Berufsausbildungsbeihilfe und Einkünfte aus Vermietung
Gericht
BSG
Art der Entscheidung
Revisionsurteil
Datum
07. 11. 1990
Aktenzeichen
9 b/7 RAr 130/89
Das bei Berechnung der Berufsausbildungsbeihilfe zu berücksichtigende Einkommen der Eltern ist um die steuerlich anerkannten Kosten für eine beruflich bedingte doppelte Haushaltsführung zu vermindern. Die Beschränkung dieser Kosten im Satzungsrecht der Bundesanstalt für Arbeit auf 150 DM ist rechtswidrig.
Ein Ausgleich mit Verlusten aus Vermietung und Verpachtung findet beim selbstgenutzten Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung nicht statt (Anschluß an BSG, SozR 4100 § 40 Nr. 32).
Zum maßgeblichen Zeitpunkt für den Einkommensnachweis.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die Bet. streiten darüber, ob dem Kl. angesichts des Einkommens seiner Eltern Berufsausbildungsbeihilfe in dem Zeitraum vom 1. 10. 1986 bis 31. 12. 1987 zu zahlen ist. Der Kl. ist 1964 geboren und hat nach Abitur und Wehrdienst im August 1986 eine Ausbildung als Kaufmann begonnen. Seine Bruttoausbildungsvergütung ist niedriger als der Bedarf nach § 40 (AFG) i. V. mit §§ 11 bis 13 Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Ausbildung (A-Ausbildung). Die Bekl. lehnte den Anspruch mit der Begründung ab, dem Kl. stünden die zur Berufsausbildung erforderlichen Mittel unter Berücksichtigung des Einkommens seiner Eltern anderweit zur Verfügung. Sie addierte zu dem Jahreseinkommen des Vaters aus einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst Mieteinkünfte aus einem selbstgenutzten Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung mit der Folge, daß für den Bedarf des Kl. keine Deckungslücke verblieb.
Das SG hat die Bekl. zur Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe verurteilt. Es hat die Gesamteinkünfte des Vaters aus nicht selbständiger Arbeit aus dem Steuerbescheid entnommen, das Jahreskindergeld addiert und hiervon Negativeinkünfte aus Vermietung und Verpachtung, die Einkommens- und Kirchensteuer sowie Krankenversicherungsbeiträge und die im Steuerbescheid eingesetzten Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung abgezogen. Die Gesamtsumme ist auf 12 Monate verteilt worden. Hiervon hat das SG Freibeträge abgezogen und 45 v. H. des Restbetrages anrechnungsfrei gelassen. Für den ungedeckten Bedarf ist Berufsausbildungsbeihilfe zugesprochen worden. Das LSG hat die Berechnung bestätigt, ohne selbst in das Rechenwerk näher einzutreten. Es ist der Auffassung der Bekl., die den Verlustausgleich mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sowie den Ansatz der Werbungskosten beanstandet hat, nicht gefolgt. Die Revision führte zur Aufhebung der Entscheidung des LSG und zur Zurückverweisung.
Auszüge aus den Gründen:
II. Aufgrund der bisherigen Feststellungen des LSG läßt sich nicht entscheiden, in welcher Höhe nach den wirtschaftlichen Verhältnissen der Eltern Berufsausbildungsbeihilfe zu gewähren ist.
Nach § 40 I AFG (in der hier maßgeblichen Fassung durch das 7. Gesetz zur Änderung des AFG vom 20. 12. 1985 - BGBl I, 2484) gewährt die Bundesanstalt für Arbeit (Bundesanstalt) Auszubildenden Berufsausbildungsbeihilfe, soweit ihnen nach Maßgabe dieses Gesetzes und der Anordnung der BA die hierfür erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen. Nur für die Teilnehmer einer berufsvorbereitenden Maßnahme ist im Gesetz selbst etwas zur Höhe des Bedarfs gesagt; für die Berufsausbildungsbeihilfe in einer betrieblichen Ausbildung zu einem Beruf nach dem Berufsbildungsgesetz - hier Kaufmann - bestimmt sich der Umfang der Förderung allein nach Anordnungsrecht (§§ 39, 40 AFG i. V. mit der A-Ausbildung i. d. F. der 25. Änderungsanordnung vom 28. 1. 1986 - ANBA 1986, S. 547 - und für die Zeit ab 1. 10. 1986 i. d. F. der 26. Änderungsordnung - ANBA 1986, 1457). Das Anordnungsrecht legt zunächst den Bedarf des Auszubildenden fest (§§ 11 bis 14); auf den Bedarf wird die Ausbildungsvergütung angerechnet (§ 15). Die Anrechnung des elterlichen Einkommens ist speziell geregelt (§ 16). Auf den Einkommensbegriff des Steuerrechts wird an keiner Stelle Bezug genommen; er ist in § 18 A-Ausbildung eigenständig geregelt. Allerdings nimmt das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) weitgehend auf das Steuerrecht Bezug und nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Förderung durch Berufsausbildungsbeihilfe derjenigen nach BAföG weitgehend angeglichen sein (vgl. BT-Dr 9/846 zu Art. 1 § 1 zu Nr. 7 (S. 36)).
Das für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgebliche Anordnungsrecht ist - soweit es mit dem Gesetz in Einklang steht - von den Vorinstanzen nur teilweise beachtet worden.
1. Hinsichtlich der Ermittlung des Bedarfs des Auszubildenden und seiner eigenen anrechenbaren Einkünfte bestehen keine Bedenken. Das berücksichtigungsfähige Einkommen der Eltern ist jedoch neu festzustellen. Dabei wird das LSG zunächst das Monatseinkommen gem. § 18 VI Nr. 1 A-Ausbildung festzulegen haben. Das Jahreseinkommen im öffentlichen Dienst enthielt im streitigen Zeitraum Weihnachtszuwendungen bzw. ein sogenanntes 13. Monatsgehalt, das vom Jahreseinkommen abzusetzen ist, bevor sich durch Zwölftelung das Monatseinkommen ergibt.
2. Die Revision der Bekl. hat Erfolg, soweit das LSG Negativeinkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei den Eltern einkommensmindernd berücksichtigt hat. Nach § 18 I A-Ausbildung gelten als Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Abzug von Steuern und Aufwendungen zur sozialen Sicherheit. Ob bei der Ermittlung der Einkünfte - ebenso wie im Steuerrecht - ein Verlustausgleich zwischen einzelnen Einkommensarten durchzuführen ist, ist weder im Gesetz noch im Anordnungsrecht geregelt. Ein Rückgriff auf die Vorschriften des SGB IV ist nicht möglich, weil dieses Buch für die Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit nach § 1 II SGB IVnicht gilt und der Einkommensbegriff nur für die Berechnung der Beiträge in § 173a AFG ausdrücklich in Kraft gesetzt ist. Allgemeine Grundsätze darüber, wann ein Verlustausgleich im Sozialrecht zulässig ist, lassen sich im übrigen nicht aufstellen; hierzu ist immer anhand der besonderen Zweckrichtung einer Vorschrift über die Einkommensermittlung zu entscheiden (vgl. u. a. BSG, SozR 3100 § 10 Nr. 21; SozR 4100 § 135 Nr. 36, 2 = BSGE 45, 60; BSG, SozSich 1983, 326; USK 8860 und 84113 = SozR 2200 § 180 Nr. 16, 20 sowie bei § 313a Nr. 6 und bei § 205 Nr. 63; vgl. auch BSGE 58, 277 = SozR 2100 § 15 Nr. 8 = NZA 1986, 143 L). Auch ein uneingeschränkter Rückgriff auf die Regelungen des BAföG ist nicht möglich, weil weder der Gesetzgeber dies vorgeschrieben hat - der Hinweis in den Materialien gibt dem Anordnungsgeber nur ein Ziel vor -, noch es das Satzungsrecht selbst durch Verweisung in diesem Sinne regelt. Bei der Förderung nach BAföG knüpft § 21 I 1 BAföG (in der hier in Betracht kommenden Fassung des 7. BAföG-Änderungsgesetzes v. 13. 7. 1981 - BGBl I, 625 - BAföG 1981) allerdings noch immer an das Einkommensteuerrecht an; nach früheren Fassungen war der Gesamtbetrag der Einkünfte im Sinne des Einkommensteuerrechts zu ermitteln, so daß es einen einkunftsübergreifenden Ausgleich positiver und negativer Einkünfte gab; die Neufassung beschränkt die Ermittlung des Einkommens auf die Summe der positiven Einkünfte i. S. des § 2 I und II EStG. Damit ist der Verlustausgleich jetzt grundsätzlich ausgeschlossen. Mit dieser Regelung soll verhindert werden, daß steuerliche Subventionen, die z. B. aus wirtschaftspolitischen Gründen gewährt werden, auf die Berechnung der Sozialleistung durchschlagen und zu einer nicht gerechtfertigten Gewährung und einem sozial unerwünschten Mitnahmeeffekt führen (vgl. BT-Dr 9/410, S. 11 (unter A 3.2) und BT-Dr 9/603, S. 23 f. (unter 2.7)).
Obwohl vom Gesetzgeber eine weitgehende Angleichung der Ausbildungsförderung gewollt ist, kann aus der Entwicklung des BAföG kein unmittelbarer Rückschluß für das Arbeitsförderungsgesetz und die A-Ausbildung gezogen werden. Es fehlt an einer entsprechenden Umsetzung im Satzungsrecht. Dies gilt in besonderem Maße im Hinblick auf die Behandlung von Negativeinkünften aus dem selbstgenutzten Einfamilienhaus. Denn vom grundsätzlichen Verbot des Verlustausgleichs mit negativen Einkünften anderer Einkunftsarten nimmt § 21 I 3 Nr. 2 BAföG 1981 bei der Ermittlung des Elterneinkommens die Absetzung für Abnutzung nach § 7b EStG für ein selbstgenutztes Einfamilienhaus gerade aus. Dies beruht auf der sozialpolitischen Erwägung des Gesetzgebers, die durch Ausbildungskosten ohnehin stark belasteten Eltern nicht vor die Alternative "Ausbildungs- oder Wohnheimbauförderung" stellen zu wollen (vlg. BT-Dr 9/410, S. 11 und BT-Dr 9/603, S. 24).
Demgegenüber ist die Entwicklung der A-Ausbildung anders verlaufen, wie die Bekl. zutreffend dargestellt hat. Nur für die Zeit, in der das Satzungsrecht zusätzlich zum pauschalierten Freibetrag für Haushaltsvorstand, Ehegatten und Kinder einen konkreten Freibetrag in Höhe der Miete und der damit verbundenen Nebenkosten in die Berechnung einstellte (so die A-Ausbildung vom 31. 10. 1969 - ANBA 1970, 213), hat die Rechtsprechung statt der Miete Negativeinkünfte berücksichtigt und damit der vergleichbaren Belastung der Eltern durch ein eigenes Haus oder eine Eigentumswohnung Rechnung getragen (so BSGE 45, 20). Seit der 9. Änderungsanordnung vom 30. 7. 1975 (ANBA 1975, 993) enthält der in § 16 A-Ausbildung pauschalierte Freibetrag auch die Miete, die Mietnebenkosten und vergleichbare Belastungen; seitdem schließt diese pauschale Berücksichtigung der Wohnbelastung im Freibetrag einen Verlustausgleich mit Negativeinkünften aus einem selbstgenutzten Einfamilienhaus aus. Der Senat schließt sich insoweit der Entscheidung des 11. Senats des BSG (SozR 4100 § 40 Nr. 32) an. Dies gilt entsprechend für ein Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung, weil dieses steuerlich und hinsichtlich von Sozialleistungen nicht anders zu behandeln ist. Nutzen die Eltern ein solches Haus zur Befriedigung eines auf Dauer angelegten eigenen Wohnbedarfs, fällt demgegenüber die Fremdnutzung der Einliegerwohnung rechtlich nicht ins Gewicht (vgl. hierzu BVerwG, NJW 1990, 3223).
Schließt man den Verlustausgleich für selbstgenutzte Einfamilienhäuser aus, bleiben negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des selbstgenutzten Einfamilienhauses mit Einliegerwohnung völlig unberücksichtigt. Es bleibt kein Raum für eine selbständige Ermittlung des eigenen Wohnwerts und des Mietwerts. Erst wenn sich ein positiver Betrag ergibt, geht er in die Ermittlung des Einkommens nach § 18 A-Ausbildung ein. Ob überhaupt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt werden, kann nicht anders ermittelt werden als im Steuerrecht, insbesondere nicht dadurch, daß einzelne positive Rechnungsposten herausgegriffen und - ungeachtet fehlender eigenständiger Ermittlungsvorschriften für diese Einkunftsart - als Positiveinkünfte i. S. des § 18 A-Ausbildung gewertet werden. Auf die steuerlichen Vorschriften muß so lange zurückgegriffen werden, als im Anordnungsrecht jede Vorschrift dafür fehlt, wie hiervon abweichend Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder beispielsweise aus selbständiger Tätigkeit zu ermitteln wären. Mit dieser Entscheidung wird der Verlustausgleich aus verschiedenen Einkunftsarten ausschließlich für den Bereich der Negativeinkünfte aus Vermietung eines selbstgenutzten Eigenheims ausgeschlossen. Für sonstige denkbare Verluste im Rahmen der Ermittlung des Gesamteinkommens ist hierdurch nichts gesagt. Der Senat läßt auch ausdrücklich offen, ob der in der genannten Entscheidung des 11. Senats (BSG, SozR 4100 § 40 Nr. 32) aufgezeigten Tendenz zu einem generellen Ausschluß des Verlustausgleichs noch zu folgen ist, nachdem im Satzungsrecht seit Jahren die erforderliche Klarstellung fehlt.
3. Die Revision der Bekl. hat keinen Erfolg, soweit sie beanstandet, daß vom BerGer. nach § 18 III Nr. 3 A-Ausbildung als Werbungskosten die Mehraufwendungen infolge notwendiger Führung eines doppelten Haushaltes über den dort genannten Betrag von 150 DM hinaus angesetzt worden sind. Die unzulängliche Regelung der Werbungskosten in § 18 III A-Ausbildung ist bereits vor 13 Jahren (BSGE 45, 20) beanstandet worden; § 18 III A-Ausbildung ist für unwirksam erklärt worden. Er ist seitdem nicht geändert worden. Zwar können die Gerichte die Freibeträge nur daraufhin überprüfen, ob die Grenzen des dem Anordnungsgeber eingeräumten Beurteilungsspielraums eingehalten worden sind. Sie sind nicht befugt, selbst derartige Freibeträge anstelle des nach den §§ 39, 191 III AFG zuständigen Verwaltungsrates festzusetzen. Dies ist schon in der Entscheidung (BSGE 45, 21 (22)) ausgeführt. Dieses eingeschränkte Prüfungsrecht hat jedoch nicht die Folge, daß die Betroffenen eine willkürliche Pauschalregelung hinzunehmen hätten. Der Satzungsgeber hat zu beachten, daß nur verfügbares Einkommen der Eltern den Unterhaltsbedarf des Auszubildenden abdecken kann. Pauschalierende und typisierende Regelungen müssen daher im Rahmen der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise die Aufwendungen, die zur Erzielung, Sicherung und Erhaltung des Einkommens erforderlich sind, einkommensmindernd berücksichtigen. Dies kann durch Übernahme der steuerrechtlichen Regelungen (unter Beachtung von Sinn und Zweck der Sozialleistung - vgl. BSGE 45, 60 (62)) geschehen oder durch eigenständige Pauschbeträge. Indessen ist hinsichtlich des seit 1969 unveränderten Betrages von 150 DM zur Abgeltung einer doppelten Haushaltsführung - jedenfalls inzwischen - mit dem Pauschalbetrag eine so realitätsferne Grenze gezogen worden, daß der Familie nicht mehr der notwendige Unterhalt gewährleistet wird und ihr die Aufbringung der Mittel zur Berufsausbildung eines Kindes in dieser Form nicht zugemutet werden kann. (Wird ausgeführt.)
Da es den Gerichten verwehrt ist, in die Gestaltungsfreiheit des Satzungsgebers einzugreifen und die Pauschbeträge selbst anzupassen oder zu ergänzen, ist es nicht zu beanstanden, daß das LSG mangels anderweitiger Anhaltspunkte für die Höhe der Werbungskosten auf die steuerlich anerkannten Beträge zurückgegriffen hat (vgl. BSGE 57, 240 = SozR 2200 § 180 Nr. 20). ...
4. Das LSG wird auf der Grundlage dieser Erwägungen die dem Kl. zustehende neu festzustellen haben. Dabei gibt die vom Kl. geäußerte Rechtsmeinung Veranlassung zu dem Hinweis, daß der Steuerabzug zur Ermittlung des Nettoeinkommens entsprechend den tatsächlichen Steuermerkmalen vorzunehmen ist, auch soweit die besonders niedrigen Steuern darauf beruhen, daß steuerliche Verluste anerkannt sind, die sich im übrigen für die Berechnung der Berufsausbildungsbeihilfe nicht auswirken. Der Senat schließt sich insoweit der bereits genannten Entscheidung des 11. Senats (BSG, SozR 4100 § 40 Nr. 32) an.
Das vorliegende Verfahren nötigt überdies zu dem Hinweis, daß Berufsausbildungsbeihilfe in derartigen Fällen nicht erst dann endgültig zu bewilligen ist, wenn für das Bewilligungsjahr der Einkommensteuerbescheid vorliegt. Die Bekl. hat vielmehr nach § 20 VIII A-Ausbildung die Berufsausbildungsbeihilfe an Hand der wirtschaftlichen Verhältnisse zu berechnen, die im Zeitpunkt der Antragstellung nachweisbar sind. Sofern Änderungen noch bis zur Entscheidung bekannt werden, sind sie zu berücksichtigen. Der Nachweis ist anhand der bis zur Entscheidung vorliegenden Urkunden, eventuell unter Berücksichtigung früherer Steuerbescheide zu führen. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr der Berufsausbildungsbeihilfe-Leistung ist für eine endgültige Feststellung nach vorheriger Vorschußleistung nur dann abzuwarten, wenn Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt werden. Die Veranlagung zur Einkommensteuer aus sonstigen Gründen, z. B. wegen eines Einfamilienhauses, berechtigt nicht zu einer nur vorläufigen Bewilligung aufgrund einer Schätzung oder zu einer späteren Korrektur der Entscheidung. Maßgeblich ist nicht die endgültige Steuerfestsetzung, sondern das, was im Zeitpunkt der Antragstellung nachweisbar ist. Das Brutto-Monatseinkommen eines Arbeitnehmers, seine Steuerabzüge und die Höhe der Aufwendungen zur sozialen Sicherung ergeben sich aus seiner aktuellen Verdienstbescheinigung und nicht erst aus dem späteren Steuerbescheid; die Höhe der Werbungskosten kann durch Quittungen u. ä. belegt werden.
Nach dem maßgeblichen Satzungsrecht ist auch nicht nach jedem neuen steuerlichen Veranlagungszeitraum erneut zu rechnen. Die Berufsausbildungsbeihilfe Berufsausbildungsbeihilfe wird jeweils für neun Monate endgültig festgelegt (§ 20 VII Nr. 1 A-Ausbildung). Die jederzeitige Anpassung der Leistung nach § 48 SGB X wegen geänderter tatsächlicher Verhältnisse ist auf eine Änderung beim Bedarf beschränkt (§ 20 IX A-Ausbildung); inzwischen nachweisliche Änderungen beim anrechenbaren Einkommen der Eltern sind hingegen nur jeweils zu Beginn eines neuen Bewilligungsabschnittes zu berücksichtigen. Es besteht keine Veranlassung, von dieser Verfahrensweise des Anordnungsrechts abzuweichen, wenn zunächst die Leistung vollständig verweigert wird. Auch noch im Gerichtsverfahren ist die Berufsausbildungsbeihilfe so zu ermitteln, wie dies bei rechtzeitiger und richtiger Verwaltungsentscheidung geschehen wäre. Der erste Bewilligungsabschnitt beruht demnach auf den im Oktober 1986 nachweisbaren Verhältnissen und reicht bis einschließlich Juni 1987. Ab Juli 1987 wird auf der Basis der dann nachgewiesenen regelmäßigen Einnahmen sowie des dann geltenden Rechts gerechnet. Bis Ende Juni 1987 ist die für 1986 ermittelte Leistung weiterzuzahlen.
Kanzlei Prof. Schweizer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH © 2020
Impressum | Datenschutz | Cookie-Einstellungen