstreckungsinteresse sinnvollen (§§ 756 I, 765 Nr. 1 ZPO) und damit zulässigen - Feststellungsantrags. Da der Kl. jedoch nicht zur Wandelung befugt ist, kann für die Klageforderungen insgesamt kein Raum sein.

2. Allerdings sind die Wandelungsvoraussetzungen im Ansatz gegeben: Die Werkleistung des Bekl. ist hochgradig fehlerhaft. Der Bekl. hat den Feststellungen des Privatgutachtens, das der Kl. durch den Sachverständigen T hat erstellen lassen und zum Gegenstand seines Vorbringens gemacht hat, nichts entgegengesetzt. Er hat die Mangelhaftigkeit seiner Arbeit vielmehr ausdrücklich eingestanden und eingeräumt, dass sie nachzubessern sei. Die Wandelungsbefugnis, die der Kl. für sich in Anspruch nimmt, ist zudem unabhängig davon, ob es - was zwischen den Parteien im Streit ist - zu einer Abnahme der Werkleistung gekommen ist (Staudinger/Peters, BGB, 13. Aufl., § 634 Rdnr. 23); § 634 I 2 BGB stellt klar, dass die Wandelung eines Werkvertrags ohne Rücksicht darauf möglich ist.

3. Zusätzlich zur Mangelhaftigkeit des gefertigten Werks erfordert § 634 I BGB für die Vertragswandelung durch den Besteller einer Werkleistung jedoch regelmäßig, dass der Werkunternehmer eine - mit einer Ablehnungsandrohung verbundene - Nachbesserungsfrist fruchtlos hat verstreichen lassen. Eine solche Frist hat der Kl. dem Bekl. - jedenfalls bisher - nicht gesetzt. Der Kl. hat vielmehr die Rückabwicklung des Vertrags verlangt und es abgelehnt, dem Bekl. die Möbel zur Vornahme von Mängelbeseitigungsarbeiten zu überlassen. Zwar hat er neuerlich - in seiner Berufungsbegründungsschrift vom 7. 5. 2001 - an den Bekl. die Forderung gerichtet, die „versprochenen Möbel bis zum 25. 5. 2001 zu liefern und (ihm) das Eigentum an denselben zu verschaffen“. Aber das war kein geeignetes Nachbesserungsverlangen, weil dem Bekl. damit nicht die Gelegenheit gegeben wurde, Nacharbeiten an den Möbeln vorzunehmen, sondern er allein darauf verwiesen wurde, gänzlich neu zu liefern. Sieht der Besteller, wie dies der Kl. getan hat, von der grundsätzlich notwendigen Mängelbeseitigungsaufforderung unter Fristsetzung ab, ist eine Wandelung nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 634 II BGB möglich, die hier indessen nicht vorliegen.

a) So braucht der Besteller dann keine Nachbesserungsfrist zu setzen, wenn die Beseitigung des Mangels objektiv unmöglich ist. Darauf kann sich der Kl. aber nicht stützen. Er trägt unter Hinweis auf das Privatgutachten T selbst vor, dass eine Nachbesserung technisch möglich ist. Darauf, ob der Bekl. dazu in seiner Person in der Lage ist, kommt es nicht an.

b) Eine Fristsetzung ist zudem entbehrlich, falls der Werkunternehmer die Mängelbeseitigung verweigert. Auch das hat der Bekl. nicht getan. Das Vorbringen des Kl., er habe ihm eine Nachbesserung nur unter der Voraussetzung angeboten, dass er die Zusatzkosten von Nussbaumholz trage, ist belanglos. Denn dabei ging es nur um das Angebot, die Möbel in einem von der Parteivereinbarung abweichenden Holz herzustellen. Seine Verpflichtung, die Nachbesserung, wie vertraglich geschuldet, kostenlos in Buche vorzunehmen, hat der Bekl. nie geleugnet.

c) Schließlich ist auch der weitere Ausnahmetatbestand, demzufolge sich eine Wandelung ohne Fristsetzung durch ein besonderes Bestellerinteresse rechtfertigen kann, nicht erfüllt. Für einen Sonderfall dergestalt, dass der Kl. die Möbel dringlich benötigt hätte und die mit einer Mängelbeseitigung verbundene Verzögerung für ihn nicht hinnehmbar wäre (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 60. Aufl., § 634 Rdnr. 4), ist nichts behauptet und auch sonst nichts ersichtlich. Insofern stellt sich allein die Frage, ob eine Nachbesserung für den Kl. deshalb unzumutbar ist, weil eine ordnungsgemäße Mängelbeseitigung von Seiten der Bekl. nicht erwartet werden kann (vgl. BGHZ 46, 242 [245] = NJW 1967, 388; Palandt/Sprau, § 634 Rdnr. 4) oder weil das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien unwiederbringlich zerstört ist (BGH, NJW-RR 1988, 1268 [1269]). Diese Frage ist ebenfalls zu verneinen.

Zwar sind die Möbel, die der Bekl. geliefert hat, in vielerlei Hinsicht fehlerhaft. Folgt man dem Privatgutachter T, auf dessen Ausführungen der Kl. abhebt, ist dem, der sie fabriziert hat, eine regelrechte Nachbesserung nicht zuzutrauen. Aber das besagt konkret nichts Entscheidendes. Denn die Mängelbeseitigung braucht nicht unmittelbar durch die Personen zu erfolgen, die die Möbel hergestellt haben. Der Bekl., der die Fertigung dritten Personen überlassen hat (das LG hat insoweit von einem „Subunternehmer“ gesprochen), hat vorgetragen, er könne auf etliche Hilfskräfte zurückgreifen, die hochqualifizierte Werkleistungen erbringen könnten. Wenn in der Vergangenheit eine Stelle in seinem Organisationsgefüge versagt habe, bedeute das nicht, dass die Fehler nicht an einer anderen Stelle behoben werden könnten. Das hat der Kl. nicht ausgeräumt.

Allerdings führt der Kl. an, dass der Bekl. bereits die Gelegenheit gehabt habe, zwei Stühle nachzubessern, und damit gescheitert sei. Aber aus dem Vorbringen des Kl. ist letztlich allein der Vorwurf zu entnehmen, bei der Nachbesserung sei die Polsterung nicht hinlänglich befestigt worden. Das reicht nicht aus, um dem Bekl. jedweden weiteren Versuch einer Mängelbehebung zu versagen (vgl. Staudinger/Peters, § 634 Rdnr. 29).

Freilich hat sich der Bekl. zudem insofern als wenig zuverlässig erwiesen, als er die Lieferfrist für die Möbel, die vier bis sechs Wochen betragen sollte, deutlich überschritten hat. Auch das ist jedoch am Ende nicht von durchschlagender Bedeutung. Der Kl. hat nämlich nicht aufgezeigt, dass es ihm wesentlich auf eine rechtzeitige Lieferung angekommen wäre und er das dem Bekl. nahe gebracht hätte.

Nach alledem kann nicht davon ausgegangen werden, dass dem Kl. jede weitere Zusammenarbeit mit dem Bekl. unzumutbar ist. Es ist weder feststellbar, dass der Bekl. über ausschließlich unqualifizierte Mitarbeiter verfügte, noch zu ersehen, dass er erkennbar untaugliche Nachbesserungsleistungen anböte (vgl. Staudinger/Peters, § 634 Rdnr. 29). Dem Kl. drohen keine ernsthaften Nachteile, wenn er dem Bekl. die Möglichkeit eröffnet, mit anderen als den bisher von ihm herangezogenen Kräften eine Mängelbeseitigung zu versuchen.

Rechtsgebiete

Verbraucherschutzrecht