Erfolglose Gegendarstellungsforderung gegen Bericht über Tierheim

Gericht

LG Offenburg


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

29. 04. 2003


Aktenzeichen

3 O 143/03


Leitsatz des Gerichts

  1. Eine Gegendarstellung muss zum Ausdruck bringen, dass eine beanstandete Berichterstattung unrichtig ist.

  2. Ergänzende Mitteilungen sind im Rahmen einer Gegendarstellung nur notwen-dig, wenn einer einseitigen oder unklaren oder unvollständigen Darstellung ent-gegenzuwirken ist.

  3. Eine Gegendarstellung, die in einzelnen Punkten nicht diesen Erfordernissen entspricht und daher nicht wörtlich oder ungekürzt übernommen werden kann, muss nach dem Grundsatz „ganz oder gar nicht“ nicht abgedruckt werden.

  4. Zur Kürzung einer Gegendarstellung ist das Gericht nur befugt, wenn es vom Betroffenen persönlich durch eine von ihm selbst unterzeichnete schriftliche Er-klärung ermächtigt ist.

Tenor

  1. Der Antrag der Antragstellerin vom 24.03.2003 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung (Veröffentlichung einer Gegendarstellung) wird zurückgewiesen.

  2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

  3. Das Urteil ist (wegen der Kosten) vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollsteckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Antragsgegner vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leisten.

Tatbestand


Tatbestand:

Die Antragstellerin wurde in der "Freizeit Revue", Ausgabe Nr. 10 vom 26.02.2003 im Rahmen eines Berichts über ein Tierheim in Rumänien namentlich genannt und - mit einem schwarzen Balken über die Augenpartie - abgebildet.

Die Antragsgegnerin Ziffer 1 ist Verlegerin, der Antragsgegner Ziffer 2 verantwortlicher Redakteur der Zeitung.

Die Antragstellerin beantragt den Erlass folgender einstweiliger Verfügung:

1. Den Antragsgegnern als Gesamtschuldnern wird aufgeben, in der nächsten, für den Druck noch nicht abgeschlossenen Ausgabe der Zeitung "Freizeit Revue" im Teil Star-Revue unter Ankündigung im Inhaltsverzeichnis mit gleicher Schrift wie die Erstmitteilung ohne Einschaltungen und Weglassungen die nachfolgende Gegendarstellung zu veröffentlichen:

a) Unwahr ist die Behauptung, "3200 Hunde vegetieren in winzigen Käfigen"

Wahr ist, dass z. Zt. 432 Hunde in 135 x 107 cm großen Käfigen leben, die meisten von ihnen Neuankömmlinge. Die restlichen Hunde legen (gemeint ist wohl: "leben") in Ausläufen zwischen den Reihen mit Hütten.

b) Unwahr ist die Behauptung "Geld nach Italien umgeleitet".

Richtig ist, dass Frau Aurora Brizzi auftragsgemäß die Smeura führen sollte und die hierfür bestimmten Gelder aus diesem Grunde jeweils auf Anforderung zur weiteren Verwendung nach Italien überwiesen wurden.

c) Unrichtig ist daher auch die Behauptung, "das Geld kam nie direkt bei der Smeura an, sondern wanderte nach Italien".

Richtig ist vielmehr, dass Frau Brizzi Belege über die Verwendung der Gelder in Rumänien vorlegen konnte.

d) Unrichtig ist die Behauptung "überall Müll".

Richtig ist, dass sich auf der Smeura nicht überall Müll befindet.

e) Unrichtig ist die Behauptung "Tote Hunde liegen offen in einer Grube voller Ratten."

Richtig ist, dass eine Grube für diejenigen Straßenhunde existiert, die aufgrund Alter oder Krankheit sterben und diese Grube regelmäßig mit Desinfektionsmaterial abgestreut und abgedeckt wird.

f) Unwahr ist die Behauptung "Für die Tierheimmitarbeiter gibt es keine Toiletten, keine Heizung, keinen Strom, kein Telefon".

Wahr ist vielmehr, dass für die Mitarbeiter drei Toiletten vorhanden sind, in allen Gebäuden Strom vorhanden ist, zum Beheizen der Räumlichkeiten elektrische Heizkörper zur Verfügung stehen und Mitarbeiter auf der Smeura jederzeit über Mobiltelefon erreichbar sind.

g) Unrichtig ist die Behauptung "Ute ... bedankte sich Ende des Jahres bei den Spendern für eine Wasserleitung - eine Wasserleitung, die es gar nicht gibt!".

Richtig ist, dass sich Ute ... bei den Spendern bedankte, dass die Reparatur der Wasserleitung in der Smeura in Angriff genommen werden kann. Richtig ist weiter, dass die Wasserleitung als solche liegt.

h) Unwahr ist die Behauptung "Zuletzt flossen am 29. Dezember EUR 21.000,00 nach Italien".

Wahr ist, dass eine solche Zahlung am 29. Dezember nicht erfolgt ist.

Die Antragsgegner beantragen,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Sie beziehen sich auf ihre Ausführungen in einem Schriftsatz vom 12.03.2003, der als Schutzschrift eingereicht wurde und Inhalt der Akte 2 OH 35/03 geworden ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf das vorgelegte Exemplar der Freizeit Revue und den dort auf Seiten 10/11 abgedruckten Artikel verwiesen.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Der streitgegenständliche Antrag auf Gegendarstellung ist nicht begründet.

Nach § 11 Landespressegesetz für Baden-Württemberg sind zwar der verantwortliche Redakteur und der Verleger eines periodischen Druckwerks verpflichtet, eine Gegendarstellung der Person oder Stelle zum Abdruck zu bringen, die durch eine in dem Druckwerk aufgestellte Tatsachenbehauptung betroffen ist.

Gegendarstellen heißt jedoch, eine veröffentlichte Tatsache anders als geschehen darzustellen, d. h., sie richtig darzustellen, sie zu berichtigen (vgl. Seitz/Schmidt/Schoener, Der Gegendarstellungsanspruch, 3. Auflage, Rn. 220). Die Gegendarstellung muss dem Inhalt nach eine gegensätzliche Behauptung enthalten, der Erstmitteilung etwas Abweichendes entgegensetzen (vgl. Seitz/Schmidt/Schoener a. a. O.).

Diese Voraussetzungen für einen presserechtlichen Gegendarstellungsanspruch sind in dem Antrag der Verfügungsklägerin nicht immer eingehalten.

Insbesondere bei Ziffer 1. e ist nicht ersichtlich, dass die dort erwähnte Tatsachenbehauptung von der Verfügungsklägerin als unrichtig angesehen wird und infolgedessen können ihre dortigen Ausführungen auch nicht als die Berichtigung einer falschen Tatsachenbehauptung angesehen werden.

Der Bericht über tote Hunde steht in folgendem Textzusammenhang:

"Was ... ihrem ersten Besuch der "Smeura" im Januar sah, war schlimmer, als sie es befürchtet hat: "Überall Müll, tote Hunde liegen offen in einer Grube voller Ratten, die Arbeiter stehen mit Eimerchen am Tankwagen um den Tieren Wasser zu den Boxen zu bringen..."."

Der Teilsatz "..., tote Hunde liegen offen in einer Grube voller Ratten, ..." stellt also ersichtlich nicht ab auf einen angeblich nachgeprüften und festgestellten Dauerzustand, sondern auf einen Zustand, wie er sich einer Frau ... bei ihrem damaligen Besuch dargestellt hat. Frau ... hat also damals darüber berichtet, dass tote Hunde offen in einer Grube voller Ratten liegen würden.

Diesen Bericht über den damaligen Zustand bezeichnet die Verfügungsklägerin in ihrem Gegendarstellungsanspruch weder ausdrücklich noch sinngemäß als unrichtig. Vielmehr räumt sie zunächst ein, dass tatsächlich eine Grube für Hunde existiert, die aufgrund Alter oder Krankheit sterben. Die Verfügungsklägerin fügt allerdings hinzu, dass diese Grube "regelmäßig" mit Desinfektionsmaterial abgestreut und abgedeckt werde. Was die Verfügungsklägerin unter "regelmäßig" versteht, ergibt sich aus dem Gegendarstellungsanspruch nicht. So kann es also durchaus sein, dass damals, als Frau ... Grube besichtigte, tatsächlich tote Hunde "offen" in der Grube lagen.

Zwar sind Ergänzungen im Rahmen einer Gegendarstellung zulässig, wenn sie geeignet sind, einer einseitigen, unklaren und unvollständigen Darstellung, die einen unzutreffenden Eindruck erweckt, entgegenzuwirken. Läuft die Ergänzungsdarstellung aber lediglich darauf hinaus, dem Leser zusätzliche Informationen zu vermitteln, ohne dass eine schiefe Berichterstattung oder ein falscher Eindruck zurechtgerückt werden sollen, liegt keine zulässige Entgegnung vor (vgl. Seitz/Schmidt/Schoener a. a. O., Rn. 225). Im vorliegenden Fall liegt der Schwerpunkt der beanstandeten Textpassage darauf, dass Frau ... damals tote Hunde offen, also sichtbar und erkennbar gesehen hat und dass in dieser Grube damals zahlreiche Ratten waren. Die beantragte Gegendarstellung ist nicht geeignet, diese damals von Frau ... festgestellten Zustand als unwahr oder einseitig oder unvollständig darzustellen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil der beanstandete Artikel nicht den Eindruck erwecken will, dieser damals von Frau ...festgestellte Zustand, nämlich eine Grube voller Ratten, sei ein Dauerzustand und die Grube würde nie mit Desinfektionsmaterial abgestreut und abgedeckt.

Insgesamt bringt die Verfügungsklägerin mit ihrer beantragten Gegendarstellung nicht zum Ausdruck, dass die Feststellungen von Frau ..., die in dem beanstandeten Bericht zitiert werden, unrichtig seien. Es handelt sich auch nicht um eine notwendige Ergänzung, um einer einseitigen oder unklaren oder unvollständigen Darstellung entgegenzuwirken. Infolgedessen ist zumindest das Gegendarstellungsverlangen unter Ziffer 1 e nicht begründet.

Daraus folgt wiederum, dass das Gegendarstellungsbegehren insgesamt nicht begründet ist, ohne dass es auf die Richtigkeit der anderen Punkte in dem Gegendarstellungsverlangen ankommt. Ist nämlich ein Teil der Gegendarstellung nicht zulässig, d. h., entspricht sie zum Teil nicht den medienrechtlichen Voraussetzungen, dann ist der Antrag ganz abzuweisen (vgl. Seitz/Schmidt/Schoener, a. a. O., Rn. 735 und die unter Fußnote 92 angeführte Rechtssprechung). Eine Gegendarstellung, die in einzelnen Punkten nicht den Erfordernissen entspricht und daher nicht wörtlich oder ungekürzt übernommen werden kann, muss insgesamt nicht abgedruckt werden und zwar nach dem Grundsatz "ganz oder gar nicht" (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 25.10.2002, Az: 14 U 67/02). Zu einer Kürzung der beantragten Gegendarstellung ist das Gericht nur befugt, wenn es vom Betroffenen persönlich dazu ermächtigt ist, also durch eine von ihm selbst unterzeichnete schriftliche Erklärung (vgl. Seitz/Schmidt/Schoener, a. a. O., Rn. 739). Eine solche schriftliche Ermächtigung der Antragstellerin wurde jedoch nicht vorgelegt.

Die Entscheidung über Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 91, 708 Ziffer 6, 711 ZPO.


Leußer
Richter am Landgericht

Rechtsgebiete

Presserecht