Vermeidung von Schallbrücken durch Fliesenleger und Installateur

Gericht

OLG Köln


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

10. 06. 1992


Aktenzeichen

13 U 267/91


Leitsatz des Gerichts

  1. Zur Prozeßführungsbefugnis einzelner Wohnungseigentümer, die durch Beschluß der Wohnungseigentümergemeinschaft ermächtigt worden sind, Ansprüche wegen Schallschutzmängeln am Gemeinschafts- und Sondereigentum geltend zu machen.

  2. Der mit der Ausführung von Fliesenarbeiten beauftragte Unternehmer muß bei den Verlegearbeiten darauf achten, daß die durch schwimmenden Estrich bewirkte Trittschalldämmung erhalten bleibt und keine Schallbrücken entstehen.

  3. Der mit der Installation von Sanitäreinrichtungen beauftragte Unternehmer muß darauf achten, daß hierbei keine Schallbrücken entstehen, durch die unzulässig hohe Schalldruckpegel bewirkt werden.

Tatbestand

Auszug aus dem Sachverhalt:

Die Kl. sind Bauherren und Miteigentümer mehrerer Wohnungen eines Mehrfamilienhauses in A. Mit den Architektenleistungen hatten die Kl. den früheren Bekl. zu 1, mit den Statikerleistungen einschließlich der sogenannten bautechnischen Nachweise den Bekl. zu 2 beauftragt. Der Bekl. zu 3 war mit der Ausführung der Sanitär- und Heizungsinstallationen einschließlich der Trittschallisolierung im Bereich der Fußbodenheizungen, der Bekl. zu 4 mit der Ausführung der Fliesen-, Kunst- und Natursteinarbeiten beauftragt. Gemäß einer Ermächtigung der Wohnungseigentümergemeinschaft haben die Kl. die Bekl. in Anlehnung an ein Beweissicherungsgutachten des Schallgutachters Dr. S wegen Mängeln der Trittschalldämmung der betonierten Treppenläufe und -podeste und der mit Steinzeug belegten Böden des jeweiligen Sondereigentums sowie wegen Schallschutzmängeln der Sanitärinstallation auf anteiligen Ersatz der zur Mängelbehebung erforderlichen Kosten in Anspruch genommen. Im Berufungsverfahren wenden sich die Kl. gegen die Klagabweisung hinsichtlich des Bekl. zu 3 und die Bekl. zu 4 gegen ihre Verurteilung. Die Berufungen hatten jeweils teilweise Erfolg.

Entscheidungsgründe

Auszug aus den Gründen:

Die Berufung der Bekl. zu 4 erweist sich hinsichtlich des vom LG antragsgemäß zuerkannten Zahlungsbegehrens der Kl. als erfolglos, führt jedoch zur Abweisung des weitergehenden Feststellungsbegehrens der Kl. bezüglich einer Ersatzpflicht dieser Bekl. für etwa nach durchgeführter Sanierung verbleibender Restschäden. Andererseits hat die Berufung der Kl. gegenüber dem Bekl. zu 3 insoweit Erfolg, als sie im tenorierten Umfang zu dessen Verurteilung auf den Zahlungsantrag hin führt, während die gleichgelagerte Feststellungsklage auch gegenüber dem Bekl. zu 3 keinen Erfolg hat.

Im genannten Umfang haben die Kl. gegen die beiden am Berufungsverfahren beteiligten Bekl. Anspruch auf Ersatz des geltend gemachten Aufwandes zur Beseitigung der von ihnen jeweils verursachten Schallschutzmängel an dem von den Kl. errichteten Mehrfamilienhaus in A. (§ 633 III bzw. § 635 BGB). Der in der Berufungsinstanz von den Bekl. erhobene Einwand fehlender Prozeßführungsbefugnis greift gegenüber den Kl. nicht durch. Die Kl. wurden ausweislich des Ergebnisprotokolls vom 26. 1. 1987 mit Beschluß der Wohnungseigentümergemeinschaft vom selben Tage ermächtigt, die dieser zustehenden Nachbesserungs- und Gewährleistungsansprüche wegen der Schallschutzmängel am Gemeinschafts- und Sondereigentum, die im Beweissicherungsgutachten des Sachverständigen Dr. S festgestellt wurden, nicht nur außergerichtlich zu verfolgen, sondern nach fruchtlosem Verstreichen der Nachbesserungsfristen „im eigenen Namen in gewillkürter Prozeßstandschaft klageweise geltend zu machen und klageweise geltend gemachte Forderungen im eigenen Namen einzuziehen, also Leistung an sich zu verlangen“.

Damit erstreckte sich die Klagebefugnis der Kl. in gewillkürter Prozeßstandschaft nicht nur auf Gewährleistungsansprüche wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum, sondern, soweit die Ursache der Mängel im Sondereigentum der Wohnungseigentümer begründet ist, auch auf dieses, zumal eine Abgrenzung zwischen Schallschutzmängeln des Gemeinschaftseigentums und solchen des Sondereigentums schon aus baulichen Gründen kaum durchführbar ist und ohnehin stets von einer gewissen Gemeinschaftsbezogenheit des Gewährleistungsanspruchs in derartigen Schallschutzfällen auszugehen ist (vgl. BGH, NJW-RR 1986, 755 = LM § 21 WohnungseigentumsG Nr. 11). Das eigene rechtliche Interesse der Kl. an der Prozeßführung im eigenen Namen rechtfertigt sich daraus, daß diese von den anderen Eigentümern des Hauses offenbar ihrerseits aus Gewährleistungsrecht wegen gerade dieser Mängel in Anspruch genommen wurden bzw. werden und mit den Mängelbeseitigungsarbeiten und den entsprechenden Kosten selbst in Vorlage treten mußten.

Auch der von den beiden Bekl. erhobene Erfüllungseinwand greift nicht durch, weil sich die von ihnen geäußerte Vermutung, die hinter dem früheren Bekl. zu 1 stehende V habe im Vergleichswege bereits mindestens 150000 DM auf die von den Kl. insgesamt gerügten Schallschutzmängel gezahlt, als nicht haltbar erwiesen hat. (Wird ausgeführt.)

Schließlich sieht sich der Senat auch angesichts teilweise unterschiedlicher sachverständiger Meinungsäußerungen von drei verschiedenen Gutachtern (Beweissicherungsgutachten Dr. S, Sachverständiger des Hauptverfahrens Prof. Dr. A, Privatgutachter des Bekl. zu 3, Dipl.-Ing. T) nicht zur Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des bisherigen Gerichtssachverständigen Prof. Dr. A oder etwa einer neuen Begutachtung eines weiteren Sachverständigen veranlaßt; der Senat ist nämlich aufgrund der verschiedenen gutachterlichen Stellungnahmen in diesem Verfahren wie auch aufgrund sonstiger Erfahrungen im Zusammenhang mit anderen Schallschutzprozessen genügend sachkundig, um selbst die hier im Vordergrund stehende Rechtsfrage nach dem im konkreten Fall geschuldeten Schallschutz bzw. dem durch Ausführungsmängel seitens der Bekl. zunichte gemachten, erreichbaren Schallschutz beantworten zu können. Dies vorausgeschickt gilt hinsichtlich der beiden Berufungen im einzelnen folgendes:

I. Berufung der Bekl. zu 4:

1. Zahlungsantrag (26121,26 DM)

Die Kl. haben - wie bereits das LG im Ergebnis zutreffend festgestellt hat - gegen die Bekl. zu 4 einen Anspruch auf Ersatz des geltend gemachten Mängelbeseitigungsaufwandes in Höhe von 26121,26 DM (§ 633 III bzw. § 635 BGB). Bereits nach den überzeugenden Ausführungen des Beweissicherungsgutachters Dr. S - zusätzlich belegt durch dessen Schallschutzmessungen und eine Fotodokumentation - hat die Bekl. zu 4 bei der Ausführung der ihr obliegenden Fliesenlegerarbeiten in Bädern, Küchen und Gäste-WCs des Mehrfamilienhauses unter Mißachtung der anerkannten Regeln der Technik Körperschallbrücken bei den schwimmenden Estrichen verursacht, indem in mehr oder minder großen Bereichen Wandfliesen auf den Bodenfliesen aufstehen, baulicher Verbund von Bodenfliesen und aufgehenden Wänden im Bereich der Wannen- und Duschtassenummauerung hergestellt wurde und indem Fliesenkleberbrücken wie auch Mörtelreste des Vorunternehmers zwischen aufsteigenden Wänden und Bodenfliesen belassen wurden, ohne die Kl. bzw. deren Architekt ausreichend über den letztgenannten Mißstand zu informieren.

Die Bekl. zu 4 kann sich ihrer Verantwortung für die groben Ausführungsmängel nicht mit dem Hinweis entziehen, sie sei seinerzeit (noch) nicht an dem Beweissicherungsverfahren beteiligt gewesen. Abgesehen davon, daß die Bekl. zu 4 nicht einmal die Trittschallmeßwerte des Beweissicherungsgutachtens anzweifelt - dies auch nicht kann -, hat der Gerichtssachverständige Prof. Dr. A jedenfalls in diesem Punkt die Ausführungen des Schallgutachters Dr. S im Hauptverfahren vollinhaltlich bestätigt. Wie in der Fachwelt seit langem unumstritten ist, dient der schwimmende Estrich primär dem Trittschallschutz und ist so auszubilden, daß Körperschallbrücken weitestgehend vermieden werden. Bereits die DIN 4109 (1962) enthält entsprechende Detailausführungen in schalltechnischer Hinsicht; nichts anderes gilt für die Entwürfe 1979 und 1984 wie auch für die Neufassung dieser DIN-Norm aus dem Jahre 1989. Die dementsprechend seit langem bestehende Regel der Technik für die Herstellung schwimmender Estriche gilt entsprechend auch für die Verlegung eines Fußbodenbelags auf diesem; die durch das „Schwimmen“ des Estrichs erreichte Schalldämmung darf weder durch einen Anstoß des Fußbodenbelags und seines Mörtelbetts an die Wand noch durch einen Aufstoß der Wand- auf die Bodenplatten oder durch Überbrückung der dazwischen liegenden Dämmfuge mit Kleber und Mörtelresten zunichte gemacht werden; dementsprechende Anweisungen an den Plattenleger enthalten schon die Richtlinien des Deutschen Natursteinwerkverbandes von 1972 (vgl. BGH, BauR 1978, 222 (223)). Daß die Trittschallschutzfunktion des schwimmenden Estrichs durch solche fehlerhaften Ausführungen des Fliesenbelags drastisch verschlechtert wird, ist in der Fachwelt unumstritten (vgl. hierzu: Gösele/Schüle, Schall-Wärme-Feuchte, 7. Aufl. (1983), S. 102). Die Schallmessungen des Beweissicherungsgutachters Dr. S weisen denn auch in der Mehrzahl der Fälle aus, daß der - wie noch ausgeführt wird - bei der geschuldeten sorgfältigen Ausführung des schwimmenden Estrichs erreichbare Trittschallschutz von TSM 17 nicht erreicht wird, ja infolge der Ausführungsfehler des Bekl. zu 4 teilweise drastisch bis weit unter die Mindestwerte der anerkannten Regeln der Technik verschlechtert wird (zum Teil: TSM nur 3 dB).

Die Bekl. zu 4 vermag sich auch nicht durch den Hinweis auf die ungünstige Reihenfolge zwischen Verlegung der Wand- und Bodenfliesen zu entlasten, wie sie auch nicht die hinreichende Erfüllung ihrer entsprechenden Hinweispflicht bewiesen hat. Auf die entsprechende zutreffende Würdigung der Aussage des Zeugen K durch das LG wird gem. § 543 I ZPO Bezug genommen. Daß die Reihenfolge der Verlegearbeiten die Gefahr der Bildung von Schallbrücken begünstigte, vermag auch nach den insoweit zutreffenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. A die Bekl. nicht von der gebotenen Sorgfalt bei der Verlegung zu entbinden. Zudem weisen die Kl. auch zutreffend darauf hin, daß der Mißstand dadurch verursacht worden ist, daß die Bekl. zu 4 bereits bei Anbringung der Wandfliesen selbst nicht auf den richtigen Abstand zum Rohboden geachtet hat; sie hat nicht vorgetragen, daß sie die vorgegebenen Maße nach den Plänen des Architekten eingehalten hat; hätte sie dies getan, so wäre es zu der mißlichen Situation, daß die Bodenfliesen dann später Kontakt zu den aufgehenden Fliesen bekommen konnten und durch die Verlegeart bekamen, nicht gekommen. Zudem war die Randfuge noch hinreichend überprüfbar, und die Bekl. zu 4 hätte im Zweifel darauf achten müssen, die Bodenfliesen eben nicht bis unter die Wandfliesen zu verlegen. Daß im übrigen der Architekt etwa mit einer regelwidrigen Verlegung einverstanden gewesen wäre, hat der Zeuge K selbst nicht behauptet; er hat nur geltend gemacht, daß der Architekt zur Eile gedrängt habe. Kann mithin die grundsätzliche Verantwortlichkeit der Bekl. zu 4 für die negativen Auswirkungen der Ausführungsmängel auf den Trittschallschutz nicht ernsthaft bezweifelt werden, so gelangen der Beweissicherungsgutachter und der Prozeßsachverständige in der Frage des Umfangs der Trittschallmängel allerdings zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Der Senat vermag insoweit dem Gerichtssachverständigen Prof. Dr. A, der nur 17 von 42 gemessenen Fällen für mangelhaft erachtet, nicht zu folgen; vielmehr gelangt er - insoweit in Übereinstimmung mit der Bewertung des Beweissicherungsgutachters Dr. S - zu dem Ergebnis, daß der Trittschallschutz als Folge fehlerhafter Arbeiten der Bekl. zu 4 in insgesamt 39 der 42 gemessenen Fällen fehlerbehaftet ist. Die Kl. haben Anspruch auf Einhaltung desjenigen Trittschallschutzes, der bei einwandfreier Herstellung der Estriche und der Fliesenarbeiten regelmäßig erzielt worden wäre. Dabei kommt es im vorliegenden Fall nicht einmal vorrangig auf die etwaige Einhaltung der DIN-Norm oder der bloßen anerkannten Regeln der Technik an; es ist nämlich mittlerweile in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, daß die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik oder der DIN-Normen den Unternehmer nicht von Gewährleistungsansprüchen befreit, wenn bei mängelfreier Ausführung der vorgesehenen Leistung bessere Schalldämmwerte erreichbar gewesen wären (vgl. Weiß, Rechtliche Probleme des Schallschutzes, S. 80 mit Rechtsprechungsnachw.). Von einem derartigen Mangelkriterium geht nicht nur der Beweissicherungsgutachter Dr. S, sondern ihm insoweit im Ansatz folgend auch der Gerichtssachverständige Prof. Dr. A aus. Danach kann der zu erwartende Schallschutz der vorgesehenen Konstruktion hier als Maßstab für die Anforderungen angesehen werden, wie dies nach Ausführung der Sachverständigen auch bei anderen Konstruktionen, insb. bei zweischaligen Haustrennwänden der Fall ist. So wie nach den gutachtlichen Äußerungen dieser beiden Sachverständigen - wie auch des Privatgutachters T - bei den zweischaligen Haustrennwänden mit Rücksicht auf die besondere Konstruktionsart ein Schallschutz geschuldet wird, der erheblich (ca. 10-12 dB) über den Schalldämmaßen einer gleichschweren einschaligen Trennwand liegt, ist dies auch beim Trittschallschutz des ebenfalls zweischalig konstruierten schwimmenden Estrichs der Fall.

Wenn der Sachverständige Prof. Dr. A in Ansehung dieser Voraussetzungen und unter der Annahme, daß der vorliegende Trittschallschutz vom Architekten „gut“ geplant gewesen sei, lediglich ein TSM von 10 dB für erreichbar ansieht, so erscheint dies dem Senat unzutreffend. Es ist allgemein bekannt, daß das Schalldämmvermögen eines schwimmenden Estrichs bei Verwendung entsprechend weich federnder Dämmschichten nahezu beliebig bis zu einer absoluten Grenze, die durch das Verbesserungsmaß von VM = 30 dB gesetzt wird, verbessert werden kann, ohne daß es sich nur um theoretische Werte handeln würde (vgl. DIN 4109 (1989), Beiblatt 1, S. 2 u. S. 19, insb. Tabelle 17). Dementsprechend gelangt sogar der Privatgutachter T in seinem Schreiben vom 22. 10. 1987 in einer Modellrechnung bei der vorliegenden Konstruktion zu einer erreichbaren Trittschalldämmung von TSM = 14 dB. Gleichwohl erscheint der vom Beweissicherungsgutachter Dr. S errechnete Wert von TSM = 17 dB zutreffend, weil gemäß DIN 4109 (1989), Beiblatt 1, S. 18, dem so ermittelten Wert von 14 dB noch ein Korrekturwert von 5 dB hinzuzufügen ist, da die zu schützenden Empfangsräume hier nicht unmittelbar sondern schräg unter der betreffenden Decke jeweils liegen; zieht man hiervon das sogenannte Vorhaltemaß von 2 dB ab, so gelangt man auf den korrekten Trittschallschutzwert von 17 dB. Die für Teilbereiche angenommenen, noch höheren Werte im Gutachten Dr. S ergeben sich daraus, daß bei Messungen von unten nach oben entsprechend höhere Korrekturwerte gem. Tabelle 36, S. 49 Beiblatt 1 zur DIN 4109 rechnerisch aufzuschlagen sind.

Da nach DIN 4109 (1989) die dort gegebenen Beispiele in der Praxis bei sorgfältiger Ausführung erzielbar - dies galt auch schon zur Zeit der hier einschlägigen Abnahme - sind, handelt es sich nicht etwa um theoretische Laborwerte. Von entscheidender Bedeutung war für den Senat insoweit, daß bei den vorliegenden Schallmessungen der vom Beweissicherungsgutachter genannte Wert in mehreren Fällen auch erreicht bzw. sogar übertroffen worden ist. Dies läßt zwanglos den Schluß zu, daß in den übrigen Fällen eben sich die von der Bekl. zu 4 verursachten Mängel entscheidend verschlechternd ausgewirkt haben, je nachdem wie umfangreich und wie innig die Verbindungen zwischen Wand- und Bodenfliesen usw. waren. Waren aber hier bei sorgfältiger Verlegung die hohen Trittschalldämmaße möglich, so sind irgendwelche Toleranzen, die ohnehin schon durch die DIN 4109 berücksichtigt werden, nicht mehr zusätzlich zu berücksichtigen. In diesem Sinne ist der Hinweis des Sachverständigen Prof. Dr. A, daß zweischalige Konstruktionen anfällig für Ausführungsmängel sind, rechtlich irrelevant; letztlich räumt auch dieser Sachverständige ein, daß die entsprechenden Rechenwerte „allerdings bei einer eigentlich notwendigen und sorgfältigen Überwachung erzielbar sind“.

Da der Beweissicherungsgutachter Dr. S mithin den Umfang der Schadstellen zutreffend ermittelt hat, ist die Schadensberechnung der Kl., die auf den von diesem Gutachter vorgeschlagenen Sanierungsmaßnahmen beruht, nicht zu beanstanden. Zur Nachbesserung ist die Bekl. zu 4 ohnehin nicht mehr befugt, nachdem sie der Mängelbeseitigungsaufforderung der Kl. vom 19. 2. 1987 innerhalb der gesetzten Frist nicht nachgekommen ist. Die Aufteilung zwischen aktiven Beseitigungsmaßnahmen in den besonders gravierenden Abweichungen des tatsächlichen Schallschutzes und ansonsten passiven Verbesserungsmaßnahmen in den übrigen Mängelfällen ist nicht zu beanstanden; auf die entsprechenden Ausführungen im Beweissicherungsgutachten des Dr. S wird Bezug genommen. (Wird ausgeführt.)

2. Feststellungsantrag.

Demgegenüber ist das Feststellungsbegehren nicht gerechtfertigt. Die Kl. haben jedenfalls nicht hinreichend substantiiert dargelegt, daß überhaupt ein Minderwert oder ein Schaden nach Durchführung der vom Sachverständigen vorgeschlagenen Sanierungsmaßnahmen verbleiben könnte. Nachdem die Kl. nach eigenen Angaben bereits Schallschutzsanierungsarbeiten für ca. 150000 DM durchgeführt haben - was nahezu dem vom Sachverständigen Dr. S veranschlagten Betrag entspricht - ist nicht erkennbar, daß diese nicht den beabsichtigten Erfolg gehabt hätten; wäre das wider Erwarten nicht der Fall, hätte man solche Maßnahmen - weil unverhältnismäßig - gar nicht erst anordnen dürfen. Im übrigen haben die Kl. bereits erstinstanzlich vorgetragen, daß von den hier in Rede stehenden Trittschallmängeln allenfalls solche in den Treppenhäusern an Treppen und Treppenpodesten nicht behoben sind; solche fallen ohnehin nicht in den Haftungsbereich der Bekl. zu 4, so daß auch aus diesem Grunde ein denkbarer künftiger Schaden über die bisherige Sanierung hinaus nicht erkennbar ist. Zudem hat schließlich der Beweissicherungsgutachter Dr. S bereits einen nicht unerheblichen Betrag für Unvorhergesehenes veranschlagt, den die Kl. anteilig gegenüber der Bekl. zu 4 geltend gemacht haben und hinsichtlich dessen sie bislang nicht einmal vorgetragen haben, daß er etwa ganz oder teilweise verbraucht wäre.

II. Zur Berufung der Kl.:

1. Leistungsantrag, abzüglich Teilanerkenntnisurteil.

Die Kl. haben gegen den Bekl. zu 3 wegen der von ihm verursachten Installationsschallmängel Anspruch auf Ersatz des geltend gemachten Mängelbeseitigungsaufwands für aktive und passive Schallschutzmaßnahmen auf der Basis des Beweissicherungsgutachtens Dr. S in dem vom Senat zuerkannten Umfang (§ 633 III bzw. § 635 BGB); insoweit hat das LG ersichtlich die Installationsschallmängel in seinem Urteil überhaupt übersehen und sich zu Unrecht mit dem Trittschall befaßt, für den der Bekl. zu 3 ersichtlich nicht einzustehen hat. Zunächst war bereits in erster Instanz unstreitig, - und vom Bekl. zu 3 auch anerkannt - daß dieser durch die starre Aufstellung der Wannen und Duschen auf die Rohdecke gegen die anerkannten Regeln der Technik verstoßen hat ebenso wie durch das Unterlassen eines schallbrückenfreien, elastischen Anschlusses dieser Einrichtungen an die angrenzenden Bauteile; ferner hat der Bekl. zu 3 im Anschluß an das von ihm selbst vorgelegte Privatgutachten T den schalltechnisch mangelhaften Anschluß der Durchlauferhitzer zugestanden. Das Anerkenntnis lediglich eines Minderungsbetrages in Höhe von nur 1185,60 DM gemäß Teilanerkenntnisurteil des LG vom 11. 11. 1987 ist indessen keinesfalls ausreichend, weil die Kl. diesbezüglich Anspruch auf Mängelbeseitigung durch teils aktive, teils passive Schallschutzmaßnahmen haben. Ferner steht nach den insoweit übereinstimmenden Gutachten des Beweissicherungsgutachters Dr. S wie auch des Sachverständigen im Hauptverfahren, Prof. Dr. A, fest, daß zumindest in 24 Fällen bei Installationsgegenständen ein Schalldruckpegel von 35 dB (A_F) unzulässig überschritten wird. Bereits diese Beeinträchtigungen bedeuten gravierende Verstöße gegen die anerkannten Regeln der Technik, die dem Bekl. zu 3 anzulasten sind.

Der Senat ist - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem Beweissicherungsgutachten Dr. S - der Auffassung, daß auch in weiteren 23 Fällen im Zusammenhang mit dem Betätigen der betreffenden Armaturen ein maximal tolerierbarer Schalldruckpegel von 30 dB (A_F) unzulässig überschrittten wird. Maßgeblich ist für den Senat auch insoweit, daß der Bekl. zu 3 - unabhängig von der Frage der etwa im maßgeblichen Zeitpunkt der Abnahme (6. 3. 1984) gültigen DIN-Vorschrift bzw. anerkannten Regeln der Technik - bessere Schallschutzwerte, nämlich mit Maximalpegeln kleiner als 30 dB (A_F) schuldete, weil solche Werte bei fachgerechter Ausführung durchgängig zu erzielen gewesen wären. Ein Blick in die Meßprotokolle des Beweissicherungsgutachtens zeigt - hierauf weist der Beweissicherungsgutachter in seiner Stellungnahme vom 13. 7. 1987 zutreffend hin -, daß die in den Armaturen selbst entstehenden Geräusche in fremden Wohn-, Schlaf- und Arbeitsräumen durchaus im Regelfall Schalldruckpegel unterhalb von 30 dB (A_F) hervorrufen, in einer Vielzahl von Fällen sogar dem erhöhten Schallschutz von weniger als 25 dB (A_F) entsprechen; dies gilt nicht nur für die Armaturengeräusche im engeren Sinne, sondern auch für die mit deren Betätigung verbundenen Einlauf- und Ablaufgeräusche bei den einzelnen Gruppen von Sanitärgegenständen (Waschtische, Badewannen, Duschtassen, WCs). Die Ursachen für die in den anderen Fällen unzulässig hohen Pegel liegen - hierin sind sich alle damit befaßten Gutachter einig - in Verstößen des Bekl. zu 3 gegen die anerkannten Regeln der Schalldämmtechnik im Installationsbereich. Beispielhaft genannt seien die bereits erwähnten Schallschutzmängel im Zusammenhang mit der direkten Befestigung der Wannenfüße mit Zementmörtel auf der Rohdecke, der Verbund des Wannenrandes ohne körperschalldämmende Zwischenlagen direkt mit der Ummauerung bzw. den aufsteigenden Wänden, der Verbund der Wannenabflußleitungen mittels Zementmörtel mit Rohdecke und Wandfliesen, so daß Einlauf- und Ablaufgeräusche direkt in die Wand- und Deckenkonstruktionen eingeleitet und von dort in Form von Luftschall in angrenzende Wohnräume abgestrahlt werden. Ferner besteht zwischen HT-Abzweigern und den aufsteigenden Wänden baulicher Verbund, schalldämmende Ummantelungen der Abwasserrohre wurden nicht vorgefunden, auch zwischen diversen Wasserzuleitungen und Außenwand im Bereich der Wandanschlüsse besteht baulicher Verbund, so daß insgesamt auch insoweit Fließgeräusche usw. direkt in die Wandkonstruktion eingeleitet werden, die im Bereich der Installationsschlitze - für den Fachmann erkennbar - nicht die erforderliche Restwandstärke aufweist. Das vom Beweissicherungsgutachter Dr. S angewendete Meßverfahren war - entgegen der Ansicht des Sachverständigen Prof. Dr. A - nicht zu beanstanden, da es den im Zeitpunkt der Abnahme gültigen Normanforderungen entsprach. Maßgeblich hierfür war das seinerzeit nach DIN 52219 gültige Meßverfahren, das erst Ende 1985 durch entsprechende Neufassung der DIN verändert wurde. Danach war - und daran hat sich der Beweissicherungsgutachter gehalten - unter anderem jede Anlage einzeln zu prüfen, maßgeblich war der maximal auftretende Schallpegel des von einer Anlage beim Betrieb hervorgerufenen Geräusches, und nicht etwa ein irgendwie gearteter Mittelungspegel; ferner waren die gemessenen Schallpegel erst nach Eliminierung von Fremdgeräuschen und unter Berücksichtigung des Einflusses der Schallabsorption im Meßraum zu beurteilen (vgl. Eisenberg, ZSW 1980, 231 sowie DIN 52219, Ausgabe 1972). Was die Berücksichtigung der Schallabsorption im Raum durch Bezug des Meßwertes auf eine äquivalente Schallabsorptionsfläche von 10 Quadratmeter betrifft, so war dies ebenfalls zum Zeitpunkt der Abnahme maßgeblich und auch sinnvoll; wie die Meßwerte zeigen, kann es vorkommen, daß der in einem Wohnraum gemessene Installationsschallpegel, der bei einer Messung unter 30 dB lag, einen Zuschlag durch die Absorptionskorrektur erhalten mußte, der zu einer Überschreitung des zulässigen Schallpegels führte, wie auch umgekehrt. Da im Bauvertragsrecht die Abnahme der maßgebliche Zeitpunkt für die Frage der Mangelhaftigkeit einer Leistung ist, muß grundsätzlich dieser Zeitpunkt auch darüber entscheiden, welche Regel der Technik oder DIN-Norm anwendbar ist; spätere Änderungen - wie hier z. B. des Meßverfahrens - müssen sowohl in positiver als in negativer Hinsicht außer Betracht bleiben; es kann nicht auf die Zufälligkeit ankommen, ob durch eine Verzögerung oder dergleichen erst zu einem späteren Zeitpunkt ein Sachverständiger zur Beurteilung herangezogen wird oder gar ein Gericht im Prozeß erst nahezu ein Jahrzehnt danach über den Mangel entscheiden kann.

Um eine Ausnahme hiervon, wie sie der BGH für den Fall annimmt, daß trotz Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik ein Fehler vorliegen kann, wenn dieser bereits zum Zeitpunkt der Abnahme angelegt ist und sich erst später realisiert (vgl. die entsprechenden „Flachdach-Urteile“, BGHZ 48, 310 = NJW 1968, 43 = LM § 282 ZPO (Beweislast) Nr. 19/20; BGHZ 54, 352 = NJW 1971, 99 = LM VOB Teil B Nr. 43), handelt es sich vorliegend nicht. Im übrigen hat der Beweissicherungsgutachter in seiner ergänzenden Stellungnahme zutreffend darauf hingewiesen, daß ausweislich der Meßprotokolle der Maximalpegel aus vier Messungen gemittelt wurde und damit von einer nur mit Mühe zu erzielenden Reproduzierbarkeit im Hinblick auf kurzzeitig auftretende Geräuschspitzen nicht die Rede sein konnte. Schließlich hat auch der Sachverständige Prof. Dr. A in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 28. 1. 1991 zugegeben, daß die veränderte Meßvorschrift nach DIN 52219 im vorliegenden Fall praktisch keine Auswirkungen auf die konkreten Meßergebnisse gezeitigt hat, weil sich die diesbezüglichen Differenzen zwischen den beiden Gutachten allenfalls auf drei weitere Armaturen beziehen. Allerdings ist der Senat - abgesehen davon, daß es wie dargelegt auf die tatsächlich bei fachgerechter Ausführung erzielbaren Schallschutzwerte ankommt - auch der Ansicht, daß zum maßgeblichen Zeitpunkt der Abnahme des Bauwerks nach den damals anerkannten Regeln der Technik gemäß den Ausführungen des Beweissicherungsgutachters entsprechend DIN-Entwurf 4109 von 1979 von einem Maximalpegel von 30 dB (A_F) auszugehen war. Dieser Maximalwert war bereits in der alten DIN 4109 (1962) enthalten, er wurde aufgrund eines ministeriellen Runderlasses von 1970 bauaufsichtlich allerdings nicht eingeführt, weil seinerzeit die Anforderungen als zu hoch erschienen.

Zu berücksichtigen ist hier indessen, daß der Runderlaß im Zeitpunkt der Bauabnahme 14 Jahre alt und nach allgemeiner Ansicht von Sachverständigen überholt war (vgl. Weiss, Rechtliche Probleme des Schallschutzes, S. 25 f.; Eisenberg, ZSW 1980, 231; Hoffmann, BBauBl 1983, 560); danach gab im maßgeblichen Abnahmezeitpunkt der in DIN 4109 (E 1979) sowie in DIN 4109 (E 1984) einheitlich genannte Maximalpegel von 30 dB die damals anerkannten Regeln der Technik (vgl. allgemein zur Berücksichtigung solcher DIN-Entwürfe: BGH, NJW-RR 1986, 755 (756) m. w. Nachw. = LM § 21 WohnungseigentumsG Nr. 11) zutreffend wieder. Immerhin räumt selbst der Privatgutachter des Bekl. zu 3, der Dipl.-Ing. T, ein, daß insoweit zumindest von gespaltenen Anforderungen ausgegangen werden muß, wonach der höhere Wert von 35 dB allenfalls für die innerhalb der Armatur entstehenden Geräusche gilt, während für die sonstigen bei der Installationsbenutzung entstehenden Geräusche (Zu- und Ablauf) 30 dB nach DIN 4109 (1962) gelten soll.

Bezüglich der Armaturen selbst ist nicht zu verkennen, daß die Weiterentwicklung der Technik in den siebziger Jahren bereits wesentlich leisere Armaturen ermöglichte, wodurch schon damals Werte unter 35 dB auch ohne zusätzliche schallschützende Maßnahmen und dadurch ohne Baukostensteigerung möglich wurden; dementsprechend ließen sich nach dem Stand der Technik des Jahres 1984 die Forderungen sogar für einen erhöhten Schallschutz nach DIN 4109 (E 1979) ohne Schwierigkeiten erfüllen (vgl. Hoffmann, BBauBl 1983, 560), wie vorliegend auch der große Teil der im Beweissicherungsgutachten gemessenen Werte zeigt.

Von daher erscheint es dem Senat nicht zulässig, wenn der Sachverständige Prof. Dr. A die Auffassung vertritt, daß für die damals maßgebliche Zeit die Anforderungen des neuen Weißdrucks der DIN 4109 (1989) zugrundezulegen seien, weil diese jedenfalls derzeit wieder höhere Schalldruckpegel von bis zu 35 dB zuließen, allerdings wohl nur für einen begrenzten Übergangszeitraum; wenn man heutzutage die früher maßgeblichen Schallspitzen außer acht läßt, so mag dies auf Schwierigkeiten mit neuen Armaturen zurückzuführen sein, wie z. B. Einhebelmischer, die teilweise wegen Verwirbelungserscheinungen zu höheren Werten führen als die früher üblichen Zweiknopfarmaturen usw.; diese Umstände müssen jedoch für das hier in Rede stehende Bauvorhaben im Jahre 1984 außer Betracht bleiben.

Erweist sich mithin das Beweissicherungsgutachten Dr. S insgesamt als Beurteilungsgrundlage für den Umfang des Schadens und die entsprechend vorgeschlagenen Beseitigungsmaßnahmen in aktiver und passiver Hinsicht als geeignet, so ist auch die darauf basierende Berechnungsweise des Schadens, wie sie die Kl. in der Klageschrift vorgenommen haben, grundsätzlich nicht zu beanstanden. Dies gilt insbesondere für die Aufteilung der Verursachungsbeiträge der einzelnen an der Schadensentstehung beteiligten Bekl., wie auch die daraus errechnete, auf den Bekl. zu 3 als Installateur entfallende Anteilsquote, und zwar sowohl hinsichtlich der passiven als auch im Grundsatz hinsichtlich der aktiven Schallschutzmaßnahmen.

Rechtsgebiete

Grundstücks- und Wohnungseigentumsrecht