Untersuchungspflicht beim Kauf eines gebrauchten Wohnwagens

Gericht

OLG Köln


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

16. 09. 1991


Aktenzeichen

2 U 51/91


Leitsatz des Gerichts

  1. Die Klausel „wie besichtigt“ schließt die Gewährleistung für die Mängel aus, die bei einer gründlichen Besichtigung durch den Käufer (nicht: durch einen Sachverständigen) erkennbar waren.

  2. Beim Kauf eines zehn Jahre alten Wohnwagens gehört zu einer gründlichen Besichtigung, daß der Käufer (auch als Laie) die Unterseite des Fahrzeugs auf Undichtigkeiten und Rostschäden prüft.

  3. Der Verkäufer ist nicht seinerseits verpflichtet, das Fahrzeug vor dem Verkauf zu untersuchen. Es kann daher ohne weitere Anhaltspunkte nicht davon ausgegangen werden, daß er nach den obigen Maßstäben erkennbare Mängel auch selbst kannte.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Kl. macht Minderungsansprüche wegen Mängeln an einem Wohnwagenanhängers des Herstellers Z geltend, den er gemäß Kaufvertrag vom 10. 7. 1989 vom Bekl. nebst verschiedenem Zubehör für 8000 DM gebraucht gekauft hat. Das Erstzulassungsdatum 26. 3. 1979 war im Kaufvertrag angegeben. Der Kaufvertrag war in Großbuchstaben mit „Kaufvertrag eines gebrauchten Wohnwagen-Anhängers mit Vorzelt wie besichtigt“ überschrieben. Der Kl. hat Gewährleistungsansprüche geltend gemacht, da u. a. der Unterboden auf einer Fläche von 2 x 3 m verfault und morsch sei und ein Loch von ca. 30 x 40 cm aufweise, das auch schon im Zeitpunkt der Übergabe bestanden habe. Der Bekl. hat sich auf Gewährleistungsausschluß berufen. Er hat bestritten, daß die Mängel bei Übergabe vorhanden waren, jedenfalls habe er sie nicht gekannt.

Das LG hat nach Beweiserhebung die Klage abgewiesen. Die Berufung des Kl. hatte keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

1. Dem Kl. stehen gegen den Bekl. keine Minderungsansprüche zu, da dem der mit der Klausel „wie besichtigt“ vereinbarte vertragliche Gewährleistungsausschluß entgegensteht.

Die Klausel im Kaufvertrag „wie besichtigt“ ist als teilweiser vertraglicher Gewährleistungsausschluß aufzufassen, nämlich so, daß damit alle Mängel von der Gewährleistung ausgeschlossen sind, die bei ordnungsgemäßer Besichtigung ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen zu erkennen waren (vgl. BGH, BB 1957, 238; Westermann, in: MünchKomm, 2. Aufl., § 476 Rdnr. 9 m. w. Nachw.; Reinking-Eggert, Autokauf, 4. Aufl., Rdnr. 1580; Palandt-Putzo, BGB, 50. Aufl., § 476 Rdnr. 7). Bei der Verwendung einer solchen Klausel unter Privatleuten in einem Individualvertrag kommt es auf die Erkennbarkeit der Mängel durch den Käufer, nicht aber auf die Erkennbarkeit durch einen Sachverständigen oder eine sonstige sachkundige Person an (vgl. BGH, NJW-RR 1986, 1026 = DB 1986, 1215 (1216)), denn wenn Hinweise auf die Überprüfung durch Sachverständige fehlen, gehen die Kaufvertragsparteien davon aus, daß der Käufer selbst die Untersuchung vorzunehmen hat und daher nur für die Mängel die Gewährleistung ausgeschlossen ist, die er bei gründlicher Besichtigung erkennen kann.

Beim Kauf eines zehn Jahre alten Wohnwagens muß wie bei anderen Fahrzeugen dieses Alters auch der nicht sachkundige Laie aber jederzeit damit rechnen, daß Alterungsschäden in Gestalt von Rostschäden oder sonstigen Undichtigkeiten vorhanden sind. Die gebotene gründliche Besichtigung bei einem Fahrzeug diesen Alters umfaßt daher auch eine Überprüfung der Unterseite des Fahrzeuges. Das gilt auch dann, wenn eine Besichtigung im Einzelfall Schwierigkeiten macht oder das Fahrzeug dazu auf eine Hebebühne gebracht werden muß. Wenn der Käufer wegen dieser Schwierigkeiten oder Unbequemlichkeiten eine Besichtigung nicht vornimmt, muß er darauf hinwirken, daß eine entsprechende Einschränkung der Klausel „wie besichtigt“ vermerkt wird. Davon, daß eine Besichtigung der Unterseite unmöglich war, kann schon nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht ausgegangen werden, weil Zeugen bekundet haben, daß sie sich den Wohnwagen später von unten angesehen haben. Darauf, daß er eine gebotene Untersuchung tatsächlich nicht vorgenommen hat, kann sich der Käufer nicht berufen (vgl. Reinking-Eggert, Rdnr. 1580).

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, die das LG durchgeführt hat, steht zur Überzeugung des Senats fest, daß bei einer Untersuchung der Unterseite des Fahrzeuges die Durchfeuchtungen und das Loch im Boden zu erkennen gewesen wären, denn dies haben die Zeugen G und A eindeutig bekundet; bei diesen Zeugen handelt es sich ebenso um Laien wie beim Kl., und aus den Aussagen ergibt sich nichts dafür, daß sie das Loch nur wegen besonderer Hinweise oder Sachkunde entdeckt hätten. Nach ihrer Art waren die Schäden auch schon bei Übergabe (vorhanden und) erkennbar.

2. Eine arglistige Täuschung des Kl. durch den Bekl., die der Berufung auf den Gewährleistungsausschluß gem. § 476 BGB entgegenstünde, ist nicht erwiesen. Der Bekl. war Laie und als privater Verkäufer nicht verpflichtet, den Wohnwagen vor dem Verkauf selbst gründlich zu untersuchen. Es kann auch nicht festgestellt werden, daß der Bekl. dies unabhängig von einer solchen Verpflichtung getan hat und deshalb das Loch im Boden positiv kannte. Die Vernehmung der Zeugin M, der Ehefrau des Kl., hat ergeben, daß der Stauraum, unter dem das Loch war, mit demselben PVC-Boden ausgekleidet war, mit dem auch der restliche Wohnwagen ausgelegt war. Dann spricht aber nichts dafür, daß der Bekl. dieses Loch abgedeckt hat, um es zu verbergen. Die Überlegung der Berufung, entweder sei der Mangel nicht erkennbar gewesen oder aber arglistig verschwiegen worden, ist nicht zutreffend, weil der Käufer keine vorherige Untersuchungspflicht hat und es daher durchaus denkbar ist, daß der Verkäufer einen erkennbaren Mangel gleichwohl nicht kannte. Es besteht auch kein Lebenserfahrungssatz dahin, daß jeder Verkäufer sein Fahrzeug vor dem Verkauf gründlich untersucht, so daß zu vermuten wäre, daß er die erkennbaren Mängel auch erkannt hat. Die dem Käufer nach Vereinbarung der Klausel „wie besichtigt“ obliegende Untersuchungslast kann nicht auf diesem Wege auf den Verkäufer übergewälzt werden.

3. Der Kl. kann sich auch nicht darauf berufen, daß der Bekl. ihn dadurch arglistig getäuscht habe, daß er einen Unfall von 1982 nicht offenbart habe. Der Schaden ist seinerzeit unstreitig ordnungsgemäß repariert worden. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß gleichwohl nach dem Unfall noch Funktionsbeeinträchtigungen zu erwarten waren. Ein mehr als 7 Jahre zurückliegender Unfall muß daher bei einem Wohnwagen anders als bei einem Auto (dazu BGH, NJW 1982, 1386), bei dem wegen der umfangreichen Technik stets unerkannte Restschäden in Betracht kommen, nicht angegeben werden.

Rechtsgebiete

Verbraucherschutzrecht

Normen

BGB §§ 459 ff., 476