Wirbelsturm / Minderung / Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit / Höhere Gewalt
Gericht
AG Hannover
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
29. 10. 2002
Aktenzeichen
560 C 9040/02
Wird durch einen Wirbelsturm die Wasser- und Stromversorgung unterbrochen, kann für jeden eingeschränkten Tag der durchschnittliche Tagespreis um 40% gemindert werden. Der Reiseveranstalter kann sich dabei nicht auf höhere Gewalt berufen, wenn er vom aufziehenden Wirbelsturm weiss und die Reise dennoch durchführt.
Wird das gebuchte Hotel zerstört, kann wegen der anderweitigen, nicht gebuchten Unterbringung für die gesamte Reisezeit der Reisepreis um 15% gemindert werden.
Die Parteien waren durch einen Reisevertrag für die Zeit vom 5. 11. bis 18. 11. 2001 in die Anlage X. auf Kuba in Form einer Gruppenreise mit anteiligem Reisepreis von 1.013,- EUR verbunden. Das gebuchte Hotel wurde durch den Wirbelsturm Michelle am 4. 11. 2001 dermaßen in Mitleidenschaft gezogen, dass eine dortige Unterbringung nicht möglich war. Die Klägerin und ihre Mitreisenden wurden in das ca. 100 Kilometer entfernte Hotel B. gebracht, in dem in der Zeit vom 5. bis 8. 11. 2001 die Strom- und Wasserversorgung unterbrochen war.
Die Klägerin verlangt Minderung und Schadensersatz, worauf die Beklagte vorprozessual 125,- EUR gezahlt hat. Die Klägerin beruft sich über die nicht funktionierende Strom- und Wasserversorgung in den ersten vier Tagen hinaus auf mangelnde Benutzbarkeit des Swimmingpools bzw. teilweise Nicht-Benutzbarkeit des Strandes, die differierende Unterbringung insoweit, sowie die fehlende Möglichkeit von Tauchen und bemängelt das Auftreten von gesundheitsgefährdenden Quallen.
Die Klage ist teilweise begründet.
Die Klägerin hat Anspruch auf Minderung in Höhe von 40 % für die ersten Tage auf Grund der Einschränkungen, die sich durch die fehlende Wasser- und Stromzufuhr ergeben haben. Dabei wird auch mit umfasst die sich aus der mangelnden Wasserzufuhr ergebende Nichtbenutzbarkeit des Swimmingpools, dessen Wasser unstreitig teilweise zur Toilettenspülung benutzt worden ist. Mit dieser 40-%igen Minderung wird auch eine gewisse, allerdings nicht substantiiert dargestellte Einschränkung in der Beköstigung mit umfasst. Des Weiteren besteht ein Minderungsanspruch der Klägerin in Höhe von 15 % für die gesamte Reisezeit auf Grund der anderweitigen nicht gebuchten Unterbringung. Dabei kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass dies in Folge höherer Gewalt geschehen sei, denn ausweislich des vorgelegten Berichts des Deutschen Wetterdienstes war ab dem 1. 11. die Tatsache einer Bedrohung des Urlaubsgebietes durch "Michelle" bekannt und ab Mittag des 3. 11. bestand für die Bedrohung durch "Michelle" eine hohe Wahrscheinlichkeit. Angesichts des Reisetermins vom 5. 11. bestand für die Beklagte die Möglichkeit, ihrerseits den Reisevertrag zu kündigen bzw. der Klägerin Gelegenheit zu geben, diesen zu kündigen. Wenn die Beklagte angesichts der Unwahrscheinlichkeit der Durchführbarkeit des Reisevertrages an diesem festhielt, haftet sie auf Minderung bzw. auf Schadensersatz.
Weiter gehende Minderungsansprüche der Klägerin scheitern an § 651 d Abs. 2 BGB, denn, entsprechende behauptete Mängel sind in der schriftlichen Gästemeldung vom 10. 11. bzw. 11. 11. 2001. nicht aufgeführt. Die Behauptungen, diese seien gegenüber der Reiseleitung mündlich gerügt worden, ist völlig unsubstantiiert. Die Minderungsquote erreicht für die ersten vier Tage ohne die abweichende Lage des Hotels 40 %. Zusammen mit der abweichenden Lage 55 %. Mithin hat die Klägerin die ersten vier Tage jeweils Anspruch auf Schadensersatz wegen entgangenen Urlaubsgenusses, da die Reiseleistungen insoweit erheblich beeinträchtigt waren. (...)
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