Kostenerstattung bei unberechtigter Kündigung

Gericht

OLG München


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

08. 03. 2002


Aktenzeichen

21 U 4732/01


Leitsatz des Gerichts

  1. Kündigt der Verpächter oder Vermieter vertragswidrig, haftet er nach den Grundsätzen über positive Vertragsverletzung.

  2. Er handelt fahrlässig, wenn er aufgrund mangelnder Organisation annimmt, er sei zur Kündigung berechtigt.

  3. Zum Schaden, der nach den Grundsätzen über positive Vertragsverletzung zu ersetzen ist, gehören die dem Vertragspartner zur Abwehr entstehenden Rechtsanwaltskosten.

Entscheidungsgründe

Auszug aus den Gründen:

...

Kündigt der Vermieter oder Verpächter das Vertragsverhältnis ohne ausreichenden, aber zur Wirksamkeit erforderlichen Kündigungsgrund, handelt er dabei mindestens fahrlässig und erwächst dem Mieter oder Pächter daraus ein Schaden, so ist er dem Vertragsgegner aus positiver Vertragsverletzung zum Ersatz dieses Schadens verpflichtet. Es ist Sache des Vermieters/Verpächters, sich vor dem Ausspruch einer Kündigung mit den zumutbaren Mitteln darüber Gewissheit zu verschaffen, ob eine Kündigung gerechtfertigt ist. Unabhängig davon, ob sich der Mieter (Pächter) auf die Kündigung einlässt und auszieht, können die Kosten einer Rechtsberatung zur Abwehr der Kündigung einen Schaden darstellen (vgl. insgesamt Bub/Treier/Grapentin, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., Rz. IV. 27 m.w.N.).

Die Klägerin haftet insoweit zumindest wegen fahrlässig verursachter mangelnder Organisation in der Verwaltung des Pachtverhältnisses mit der Beklagten. Es entlastet die Klägerin nicht, dass für sie jeweils verschiedene Personen einerseits die außerordentliche Kündigung des Pachtverhältnisses wegen Pachtrückständen unter dem Datum 16.4.1998 erklärt und andererseits unter dem Datum 15.4.1998 die dem Kündigungsgrund den Boden entziehende (Schuldanerkenntnis und) Ratenzahlungsvereinbarung (an der sie auch festhalten will) unterschrieben haben. Die Klägerin hat damit für die Durchführung des Vertrages wesentliche Willenserklärungen gegenläufigen Inhalts in ein und demselben Pachtverhältnis in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang abgegeben; sie hat damit schuldhaft den Vertragszweck gefährdet.

Nach dem eigenen Eingangsstempel der Klägerin, die selbst auf den Eingang abstellt, war ihr am 15.4.1998, jedenfalls aber am 16.4.1998 die von der Beklagten unterzeichnete Urkunde „Schuldanerkenntnis und Ratenzahlungsvereinbarung” zugegangen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus ihrem unter Zeugenbeweis gestellten Sachvortrag im Schriftsatz vom 24.1.2000. Laut Urkunde hat die Klägerin ihrerseits das Schriftstück „Schuldanerkenntnis und Ratenzahlungsvereinbarung” auch bereits am 15.4.1998 unterzeichnet. Dieses Datum gehört nach Stellung und Zusammenhang zu der Unterzeichnung der Klägerin („München, den 15.4.1998”), nicht zur Unterschrift der Beklagten („F., den ”, Datum offen gelassen). Dafür, dass die förmliche Annahmeerklärung der Klägerin auf der Urkunde K 6 rückdatiert worden sei – was die Klägerin so auch nicht behauptet –, ist weder ein Grund vorgetragen, noch sonst ersichtlich. Es fügt sich in den Rahmen, dass die Klägerin in ihrem Antwortschreiben vom 29.4.1998 auf die Zurückweisung der Kündigung als eben wegen der Vereinbarung vom 15.4.1998 unwirksam und treuwidrig durch das Anwaltsschreiben der Beklagten vom 22.4.1998 diese mit Schreiben vom 16.4.1998 ausgesprochene außerordentliche Kündigung ohne Einwand oder weitere Erklärung hierzu als „gegenstandslos” bezeichnet hat.

Der Beklagten ist durch das Verhalten der Klägerin ein Schaden in Höhe der anwaltlichen Gebührenrechnung vom 19.5.1999 entstanden. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat vorgetragen, dass diese die Anwaltsgebühren i.H.v. 1.663,21 DM an ihn entrichtet hat. Dem hat die Klägerin nicht widersprochen (vgl. § 138 Abs. 3 ZPO).

Der Schadensersatzanspruch der Beklagten ist nicht wegen Mitverschuldens (§ 254 BGB) der Pächterin gemindert oder ganz entfallen.

Die außerordentliche Kündigung des Pachtverhältnisses ist für die Beklagte von ganz erheblicher rechtlicher und vor allem wirtschaftlicher Bedeutung gewesen. Wegen der für die Beklagte existenziellen Bedeutung der Kündigung war es der Pächterin nicht zumutbar, auf die Einholung von Rechtsrat und anwaltlichem Beistand zu verzichten. Die Klägerin hat auch nicht etwa behauptet, dass ihre außerordentliche Kündigung vom 16.4.1998 offensichtlich unwirksam gewesen sei (vgl. insoweit Bub/Treier/Grapentin, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., Rz. IV. 28 m.w.N.), sondern sie versucht im Gegenteil ihre außerordentliche Kündigung vom 16.4.1998 als rechtswirksam darzustellen. ...

Rechtsgebiete

Mietrecht