Unterhaltskürzung bei neuer Partnerschaft ohne Zusammenleben I

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

25. 05. 1994


Aktenzeichen

XII ZR 17/93


Leitsatz des Gerichts

Ein seit Jahren bestehendes intimes Verhältnis einer geschiedenen Ehefrau zu einem anderen Mann reicht auch dann, wenn ein solches Verhältnis im Bekanntenkreis des unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehemannes bekannt ist, allein noch nicht aus, den Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau nach § 1579 Nr. 7 BGB ganz oder teilweise zu kürzen, wenn nicht noch sonstige Umstände hinzutreten, die dazu führen, daß die Fortdauer der Unterhaltsbelastung und des damit verbundenen Eingriffs in die Handlungsfreiheit und Lebensgestaltung für den Unterhaltsschuldner unzumutbar wird.

Tatbestand

Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Kl. nimmt den Bekl. auf nachehel. Unterhalt in Anspruch.

Die Parteien waren seit September 1967 verheiratet und lebten seit Juli 1986 getrennt. Ihre Ehe wurde durch Urteil v. 26. 4. 1989 (rechtskräftig seit dem 6. 6. 1989) geschieden. Sie haben eine 1968 geborene Tochter und einen 1970 geborenen Sohn, die nach dem Auszug der Kl. aus der ehel. Wohnung im Juli 1986 zunächst weiter bei dem Bekl. lebten und sich inzwischen beide in der Berufsausbildung befinden.

Die 1942 geborene Kl. ist gelernte Goldschmiedin. Sie kann ihren Beruf aus Gesundheitsgründen nicht mehr ausüben, sondern ist - nach einer Operation an der Halswirbelsäule i. J. 1988 - arbeitsunfähig. Sie ist körperlich und seelisch nicht belastbar, auch nicht in der Lage, leichtere körperliche Arbeiten durchzuführen. Eine Erwerbsunfähigkeitsrente erhält sie aus versicherungsrechtlichen Gründen nicht.

Der Bekl. ist technischer Angestellter bei einer chemischen Fabrik.

Die Kl. macht Elementarunterhalt, Krankenvorsorge- und Altersvorsorgeunterhalt für die Zeit ab 15. 5. 1990 geltend. Das AmtsG - FamG - hat ihr - unter Kürzung ihres Unterhaltsanspruchs um rund 1/3 gemäß § 1579 Nr. 7 BGB wegen der Beziehung zu einem neuen Partner - lediglich Elementarunterhalt i. H. von 1.000 DM und Altersvorsorgeunterhalt i. H. von 355 DM, jeweils monatlich, zugesprochen und ihr weitergehendes Begehren abgewiesen.

Auf die hiergegen gerichtete Berufung der Kl. hat das OLG das amtsgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und den Bekl. verurteilt, an die Kl. ab 15. 5. 1990 nachehel. Elementar-, Krankenvorsorge- und Altersvorsorge-unterhalt in gestaffelter Höhe, zuletzt für die Zeit ab Oktober 1992 Elementarunterhalt von monatlich 1.468 DM, Krankenvorsorgeunterhalt von monatlich 166 DM und Altersvorsorgeunterhalt von monatlich 375 DM zu zahlen [veröffentlicht in FamRZ 1994, 174].

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Bekl. mit der zugelassenen Revision, mit der er die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erstrebt.

Entscheidungsgründe

Auszüge aus den Entscheidungsgründen:

Die Revision hat keinen Erfolg.

1. Das OLG hat die Kl. aufgrund ihrer Arbeitsunfähigkeit für unterhaltsberechtigt gehalten. Dagegen bestehen aus Rechtsgründen keine Bedenken (§ 1572 Nr. 1 BGB). Auch die Revision greift diese Beurteilung im Grunde nicht an.

2. a) Die Revision macht aber geltend: Die Kl. sei nicht in voller Höhe unterhaltsbedürftig. Denn sie habe 60.000 DM Zugewinnausgleich erhalten. Hiervon habe ihr der Bekl. einen Abzug von 20.000 DM zur Tilgung verschiedener Verbindlichkeiten zugebilligt. Über diesen Betrag hinaus habe es ihr im Verhältnis zum Bekl. obgelegen, das Geld zinsbringend anzulegen. Sie müsse sich daher so behandeln lassen, als sei das geschehen. Soweit sie das Geld bereits vor der Scheidung ausgegeben habe, habe sie ihre Bedürftigkeit in unterhaltsbezogen leichtfertiger Weise i. S. von § 1579 Nr. 3 BGB mutwillig herbeigeführt. Insoweit stehe ihr kein Unterhaltsanspruch zu, vielmehr sei - mit dem AmtsG - von erzielbaren Zinserträgen i. H. von monatlich 200 DM auszugehen.

b) Hiermit kann die Revision die volle Unterhaltsbedürftigkeit der Kl. unter den gegebenen tatsächlichen Umständen nicht mit Erfolg in Frage stellen.

Nach § 1577 I BGB kann der geschiedene Ehegatte Unterhalt (u. a.) nach § 1572 BGB nicht verlangen, solange und soweit er sich aus seinen Einkünften und seinem Vermögen selbst unterhalten kann. Daraus ergibt sich nach der Rspr. des Senats grundsätzlich die Obliegenheit des unterhaltsberechtigten Ehegatten, vorhandenes Vermögen so ertragreich wie möglich anzulegen, weil auch solche Einkünfte die Bedürftigkeit mindern, die zwar tatsächlich nicht gezogen werden, aber in zumutbarer Weise gezogen werden könnten (Urteil v. 4. 11. 1987 - IVb ZR 81/86 -, BGHR, BGB § 1577 I Vermietung 1 = FamRZ 1988, 145, 149, m. w. N.). Allerdings setzt die Annahme einer solchen Obliegenheit eine Zumutbarkeitsprüfung voraus, bei der die Belange des Unterhaltsberechtigten und des -verpflichteten unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls angemessen gegeneinander abzuwägen sind.

Das OLG hat eine derartige Zumutbarkeitsprüfung vorgenommen und dazu ausgeführt: Die Kl. habe nach ihrem Vortrag zur Bestreitung ihres Unterhaltsbedarfs und für die Anschaffung von Hausrat nach der Trennung in der Zeit von September 1986 bis April 1991 nach und nach Darlehensbeträge von insgesamt 35.000 DM bei ihrer Schwester aufgenommen. Dieses zinslos gewährte Darlehen habe sie i. J. 1991 mit den Mitteln aus dem Zugewinnausgleich wieder zurückgezahlt. Außerdem habe sie 7.600 DM für Gerichts- und Anwaltskosten ausgegeben. Einen Restbetrag von 13.000 DM habe sie als "Notgroschen" angelegt.

Bei der Beurteilung der Darlehensaufnahme i. H. von insgesamt 35.000 DM und der Zurückzahlung des Betrages aus den Mitteln des Zugewinnausgleichs hat das OLG den Einwand des Bekl. zurückgewiesen, die Kl. habe einen Betrag in dieser Höhe gar nicht verbraucht oder habe ihn für Luxusausgaben verwendet. Das Gericht hat sich vielmehr davon überzeugt, daß die von der Schwester der Kl. bestätigte Darlehensgewährung notwendig gewesen sei, weil die Kl. in der zurückliegenden Zeit Bedürfnisse abzudecken gehabt habe, die sie mit den vorhandenen Mitteln nicht habe finanzieren können. Dazu hat das OLG im einzelnen dargelegt: Nach dem Verlust ihrer Arbeitsstelle Ende 1987 sei die Kl. vom 1. 1. bis Ende April 1988 ohne Bezüge gewesen. In der Zeit vom 3. 5. bis zum 3. 10. 1988 habe sie monatsdurchschnittlich 1.186 DM Arbeitslosengeld bezogen. In der Zeit vom 4. 10. 1988 bis Anfang April 1990 sei sie erkrankt gewesen und habe arbeits-täglich 56,20 DM Krankengeld erhalten. Seit dem 1. 5. 1990 habe sie keine Einkünfte aus Kranken- bzw. Arbeitslosengeld mehr gehabt, jedoch habe der Bekl. ihr monatlich 500 DM Unterhalt gezahlt.

Die Kl. habe hiernach von Anfang 1988 bis April 1990 monatlich nur rund 1.200 DM zur Verfügung gehabt. Hiervon habe sie ihren eheangemessenen Unterhalt angesichts ihrer Belastungen selbst dann nicht abdecken können, wenn berücksichtigt werde, daß der Bekl. ihr zunächst monatlich noch 500 DM freiwillig gezahlt habe. Das gelte selbst dann, wenn sie, wie der Bekl. behaupte, weitere 3.440 DM Krankentagegeld bezogen haben sollte.

Die Kl. habe nach der Trennung i. J. 1986 eine eigene Zwei-Zimmer-Wohnung angemietet, für die sie durchgehend monatlich 665 DM Miete habe zahlen müssen. Dafür habe sie Wohngeld von zunächst monatlich 55 DM und später 88 DM erhalten. Um die Trennung zu bewältigen, habe sie die Hilfe einer Therapeutin in Anspruch genommen. Deren Hilfe habe sie nach der Entlassung aus dem Krankenhaus nochmals benötigt, weil sie geglaubt habe, an multipler Sklerose erkrankt zu sein. Zur Linderung ihrer Schmerzen habe sie sodann 10 oder 15 Akupunkturbehandlungen aus eigenen Mitteln bezahlt.

Bei Würdigung aller dieser Umstände könne der Kl. nicht angelastet werden, das ihr durch den Zugewinnausgleich zugeflossene Vermögen leichtfertig verschwendet zu haben. Der ihr verbliebene Betrag von 13.800 DM werfe keine so erheblichen Zinserträgnisse ab, daß sie auf diese Weise ihren Unterhaltsbedarf mit Einkünften aus ihrem Vermögen ganz oder teilweise selbst abdecken könne.

c) Diese tatrichterliche Beurteilung und die ihr zugrunde-liegende Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse der Kl. durch das OLG lassen entgegen der Auffassung der Revision keinen Rechtsfehler erkennen. ...

cc) Soweit es die Revision insgesamt für nicht nachvollziehbar hält, wie das OLG zu der Ansicht gelangen konnte, daß die Kl. in jener Zeit ihren angemessenen Unterhalt nicht habe abdecken können, sind Bedenken gegen die Auffassung des OLG aus Rechtsgründen nicht zu erheben. Mit der Trennung der Parteien hatte die Kl. neben dem allgemeinen Mehrbedarf die laufenden Kosten für die eigene (Miet-)Wohnung zu tragen, die sich auf monatlich 610 bzw. 577 DM beliefen. Außerdem mußte sie die Wohnung zunächst einrichten und hatte dafür zusätzlich einmalige Ausgaben. Wenn sie sich aus diesem Grund im September 1986 das erste Darlehen von ihrer Schwester i. H. von 10.000 DM und im September 1987 weitere 3.000 DM gewähren ließ, unterliegt der Verbrauch dieser Beträge für den allgemeinen Bedarf, wie das OLG rechtsfehlerfrei angenommen hat, ebensowenig rechtlichen Bedenken wie die spätere Darlehensaufnahme i. H. von 6.000 DM im Mai 1988, als die Kl. vier Monate lang ohne Bezüge gelebt hatte, und schließlich die weitere Darlehensaufnahme i. H. von 4.000 DM im September 1988 während der Dauer des Bezuges von Arbeitslosengeld von monatlich 1.186 DM. Hiervon konnte die Kl. bei Mietausgaben von knapp 580 DM ihren angemessenen Unterhalt nicht bestreiten. Dasselbe gilt für die Zeit ihrer Krankheit, als sie im Juni 1989 6.000 DM und im August 1989 weitere 2.000 DM bei der Schwester aufnahm, sowie schließlich für die beiden letzten Darlehensaufnahmen über je 2.000 DM im November 1990 und April 1991, zumal die Kl. von Mai 1990 an (bis August 1990) keine weiteren Einkünfte hatte als die monatlichen Unterhaltszahlungen des Bekl. von 500 DM, die nicht einmal ihre Mietkosten deckten. Daß die Kl. insbesondere in der Zeit vor und unmittelbar nach der Operation erhöhte Sonderaufwendungen hatte, hat das OLG rechtsfehlerfrei und revisionsrechtlich unangreifbar dargelegt. Insgesamt sind nach alledem keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür dargetan, daß die Kl. ihre Bedürftigkeit - i. H. von 35.000 DM - unterhaltsrechtlich mutwillig herbeigeführt und es demgemäß pflichtwidrig unterlassen habe, die aus dem Zugewinnausgleich erhaltenen Beträge in dieser Höhe zinsbringend anzulegen, anstatt sie zur Tilgung der aufgenommenen Verbindlichkeiten zu verwenden.

3. a) Das OLG hat der Kl. den vollen Unterhalt nach Maßgabe der ehel. Lebensverhältnisse zugesprochen und eine Kürzung der Unterhaltsrente nach § 1579 Nr. 7 BGB - im Gegensatz zu dem FamG - für nicht begründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:

Die Kl. sei zwar, wie sich im Berufungsverfahren ergeben habe, seit fünf Jahren mit dem Zeugen S. eng befreundet. Beide wohnten aber in eigenen Wohnungen und führten getrennte Haushalte. In der Freizeit seien sie oft zusammen. Häufig besuche S. die Kl. abends gegen 20.00 Uhr, wenn er bereits bei seiner Mutter das Abendessen eingenommen oder das Essen für sich und seinen seit dem 1. 12. 1991 in seinem Haushalt lebenden Sohn aus geschiedener Ehe selbst bereitet habe. Hin und wieder übernachte S. in der Woche oder am Wochenende bei der Kl. Soweit er bei solchen Anlässen von ihr bewirtet werde, bestreite die Kl. dies aus eigenen Mitteln, ohne dafür einen Zuschuß von dem Zeugen zu erhalten. In den vergangenen Jahren habe die Kl. den Zeugen gelegentlich zu Kurzurlauben auf Geschäftsreisen nach Italien begleitet und sich dort einige Tage mit ihm aufgehalten. Die dabei entstehenden Kosten seien entweder von ihr oder von S. getragen worden, so wie es sich gerade ergeben habe.

Soweit der Bekl. noch intensivere Beziehungen der Kl. zu S. behauptet habe, hätten entsprechende Feststellungen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und der nochmaligen Einvernahme des Zeugen S. vor dem Senat nicht getroffen werden können. Die Kl. und S. seien zwar seit Jahren als Paar schon im Bekanntenkreis oder sonst in K. in einer Weise aufgetreten, daß dem Bekl. zugetragen worden sei, "seine geschiedene Frau habe mit dem Zeugen S. ein Verhältnis". Die Kl. und S. hätten aber entschieden in Abrede gestellt, daß sie dieses Verhältnis über Jahre nur deshalb nicht durch eine Eheschließung legitimiert hätten, damit die Kl. ihren Unterhaltsanspruch gegen den Bekl. nicht verliere. Der Zeuge S. habe hierzu auf Vorhalt erklärt, der Gedanke an eine Eheschließung mit der Kl. sei aus wirtschaftlichen Gründen nicht bei ihm aufgekommen. Da S. selbst geschieden und seiner geschiedenen Ehefrau sowie drei Kindern gegenüber unterhaltspflichtig sei, könne diese Darstellung nicht als Schutzbehauptung gewertet werden. Aus denselben Erwägungen müsse auch davon ausgegangen werden, daß der Kl. aus ihrer intensiven Freundschaft zu S. keine wirtschaftlichen Vorteile entstünden, sie also nicht etwa deshalb auf einen Teil der Unterhaltsrente des Bekl. nicht mehr angewiesen wäre, weil der Zeuge S. Kosten ihrer Lebensführung allein oder überwiegend (mit-)finanzierte. Allein der Umstand, daß die Kl. nach der Trennung vom Bekl. noch vor der Ehescheidung ein Verhältnis mit S. angefangen und dieses bis jetzt fortgesetzt habe, wobei das Verhältnis auch im Bekanntenkreis offenkundig geworden sei, rechtfertige es nicht, den Unterhaltsanspruch der Kl. ganz oder teilweise gemäß § 1579 Nr. 7 BGB zu kürzen. Nach der Rspr. des BGH könne es zwar auch aus objektiven Gegebenheiten und Entwicklungen der beiderseitigen Lebensverhältnisse für einen Unterhaltspflichtigen unzumutbar werden, seiner geschiedenen Ehefrau weiterhin Unterhalt zahlen zu müssen. Eine solche Beurteilung komme in Betracht, wenn der Unterhaltsberechtigte mit einem neuen Partner in einer festen sozialen Verbindung zusammenlebe und das Erscheinungsbild der Verbindung in der Öffentlichkeit die Fortdauer der Unterhaltsbelastung und des damit verbundenen Eingriffs in die Handlungsfreiheit und Lebensgestaltung für den Unterhaltsverpflichteten unzumutbar machten. Die in der Berufungsverhandlung getroffenen Feststellungen rechtfertigten hier jedoch nicht eine solche Schlußfolgerung. Selbst wenn das Verhältnis der Kl. zu S. im Bekanntenkreis des Bekl. und in der Öffentlichkeit bekanntgeworden sei, sei nicht ersichtlich, weshalb es allein aus diesem Grund für den Bekl. unzumutbar sein sollte, der Kl. weiterhin zum Unterhalt verpflichtet zu sein. Nachdem sie von ihm geschieden sei, sei sie ihm nicht mehr zu ehel. Treue verpflichtet. Daß der Lebenskreis des Bekl. durch das Verhältnis der Kl. zu S. in besonderem Maße tangiert, der Bekl. hierdurch etwa besonders brüskiert werde, sei nicht festzustellen. Dabei sei auch die Wertung zu berücksichtigen, die einem eheähnlichen Verhältnis heutzutage in der Öffentlichkeit entgegengebracht werde. Bei der gebotenen Interessenabwägung könne deshalb nicht davon ausgegangen werden, daß dem Bekl. die weitere Unterhaltszahlung an die Kl. nicht mehr zuzumuten sei. Diese lasse trotz ihres Verhältnisses zu dem Zeugen S. nicht etwa jegliche Rücksichtnahme auf die Interessen des Bekl. vermissen.

Nach alledem seien keine Umstände dargetan, die für die Feststellung ausreichen könnten, daß die Kl. ihren Unterhaltsanspruch ganz oder teilweise verwirkt hätte.

b) Gegen diese Wertung des OLG macht die Revision geltend, daß angesichts der Dauer und der Intensität der Beziehung zwischen der Kl. und dem Zeugen S. die Voraussetzungen als erfüllt anzusehen seien, unter denen nach der höchstrichterlichen Rspr. der Härtegrund des § 1579 Nr. 7 BGB eingreife.

c) Mit diesen Ausführungen, die weitgehend die tatrichterliche Beurteilung des OLG durch eine eigene Wertung ersetzen, kann die Revision keinen Erfolg haben.

Das OLG hat das Verhalten der Kl. und ihre Beziehung zu dem neuen Partner S. in rechtlich nicht zu beanstandender Weise unter allen maßgeblichen Gesichtspunkten geprüft, die hier nach der Rspr. des Senats als Härtegrund gemäß § 1579 Nr. 7 BGB in Betracht kommen (vgl. insbesondere Senatsurteil v. 21. 12. 1988 - IVb ZR 18/88 -, BGHR, BGB § 1579 Nr. 7 Härtegrund 3 bis 5 = FamRZ 1989, 487 ff., m. w. N.).

aa) Dabei hat es rechtlich zutreffend in der Tatsache als solcher, daß die geschiedene Kl. eine Beziehung zu einem anderen Mann unterhält, keinen Härtegrund i. S. von § 1579 Nr. 7 BGB gesehen.

bb) Ein Härtegrund i. S. von § 1579 Nr. 7 BGB ist nach der Rspr. des Senats anzunehmen, wenn der Unterhaltsberechtigte von einer Eheschließung mit seinem neuen Partner nur deshalb absieht, weil der den Unterhaltsanspruch gegen seinen geschiedenen Ehegatten nicht verlieren will (vgl. Senatsurteil v. 21. 12. 1988, BGHR, a.a.O., Härtegrund 3, m.w.N.). Eine derartige Motivation haben die Kl. und S. nach der Feststellung des OLG indessen in Abrede gestellt. Wenn das OLG nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung keinen Anlaß gesehen hat, die entsprechenden Erklärungen der Kl. und ihres Partners als Zweck- oder Schutzbehauptungen abzutun, so ist dies aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Insoweit kommt es entgegen der Auffassung der Revision nicht entscheidend darauf an, ob der Zeuge S. finanziell in der Lage wäre, die Kl. (als Ehefrau) zu unterhalten. Maßgeblich ist vielmehr, daß er den Gedanken an eine Eheschließung mit der Kl. ablehnt und das OLG diese Einlassung nach dem Ergebnis der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme für vertretbar hält.

cc) Auch wenn ein geschiedener Unterhaltsberechtigter von einer neuen Eheschließung aus hinzunehmenden Gründen absieht, kann eine von ihm eingegangene neue Verbindung dennoch dazu führen, daß die Fortdauer der Unterhaltsbelastung für den geschiedenen Unterhaltspflichtigen im Sinne von § 1579 Nr. 7 BGB unzumutbar wird. Das kann dann der Fall sein, wenn kein verständlicher Grund ersichtlich ist, weshalb die Partner nicht zu einer "ehegleichen ökonomischen Solidarität" i. S. einer Unterhaltsgemeinschaft gelangen, mithin gemeinsam wirtschaften, wobei der den Haushalt führende Partner wie in einer Ehe von dem anderen unterhalten wird. Voraussetzung hierfür ist allerdings, daß der Unterhaltsberechtigte mit seinem neuen Partner dauerhaft in einer festen sozialen Verbindung zusammenlebt (Senatsurteil v. 21. 12. 1988, BGHR, a.a.O. Härtegrund 4).

Unter diesem Gesichtspunkt hat das OLG die Beziehung zwischen der Kl. und dem Zeugen S. ebenfalls geprüft. Es hat sich jedoch nach den in der Berufungsverhandlung getroffenen Feststellungen nicht in der Lage gesehen, die hierfür erforderlichen Voraussetzungen als erfüllt anzunehmen. Dagegen sind aus Rechtsgründen keine Einwände zu erheben. Es ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten, die Feststellungen zu treffen, die die Annahme rechtfertigen können, ob zwei Partner in einer festen sozialen Verbindung zusammenleben und dabei gleichwohl ohne verständlichen Grund nicht zu einer Unterhaltsgemeinschaft gelangen. Eine solche Verbindung hat das Gericht in den Beziehungen zwischen der Kl. und S. nicht festzustellen vermocht. Es hat die Gestaltung ihrer Lebensführung mit getrennten Wohnungen und getrennter Haushaltsführung - trotz sonst bestehender enger persönlicher Bindungen - in dieser Form für nicht ausreichend gehalten. Diese Beurteilung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, zumal im Haushalt des Zeugen S. auch dessen Sohn aus der geschiedenen Ehe lebt und die Kl. ihrerseits weiterhin den Kontakt zu ihren Kindern unterhält, wobei die Tochter der Parteien zeitweise mit in ihrer Wohnung gewohnt hat.

Soweit die Revision hierzu geltend macht, es sei kein verständlicher Grund ersichtlich, weshalb die Kl. und der Zeuge S. - die in einer dauerhaften festen sozialen Verbindung zusammenlebten - nicht zusammenzögen und eine Unterhaltsgemeinschaft bildeten, kann ihr nicht gefolgt werden. Die Entscheidung, ob ein geschiedener Ehegatte und sein neuer Partner in einer gemeinsamen Wohnung zusammenleben oder aber ihre jeweiligen Lebensbereiche insoweit getrennt erhalten wollen, treffen die Beteiligten in eigener Verantwortung.

dd) Lassen die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des neuen Partners die Begründung einer Unterhaltsgemeinschaft in dem vorgenannten Sinn - in deren Rahmen der Partner die geschiedene Ehefrau wie in einer Ehe unterhält - nicht zu, so kann die bestehende Beziehung nach der Rspr. des Senats gleichwohl unter einem anderen Gesichtspunkt die Voraussetzungen eines Härtegrundes i. S. von § 1579 Nr. 7 BGB erfüllen und damit zur Unzumutbarkeit einer weiteren (uneingeschränkten) Unterhaltsbelastung für den verpflichteten geschiedenen Ehegatten führen. Das kann dann anzunehmen sein, wenn sich die Beziehung des geschiedenen Ehegatten zu seinem neuen Partner in einem solchen Maße verfestigt, daß damit - nach einer zu fordernden gewissen Mindestdauer - gleichsam ein nichteheliches Zusammenleben an die Stelle einer Ehe getreten ist (Senatsurteil v. 21. 12. 1988, BGHR, a.a.O., Härtegrund 5).

Das OLG hat auch diesen Härtegrund in seine Erwägungen einbezogen, wie der Hinweis auf das genannte Senatsurteil v. 21. 12. 1988 in dem Berufungsurteil zeigt. Es hat jedoch - auf dem Hintergrund der Tatsache, daß die Kl. und der Zeuge S. zwar seit Jahren intim befreundet sind und einen erheblichen Teil ihrer (freien) Zeit gemeinsam verbringen, aber eben nicht zusammen wohnen und leben - die Voraussetzungen nicht als erfüllt angesehen, unter denen eine volle oder teilweise Kürzung des Unterhaltsanspruchs der Kl. wegen der Führung einer nichtehelichen [ne.] Lebensgemeinschaft mit dem Zeugen S. in Betracht kommen könnte. Auch gegen diese tatrichterliche Würdigung der Gestaltung der Beziehungen zwischen der Kl. und ihrem neuen Partner durch das OLG sind aus Rechtsgründen keine durchgreifenden Bedenken zu erheben. Die Annahme einer ne. Lebensgemeinschaft bzw. eines ne. Zusammenlebens setzt zwar nicht zwingend voraus, daß die Partner räumlich zusammen wohnen, leben und einen gemeinsamen Haushalt führen, wenngleich eine solche Form des Zusammenlebens ein typisches Anzeichen hierfür sein dürfte. Letztlich obliegt es aber der verantwortlichen Beurteilung des Tatrichters, ob er den Tatbestand des "ne. Zusammenlebens" aus tatsächlichen Gründen für gegeben erachtet oder nicht.

4. a) Bei der Bemessung der Höhe des der Kl. gebührenden Unterhalts ist das OLG von einem bereinigten Nettoeinkommen des Bekl. in unterschiedlicher Höhe von monatlich 3.537 DM i. J. 1990 bis zuletzt monatlich 3.977 DM ab 1. 10. 1992 ausgegangen, von dem es der Kl. zunächst den begehrten Krankenvorsorgeunterhalt i. H. von monatlich 146,72 DM bis zum 30. 5. 1991 und von monatlich 166 DM ab 1. 6. 1991 zugebilligt und alsdann ihren Altersvorsorge- und Elementarunterhalt auf der Grundlage eines 3/7-Anteils am verbleibenden Einkommen des Bekl. ermittelt hat. Das bereinigte Nettoeinkommen des Bekl. hat das OLG durch Abzug der Versicherungsbeiträge sowie berufsbedingter Aufwendungen und ferner des Unterhalts für die Tochter mit monatlich zunächst 450 DM, ab 1. 6. 1991 monatlich 100 DM sowie für den Sohn mit monatlich zunächst 400 DM, ab 1. 10. 1992 monatlich 200 DM von den nachgewiesenen Nettoeinkünften des Bekl. aus nicht selbständiger Tätigkeit errechnet.

Zum Ansatz der Unterhaltsbeträge für die Kinder hat das OLG im einzelnen ausgeführt: ...

b) Diese Ausführungen lassen im Ergebnis keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Bekl. erkennen.

Die Revision beanstandet, das OLG habe die Leistungsfähigkeit des Bekl. zu hoch angesetzt; denn es habe den für die Kinder veranschlagten Unterhalt willkürlich zu gering angenommen. Nach den Einkommensverhältnissen des Bekl. wären nach der Düsseldorfer Tabelle [Stand: 1. 7. 1992, FamRZ 1992, 398] zunächst für die Tochter nicht nur 450 DM, sondern monatlich 700 DM anzusetzen. Für die Zeit ab 1. 6. 1991 übersehe das OLG, daß in den an die Tochter überwiesenen Mieteinkünften von monatlich 450 DM Nebenkosten von monatlich 100 DM enthalten seien, die der Bekl. trage. Es hätten deshalb mindestens Unterhaltszahlungen von monatlich 200 DM für die Tochter berücksichtigt werden müssen. Auch für den Sohn habe das OLG zu Unrecht lediglich 450 DM monatlich in Abzug gebracht, obwohl nach der Düsseldorfer Tabelle höhere Beträge abzugsfähig seien.

Mit dieser letztgenannten Rüge kann die Revision schon deshalb keinen Erfolg haben, weil sich die Kl. bei der Ermittlung ihres Unterhalts nur diejenigen Beträge als Unterhaltsleistungen für die beiden Kinder entgegenhalten lassen muß, die der Bekl. tatsächlich für die Kinder aufgebracht hat und aufwendet. Daß diese Aufwendungen höher gewesen seien als vom OLG zugrunde gelegt, hat der Bekl. nicht behauptet und wird auch von der Revision nicht geltend gemacht. Der Hinweis auf die Beträge, die nach der Düsseldorfer Tabelle von einem (voll) barunterhaltspflichtigen Elternteil zu zahlen wären, vermag die notwendige Darlegung der tatsächlichen Aufwendungen des Bekl. für die Kinder nicht zu ersetzen.

Soweit die Revision rügt, das OLG habe als Einkünfte der Tochter zu Unrecht monatlich 450 DM Einnahmen aus der Vermietung ihrer beiden Zimmer im Elternhaus zugrunde gelegt, obwohl hierin 100 DM Nebenkosten enthalten seien, die tatsächlich der Bekl. trage, trifft dies nach dem unbestrittenen Vortrag des Bekl. im Verfahren vor dem OLG zu. Das stellt jedoch die vom OLG vorgenommene Unterhaltsberechnung für die Kl. im Ergebnis nicht in Frage. Das Gericht hat nämlich, worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist, das unterhaltserhebliche Einkommen des Bekl. in einem anderen Punkt um jedenfalls mehr als 100 DM zu gering angesetzt: So hat das OLG dem Bekl., obwohl er im eigenen Haus wohnt, keinen Vorteil für mietfreies Wohnen angerechnet. Es hat dies mit folgenden Erwägungen begründet:

Zwar sei der Vorteil mietfreien Wohnens im eigenen Haus dem Unterhaltspflichtigen in der Regel mit 30 % seines bereinigten Nettoeinkommens zuzurechnen. Wenn der Bekl. deshalb als Ausgangsbetrag einen Mietpreis von rund 1.500 DM gegen sich gelten lassen wolle, werde damit die genannte Obergrenze nicht überschritten. Wer solchermaßen mietfrei wohne, müsse aber für die laufenden Bewirtschaftungskosten aufkommen. Daher seien die von der Kl. anerkannten Aufwendungen für "Feuer- und Einbruchsversicherung usw. mit monatlich insgesamt 828,56 DM" abzusetzen. Bei der Erfassung des Wohnvorteils müßten außerdem die auf dem Grundstück noch ruhenden Kreditbelastungen mit monatlich insgesamt 156 DM aus drei Bausparkassendarlehen in Abzug gebracht werden, da sich der Bekl. hiermit gleichsam die Möglichkeit erkaufe, im eigenen Haus "mietfrei" zu wohnen. Aus den gleichen Erwägungen seien die Belastungen aus der bei der A. abgeschlossenen Lebensversicherung zu berücksichtigen; denn über diese würden die auf dem Grundstück ruhenden Hypothekenbelastungen abgetragen, so daß die monatliche Prämie von 377,90 DM und die daneben noch zu tragende Zinsbelastung mit monatlich 704,16 DM ebenfalls abzuziehen seien. Bei Berücksichtigung dieser Belastungen erwachse dem Bekl. kein geldwerter Vorteil mehr daraus, daß er im eigenen Haus mietfrei wohne.

Dem kann in dieser Form nicht gefolgt werden. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die dargelegten Belastungen grundsätzlich - voll - als abzugsfähig anzuerkennen wären, insbesondere, soweit es sich um Aufwendungen handelt, mit deren Hilfe der Bekl. letztlich Eigentum bildet (vgl. hierzu Senatsurteile v. 4. 4. 1984 - IVb ZR 77/82 -, n. v., und v. 25. 1. 1984 - IVb ZR 43/82 -, FamRZ 1984, 358, 360; auch Kalthoener/Büttner, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 5. Aufl. Rz. 772).

Dem OLG ist aber jedenfalls insoweit ein Fehler unterlaufen, als es die Zinsbelastung bei der A. doppelt in Abzug gebracht hat. Diese ist nämlich erkennbar bereits in den "von der Kl. anerkannten Aufwendungen für Feuer- und Einbruchsversicherung usw. mit monatlich insgesamt 828,56 DM" enthalten, die die Kl. in der Berufungsbegründung unter Bezugnahme auf den Schriftsatz des Bekl. v. 19. 9. 1990 und die ihm beigefügte Anlage wie folgt aufgeschlüsselt hat:

Feuer/Einbruch 32,17 DM

Gebäudeversicherung 6,49 DM

Darlehen 706,60 DM

Reparaturen 83,30 DM

(= 828,56 DM)

Auch wenn das OLG die Höhe der Zinsbelastung für das Darlehen der A. mit monatlich 704,16 DM zugrunde gelegt hat, handelt es sich doch nach der Klarstellung in der Revisionsverhandlung um dieselbe Belastung, die die Kl. mit monatlich 706,60 DM "anerkannt" hat.

Wenn hiernach aber höchstens Aufwendungen und Belastungen des Bekl. von insgesamt monatlich 1.362,46 DM (828,56 + 156 + 377,90 DM) anzuerkennen wären, verbleibt bei dem Wohnwert des Hauses von 1.500 DM jedenfalls ein Wertanteil für mietfreies Wohnen von mehr als 100 DM. Tatsächlich hat der Bekl. im Verlauf des Verfahrens selbst mehrfach erklärt, der Wert seines mietfreien Wohnens sei mit (allenfalls) 500 DM bzw. 515 DM anzusetzen.

Insgesamt hat das OLG nach alledem das unterhaltserheb-liche Einkommen des Bekl. - als Bemessungsgrundlage für den Unterhaltsanspruch der Kl. - entgegen der Auffassung der Revision nicht zum Nachteil des Bekl. zu hoch angesetzt.

Vorinstanzen

OLG Karlsruhe, 18 UF 55/92, 1992-12-22

Rechtsgebiete

Ehe- und Familienrecht; Nichteheliche Lebensgemeinschaft