Focus ./. „Im FOCUS: Kliniken im Test”
Gericht
Deutsches Patent- und Markenamt
Art der Entscheidung
Beschluss
Datum
19. 05. 2003
Aktenzeichen
399 48 503.1 / 16
Beim Vergleich der Waren und Dienstleistungen stellt sich die Frage der Benutzung nicht.
Bei der Marke „Focus“ handelt es sich auf Seiten der Widersprechenden (welche die für die Focus Magazin Verlag GmbH eingetragene Marke „Im Focus: Kliniken im Test“ angegriffen hat) nicht um ein bekanntes Kennzeichen. Eine Gefahr des gedanklichen Inverbindungbringens liegt nicht vor, insbesondere auch, weil der Widersprechenden kein Serienzeichen zusteht.
Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Art von Waren abzustellen. Die Betrachtungsweise des flüchtigen Verkehrs ist bei dieser Beurteilung insoweit nicht maßgebend (BGH).
Der Markenstelle ist es grundsätzlich verwehrt, aus der angegriffenen jüngeren Marke ein Element herauszugreifen und dessen Übereinstimmung mit der Widerspruchsmarke oder einem Element der Widerspruchsmarke festzustellen.
In der Marke „Im Focus: Kliniken im Test“ sind die Bestandteile „Im“ und „Kliniken im Test“ im Bereich der Waren „Papier und Pappe“ nicht beschreibend.
Die Erinnerung der Widersprechenden aus der Marke 1 063 539 (Focus) gegen den Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 vom 13.12.2000 wird zurückgewiesen.
Kosten werden nicht auferlegt.
Gründe:
I.
Gegen die als Kennzeichnung für die Waren und Dienstleistungen
"Druckereierzeugnisse, Druckschriften, Zeitschriften, Zeitungen, Bücher, Buchbinderartikel, Poster, Aufkleber, Kalender, Schilder, Modelle, Fotografien und Lichtbilderzeugnisse, Papier , Pappe, Schreibwaren und Buroartikel, Lehr- und Unterrichtsmittel (soweit in Klasse 16 enthalten); Werbung und Dienstleistungen einer Werbeagentur; Hörfunk- und Fernsehwerbesendungen sowie Print- und Internetwerbung; Marketing; Verteilung von Waren zu Werbezwecken; Verkaufsförderung; Durchführung von Werbeveranstaltungen, Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen insbesondere von Zeitungen, Zeitschriften und Büchern sowie von Lehr- und Informationsmaterial einschließlich gespeicherter Ton- und Bildinformation, Produktion von Ton- und Bildaufzeichnungen auf Ton- und Bildträger; Vorführung und Vermietung von Ton- und Bildaufzeichnungen; Unterhaltung Durchführung von Unterhaltungsveranstaltungen; Durchführung von Schulungsveranstaltungen, Durchführung von Bildungsveranstaltungen und kulturellen Aktivitäten, soweit in Klasse 41 enthalten"
gemäß § 41 MarkenG eingetragene Wortmarke 399 48 503.1
Im FOCUS: Kliniken im Test
wurde aus der als Kennzeichnung für die Waren
"Papier, Pappe (Karton), Papier- und Pappwaren (soweit in Klasse 16 enthalten)"
geschützten prioritätsälteren Wortmarke 1 063 539
Focus
ordnungsgemäß, d.h. insbesondere form- und fristgerecht Widerspruch gemäß § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG - beschränkt auf die angegriffenen Waren "Papier und Pappe" der jüngeren Marke - erhoben.
Die Markenstelle für Klasse 16 des DPMA verneinte mit Beschluss vom 13.12.2000, der Widersprechenden zugestellt am 27.12.2000, die Gefahr von Verwechslungen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen den Vergleichsmarken und wies den Widerspruch daher zurück.
Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit ihrer am 24.01.2001 eingelegten Erinnerung,
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Amtsakte, insbesondere den angefochtenen Beschluss sowie die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
II.
Die Erinnerung der Widersprechenden ist zulässig, aber in der Sache ohne Erfolg.
Der Erstprüfer hat den zulässigen Widerspruch zu Recht -zurückgewiesen, da dieser nicht begründet ist. Auch eine erneute Prüfung der Sach- und Rechtslage - unter Berücksichtigung des weiteren Vortrages beider Beteiligter - führte zu keinem anderen markenrechtlichen Ergebnis.
Nach Auffassung des Erinnerungsprüfers besteht aufgrund der hinreichenden Unterschiede im Gesamteindruck der Vergleichsmarken keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, so dass die angegriffene Marke nicht gelöscht werden konnte, mithin der Widerspruch nach § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG zurückzuweisen war.
Ob Verwechslungsgefahr im markenrechtlichen Sinne besteht, hängt nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG von der Identität oder Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Marken einerseits und von der Identität oder Ähnlichkeit der von beiden Marken erfassten Waren und / oder Dienstleistungen andererseits ab (vgl. BGH GRUR 2000, 506, 508 -ATTACHE / TISSERAND). Darüber hinaus sind auch alle weiteren Umstände zu berücksichtigen, die sich auf die Verwechslungsgefahr auswirken können, insbesondere die Kennzeichnungskraft der älteren Marke (vgl. BGH a.a.O. -ATTACHE / TISSERAND, GRUR 1999, 995, 997 -HONKA). Zwischen diesen Faktoren besteht nach ständiger Rechtsprechung des BGH eine Wechselwirkung, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl. BGH MarkenR 2000, 364, 365 -Carl Link).
1. Benutzungsfragen spielen vorliegend keine Rolle, so dass bei den Waren der Widerspruchsmarke von der Registerlage auszugehen ist. Die danach auf Seiten der widersprechenden Marke zu berücksichtigenden Waren "Papier, Pappe (Karton), Papier- und Pappwaren (soweit in Klasse 16 enthalten)" weisen zu den gezielt angegriffenen Waren der jüngeren Marke "Papier und Pappe"ohne weiteres Identität auf. Infolgedessen ist von einer Begegnung der Vergleichsmarken auf identischen Produkten auszugehen.
2. Die Markenstelle legt - entgegen der Meinung der Inhaberin der angegriffenen Marke - ihrer Entscheidung eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft und damit einen normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke zugrunde.
Das Markenwort "Focus" (="Brennpunkt, Scharfeinstellung, bündeln konzentrieren", vgl. BPatG PAVIS CD-ROM Markenentscheidungen, 32W(pat)048/96 -FOCUS) weist weder zu dem Gebiet von Papier und Pappe einen unmittelbaren Warenbezug auf noch handelt es sich auf Seiten der Widersprechenden um ein bekanntes Kennzeichen (vgl. BPatG PAVIS CD-ROM Markenentscheidungen, 32W(pat)406/99 -FOCUS FUTURE/Focus).
Eine nachträglich eingetretene Schwächung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist nicht ersichtlich. Zum einen kommt für die Beurteilung der Kennzeichnungskraft einer Marke im Hinblick auf eingetragene Drittmarken der bloßen Registerlage um so geringere Bedeutung zu, je weniger angesichts der unverhältnismäßig angestiegenen Zahl von Markeneintragungen davon ausgegangen werden kann, dass registrierte Marken auch tatsächlich benutzt werden (BPatG 24W(pat)238/99 -WISCHMAX / Max) und zum anderen bezieht sich die, auf zwei Gutachten der Infratest Burke Rechtsforschung gestützte Berühmtheit der jüngeren Marke "FOCUS" nur auf die gleichnamige Zeitschrift ("FOCUS"- Magazin) bzw. Fernsehsendung ("FOCUS"- TV) sowie auf die Werbung für dieses Nachrichtenmagazin und somit nicht auf die hier allein verfahrensgegenständlichen Waren "Papier und Pappe".
3. Die Vergleichswaren richten sich an breite Verkehrskreise als Endverbraucher. Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Art von Waren abzustellen. Die Betrachtungsweise des flüchtigen Verkehrs ist bei dieser Beurteilung insoweit nicht maßgebend (BGH a.a.O. -ATTACHE/TISSERAND, BGH GRUR 1998, 942 -ALKA-SELZER). Somit ist von einer grundsätzlich normalen Aufmerksamkeit des angesprochenen Verkehrs auszugehen.
4. Den unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände, insbesondere der Warenlage, der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und der angesprochenen Verkehrskreise an den Markenabstand zu stellenden strengen Anforderungen wird die angegriffene Marke aber noch gerecht.
Aufgrund des Gesamteindruckes der Vergleichsmarken ist davon auszugehen, dass für das betroffene Publikum eine die unmittelbare Verwechslungsgefahr begründende Markenähnlichkeit nicht vorliegt. In klanglicher Hinsicht stehen sich die Vergleichsmarken "Im FOCUS: Kliniken im Test" einerseits und "Focus" andererseits gegenüber. Diese halten insoweit einen ausreichenden klanglichen Abstand ein.
Entscheidend hierfür ist, dass die Übereinstimmung der Markenwörter in dem gemeinsamen Bestandteil "FOCUS / Focus" vorliegend nicht erheblich ins Gewicht fällt, da die in der jüngeren Marke enthaltenen weiteren Zusätze "Im" und "Kliniken im Test" gleichberechtigt zum Bestandteil "FOCUS" stehen. Der Verkehr hat nämlich keinen Anlass sich ausschließlich am Bestandteil "FOCUS" zu orientieren, da insoweit der Grundsatz gilt, dass prinzipiell von der registrierten Form der Marke, die für den markenrechtlichen Schutz maßgebend ist, auszugehen ist. Danach ist es der Markenstelle grundsätzlich verwehrt aus der angegriffenen jüngeren Marke ein Element herauszugreifen und dessen Übereinstimmung mit der Widerspruchsmarke oder einem Element der Widerspruchsmarke festzustellen (Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz 6. Auflage 2000, § 9 Rn. 175 ff.).
Entgegen der Ansicht der Widersprechenden wird die angegriffene Marke auch nicht von dem Bestandteil "FOCUS" selbständig kollisionsbegründend geprägt. Insbesondere vermag die Markenstelle nicht nachzuvollziehen, wofür die weiteren Bestandteile "Im" (=in dem) und "Kliniken im Test" im Bereich der Waren "Papier und Pappe" beschreibend sein sollten. Sowohl der Bestandteil "FOCUS" als auch die Bestandteile "Im" und "Kliniken im Test" haben in Bezug auf die o.g. Waren keinen beschreibenden Begriffsinhalt, so dass allen eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zukommt. Infolgedessen sind alle Bestandteile jeweils gleichwertig und werden vom Verkehr auch als zusammenhängend betrachtet werden. Die Vergleichsmarken unterscheiden sich daher in den für den Wortaufbau so wichtigen Faktoren wie Silben- und Lautzahl, Klang- und Sprechrhythmus, so dass eine verwechslungsbegründende klangliche Ähnlichkeit nicht hergeleitet werden kann. Auch schriftbildlich weisen die Vergleichsmarken aufgrund ihrer verschiedenen Bestandteile und Zeichenlängen sowie der damit verbundenen abweichenden Schreibweisen hinreichende Unterschiede auf. Auch findet der in der jüngeren Marke enthaltene Doppelpunkt in der älteren Marke, keine Entsprechung. In begrifflicher Hinsicht stehen sich "In dem Brennpunkt: Kliniken im Test" einerseits und "Brennpunkt" andererseits gegenüber.
Somit fehlt es bereits hinsichtlich des klanglichen, schriftbildlichen und begrifflichen Gesamteindruckes an einer Ähnlichkeit dieser Vergleichsmarken.
Gemeinsamkeiten und Berührungspunkte, die zur Bejahung einer mittelbaren Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, HS. 2 MarkenG, insbesondere unter dein Gesichtspunkt einer assoziativen Verwechslungsgefahr führen könnten, sind anders als in der Entscheidung des BPatG 32W(pat)406/99 FOCUS FUTURE / Focus nicht erkennbar. Die Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr setzt voraus, dass der Verkehr zwar die Unterschiede zwischen den Marken erkennt, jedoch einen übereinstimmend enthaltenen Bestandteil als Stammzeichen wertet und die abweichenden Markenteile nur noch als Kennzeichen für bestimmte Waren oder Dienstleistungen aus dem Geschäftsbereich des Inhabers der älteren Marke ansieht.
In dieser Hinsicht liegen der Markenstelle jedoch keine Anhaltspunkte vor. Insbesondere hat die Widersprechende nicht nachgewiesen, dass sie den Verkehr durch eine Zeichenserie mit dem Stammbestandteil "Focus" bereits an verschiedene Abwandlungen ihrer Marke gewöhnt hat bzw. dass sonstige Umstände vorliegen, die den Schluss aufdrängen, dass diesem Bestandteil ein besonderer Hinweischarakter auf den Inhaber der älteren Marke zukommt. Insbesondere wirkt "FOCUS" anders als in der o.g. Entscheidung nicht als das eigentliche Kennzeichen, da wie bereits festgestellt "Im" und "Kliniken im Test" - im Gegensatz zu "FUTURE" - nicht kennzeichnungsschwach sind. Im Gegensatz zur Wortbedeutung "das Papier der Zukunft" wird "das Papier der Kliniken im Test" nicht als Sortenbezeichnung oder Hinweis auf eine Verbesserung gegenüber dem allein mit "Focus" gekennzeichneten Produkten aufgefasst werden.
Allein die Möglichkeit, dass sich der Verkehr durch die jüngere Marke an die Widerspruchsmarke erinnert fühlen könnte, genügt aber nach einschlägiger Rechtsprechung nicht für die Annahme einer assoziativen Verwechslungsgefahr (vgl. EuGH GRUR 1998, 387 -Sabel / Puma).
Nach alledem war die Erinnerung zurückzuweisen.
III.
Eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG war nicht veranlasst.
Auf die im Übersendungsschreiben enthaltene Rechtsmittelbelehrung wird hingewiesen.
Markenstelle für Klasse 16
Lindner
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