Irrtum bei Erteilung eines Online-Auftrags an Direktbank
Gericht
OLG Nürnberg
Art der Entscheidung
Berufungsurteil
Datum
09. 10. 2002
Aktenzeichen
12 U 1346/02
Eine Direktbank ist nicht verpflichtet, durch ein Guthaben des Auftraggebers nicht gedeckte, im online-Verfahren erteilte Aufträge zurückzuweisen.
Eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank, dass diese "zur Ausführung von Aufträgen zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren nur insoweit verpflichtet, als das Guthaben des Kunden, ein für Wertpapiergeschäft nutzbarer Kredit oder der Depotbestand des Kunden zur Ausführung ausreichen", gibt der Bank nur ein Leistungsverweigerungsrecht, wenn das Kontoguthaben nicht zur Ausführung des Auftrages ausreicht. Führt die Bank den Auftrag trotzdem aus, verzichtet sie auf eine Vorschussleistung des Auftraggebers, eine Verletzung ihrer Vertragspflichten ist darin jedoch nicht zu sehen.
Grundsätzlich enthält ein "Online"-Auftrag eine größere "Irrtumsanfälligkeit" als die vom Kunden frei formulierte Willenserklärung im Schalterbetrieb. Dem Kunden ist aber bewusst, dass der "Online" eingegebene Auftrag elektronisch bearbeitet wird, also eine individuelle, d.h. auf den einzelnen Kunden zugeschnittene Überprüfung nicht erfolgt. Die Schutzpflicht der Bank gebietet damit nur, bei solchen Aufträgen nachzufragen, bei denen es sich der Bank ohne weiteres aufdrängen muss, dass ein Erklärungsirrtum vorliegt, da Kontenguthaben, Größe des Depots und Auftrag außer jedem Verhältnis stehen.
Auszüge aus dem Sachverhalt erster und zweiter Instanz
Die Kläger machen einen Schadensersatzanspruch aus der Verletzung vertraglicher Verpflichtungen durch die Beklagte hinsichtlich eines "Online" erteilten Kaufauftrages von Fondanteilen geltend.
Im November 1998 eröffneten die Kläger bei der Beklagten unter Nummer ... ein
Depotkonto und unter Nummer .... ein Bankkonto. Die Kläger gaben an, im Handel
mit Wertpapieren eine Anlageerfahrung seit ca. 18 Jahren zu haben. In dem von
den Klägern unterschriebenen Kontoeröffnungsformular wird verwiesen auf die
Allgemeinen Geschäftsbedingungen ....
In der Folgezeit wickelten die Kläger
zu ihrer Zufriedenheit mit der Beklagten Geschäfte ab.
Am 27.03.2000 gegen 23.38 Uhr erteilten die Kläger der Beklagten unter Nummer ... die Order zum unlimitierten Kauf von 150 Stück ...Fonds ultimo 31.03.2000. Das Ultimo Ende März wurde Ultimo Ende April gestellt, weil der Auftrag nach dem 15. des Monats erteilt wurde. Am 28.03.2000 gegen 23.16 Uhr . versuchten die Kläger, den Kaufauftrag zu ändern und ein Kurslimit von Euro 440,-- festzulegen .... Auch hierüber erhielten die Kläger eine schriftliche Eingangsbestätigung. Die Kauforder wurde am 29.03.2000 ausgeführt und abgerechnet ... . Vor Ausführung des Kaufauftrages wies das Konto der Kläger ein Guthaben von Euro 10.671,62 auf. In Höhe des nicht gedeckten Kaufpreises finanzierte die Beklagte den Kauf durch Einräumung eines Kredits. Als Sicherheit dienten die bereits vorhandenen und neu erworbenen Wertpapiere.
In der Annahme, die Kauforder vom 27.03.2000 sei unrichtig ausgeführt worden, erteilten die Kläger der Beklagten unter Nummer 6927179 am 30.03.2000 um 22.12 Uhr (Donnerstag) eine Verkaufsorder hinsichtlich 130 Stück der genannten Wertpapiere zum Limit von Euro 415,--. Der Auftragseingang wurde von der Beklagten am 31.03.2000 bestätigt. Am 01.04.2000 erhielten die Kläger die Mitteilung, der Auftrag sei gestrichen worden. In der Zeit vom 31.03.2000 bis 30.04.2000 und danach blieb der Kurs der Papiere stets unter dem von den Klägern angegebenen Preislimit von Euro 415,--. Am 21.09.2001 verkauften die Kläger die streitgegenständlichen Wertpapiere für Euro 8.910,--. Ihren Schaden beziffern sie auf mindestens Euro 54.075,--. Mit Schreiben vom 03.04.2000 ... verlangten die Kläger von der Beklagten die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von Euro 62.985,--. Diese lehnte die Zahlung mit Schreiben vom 06.04.2000 ab.
Die Kläger lassen vortragen, bei Erteilung der Kauforder am 27.03.2000 sei ihnen ein Eingabefehler unterlaufen. Der Kaufauftrag habe irrtümlich auf 150 Stück, statt richtig auf 15 Stück, gelautet. Der wirklich gewollte Auftrag habe dem Stand ihres Bankkontos entsprochen. Eine Finanzierung des Kaufs von Wertpapieren über ein Darlehen sei von ihnen keinesfalls gewollt gewesen. Sie sind der Auffassung, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten seien nicht als Vertragsinhalt vereinbart worden. In Ermangelung eines mit der Beklagten geschlossenen Darlehensvertrages sei diese nicht berechtigt gewesen, unter Beleihung des Depotkontos den Kaufpreis über ein Darlehen zu finanzieren, zumal ein Kreditrahmen nicht eingeräumt worden und auf der Bildschirmmaske der Kreditrahmen "Null" angegeben worden sei. Das Vorgehen der Beklagten verstoße gegen die von ihr selbst für die Aufnahme von Finanzierungsdarlehen getroffenen Bestimmungen. Die Beklagte sei gehalten gewesen, wegen der Finanzierung des Wertpapierkaufes vorher bei den Klägern zurückzufragen.
Für sie, die Kläger, sei auch nicht erkennbar gewesen, dass eine Limitierung unzulässig sei und die Streichung der Order zur Folge habe. Insoweit sei die Beklagte ihrer Hinweispflicht nicht nachgekommen. Das System der Beklagten sei am 02.04.2000 nicht verfügbar gewesen, am 03.04.2000 seien die Mitarbeiter der Beklagten für die Kläger erst um 17.45 Uhr telefonisch erreichbar gewesen.
Die Kläger haben weiter erstinstanzlich vorgetragen, die Beklagte könne sich nicht auf den Inhalt des Wertpapierwegweisers berufen, dieser sei lediglich eine Bedienungsanleitung für das Programm der Beklagten. Da das mit der Änderung des Auftrages am 28.03.2000 eingegebene Kurslimit nicht eingehalten worden sei, sei dieser Kauf nicht von der Ermächtigung des Klägers gedeckt gewesen.
Die Kläger beantragen: Die Beklagte wird verurteilt die Kläger
gesamthänderisch so zu stellen, als ob diese den Kaufauftrag Nr. ... vom
27.03.2000 über 150 Stück ... nicht erteilt hätten.
Hilfsweise: Die Beklagte
wird verurteilt, an die Kläger zu gesamten Hand Euro 54.075,-nebst 12,5 %
Jahreszins ... seit 28.03.2000 zu bezahlen.
...
Die Beklagte beantragt Klageabweisung.
Sie ist der Auffassung, berechtigt gewesen zu sein, auf den in der Kauforder stillschweigend enthaltenen Antrag auf Kreditgewahrung den Kauf über ein Darlehen abzuwickeln. Sonstige Nebenpflichten habe sie nicht verletzt, insbesondere ergebe sich aus den Regeln, dass eine Limitierung bei Auftragen der vorliegenden Art nicht möglich sei und zur Stornierung des Auftrags führten. Durch kurzfristigen Verkauf der Papiere hätten die Kläger den Schaden gering halten können. Zumindest für 15 Stück der Wertpapiere müssten sie das Kursrisiko selbst tragen.
Die Beklagte hat zusätzlich in erster Instanz vorgetragen, dass sie nach Ziffer 7 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte, die Teil der vertraglichen Beziehungen der Parteien seien, lediglich nicht verpflichtet sei, Kaufaufträge ohne ausreichende Deckung auszuführen. Daraus könne jedoch nicht geschlossen werden, dass sie solche Aufträge nicht ausführen dürfe. Im Monatsreport Oktober 1999, den die Kläger mit den den Rechnungsabschluss enthaltenen Kontoauszügen erhalten habe, sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass limitierte Fondaufträge gestrichen würden. Dieser Hinweise finde sich auch im aktuellen Wertpapierwegweiser, der auch im Internet eingestellt sei. Grund hierfür sei, dass die Fondgesellschaft keine limitierten Aufträge annehmen würden, da diese Aufträge nicht im elektronischen Handel ausgeführt würden. Der Auftrag werde deshalb im System erst dann als ausgeführt gekennzeichnet, wenn die Fondgesellschaft den Vollzug des Auftrages gemeldet habe.
Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben, da die Beklagte den Auftrag nicht habe durchführen dürfen, soweit dazu ein Darlehen habe gewährt werden müssen.
Beide Parteien haben gegen dieses Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 03.04.2002 Berufung eingelegt.
Die Kläger tragen vor, die Beklagte habe den Auftrag nicht ausführen dürfen, da sich auf dem Tagesgeldkonto lediglich ein Guthaben von 10.671,62 Euro befunden habe und hier ein Effektenkredit nicht eingeräumt gewesen sei, worauf in der Eingabemaske des Bildschirms hingewiesen wurde. Mit Auftrag vom 28.03. sei dieser Auftrag im übrigen durch ein Kurslimit von 440,00 Euro pro Anteil begrenzt worden. Wenn eine Limitierung bei Fondanteilen nicht möglich oder zulässig sei, hätte die Beklagte den Auftrag nicht durchführen dürfen, nicht ausführen dürfen, da er über dem Kurslimit, wie sich aus der Bestätigung vom 29.03.2000 ergebe, durchgeführt worden sei. Sei eine Limitierung, wie die Beklagte behaupte unzulässig, hätte der Auftrag insgesamt gestrichen werden müssen. Die Kläger seien ihrer Schadensminderungspflicht durch das Schreiben vom 03.04.2000 an die Beklagte nachgekommen.
Die Beklagte ... trägt ergänzend vor, der wirksam erteilte Kommissionsauftrag
enthalte stillschweigend einen Antrag auf Kreditgewährung. Der Beleihungswert
des Depots habe die Überziehung zugelassen, dies sei für jeden Kunden
nachprüfbar. Der Wertpapierwegweiser der Beklagten sei nicht Teil der
Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, sondern erläutere lediglich die
Abwicklung der Geschäftsbeziehung. Aus Nr. 87 des Wegweisers ergebe sich
lediglich, dass Kredit nur für Wertpapiergeschäfte gewährt werde, wobei als
Sicherheit lediglich Kontoguthaben und Wertpapiere dienen könnten. Eine
Kontenüberziehung sei damit im übrigen nicht ausgeschlossen.
....
...
Die Berufungen beider Parteien sind zulässig, jedoch hat lediglich die Berufung der Beklagten Erfolg.
Die Kläger haben am 27.03.2000 einen Kommissionsauftrag zum Erwerb von 150 Fondanteilen gegeben. Auch im Hinblick auf die einen Tag später erfolgte Limitierung durfte die Beklagte diesen Auftrag durchführen, die Kläger haben im übrigen einer Überschreitung des Limits nicht unverzüglich widersprochen. Eine Verpflichtung der Beklagten, nur einen durch Guthaben gedeckten Wertpapierauftrag durchzuführen, besteht nicht. Die Beklagte hat mit Ausführung des Auftrages auch nicht gegen vertragliche Schutzpflichten (Plausibilitätskontrolle) verstoßen. Eine Vertragspflicht der Beklagten, den Verkaufsauftrag vom 30.03.2000 durchzuführen, bestand nicht, da dieser Auftrag limitiert war und sich der Ankaufspreis der Fondanteile unter dem vorgegebenen Limit bewegte. Ob das Schreiben der Kläger vom 30.04.2000 einer Anfechtung gemäß § 119 Abs. 1 BGB beinhaltet, kann dahinstehen, da die Beklagte nur ihr negatives Interesse geltend gemacht hat.
1. Der von den Klägern am 27.03.2000 unterteilte Kommissionsauftrag war klar und eindeutig und gab für sich alleine, also ohne Berücksichtigung außerhalb des Auftrags liegender Umstände, keine Veranlassung zu Nachfragen. Die Klägerin war deshalb berechtigt, diesen Auftrag auszuführen.
2. Die Bank durfte diesen Kommissionsauftrag auch ausführen, da eine Verpflichtung der Bank, nicht durch ein Guthaben des Auftraggebers gedeckte Aufträge zurückzuweisen, nicht besteht. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten und damit auch die Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte sind Teil des zwischen den Parteien geschlossenen Bankvertrages geworden (siehe II 1 der Entscheidungsgründe des Ersturteils). Dies wird von den Klägern in der Berufung nicht mehr angegriffen. Nach Ziffer ... der Sonderbedingung für Wertpapiergeschäfte ist die Bank "zur Ausführung von Aufträgen zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren nur insoweit verpflichtet, als das Guthaben des Kunden, ein für Wertpapiergeschäft nutzbarer Kredit oder der Depotbestand des Kunden zur Ausführung ausreichen". Diese Regelung, die der auftragsrechtlichen Vorschusspflicht nach § 669 BGB entspricht, gibt der Bank nur ein Leistungsverweigerungsrecht, wenn das Kontoguthaben nicht zur Ausführung des Auftrages ausreicht. Führt die Bank jedoch den Auftrag trotzdem aus, verzichtet sie auf eine Vorschussleistung des Auftraggebers, eine Verletzung ihrer Vertragspflichten liegt jedoch nicht vor. Der Kunde kann vielmehr, wie bei Kassageschäften üblich, zu denen auch Wertpapiergeschäfte zählen, innerhalb von zwei Tagen nach Abschluss erfüllen, also den offenen Restbetrag bezahlen.
3. Die Kläger können sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie am 28.03.2000 den Auftrag preislich limitiert haben. Dabei kann dahin stehen, ob ein solches Limit, wie die Beklagte meint, unzulässig sei, wie sich aus ihrem Wertpapierwegweiser ergebe. Dagegen spricht schon, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte ... ) generell preislich limitierte Aufträge zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren zulassen. Auch wenn Fondanteile nicht an der Börse gehandelt werden, muss sich daraus dem Auftraggeber nicht ohne weiteres erschließen, dass eine Limitierung nicht zulässig sei. Kapitalanlagegesellschaften setzen gemäß § 21 Abs. 1 KAGG börsentäglich Ausgabe- und Rücknahmekurse fest. Der Direktbank wäre damit, zumindest theoretisch, ein Abgleich der eingegangenen Aufträge mit diesen Börsenkurs und unverzügliche elektronische Bestellung möglich. Im vorliegenden Fall betrug jedoch unstreitig der Ausgabepreis dieser Fonds 419,90 Euro. .... Hinzu ist der 5%ige Aufgabeaufschlag zu rechnen, der jedoch unstreitig bei "Online"-Bestellung von der Beklagten nicht verlangt wird, tatsächlich wird rechnerisch von diesen 5 % ein Betrag von 4,7619 % rückvergütet. Entscheidend ist damit für den Kunden der Direktbank der von der Fondgesellschaft angegebene Ausgabepreis von 419,90 Euro.
Dies kann jedoch dahinstehen, da die Kläger bei einer Limitüberschreitung gemäß § 386 Abs. 1 HGB verpflichtet gewesen wären, das Kommissionsgeschäft unverzüglich zurückzuweisen. Mit dem Auftrag zum Verkauf vom 30.03.2000 haben sie stattdessen das Geschäft genehmigt, auch das Schreiben vom 03.04.2000 enthält keinen Hinweis darauf, dass eine Überziehung der Limitierung gerügt werde.
4. Die Beklagte ist auch nicht aus positiver Vertragsverletzung des der Konten- und Depoteröffnung zugrundeliegenden Vertrages zum Schadensersatz verpflichtet. Ob eine Direktbank verpflichtet ist, im Internet erteilte Wertpapieraufträge auf ihre Plausibilität zu prüfen und zu verhindern, dass die Kunden irrtümlich Aufträge erteilen, die das Volumen ihres Korrespondenzkontos ganz erheblich übersteigen (LG Nürnberg-Fürth WM 2001 988, zustimmend: Escher WuB I G 1.-2.01; ablehnend: Balzer Rechtsfragen des Effektengeschäfts der Direktbanken WM 2001 1533, 1538) ist umstritten. Aufgrund des abgeschlossenen Konto- und Depoteröffnungsvertrages gewährt die Direktbank dem Kunden Zugang über elektronische Medien. Dabei gibt die Direktbank durch ihr Programm die Bedienung durch den Kunden vor, zu ihren, sich aus dem zugrundeliegenden Verträgen ergebenden Schutzpflichten zählt damit auch, die Benutzeroberfläche für den Kunden übersichtlich zu gestalten, um Erklärungsirrtümer des Kunden zu vermeiden. Nach der gesetzlichen Wertung des § 119 Abs. 1 BGB trägt grundsätzlich die Erklärende das Risiko eines Erklärungsirrtums mit der Rechtsfolge einer Schadensersatzverpflichtung nach § 122 Abs. 1 BGB, wenn er die Erklärung angefochten hat. Diese gesetzliche Wertung setzt jedoch voraus, dass der Erklärende seine Willensäußerung frei gestalten kann, d.h. selbst formulieren und die Übermittlungsart wählen kann, in der er seinen Willen am deutlichsten und irrtumsfreiesten zu erklären vermag. Gegenüber einer Schalterbank kann dies der Kunde mündlich oder schriftlich durch selbstformulierte Erklärung tun. Diese Möglichkeit steht dem Kunden im Onlinebetrieb nicht offen, er ist an die vorgegebene Benutzeroberfläche gebunden und kann etwa erklärende Zusätze, die bei einem schriftlichen Aufträge möglich wären, nicht machen. Grundsätzlich enthält damit der "Online"-Auftrag eine größere "Irrtumsanfälligkeit" als die vom Kunden frei formulierte Willenserklärung. Diesem Umstand hat die Direktbank im Rahmen der von § 122 Abs. 2 BGB normierten Risikoverteilung Rechnung zu tragen. Dabei ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass auch dem Kunden bewusst ist, dass der "Online" eingegebene Auftrag elektronisch bearbeitet wird, also eine individuelle, d.h. auf den einzelnen Kunden zugeschnittene Überprüfung nicht erfolgt. Hiervon profitiert auch der Kunde nicht nur durch niedrigere Gebühren, sondern auch durch die Schnelligkeit der Auftragsausführung. Die Schutzpflicht der Bank gebietet damit nur, bei solchen Aufträgen nachzufragen, bei denen es sich der Bank ohne weiteres aufdrängen muss, dass ein Erklärungsirrtum vorliegt, da Kontenguthaben, Größe des Depots und Auftrag außer jedem Verhältnis stehen. Dies ist in vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Die Kläger hatten bei Auftragserteilung ein Guthaben von 10.671,62 Euro und ein Wertpapierdepot im Wert von 47.400,00 Euro. Nach Durchführung des Auftrages durch die Beklagte betrug damit der Gesamtdepotwert 110.385,00 DM, bei einem Sollstand des Kontos von 52.313,38 Euro. Die Höhe dieses Betrages hätte die Beklagte, wenn ein solcher Antrag gestellt worden wäre, einen Effektenkredit bewilligt, der regelmäßig bis zu 50 % des Depotwertes ausgereicht wird. Damit gab es aus Sicht der Beklagten zumindest eine mögliche Erklärung für die Auftragserteilung der Kläger, zu einer Nachfrage waren sie deshalb nicht verpflichtet.
5. Die Kläger können sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Beklagte aufgrund der limitierten Verkaufsorder vom 30.03.2000 auf jeden Fall verpflichtet gewesen wäre, 130 Fondanteile zu verkaufen. Unstreitig bewegte sich der Ankaufskurs dieser Fondanteile nach dem 30.03.2000 weit unterhalb des vorgegebenen Limits. Auch wenn man unterstellt, dass eine Limitierung von solchen Verkaufsaufträgen nicht möglich sei, folgt daraus lediglich, dass ein solcher limitierter Verkaufsauftrag unwirksam ist. Die Limitierung des Auftrages zeigt gerade an, dass der Kunde nicht in jedem Fall, sondern lediglich bei einem ihm günstig erscheinenden Kurs verkaufen will. Dass die Beklagte diese 130 Anteile in jedem Fall verkaufen sollte, kann dem Auftrag gerade nicht entnommen werden.
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