Beweislast bei Verletzung einer Nebenpflicht des Vermieters

Gericht

AG Wedding


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

19. 03. 1992


Aktenzeichen

19 C 452/91


Leitsatz des Gerichts

Werden in einem Mietshaus erstmals durch einen Wasserrohrbruch Einrichtungsgegenstände des Mieters beschädigt, so steht dem Mieter ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer mietvertraglichen Nebenpflicht zu. Die Pflichtverletzung des Vermieters ergibt sich bereits aus dem Schadenseintritt. Der Vermieter muss beweisen, dass er den Schaden nicht zu vertreten hat.

Tatbestand

Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Kl. sind Mieter einer Mietwohnung. In dem Hause kam es zu einem Wasserrohrbruch, bei dem in der Wohnung der Kl. Einrichtungsgegenstände beschädigt wurden (Teppiche und Auslegware). Bis dahin hatte sich noch kein Wasserrohrbruch ereignet.

Das AG hat der Kl. Schadensersatzklage stattgegeben.

Entscheidungsgründe

Auszüge aus den Gründen:

... Die Kl. haben gegenüber der Bekl. auch einen Anspruch auf Schadensersatz aus Vertrag. Die Bekl. ist den Kl. nämlich jedenfalls wegen Verletzung einer mietvertraglichen Nebenpflicht (positive Forderungsverletzung) zum Schadensersatz verpflichtet. Die Bekl. hat nämlich ihre Pflicht, sich bei Durchführung des Mietvertrages so zu verhalten, daß das Eigentum und sonstige Rechtsgüter der Kl. nicht verletzt werden (Schutzpflicht), verletzt. Die Pflichtverletzung ergibt sich bereits aus der unstreitigen Tatsache, daß der vorliegende Schaden entstanden ist. Ein solcher Schluß vom Schaden des Mieters auf die Pflichtverletzung des Vermieters ist hier ohne weiteres zulässig, da der Vermieter nach dem Mietvertrag die erfolgsbezogene Pflicht hatte, einen Schaden wie den eingetretenen, zu verhindern (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 1989, 468; Palandt-Heinrichs, BGB, 50. Aufl., § 282 Rdnrn. 7, 12). Im übrigen ist der Schluß von einer Schädigung auf eine Pflichtverletzung auch dann gerechtfertigt, wenn der Gläubiger dartut, daß die Schadensursache allein aus dem Verantwortungsbereich des Schuldners herrühren kann. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn ein Wasserschaden den Umständen nach seine Ursache in der Sphäre des Vermieters hat (vgl. BGH, NJW 1964, 33).

Die Pflichtverletzung der Bekl. ist auch für den Schaden der Kl. ursächlich geworden. Eines besonderen Kausalitätsbeweises durch die Kl. bedurfte es hier nicht, da sie den Schaden während des bestehenden Mietverhältnisses erlitten haben (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, § 282 Rdnr. 15).

Die Bekl. hat ihre Schutzpflicht auch schuldhaft verletzt (§§ 276, 278 BGB). Sie hätte grundsätzlich die von ihr vermietete Sache auf mögliche Gefahrenquellen für den anderen Vertragsteil überprüfen müssen. Das erkennende Gericht ist der Ansicht, daß die Bekl. darzulegen und zu beweisen hat, dieser Pflicht in ausreichendem Maße nachgekommen zu sein. Der BGH hat im Anschluß an das RG für den Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung eine Beweislastverteilung nach Gefahren- oder Verantwortungsbereichen entwickelt (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, § 282 Rdnrn. 6 f. mit umfangreichen Nachw. aus d. Rspr.). Danach gilt der Grundsatz, daß der Schuldner beweisen muß, er habe die Pflichtverletzung nicht zu vertreten, wenn ihm objektiv eine Pflichtverletzung zur Last fällt oder die Schadensursache in sonstiger Weise aus seinem Verantwortungsbereich hervorgegangen ist. Dies ist noch keine Gefährdungshaftung, am Grundsatz der verschuldensabhängigen Haftung ändert sich nichts. Allerdings wird die Beweislast nach Verantwortungsbereichen verteilt, wobei diese richterliche Rechtsfortbildung inzwischen auch durch den Gesetzgeber (vgl. § 11 Nr. 15 lit. AGB-Gesetz) anerkannt ist. Der vorgenannte Grundsatz der Beweislastverteilung ist auch auf den Mietvertrag anwendbar (vgl. BGH, NJW 1964, 33 (35); BGH, NJW 1978, 2197 = LM § 535 BGB Nr. 65). Die Bekl. hat demgemäß gem. §§ 249 ff. BGB Schadensersatz zu leisten.

Rechtsgebiete

Mietrecht