Verwirkung des Anspruchs auf Zahlung rückständiger Nebenkosten
Gericht
OLG Köln
Art der Entscheidung
Berufungsurteil
Datum
09. 11. 1998
Aktenzeichen
16 U 50/98
Der Anspruch auf Zahlung rückständiger Heizkosten ist nicht deshalb verwirkt, weil der Vermieter ihn erst länger als ein Jahr nach Ablauf des vorgesehenen Abrechnungszeitraums geltend macht. In Anbetracht der kurzen Verjährungsfrist von vier Jahren besteht kein Bedürfnis, den Mieter zusätzlich durch erleichternde Anforderungen an den Verwirkungstatbestand zu schützen.
Der Kl., bisheriger Vermieter des Bekl., hat Mietzinsansprüche und Ansprüche wegen Heizung und Nebenkosten geltend gemacht. Der Kl. hat sich mit seiner Berufung erfolgreich gegen die Rechtsansicht des LG gewandt, wonach seine Nebenkostenansprüche verwirkt seien.
2 c) Der Nachforderungsanspruch des Kl. ist nicht verjährt. Die Forderungen
für Nebenkosten und Heizkosten unterfallen der vierjährigen Verjährungsfrist des
§ 197 BGB, die am 31. 12. 1997 abgelaufen wäre, jedoch wirksam durch die
Klageerhöhung vom 30. 12. 1997 unterbrochen worden ist, § 209 BGB, §§ 262, 270
III ZPO.
Die Ansprüche auf Zahlung der Nebenkosten werden fällig mit
Ablauf der zur Abrechnung vertraglich vorgesehenen Frist (BGH, NJW 1984, 1684).
Diese ist hier eine Jahresfrist. Zum einen folgt dies aus dem handschriftlichen
Eintrag unter § 3 Nr. 2 des Vertrags: „Ende jedes Jahres werden Rechnungen
zugeteilt„, wobei die Formulierung „jedes Jahr„ sich sinnvollerweise nur auf das
dem Verbrauchsjahr folgende Jahr beziehen kann. Entsprechend gilt in Anbetracht
der bereits vorgedruckten Regelungen unter § 4 Nr. 2 des Vertrags, wonach die
Nebenkosten jährlich nach einem Stichtag, der allerdings offen geblieben ist,
mit dem Mieter abzurechnen sind. Eine Abrechnung im Folgejahr nach dem Jahr
ihrer Entstehung ist sachgerecht, da eine Berechnung der Nebenkosten noch im
laufenden Jahr technisch kaum möglich sein wird. Mangels eines konkreten
Stichtags ist davon auszugehen, daß der Abrechnungszeitraum bis zum 31. 12. des
Folgejahrs reicht, somit hier bis zum 31. 12. 1993.
d) Entgegen der Meinung
des LG sind diese Nachforderungsansprüche nicht verwirkt, § 242 BGB. Zwar
hielten zahlreiche Untergerichte bislang derartige Erstattungsansprüche für
verwirkt, wenn sie nach Ablauf des vorgesehenen Abrechnungszeitraums noch
geltend gemacht worden sind (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 57. Aufl., § 242 Rdnr.
103 m. w. Nachw.; so u.a. LG Berlin, WuM 1978, 166; LG Bonn, WuM 1979, 235).
Danach soll in diesen Fällen das für die Verwirkung erforderliche Zeitmoment
bereits das ebenfalls erforderliche Umstandsmoment indizieren, wenn die erwähnte
Frist abgelaufen ist. Dieser Rechtsmeinung steht indes die (neuere)
Rechtsprechung des BGH entgegen (vgl. BGHZ 91, 62 = NJW 1984, 2466; BGH, NJW
1984, 1684), wonach eine Bejahung des Umstandsmoments besonderer Indizien
bedarf. Allein eine Untätigkeit des Gläubigers, d.h. eine nicht vertragsgerechte
Abrechnung innerhalb des vorgesehenen Abrechnungszeitraums, wird als nicht
ausreichend für eine Verwirkung angesehen (vgl. ebenso wie der BGH OLG Hamburg,
WuM 1992, 76; LG Gießen, NJW-RR 1996, 1163). Der Senat folgt in dieser Frage der
Meinung des BGH. In Anbetracht der kurzen Verjährungsfrist von vier Jahren
besteht kein weiteres Bedürfnis, den Mieter zusätzlich durch erleichternde
Anforderungen an den Verwirkungstatbestand zu schützen. Demnach kann im
vorliegenden Fall eine Verwirkung nur dann bejaht werden, wenn besondere
Umstände neben der Untätigkeit des Kl. vorliegen. Das ist ersichtlich nicht der
Fall. Hier handelt es sich im übrigen nicht um völlig unerwartete
Nachforderungen, da der Abschlagscharakter der ursprünglichen Zahlungen nach dem
Vertragsinhalt von vornherein bekannt war. Deshalb ist allein der Zeitablauf von
fast vier Jahren zwischen Fälligkeit einerseits und Geltendmachung der Forderung
andererseits für die Annahme einer Verwirkung nicht ausreichend.
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