Ansprüche aus illegalem Währungsumtauschvertrag zweier ehemaliger DDR-Bürger
Gericht
LG Regensburg
Art der Entscheidung
Berufungsurteil
Datum
19. 07. 1994
Aktenzeichen
S 50/94
Durfte ein DDR-Bürger aufgrund eines illegalen Vertrages einen Geldbetrag im Rahmen der Währungsumstellung 1 : 1 umtauschen, obwohl dieser den zulässigen Höchstbetrag in diesem Verhältnis bereits umgetauscht hat, kann der Vertrag nach DDR-Recht rückabgewickelt werden.
Der Kl. macht Ansprüche aus einer Vereinbarung vom 25. 5. 1990 und einem deswegen übergebenen Betrag von 8000 Mark/DDR geltend. Anläßlich der Währungsumstellung in den neuen Bundesländern im Jahre 1990 vereinbarten die Parteien am 25. 5. 1990, daß der Kl. dem Bekl. einen Betrag von 8000 DDR-Mark übergab, die dieser im Verhältnis 1 : 1 in DM umtauschen sollte. Der Kl. hatte offenbar seine Möglichkeiten zum Umtausch 1 : 1 bereits voll ausgeschöpft und wollte nun auch den weiteren Betrag von 8000 DM im Verhältnis 1 : 1 umgetauscht haben. Der Bekl. hat ihm zugesagt, das Geld so auf Familienangehörige zu verteilen, daß bezüglich des gesamten Betrages ein Umtausch nach Art. 6 I der Anlage zum 1. Staatsvertrag vom 18. 5. 1990 erreicht würde. Nach dem Umtausch sollte der Bekl. einen Betrag von 800 DM als Entgelt behalten dürfen und ansonsten 7200 DM an den Kl. in DM zurückgeben. Diese Vereinbarung hat der Bekl. nicht eingehalten, sondern hat nach dem Erhalt von 8000 DDR-Mark nichts mehr an den Kl. zurückgegeben. Der Kl. meint nun, daß er bei ordnungsgemäßem Umtausch, diese 8000 DM wenigstens im Verhältnis 1 : 2 hätte tauschen können und dafür 4000 DM erhalten hätte, und beantragte daher am 6. 8. 1990 noch vor der Wiedervereinigung vor dem KreisG Rückzahlung in Höhe von 4000 DM.
Das AG hat der Klage stattgegeben und ihn zu Schadensersatz gem. § 823 II i. V. mit § 246 StGB verurteilt. Die Berufung des Bekl. hatte keinen Erfolg: Das LG bestätigte das amtsgerichtliche Urteil im Ergebnis, aber mit anderer Begründung.
Dem Kl. steht aus dem Rechtsgeschäft vom 25. 5. 1990 ein Zahlungsanspruch in Höhe von 4000 DM nach §§ 69 I, 356, 357 II DDR-ZGB zu.
Einen Schadensersatzanspruch nach § 823 II BGB i. V. mit § 246 StGB, wie ihn das AG angenommen hat, hält die Berufungskammer nicht für nachgewiesen. Ob sich der Bekl. hinsichtlich des vom Kl. erhaltenen Geldes eines Vergehens der Unterschlagung nach § 246 StGB schuldig gemacht hat, erscheint schon deshalb zweifelhaft, da der Bekl. möglicherweise schon bei der Übergabe des Geldes durch den Kl. oder spätestens beim Umwechseln des Geldes durch die Bank Eigentümer wurde. Dann scheidet eine Unterschlagung aus. Für einen Betrug oder eine Untreue des Bekl. gegenüber dem Kl. ist zu wenig vorgetragen.
Durch den Empfang der 8000 Mark/DDR aufgrund der Parteivereinbarung vom 25. 5. 1990 wurde der Bekl. ungerechtfertigt bereichert. Nach Art. 232 § 1 des Einigungsvertragsgesetzes ist auf das Verhältnis der Parteien zueinander das Recht der ehemaligen DDR anzuwenden, da das Schuldverhältnis vor Wirksamwerden des Beitritts der ehemaligen DDR zur Bundesrepublik Deutschland am 3. 10. 1990 entstanden ist. Nach Art. 6 der Anlage 1 zum Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR vom 18. 5. 1990 konnten natürliche Personen, die zwischen dem 2. 7. 1931 und 1. 7. 1976 geboren sind, bis zu 4000 DM und natürliche Personen, die vor dem 2. 7. 1931 geboren sind, bis zu 6000 DM für ein Guthaben für 2 Mark/DDR 1 DM gutschreiben lassen. In Absatz 4 des Art. 6 ist ausdrücklich bestimmt, daß Umgehungsgeschäfte nichtig sind. Bei der Vereinbarung zwischen den Parteien vom 25. 5. 1990 handelt es sich um ein solches Umgehungsgeschäft, da der Kl. hierdurch mehr als den ihm zustehenden Umtauschbetrag erhalten wollte.
Beiden Parteien war bei Abschluß der Vereinbarung und der Übergabe der 8000 Mark/DDR auch bekannt, daß es sich hier um ein Umgehungsgeschäft handelt. Nach §§ 69 I, 256 DDR-ZGB hatte daher der Bekl. die Verpflichtung, das Erlangte, nämlich die 8000 Mark/DDR an den Kl. zurückzugeben. Dieser Anspruch des Kl. ist noch vor dem 1. 7. 1990 entstanden und eine dem § 817 S. 2 BGB entsprechende Regelung, daß die Rückforderung dann ausgeschlossen ist, wenn dem Leistenden, ebenso wie dem Empfänger, ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten zur Last zu legen ist, ist im DDR-ZGB nicht enthalten. Nach § 69 II DDR-ZGB hätte möglicherweise eine Einziehung des zu Unrecht erlangten zugunsten des Staates erfolgen können, wenn der Staatsanwalt bei einem Gericht einen entsprechenden Antrag gestellt hätte. Ein solcher Antrag wurde jedoch nicht gestellt.
Die bei Aushändigung der 8000 Mark entstandene Herausgabeforderung ist nach § 1 des Art. 7 der Anlage I zum 1. StaatsV im Verhältnis 2 : 1 umzustellen.
Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzugs nach § 86 III DDR-ZGB.
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