Nichtanfahren gefährdeter Reiseziele bei einer Kreuzfahrt nach Anschlägen

Gericht

LG Hannover


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

11. 12. 2002


Aktenzeichen

12 S 65/02


Leitsatz des Gerichts

Wenn bei einer Kreuzfahrt nach dem 11. September 2001 die Reiseroute geändert wird und Häfen in Ägypten und Oman nicht angelaufen werden, kann der Reisepreis nicht gemindert werden.

Entscheidungsgründe

Auszüge aus den Gründen:

1. Auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO).

2. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Dem Kläger stehen keine bereicherungsrechtlichen Ansprüche (§§ 812 ff. BGB) aus abgetretenem Recht gegen die Beklagte zu. Der von seiner Ehefrau gezahlte Reisepreis ist nicht wegen Mängeln gemäß § 651 d Abs. 1 BGB gemindert. Es mag daher offen bleiben, ob das zu Ziff. 14. 3 der Reisebedingungen niedergelegte Abtretungsverbot wirksam ist oder ob die Klausel gegen die Regelungen des für die Zeit des Vertragsschlusses anzuwendenden AGBG verstieß.

Die Kammer sieht die Änderung der Reiseroute hier als einen Eingriff in das vertragliche Leistungsbild an. Eine Kreuzfahrt wird einerseits durch das Reisen mit dem Schiff und den Genuss des Meeres, andererseits aber natürlich auch durch die jeweiligen Landaufenthalte geprägt. Dabei hat der Reisende wie der Hotelgast eine fortlaufende Unterbringung, kann aber gleichzeitig in kurzer Abfolge eine Vielzahl attraktiver Orte besichtigen. Bei der von der Ehefrau des Klägers gebuchten Reise mögen Ägypten und Oman zu den durchaus attraktiven, prägenden Hafenzielen gezählt haben.

Die Klägerin hat sich jedoch bezüglich der Reiseroute die Änderung von Leistungsmerkmalen zu Ziff. 5. 2 ihrer Reisebedingungen vorbehalten, und auch in der - nach Vertragsschluss übersandten - Buchungsbestätigung (...) auf mögliche Änderungen hingewiesen.

Die Regelung zu Ziff. 5. 2 verstieß nicht gegen die Bestimmungen des AGBG. Wie sich bereits aus der Vorschrift des § 651 a Abs. 4 BGB ergibt, kann ein Reiseveranstalter sich Leistungsänderungen vorbehalten. Allerdings liegt auf der Hand, dass die Beklagte nicht willkürlich in die Gestaltung der Reise eingreifen durfte. Es gab jedoch für die Beklagte bzw. für deren Vertragspartner einen guten Grund zur Änderung der Reiseroute, denn in den unmittelbar auf den 11. September 2001 folgenden Wochen wurde vielfach mit der Wiederholung von Anschlägen gerechnet; befürchtet wurden namentlich auch Übergriffe auf Touristen in der islamischen Welt. Dabei kommt es allein auf die Sichtweise vor Reisebeginn an. Es ist daher ohne Belang, wenn der Kläger darauf hinweist, dass es in den hier betroffenen Gebieten nicht zu Anschlägen gekommen sei. Soweit ersichtlich, sind in Deutschland (s. aber OGH Österreich, RRa 2002, 131 f.) bisher keine Entscheidungen zu Kündigungen etc. im Hinblick auf den 11. September 2001 veröffentlicht worden. Allerdings geht die Kammer davon aus, dass nicht nur USA-Reisen wegen der Gefahr weiterer Anschläge hätten storniert werden dürfen (vgl. Stuppi, RRa 2002, 54, 55), sondern vielmehr auch Reiseveranstalter durchaus Anlass hatten, terroristische Übergriffe auf Touristen insbesondere in den islamischen Ländern zu befürchten. Aus Sicht der Kammer ist es durchaus nachvollziehbar, dass die Reederei aus Gründen der Vorsicht darauf verzichtete, die Häfen im Oman und in Ägypten anzusteuern.

Dass die Beklagte die 21-Tage-Frist von Ziff. 5. 2 nicht einhielt und auch nicht einhalten konnte, berührt die Zulässigkeit der Änderung nicht, denn die Frist sollte nur für "wesentliche Reiseleistungen" gelten. Dabei sind die objektiven Umstände maßgeblich. Welche persönlichen Akzente die Ehefrau des Klägers gegenüber dem Reisebüro angab (...), ist ohne Belang. Entscheidend ist, ob der Gesamtzuschnitt der Reise erhalten bleibt (vgl. Tempel, RRa 1999, 107, 109). Das war der Fall, da sowohl die Reisezeit, die Art der Fortbewegung wie auch das Reisegebiet im Übrigen unberührt blieben. (...)

Rechtsgebiete

Reiserecht