Urlaubserteilung - Rückrufrecht des Arbeitgebers
Gericht
BAG
Art der Entscheidung
Revisionsurteil
Datum
20. 06. 2000
Aktenzeichen
9 AZR 405/99
Das Urlaubsentgelt als Arbeitsentgelt, das während des Urlaubs des Arbeitnehmers gezahlt wird, ist ebenso wie dieses und im gleichen Umfang pfändbar (Fortführung von BAG [11. 1. 1990], NZA 1990, 938 = AP TVG § 4 Gemeinsame Einrichtungen Nr. 11 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 57).
Hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zur Erfüllung des Anspruchs auf Erholungsurlaub (§ 1 BUrlG) freigestellt, kann er den Arbeitnehmer nicht aufgrund einer Vereinbarung aus dem Urlaub zurückrufen. Eine solche Abrede verstößt gegen zwingendes Urlaubsrecht und ist rechtsunwirksam (§ 13 BUrlG).
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die Parteien streiten über Urlaubsentgelt für Mai 1998. Der Kl. war seit dem 15. 10. 1996 bei der Bekl. als Software-Entwickler beschäftigt. Die regelmäßige vereinbarte Wochenarbeitszeit betrug 38,5 Stunden, das monatliche Gehalt 5800 DM (April 1998 = 3209,36 DM netto). Der Urlaubsanspruch war mit 30 Werktagen im Kalenderjahr vereinbart. Ende 1997 verhängte die Bekl. eine Urlaubssperre. Der Kl. hatte zu dieser Zeit 15 Urlaubstage erhalten. Im ersten Quartal 1998 vereinbarte er mit der Bekl., dass der Resturlaub 1997 im gesamten Jahr 1998 genommen werden konnte. Außerdem hatte der Kl. wegen geleisteter rund 100 Überstunden Anspruch auf Freizeitausgleich. Am 21. 4. 1998 kündigte der Kl. sein Arbeitsverhältnis zum 30. 6. 1998. Zugleich beantragte er für Mai und Juni 1998 Urlaub, den die Bekl. entsprechend dem Verlangen des Kl. am 23. oder 24. April 1998 festsetzte. Außerdem wurde besprochen, welche Arbeiten der Kl. bis zum Urlaubsbeginn noch erledigen könne und solle. Vereinbarungsgemäß erstellte der Kl. in den ersten Maitagen zu Hause die sog. API-Dokumentation. Hierfür waren zunächst drei Tage veranschlagt, die Arbeiten dauerten dann jedoch bis zum 7. 5. 1998. Am 11. 5. 1998 lieferte der Kl. die API-Dokumentation im Betrieb ab. Mit Schreiben vom 19. 5. 1998 forderte die Bekl. den Kl. vergeblich auf, am 25. 5. 1998 um 10 Uhr zur Erledigung zugesagter Arbeiten im Büro zu erscheinen. Streitig ist, ob der Kl. das Schreiben vor dem festgesetzten Termin erhalten hat. Mit Anwaltsschreiben vom 27. 5. 1998 beanstandete die Bekl. das Fernbleiben des Kl. Weiter heißt es wörtlich:
„Wir halten noch einmal fest, dass Sie der einzige Mitarbeiter unserer Mandantschaft sind, der wegen der erforderlichen Kenntnis der einzusetzenden Programmiersprache in der Lage ist, die genannten Arbeiten durchzuführen. Die sofortige Durchführung dieser Arbeiten ist äußerst dringend erforderlich, da die entsprechenden Auftraggeber unserer Mandantschaft die Arbeitsergebnisse bereits massiv anmahnen. Sie sind nach den Regeln des Arbeitsrechts verpflichtet, in einem derartigen betrieblichen Notfall Ihren Urlaub sofort abzubrechen und zur Arbeit zu erscheinen. Namens und kraft Vollmacht unserer Mandantschaft haben wir Sie daher hiermit aufzufordern, am Dienstag, den 2. 6. 1998, 10 Uhr, im Büro unserer Mandantschaft zu erscheinen und die Arbeit wieder aufzunehmen. Namens und kraft Vollmacht unserer Mandantschaft mahnen wir Sie hiermit wegen des Nichterscheinens am Montag, den 25. 5. 1998, 10 Uhr, ab. In aller gebotenen Deutlichkeit weisen wir darauf hin, dass unsere Mandantschaft das Arbeitsverhältnis unverzüglich fristlos kündigen wird, wenn Sie nicht am 2. 6. 1998, 10 Uhr, im Büro unserer Mandantschaft erscheinen und die Arbeit aufnehmen. Unsere Mandantschaft behält sich ebenfalls ausdrücklich vor, Ihnen gegenüber unter Aufrechnung gegen Ihr Arbeitsentgelt im gesetzlich zulässigen Rahmen Ersatz jeglichen Schadens geltend zu machen, welcher unserer Mandantschaft aus der Nichtdurchführung der Arbeiten durch Sie auf Grund von Forderungen Dritter entsteht.“
Am 2. 6. 1998 suchte der Kl. den Betrieb gemeinsam mit einem Gewerkschaftssekretär auf. Dort wurde ihm ein Schreiben der Bekl. ausgehändigt, mit dem er gebeten wurde, den erforderlichen Zeitaufwand für vier näher beschriebene Arbeitspakete einzuschätzen und sodann mit den Arbeiten zu beginnen. Der Kl. überreichte der Bekl. ein Schriftstück „Rahmenbedingungen für eine befristete Wiederaufnahme meiner Tätigkeit“. Zu einer Arbeitsleistung des Kl. kam es nicht. Die Bekl. kündigte daraufhin am 3. 6. 1998 das Arbeitsverhältnis schriftlich fristlos und teilte mit, zur Sicherung ihres Schadenersatzanspruchs werde sie das dem Kläger für Mai zustehende Arbeitsentgelt nur in Höhe des Pfändungsfreibetrags von 1219,99 DM zahlen. Die Wirksamkeit der Kündigung und der Anspruch des Kl. auf Arbeitsentgelt für Juni 1998 sind Gegenstand des Verfahrens (9 AZR 404/99), über den der Senat zugleich durch Urteil entschieden hat. Der Kl. hat geltend gemacht, er sei nicht schadenersatzpflichtig. Er habe sich lediglich bereit erklärt, während des Urlaubs an einem Tag seinen Nachfolger einzuarbeiten. Der Kl. hat zuletzt beantragt, die Bekl. zu verurteilen, an den Kl. 5800 DM brutto abzüglich 1219,99 DM netto zu zahlen. Die Bekl. hat den Kl. auf Schadenersatz in Anspruch genommen. Sie habe ihm den Urlaub für Mai und Juni 1998 nur aufgrund seiner Zusage gewährt, dass er bei betrieblichen Schwierigkeiten mit den von ihm zuletzt bearbeiteten Aufträgen auf ihre Mitteilung hin seinen Urlaub abbreche und seine Arbeit wieder aufnehme. Da er sich geweigert habe, die ihm übertragenen Arbeiten zu erledigen, habe sie diese fremd vergeben und hierfür 13340 DM aufwenden müssen; mit einem Teilbetrag von 4988 DM rechne sie auf.
Das ArbG hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Bekl. blieb erfolglos. Hiergegen wendet sich die Bekl. mit der vom LAG zugelassenen Revision ohne Erfolg.
Auszüge aus den Gründen:
I. Die Revision der Bekl. ist zulässig. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision gehört die Angabe der Revisionsgründe unter Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm (§ 72 V ArbGG i.V. mit § 554 III Nr. 3a ZPO). Hierfür hat sich die Revisionsbegründung mit den tragenden Gründen des angefochtenen Urteils auseinanderzusetzen (BAG [29. 10. 1997], NZA 1998, 336 = NJW 1998, 2470 = AP ZPO § 554 Nr. 30 m.w. Nachw.). Diesen Anforderungen genügt die Revisionsbegründung der Bekl. Sie ist zwar wortgleich mit der Revisionsbegründung in dem Parallelverfahren (9 AZR 404/99). Das ist aber unschädlich. Die Bekl. bekämpft in beiden Verfahren die Rechtsauffassung des LAG, der Kl. habe seine arbeitsvertraglichen Pflichten nicht verletzt und sei deshalb auch nicht schadenersatzpflichtig.
II. In der Sache hat die Revision keinen Erfolg.
1. Der Anspruch des Kl. gegen die Bekl. auf Zahlung von 5800 DM brutto abzüglich der bereits erhaltenen 1219,99 DM folgt aus § 611 I BGB. Hierfür ist unerheblich, ob die Bekl. dem Kl. entsprechend seiner Behauptung ab Anfang Mai 1998 Urlaub gewährt hat und er die Dokumentation freiwillig während dieser Zeit erstellt hat, oder ob, wie die Bekl. behauptet, der Urlaub im Anschluss an diese Arbeit beginnen sollte. Entweder kann der Kl. Entgelt für geleistete Arbeit verlangen oder Entgelt für die urlaubsbedingte Freistellung von der Arbeitspflicht (§ 1 BUrlG). Dass die Bekl. dem Kl. zumindest für die Zeit nach Fertigstellung der Dokumentation Erholungsurlaub gewährt hat, hat das LAG bindend festgestellt (§ 561 ZPO). Hiergegen wendet sich die Bekl. nicht.
2. Der Anspruch des Kl. gilt nicht auf Grund der von der Bekl. erklärten Aufrechnung als erloschen (§§ 388, 389 BGB).
a) Die Aufrechnung ist nach § 394 BGB teilweise unzulässig. Das betrifft nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des LAG die von der Bruttovergütung abzuführenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 2590,64 DM. Diese sind nach § 850e Nr. 1 ZPO der Pfändung und damit auch der Aufrechnung entzogen. Von der Pfändung ausgenommen ist, weiterhin der nach § 850c I bis III ZPO i.V. mit der Tabelle der Anlage zu § 850c ZPO unpfändbare Nettobetrag von 1815,66 DM.
Der unter Berücksichtigung der von der Bekl. geleisteten Teilzahlung verbleibende Betrag von 1393,70 DM ist in vollem Umfang pfändbar. Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG (seit der Entscheidung vom 28. 1. 1982, NJW 1982, 1548 = AP BUrlG § 3 Rechtsmissbrauch Nr. 11 = EzA BUrlG § 3 Nr. 13; BAG, 13. 5. 1982, AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 4 = EzA BUrlG § 7 Nr. 25) ist der Urlaubsanspruch ein gesetzlich bedingter Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, von den durch den Arbeitsvertrag entstehenden Arbeitspflichten befreit zu werden, ohne dass die Pflicht zur Zahlung des Arbeitsentgelts berührt wird. Für die Dauer des Urlaubs entsteht mithin kein neuer Entgeltanspruch. Der Arbeitnehmer behält vielmehr seinen vertraglichen Anspruch nach § 611 I BGB. Das Urlaubsentgelt als Arbeitsentgelt, das während des Urlaubs des Arbeitnehmers gezahlt wird, ist daher ebenso wie dieses und im gleichen Umfang pfändbar (noch offen gelassen in BAG [11. 1. 1990], NZA 1990, 938 = AP TVG § 4 Gemeinsame Einrichtungen Nr. 11 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 57; wie hier Leinemann/Linck, UrlaubsR, § 11 Rdnr. 102; Schaub, ArbeitsR-Hdb., 9. Aufl., § 102 Rdnr. 110; ErfK/Dörner, § 11 BUrlG, Rdnr. 51; Bleistein, in: GK-BUrlG, 5. Aufl., § 1 Rdnrn. 71ff.; Heilmann, UrlaubsR, § 1 Rdnrn. 8f.; Schütz/Hauck, Gesetzliches und tarifliches UrlaubsR Rdnr. 785; a.A. Dersch/Neumann, BUrlG, 8. Aufl., § 1 Rdnrn. 76ff., 87; Hohmeister, BUrlG, § 1 Rdnrn. 11f.; zur Urlaubsabgeltung BAG [21. 1. 1988], NZA 1988, 651 = NJW 1988, 2691 = AP KSchG1969 § 4 Nr. 19 = EzA KSchG n.F. § 4 Nr. 33 [zu C II 1]).
b) Soweit die Aufrechnung zulässig ist, bleibt sie ohne Erfolg. Die Bekl. hat gegen den Kl. keinen Anspruch auf Schadenersatz, der ihr die Aufrechnung ermöglicht. Der Kl. war unter keinem rechtlichen Gesichtspunkte verpflichtet, den Urlaub abzubrechen und die Arbeit aufzunehmen.
aa) Einen Anspruch des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer, seinen Urlaub abzubrechen oder zu unterbrechen, gibt es nach dem BUrlG nicht (vgl. ebenso Leinemann/Linck, § 7 Rdnrn. 37, 40; Schütz/Hauck, Rdnr. 448; Bachmann, in: GK-BUrlG § 7 Rdnr. 50; ErfK/Dörner, § 7 BUrlG Rdnr. 43). Ob dennoch bei unvorhersehbaren und „zwingenden Notwendigkeiten, welche einen anderen Ausweg nicht zulassen“ (BAG [19. 12. 1991], RzK I 6a Nr. 82; vgl. auch [9. 2. 1982], NJW 1982, 2087 = AP BUrlG § 11 Nr. 16 = EzA BUrlG § 1 Nr. 18 [29. 1. 1960], NJW 1960, 1734 = AP GewO § 123 Nr. 12; Fischermeier, in: KR, 5. Aufl., § 626 BGB Rdnr. 452; Dersch/Neumann, § 7 Rdnrn. 37, 38) ein solcher Anspruch bestehen könnte, bedarf keiner Erörterung des Senats. Die Bekl. hat hierfür keine Tatsachen vorgetragen.
bb) Ein Schadensersatzanspruch der Bekl. besteht auch dann nicht, wenn ihre Behauptung als wahr unterstellt wird, der Kl. habe zugesagt, bei den von ihr dargelegten betrieblichen Schwierigkeiten seine Tätigkeit wieder aufzunehmen.
(1) Nach § 1 BUrlG schuldet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Erholungsurlaub. Zur Erfüllung dieses gesetzlichen Anspruchs hat er den Arbeitnehmer von der Arbeit freizustellen. Dem Arbeitnehmer ist uneingeschränkt zu ermöglichen, anstelle der geschuldeten Arbeitsleistung die ihm aufgrund des Urlaubsanspruchs zustehende Freizeit selbstbestimmt zu nutzen. Das ist dann nicht gewährleistet, wenn der Arbeitnehmer trotz der Freistellung ständig damit rechnen muss, zur Arbeit abgerufen zu werden. Eine derartige Arbeitsbereitschaft lässt sich mit der Gewährung des gesetzlichen Erholungsurlaubs nicht vereinbaren. Der Anspruch des Arbeitnehmers wird in diesem Fall nicht erfüllt (vgl. Dersch/Neumann, BUrlG, 8. Aufl., § 1 Rdnr. 54; Bleistein, in: GK-BUrlG, § 3 Rdnr. 19; Küttner/Bauer, Personalbuch 2000, Urlaubsgewährung Rdnr. 5; Schütz/Hauck, Gesetzliches und tarifliches Urlaubsrecht, Rdnr. 95; Natzel, BundesurlaubsR, 4. Aufl., § 1 Rdnr. 11). Ein Arbeitgeber muss sich daher vor der Urlaubserteilung entscheiden, ob er dem Arbeitnehmer den beantragten Urlaub gewährt oder den Urlaubswunsch des Arbeitnehmers etwa wegen dringender betrieblicher Belange i.S. von § 7 I BUrlG ablehnt. Hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer freigestellt, also die Leistungszeit bestimmt, in der der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers i.S. von § 362 I BGB erfüllt werden soll, und das dem Arbeitnehmer mitgeteilt, hat der Arbeitgeber als Schuldner des Urlaubs die für die Erfüllung dieses Anspruchs erforderliche Leistungs/Erfüllungshandlung i.S. von § 7 I BUrlG vorgenommen (BAG [9. 8. 1994], NZA 1995, 174 = AP BUrlG § 7 Nr. 19 = EzA BUrlG § 7 Nr. 97). An diese Erklärung ist der Arbeitgeber gebunden und kann den Arbeitnehmer nicht aus dem Urlaub zurückrufen.
(2) Eine Vereinbarung, in der sich der Arbeitnehmer gleichwohl verpflichtet, den Urlaub abzubrechen und die Arbeit wieder aufzunehmen, verstößt gegen § 13 I BUrlG; sie ist rechtsunwirksam. Danach kann von § 1 BUrlG weder durch die Tarifvertragsparteien noch durch eine einzelvertragliche Abrede zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden. Hierfür ist unerheblich, ob der Urlaub von vornherein im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer unter Vorbehalt gewährt wird oder ob er zunächst vorbehaltlos bewilligt wird und sich der Arbeitnehmer erst zeitlich später - vor Urlaubsantritt - verpflichtet, dem Arbeitgeber auf dessen Verlangen zur Arbeitsleistung zur Verfügung zu stehen. In beiden Fällen bewirkt das vereinbarte Recht des Arbeitgebers zum Rückruf des Arbeitnehmers aus dem Urlaub, dass der Arbeitnehmer für die Dauer der Freistellung entgegen § 1 BUrlG nicht uneingeschränkt von seiner Arbeitspflicht befreit wird. Das kann rechtswirksam nicht vereinbart werden.
(3) Soweit das LAG allerdings zur Begründung der Unwirksamkeit der Abrede der Parteien auf § 134 BGB zurückgegriffen hat, ist das nicht richtig. § 13 I BUrlG ist kein Verbotsgesetz i.S. dieser Vorschrift. § 13 I BUrlG beschränkt vielmehr unmittelbar die Befugnis der Arbeitsvertragsparteien, durch rechtsgeschäftliche Vereinbarungen von den zwingenden Vorschriften des Urlaubsrechts abzuweichen. Das ergibt sich aus dem Wortlaut des Gesetzes, wonach von den Bestimmungen nicht abgewichen werden „kann“. Mit einer solchen Formulierung wird regelmäßig zum Ausdruck gebracht, dass entgegenstehende Vereinbarungen nur zur endgültigen oder schwebenden Unwirksamkeit führen (vgl. BAG [20. 4. 1999], NZA 1999, 1059 = AP BetrVG1972 § 77 Tarifvorbehalt Nr. 12 = EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 64; Palandt/Heinrichs, BGB, 59. Aufl., § 134 Rdnr. 7). Bestätigt wird diese Auslegung des § 13 I BUrlG von dem mit der Norm verfolgten Zweck. Es soll sichergestellt sein, dass der Arbeitnehmer den gesetzlich begründeten Erholungsurlaub auch tatsächlich in Anspruch nimmt und erhält. Das ist nicht gewährleistet, wenn, wie es das LAG folgerichtig getan hat, im Einzelfall nach § 139 BGB geprüft werden müsste, ob der Arbeitgeber den Urlaub auch dann erteilt hätte, wenn sich der Arbeitnehmer nicht mit dem Rückrufrecht des Arbeitgebers einverstanden erklärt hätte.
(4) Die Wirksamkeit der Abrede lässt sich nicht aus § 7 II BUrlG herleiten, wie die Revision geltend macht. Dort ist bestimmt, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Urlaub zusammenhängend zu gewähren hat, soweit nicht dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Die Vorschrift betrifft mithin allein die rechtlichen Voraussetzungen, unter denen der Arbeitgeber den gesetzlichen Urlaub des Arbeitnehmers auf mehrere Zeitabschnitte festlegen darf. Sie berechtigt ihn indessen nicht, die Freistellung des Arbeitnehmers mit einer Arbeitsbereitschaft zu verbinden. Ob die Bekl. hinreichende Gründe für eine Stückelung des Urlaubs vorgetragen hat, ist mithin ohne Bedeutung.
(5) Die Erwägung der Revision, die Arbeitsvertragsparteien müssten jedenfalls dann freier in der Gestaltung des Urlaubs sein, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bevorstehe, ist mit dem zwingenden Urlaubsrecht nicht zu vereinbaren. Das gilt auch für ihre Überlegung, ein Arbeitnehmer sei schließlich nicht gezwungen, Urlaub zu beanspruchen und müsse deshalb über diesen auch rechtsgeschäftlich verfügen können. Sie übersieht, dass der Kl. den Urlaub verlangt und sie ihm diesen auch erteilt hat. Andernfalls hätte sie den Urlaub nach § 7 IV BUrlG abgelten müssen. Das wollte sie ersichtlich vermeiden.
cc) Zu Recht hat das LAG die Unwirksamkeit der Abrede für die gesamte Zeit der Freistellung angenommen und nicht zwischen der Freistellung zur Erfüllung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs des Kl. und der weiteren Freistellung zur Erfüllung des vertraglichen Urlaubsanspruchs und des Überstundenausgleichs unterschieden. Der gesetzliche Resturlaub des Kl. für 1997 von fünf Urlaubstagen war aufgrund der gesetzlichen Befristung mit dem 31. 3. 1998 nach § 7 III 2 BUrlG erloschen (vgl. BAG [28. 11. 1990], NZA 1991, 423 = AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 18 = EzA BUrlG § 7 Nr. 79). Der nach Maßgabe von § 13 I BUrlG geschützte Urlaubsanspruch beschränkte sich damit auf zehn Arbeitstage für 1998 (§§ 3 I, 5 I lit. c BUrlG). Für die über diese Zeitspanne hinausgehende Freistellung hätten die Parteien daher an sich nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit (§§ 241, 305 BGB) vereinbaren können, dass die Bekl. den Kl. aus dem Urlaub abrufen kann. Da die Erfüllung des Anspruchs auf den gesetzlichen Mindesturlaub nicht von dem Zufall abhängen darf, oder der Arbeitgeber von einem ihm eingeräumten Rückrufrecht Gebrauch macht, hätte die Bekl. hierfür vorab festlegen müssen, in welchem Zeitabschnitt innerhalb der Monate Mai und Juni 1998 der gesetzliche Urlaubsanspruch des Kl. erfüllt werden sollte. Das hat sie indessen unterlassen und statt dessen dem Kl. insgesamt „Urlaub“ erteilt.
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