Vertragsstrafenklauseln in Arbeitsverträgen

Gericht

ArbG Duisburg


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

14. 08. 2002


Aktenzeichen

3 Ca 1676/02


Leitsatz des Gerichts

  1. Formularmäßige Vertragsstrafenvereinbarungen in Arbeitsverträgen sind auch nach Inkrafttreten des Schuldrechtmodernisierungsgesetzes seit 1. Januar 2002 zulässig.

  2. § 309 Nr. 6 BGB ist nicht auf Arbeitsverträge anwendbar. Die Unanwendbarkeit ergibt sich aus § 310 Absatz 4 Satz 2 BGB: Der Anwendung stehen die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten antgegen.

  3. Bereits der Wortlaut des § 309 Nr. 6 ("Nichtabnahme oder verspätete Abnahme der Leistung", "Zahlungsverzug") zeigt, dass die Vorschrift am Erscheinungsbild des zahlungspflichtigen Kunden orientiert ist.

  4. Allein schon wegen der für den Arbeitgeber bestehenden Beweisschwierigkeiten zur Höhe des Schadens besteht für Vertragsstrafen-Versicherungen ein berechtigtes Interesse.

  5. Zu den Besonderheiten im Arbeitsrecht im Sinne des § 310 Abs. 4 S. 2 gehören auch die Gewohnheiten und Gebräuche.

  6. Auch § 307 BGB - dem Gebot von Treu und Glauben - steht grundsätzlich Vertragsstrafen-Versicherungen nicht entgegen, wenn die Vertragsstrafe mit zwei durchschnittlichen Wochenverdiensten dem Einkommen entspricht, das der Arbeitnehmer während der vereinbarten Kündigungsfrist hätte erzielen können.

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 529,64 € netto nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.03.2002 zu zahlen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt mit Ausnahme der Kosten, die durch die Anrufung des örtlich unzuständigen Gerichts entstanden sind. Diese werden der Klägerin auferlegt.

3. Der Streitwert wird auf 529,64 € festgesetzt.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand


Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Zahlung einer Vertragsstrafe.

Der Beklagte sollte aufgrund des Arbeitsvertrages vom 29.01.2002 mit Wirkung vom 1.03.2002 als kaufmännischer Angestellter seine Tätigkeit bei der Klägerin aufnehmen. Der Arbeitsvertrag sieht für die ersten drei Monate eine Grundvergütung in Höhe von 1.800 € brutto vor. Der Beklagte führte am 26.02.2002 ein Telefonat mit einem Mitarbeiter der Klägerin. Darin äußerte er seine Absicht, die Arbeit am 1.03.2002 nicht antreten zu wollen. Am 27.02.2002 kam es zu einem Telefonat mit dem Geschäftsführer der Klägerin. Der Beklagte wiederholte seine Absicht, das Arbeitsverhältnis zu dem vereinbarten Zeitpunkt nicht aufnehmen zu wollen. Der Geschäftsführer der Klägerin äußerte sich in dem Telefonat dahingehend, dass er diese Vorgehensweise nicht für gut halte. Gegen den Wunsch könne er indes nichts einwenden. Zu einer Arbeitsaufnahrne kam es nicht.

§ 7 des Arbeitsvertrages der Parteien beinhaltet folgende Vertragsstrafenregelung:

"Löst der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der jeweiligen Kündigungsfristen auf, nimmt er die Arbeit vertragswidrig zur vereinbarten Zeit nicht auf oder wird aus wichtigen Gründen fristlos entlassen, so hat der Arbeitnehmer eine Vertragsstrafe in Höhe von zwei durchschnittlichen Wochenverdiensten zu zahlen."

Die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses haben die Parteien in § 2 des Vertrages als Probezeit festgelegt. Während dieser Zeit gilt eine Kündigungsfrist von 14 Tagen zum Schichtende.

Mit Schreiben ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 13.03.2002 forderte die Klägerin den Beklagten auf, die Vertragsstrafe in Höhe von zwei durchschnittlichen Wochenverdiensten zu zahlen. Dies wurde von dem Beklagten durch Schreiben seiner jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 28.03.2002 insbesondere unter Hinweis auf die nunmehr durchzuführende Inhaltskontrolle abgelehnt.

Mit seiner am 2.05.20 02 beim Arbeitsgericht Wesel eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Zahlung der Vertragsstrafe gemäß § 7 des Arbeitsvertrages der Parteien. Das Arbeitsgericht Wesel hat sich durch Beschluss vom 6.06.2002 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Duisburg verwiesen.

Die Klägerin meint, der Beklagte sei zur Zahlung der Vertragsstrafe verpflichtet. Vertragsstrafen seien von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts stets für zulässig erachtet worden. Eine solche Regelung gehöre zu den Besonderheiten des Arbeitsrechts. Diese seien aber aufgrund der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in § 310 Abs. 4 BGB zu beachten.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 529,64 € netto nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.03.2002 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Im Hinblick auf die Neuregelung in § 309 Nr. 6 BGB sei die vereinbarte Vertragsstrafe unwirksam.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Klägerin steht die geltend gemachte Vertragsstrafe gemäß § 7 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 29.01.2002 zu. Danach ist der Beklagte verpflichtet eine Vertragsstrafe in Höhe von zwei durchschnittlichen Wochenverdiensten zu zahlen, wenn er die Arbeit vertragswidrig zur vereinbarten Zeit nicht aufnimmt. Diese Voraussetzung liegt im Entscheidungsfall vor. Der Beklagte wäre gemäß § 2 des Vertrages verpflichtet gewesen, seine Arbeitsleistung vom 1.3.2002 an zu erbringen. Es ist jedoch weder an diesern noch an einem folgenden Tag zur Arbeit erschienen, ohne zuvor das Arbeitsverhältnis gekündigt oder einen anderweitigen Grund geltend gemacht zu haben, der ihn zur Verweigerung der Arbeitsleistung berechtigt hätte. Insbesondere berechtigten weder der Inhalt des Telefongesprächs mit einem Mitarbeiter der Klägerin vom 26.02.2002 noch das Telefonat mit dem Geschäftsführer der Klägerin vom darauffolgenden Tag den Beklagten, die Arbeit nicht aufzunehmen. Sowohl eine Eigenkündigung des Beklagten als auch ein Aufhebungsvertrag hätten gemäß § 623 BGB der Schriftform bedurft. Diese Vorschrift findet auch auf Kündigungen des Arbeitnehmers und von ihm initiierte Aufhebungsverträge Anwendung (KR/Spilger, 6. Aufl. 2002, § 623 BGB Rn. 64). Die Schriftform (§ 126 BGB) ist jedoch vom Beklagten selbst nach seinem eigenem Vortrag nicht gewahrt worden.

Der Beklagte ist, indem er am 1.03.2002 nicht zur Arbeit erschienen ist, mit der von ihm geschuldeten Leistung in Verzug geraten (§ 339 BGB). Er hat eine fällige (§ 271 BGB) und ihm mögliche Leistung nicht erbracht. Eine Mahnung der Klägerin (§ 286 Abs. 1 BGB in der hier gemäß Art. 229 § 5 EGBGB anwendbaren Fassung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26.11.2001, BGBl. I 3138) war gemäß § 286 Abs. 2 Nr.1 BGB nicht erforderlich, weil für die Arbeitsleistung des Beklagten eine Zeit nach dem Kalender bestimmt war. Der Beklagte hat seine Nichtleistung gemäß § 286 Abs. 4 BGB zu vertreten. Die Aussage des Geschäftsführers der Klägerin, er billige das beabsichtigte Verhalten des Beklagten nicht, vermag ihn nicht zu entlasten (vgl. BAG, Urteil vom 30.11.1994 - 5 AZR 702/93, AP Nr. 16 zu § 4 TVG).

Die in § 7 des Arbeitsvertrages enthaltene Vertragsstrafenvereinbarung ist auch wirksam. Sie verstößt insbesondere nicht gegen § 309 Nr. 6 BGB in der Fassung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, da der Anwendung dieser Vorschrift auf Arbeitsverträge die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten (§ 310 Abs. 4 S. 2 BGB) entgegenstehen. Allerdings handelt es sich bei dem Arbeitsvertrag des Beklagten um eine von der Klägerin gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB. Die Klägerin hatte den Vertragstext für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert und dem Beklagten gestellt. Die Klausel ist weder überraschend noch mehrdeutig (§ 305 c BGB) noch haben die Parteien eine vorrangige Individualabrede getroffen (§ 305 b BGB). Gemäß § 309 Nr. 6 BGB ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Bestimmung unwirksam, durch die dem Verwender (der Klägerin) für den Fall dass der andere Vertragsteil (der Beklagte) sich vom Vertrag löst, Zahlung einer Vertragsstrafe versprochen wird. Eine derartige Vereinbarung haben die Parteien vorliegend in § 7 des Arbeitsvertrages getroffen. Jedoch sind bei der Anwendung der §§ 305 - 309 BGB auf Arbeitsverträge die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen. Sie führen nach Überzeugung der Kammer im Ergebnis dazu, dass eine Vertragsstrafe auch weiterhin formularmäßig vereinbart werden kann. Die Frage ist in Rechtsprechung und Schrifttum freilich nicht unumstritten. Das Arbeitsgericht Bochum (Urteil vom 8.7.2002 - 3 Ca 1287/02) DB 2002, 1659 f hat unlängst erkannt, dass es an hinreichend gewichtigen arbeitsrechtlichen Besonderheiten fehle, die es als angemessen erschienen ließen, die als Regelfall angeordnete Anwendung des Klauselverbots gemäß § 309 Nr. 6 BGB auf Vertragsstrafenabreden in vorformulierten Arbeitsverträgen zu unterlassen. Weder die bisherige Üblichkeit noch die besondere Situation der Vertragsparteien seien ein hinreichendes Argument für eine von den sonstigen Bereichen des Schuldrechts abweichende Handhabung. Von Koppenfels (NZA 2002, 589 ff.) erhebt grundlegende Einwände gegen Vertragsstrafen im Arbeitsrecht und vermag kein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an der Vereinbarung einer Vertragsstrafe zur Sanktionierung auch erheblicher Pflichtverletzung des Arbeitnehmers zu erkennen. Auch Thüsing (NZA 2002, 591 ff.) hält das spezielle Klauselverbot des § 309 Nr. 6 BGB im Arbeitsrecht für anwendbar, zumal das Schutzniveau der Inhaltskontrolle im Arbeitsrecht nicht hinter demjenigen des allgemeinen Zivilrechts zurück bleiben soll (BT-Drs. 14/6857 S. 54). Auch Däubler (NZA 2001, 1329, 1336) tritt der langjährigen Rechtsprechung des BAG zur Zulässigkeit von Strafabreden im Arbeitsrecht entgegen. Freilich hatte er schon vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes die Zulässigkeit von Vertragsstrafen geleugnet, weil der Arbeitnehmer nicht schlechter stehen dürfte als der Mieter (Däubler, Das Arbeitsrecht, Band 2, 4. Aufl. 1986, S. 357 f.). Ähnlich hat sich Reinecke (DB 2002, 585, 586) geäußert, während Hümmerich/Holthausen (NZA 2002, 173, 180) und Heinrichs (in Palandt, Ergänzungsband Schuldrechtsmodernisierung, § 310 BGB Rn. 51) lediglich Zweifel angemeldet haben, inwieweit die Rechtslage zum 1.1.2002 durch die Integration das früheren AGB-Gesetzes in das BGB verändert worden sei.

Demgegenüber steht die herrschende Meinung auf dem Standpunkt, dass die Besonderheiten des Arbeitsrechts eine Anwendung von § 309 Nr. 6 BGB auf Arbeitsverträge entgegen stehen. Schon 1993 hat Preis in seiner grundlegenden Habilitationsschrift über die Grundfragen der Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht darauf hingewiesen, dass der Tatbestand des damaligen § 11 Nr. 6 ABG-Gesetz erkennbar am Erscheinungsbild des zahlungspflichtigen Kunden orientiert sei. Bei einer wörtlichen Übertragung der Vorschrift würde nämlich verkannt, dass der Gesetzgeber nicht jede Art formularmäßiger Vertragsstrafen verbieten wollte und daher eine unbesehene Übertragung der Vorschrift auf die ganz anders strukturierten Vertragsbeziehungen des Arbeitsverhältnisses nicht in Betracht käme (Preis a.a.O. S. 471, f). In ähnlicher Weise hat sich Stoffels (in Preis: Der Arbeitsvertrag 2002, II V 30 Rn. 27) zu Wort gemeldet. Mit der Fallgruppe Lösung vom Vertrag habe man in erster Linie den im Geschäftsverkehr verbreiteten Missbrauch von Reuegeldern und Abstandssummen ein Ende bereiten wollen (vgl. auch LAG Berlin, Urteil vom 24.06.1991 - 9 Sa 22/91, LAGE § 339 BGB Nr. 8) Das Vertragsstrafenverbot des § 309 Nr. 6 BGB sei zudem auf solche Konstellationen zugeschnitten, bei denen dem Verwender der Nachweis etwa eingetretener Vermögensschäden typischerweise nicht schwer fallen wird, und es ihm mithin zugemutet werden kann, sich auf die Geltendmachung seiner Schadensersatzforderung zu beschränken (Stoffels, a.a.O., vgl. auch Stoffels, Der Vertragsbruch des Arbeitnehmers 1994, S. 203 ff). Auch Gotthardt (Arbeitsrecht nach der Schuldrechtsreform 2002, Rn. 250; ders. ZIP 2002, 277, 283), Annuß (BB 2002, 458, 463) und Lingemann (NZA 2002, 181, 191 f) halten formularmäßige Vertragsstrafenvereinbarungen nach wie vor für wirksam. Dies steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die vor der Schuldrechtsreform die formularmäßige arbeitsvertragliche Vereinbarung einer Vertragsstrafe für den Fall des Vertragsbruchs für wirksam erachtet hat (BAG, Urteil 23.05.1984 - 4 AZR 129/82 -, AP Nr. 9 zu § 339 BGB; Urteil vom 30.11.1994, a.a.O.). Auch nach Überzeugung der Kammer gebieten die Besonderheiten des Arbeitsrechts § 309 Nr. 6 BGB auch den Arbeitsvertrag nicht anzuwenden. Wie bereits der Wortlaut der Vorschrift ("Nichtabnahme oder verspätete Abnahme der Leistung", "Zahlungsverzug") zeigt, ist die Vorschrift am Erscheinungsbild des zahlungspflichtigen Kunden orientiert. Anders als bei Verbraucherverträgen liegt jedoch beim Arbeitsvertrag die Vertragsgestaltung In aller Regel - so auch hier - in den Händen des Dienstleistungsgläubigers und nicht des Waren- oder Dienstleistungsschuldners. Während dieser beim Ausbleiben der monetären Gegenleistung sowohl materiellrechtlich dadurch, dass ihm mit dem Anspruch auf Verzugszinsen, (§ 288 BGB) stets ein Mindestschadensersatz gewährt wird, als auch prozessual durch die Eröffnung, des Mahnverfahrens ein beschleunigter Weg zur Durchsetzung seiner Ansprüche eröffnet ist, genießt der Arbeitgeber beim Vertragsbruch des Arbeitnehmers derartige Vorteile nicht. Er kann Sich im Gegenteil den Primäranspruch auf die geschuldete Arbeitsleistung - wenn auch nur im normalen Klageverfahren und ohne das besondere Beschleunigungsgebot des § 61a ArbGG - zwar titulieren lassen, § 888 Abs. 3 ZPO schließt die Vollstreckung dieses Titels jedoch aus. Für den Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung erleichtern zwar § 252 S. 2 BGB und § 287 ZPO in geringfügigem Umfang die Darlegung und den Nachweis der Schadenshöhe, der dennoch zu führende Nachweis der Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden sowie der konkreten Schadenshöhe sind in der Praxis gleichwohl kaum zu führen. Denn je komplexer die betriebliche Organisationsstruktur ist, um so schwerer ist es zugleich den Anteil jedes einzelnen Arbeitnehmers am Umsatz und Gewinn des Unternehmens ziffernmäßig festzustellen (Stoffels, Der Vertragsbruch des Arbeitnehmers a.a.O., S. 162). Hinzu tritt, dass zu den Besonderheiten des Arbeitsrechts nach Ansicht der Kammer nicht nur die normativen Vorgaben sondern wie beim Handelsverkehr (§ 310 Abs. 1 S. 2 BGB) auch die Gewohnheiten und Gebräuche zu berücksichtigen sind. Daher muss bei der Interpretation der § 305 ff BGB zugleich dem Umstand Rechnung getragen werden, dass formularmäßige Strafabreden in Arbeitsverträgen seit jeher üblich und vom Bundesarbeitsgericht gebilligt worden sind. Aus dem selben Grund hat der BGH im unternehmerischen Geschäftsverkehr Vertragsstrafen zugelassen (vgl. BGH, Urteil vom 28. 1. 1993 - I ZR 294/00, NJW 1993, 1786, 1787 f; Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 9. Aufl. 2001, § 11 Nr. 6 Rn. 17)) obwohl er Im Übrigen die Wertungen der speziellen Klauselverbote recht weit gehend bei der Interpretation des Begriffs "unangemessene Benachteiligung" berücksichtigt hat (vgl. BGH, Urteil vom 8. 3. 1984 - VII ZR 349182, BGHZ 90, 2731, 278).

§ 7 des Arbeitsvertrages benachteiligt den Beklagten auch nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 307 BGB). Auch bei der Anwendung dieser Vorschrift auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten gemäß § 310 Abs. 4 S. 2 BGB angemessen zu berücksichtigen; insoweit gelten die obigen Erwägungen entsprechend. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Höhe der vereinbarten Vertragsstrafe. Diese entspricht mit zwei durchschnittlichen Wochenverdiensten demjenigen Einkommen, dass der Beklagte während der vereinbarten Kündigungsfrist (§ 2 des Arbeitsvertrages) hätte erzielen können. Damit gewährleistet die vereinbarte Höhe eine zwar fühlbare, gleichwohl aber den zu erwartenden Schaden nicht aus den Augen verlierende Sanktion. Sie berücksichtigt zum einen die finanzielle Leistungsfähigkeit des Beklagten (Zumutbarkeitsaspekt), hat zum anderen aber auch schadensrechtliche Bezüge, weil das Einkommen Rückschlüsse auf den Stellenwert des Arbeitnehmers im Betrieb und den Wert der von ihm nicht erbrachten Arbeitsleistung zulässt.

Der klageweisen Geltendmachung der verwirkten Vertragsstrafe steht § 7 Abs. 2 S. 2 des Arbeitsvertrages nicht entgegen. Zwar ist dort bestimmt, dass die Vertragsstrafe über die Lohnabrechnung des Arbeitnehmers abgerechnet wird. Damit wollte die Klägerin die Befriedigung ihrer Ansprüche jedoch nicht auf eine Aufrechnung beschränken, sondern sich im bestehenden Arbeitsverhältnis lediglich eine erleichterte Durchsetzung ermöglichen. Auf den hier vorliegenden Fall, dass der Beklagte seine Arbeit erst gar nicht aufnimmt und daher eine Lohnabrechnung nicht zu beanspruchen hat, ist die Klausel ersichtlich nicht zugeschnitten.

Die Klägerin hat ihren Anspruch nicht dadurch verwirkt, dass ihr Geschäftsführer es anlässlich des Telefonats am 27.02.2002 unterlassen hat, die Vertragsstrafe unverzüglich einzufordern. Angesichts des Umstandes, dass die Klägerin keine drei Wochen später mit Schreiben ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 13.03.2002 die Forderung erhoben hat, fehlt es bereits am Zeitmoment der Verwirkung.

Die zuerkannte Zinsforderung folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 BGB.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 61 Abs. 1, 46 Abs. 2 ArbGG in Verbindung mit § 3 ZPO.

Die Kostentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 281 Abs. 3 S. 2 ZPO. Die Klägerin hatte zunächst das örtlich unzuständige Arbeitsgericht Wesel angerufen, weshalb ihr die durch die Verweisung entstandenen Kosten aufzuerlegen waren.

Die Kammer hat die Berufung gemäß § 64 Abs. 3 Nr. 1 ArbGG zugelassen. Nach Ansicht des Gerichts kommt der Frage, ob Vertragsstrafen nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes in zulässiger Weise vereinbart werden können, eine grundsätzliche Bedeutung zu.


Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei

Berufung

eingelegt werden, weil sie vom Arbeitsgericht zugelassen worden ist.

Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 Düsseldorf, Fax: (0211) 7770 - 2199 eingegangen sein.

Die Berufungsschrift muss von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt eingereicht werden; an seine Stelle können Vertreter einer Gewerkschaft oder einer Vereinigung von Arbeitgebern oder von Zusammenschlüssen solcher Verbände treten, wenn sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und der Zusammenschluss, der Verband oder deren Mitglieder Partei sind. Die gleiche Befugnis haben Angestellte juristischer Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der zuvor genannten Organisationen stehen, solange die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder der Organisation entsprechend deren Satzung durchführt.

Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.


- Holthöwer -

Rechtsgebiete

Arbeitsrecht