Buchung einer Ersatzreise

Gericht

Landgericht Darmstadt


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

17. 01. 2002


Aktenzeichen

6 S 324/01


Leitsatz des Gerichts

Bucht ein Reisender eine Ersatzreise, muss diese der vertraglich geschuldeten Reise hinsichtlich Charakter, Ziel, Qualität und Dauer entsprechen.

Entscheidungsgründe

Auszug aus den Entscheidungsgründen:

Auch aus den reiserechtlichen Vorschriften ergibt sich kein Anspruch des Klägers. Zwar kann ein Reisender grundsätzlich sowohl im Rahmen des § 651 c Abs. 3 BGB als auch im Rahmen des § 651 f Abs. 1 BGB Ersatz solcher Mehrkosten verlangen, die ihm dadurch entstanden sind, dass keine oder keine vertragsgemäße Leistung erbracht wurde. Im Rahmen des § 651 f Abs. 1 BGB fallen hierunter grundsätzlich auch die Mehrkosten einer ErsatzReise (LG Frankfurt am Main, NJW-RR 1987, 568). Der Reisende kann aber nur das ersetzt verlangen, was nach den Umständen erforderlich war. Er muss sich um Ersatzmöglichkeiten bemühen, die der vertraglich geschuldeten Leistung am nächsten kommen, d.h. er muss den Zuschnitt der Reise hinsichtlich ihres Charakters, des Ziels, der Zeit und Dauer sowie der Qualität wahren. Erst dann, wenn der Reisende eine gleichwertige Leistung nicht erhalten kann, darf er auch eine höherwertige Leistung in Anspruch nehmen (KG, NJW-RR 1993, 1209, 1210). Dabei hat er aber im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht auch auf die Interessen des Reiseveranstalters Rücksicht zu nehmen (§ 254 BGB). Ersatzfähig ist nur das, was den Umständen nach erforderlich und angemesssen, mithin verhältnismäßig war (vgl. auch Tempel, RRa 2000, 107, 113).

Die Mehrkosten, die der Kläger mit der Ersatz-Reise nach Antigua verursacht hat, waren den Umständen nach nicht verhältnismäßig. Die Kosten für die Ersatz-Reise (Flüge, Unterbringung und Mietwagen) übersteigen den ursprünglichen Reisepreis um 100%. Dabei hat der Kläger insbesondere durch die Unterbringung im B.-Hotel bei einem Preis für das Doppelzimmer pro Tag in Höhe von rund 720,- USD unangemessen hohe Kosten verursacht.

Im Übrigen hat der Kläger bereits nicht ausreichend dargelegt, dass es ihm nicht möglich gewesen sein soll, eine hinsichtlich des Reisezuschnitts gleichwertige Ersatz-Reise zusammenzustellen. Es mag sein, dass in der Kürze der Zeit keine Schiffs- und auch keine Pauschalreise mehr zu erhalten waren. Allerdings ist bereits zu dem Zielort Antigua lediglich pauschal vorgetragen, andere Flüge in die Karibik seien nicht möglich gewesen. Welche konkreten Anstrengungen der Kläger unternommen hat, um einen Flug in ein billigeres Reiseland in der Karibik zu finden, bleibt unbekannt.

Gleiches gilt für die Suche nach einem dem Standard der ursprünglichen Reise entsprechenden Hotel. Der Kläger behauptet lediglich, er habe ein Fahrzeug gemietet und eine Vielzahl von Hotels abgeklappert, aber trotz nahezu eintägiger Suche ein kostengünstigeres Hotel als das B.-Hotel nicht gefunden, was angesichts der Osterzeit nicht verwunderlich sei. Auch hier hätte der Kläger seine Bemühungen im Einzelnen konkret benennen müssen. Dies gilt umso mehr angesichts der Höhe der Kosten im B.-Hotel sowie angesichts dessen, dass seine Behauptung über die nahezu eintägige Suche übertrieben erscheint. Wie sich aus der vorgelegten Avis-Rechnung ergibt, hat der Kläger das Fahrzeug gegen 17:00 Uhr in Empfang genommen. Wenn es sich dabei um das gleich nach Ankunft in Antigua angemietete Fahrzeug handelt - wovon auszugehen ist - kann eine fast eintägige Suche nicht stattgefunden haben.

Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass sich der Kläger im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht hätte bemühen müssen, nach dem Osterwochenende - bei etwas entspannterer Buchungslage ein anderes Hotel zu finden. Einen Umzug hält die Kammer unter den hier gegebenen Umständen für durchaus zumutbar. Dass der Kläger derartige Versuche unternommen hat, wird indes nicht behauptet.

Ungeachtet der Unverhältnismäßigkeit und ungeachtet der Verfügbarkeit einer gleichwertigen Ersatz-Reise ergibt sich auch bei einer Kostenschätzung nach § 287 ZPO ein Anspruch des Klägers nicht. Denn die geschätzten Kosten übersteigen unter Berücksichtigung der als ersatzfähig zu wertenden Schadenspositionen und der Kulanzzahlungen der Beklagten den Reisepreis für die ursprüngliche Schiffsreise nicht.

Der Schätzung unterfallen dabei die Hotelkosten. Diese Kosten sind nach den Unterbringungs- und Verpflegungskosten für zwei Personen während der geplanten Schiffsreise zu bemessen. Dabei ist zu schätzen, welchen Anteil die Unterbringungskosten im Rahmen des Pauschalpaketes "Schiffsreise" ausmachen. Von dem Pauschalpaket, das rund 9.000,- DM kosten sollte, ist zunächst ein Abzug von 2.000,- DM für die darin enthaltenen Flüge für zwei Personen vorzunehmen. Darüber hinaus ist ein wiederum geschätzter Betrag von 2.000,- DM für die Exklusivität einer Schiffsreise abzuziehen. Damit verbleibt ein auf die Unterbringung entfallender Anteil von 5.000,DM, der als Maßstab für die Angemessenheit der Hotelkosten einer Ersatz-Reise dient.

Zu berücksichtigen sind des weiteren die ersatzfähigen Kosten, für die eine Schätzung nach § 287 ZPO nicht notwendig ist. Dabei handelt es sich um die folgenden, in der Schadensaufstellung des Klägers enthaltene Positionen: Flugkosten 2.209,10 DM, 1.090,- DM, Essen Flughafen Frankfurt am Main 153,50 DM, Hotel Sheraton Frankfurt am Main 299,- DM, Avis Mietwagen 1.156,63 DM, total 4.908,23 DM.

Als nicht ersatzfähig müssen dabei folgende Kosten unberücksichtigt bleiben: Taxi-Kosten 101,- DM, Avis 262,55 DM, Hotel-Gebühr 221,50 DM sowie Hertz Drivers Certificate 43,56 DM. Weshalb diese Beträge als adäquat-kausaler Schaden zu ersetzen sein sollen, hat der Kläger nicht vorgetragen.

Nach Addition der ersatzfähigen Position mit dem oben geschätzten Betrag von 5.000,- DM für ein Hotel und unter Berücksichtigung der Kulanzzahlungen in Höhe von 1.000,- DM durch die Beklagte ergeben sich Kosten für den Kläger in Höhe von 8.908,23 DM. Da dieser Betrag geringer ist als der ursprünglich bezahlte und von der Beklagten zurückerstattete Preis für die Schiffsreise, kann dem Kläger ein weiterer Anspruch nicht zuerkannt werden.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Rechtsgebiete

Reiserecht