Eheähnliche Gemeinschaft i. S. des § 122 S. 1 BSHG, I

Gericht

VGH Mannheim


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

28. 04. 1993


Aktenzeichen

6 S 916/92


Leitsatz des Gerichts

  1. Eine Wirtschaftsgemeinschaft i. S. des § 122 S. 1 BSHG ist anzunehmen, wenn jeder Partner seine finanziellen Möglichkeiten und persönlichen Kräfte in nennenswertem Umfang nicht nur für sich selbst, sondern auch für das gemeinsame Leben in einer Weise einsetzt, die auch dem jeweils anderen unterstützend zugute kommt.

  2. Leben die Partner unstreitig oder offenkundig in Wohn- und Geschlechtsgemeinschaft zusammen, bestreiten dagegen das Bestehen einer Wirtschaftsgemeinschaft und weigern sich deshalb, die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des nicht hilfebedürftigen Beteiligten zu offenbaren, ist der Sozialhilfeträger zunächst berechtigt, die Gewährung der Sozialhilfe mangels hinreichender Feststellung der Bedürftigkeit abzulehnen.

Tatbestand

Auszüge aus dem Sachverhalt:

Im Sommer 1989 war der Kl. mit seiner am 20. 1. 1981 geborenen Tochter, die er nach Scheidung seiner Ehe allein erzog, in den Zuständigkeitsbereich des Bekl. gezogen. Nachdem er am 1. 7. 1989 arbeitslos geworden war, beantragte er am 17. 8. 1989 beim Sozialamt des Bekl. für sich und seine Tochter laufende Hilfe zum Lebensunterhalt. Hierbei gab er an, Untermieter von Frau X in F. zu sein und in deren 90 qm großer Wohnung gegen eine Gesamt-Untermiete von 300 DM inkl. Nebenkosten von 80 DM 30 qm Wohnfläche zu bewohnen. Allerdings sei er mit der Mietzahlung im Rückstand. Auch in einem späteren Antrag vom 23. 5. 1990 gab er an, seit seinem Einzug keine Miete bezahlt zu haben. Mit Bescheid vom 27. 10. 1989 gewährte der Bekl. der Tochter des Kl. für die Zeit vom 17. 8. 1989 bis 31. 12. 1989 laufende Hilfe zum Lebensunterhalt, nicht jedoch dem Kl. selbst, da dieser mit Frau X i. S. des § 122 BSHG in Haushaltsgemeinschaft zusammenwohne. Hiergegen erhob der Kl. erfolglos Widerspruch und Klage.

Der VGH wies die Berufung des Kl. zurück.

Entscheidungsgründe

Auszüge aus den Gründen:

1. Der Kl. hat nach der Überzeugung des Senats mit Frau X in der Zeit vom 17. 8. 1989 bis zum 5. 4. 1990 (Klagezeitraum) i. S. des § 122 S. 1 BSHG in eheähnlicher Gemeinschaft gelebt.

Zur Feststellung einer eheähnlichen Gemeinschaft i. S. des § 122 BSHG ist der Senat im Anschluß an das BVerwG in ständiger Rechtsprechung davon ausgegangen, daß eine solche dann anzunehmen ist, wenn zwischen einem Mann und einer Frau, die auch verheiratet sein könnten, eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft besteht (vgl. BVerwGE 70, 278 (280) = NJW 1985, 2284; BVerwGE 52, 11 (13 ff.) = NJW 1978, 388; BVerwGE 15, 306 (312 ff.); Senat, VBlBW 1986, 384; seither st. Rspr. des Senats, vgl. zuletzt etwa VBlBW 1993, 147). Darauf, ob innere Bindungen oder Verpflichtungen zur Unterhaltsgewährung oder zur gemeinsamen Lebensführung bestehen, kommt es nicht an. Entscheidend ist vielmehr, ob tatsächlich „aus einem Topf“ gewirtschaftet wird (BVerfGE 9, 20 (32) = NJW 1959, 283). In diesem Zusammenhang dürfen freilich nicht zu strenge Anforderungen gestellt werden. So ist eine Wohngemeinschaft nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil jedem Partner ein Raum zu seiner ausschließlichen Verfügung vorbehalten ist. Die Annahme einer Wirtschaftsgemeinschaft setzt nicht voraus, daß nur eine gemeinsame Kasse besteht, daß die der Befriedigung jeglichen Lebensbedarfs dienenden Güter nur gemeinsam und aufgrund gemeinsamer Planung angeschafft werden, daß jede Ausgabe nur gemeinsam bestritten wird oder daß der eine Partner über ein etwa bestehendes Konto des anderen Partners verfügen darf. Ebensowenig spricht gegen eine Wirtschaftsgemeinschaft, daß als Mieter der Wohnung im Außenverhältnis nur der eine Partner in Erscheinung tritt und dementsprechend die Miete entrichtet, während der andere Partner seinen Beitrag im Innenverhältnis leistet. Daß zwischen den Partnern intime Beziehungen bestehen, ist nicht erforderlich. Daraus darf jedoch nicht geschlossen werden, daß derartige Beziehungen völlig belanglos sind. Sie können zwar nicht die zur Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft notwendig zu treffenden tatsächlichen Feststellungen ersetzen, aber ein gewichtiges Indiz für das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft bilden (BVerwG, aaO). Ob die Merkmale der eheähnlichen Gemeinschaft im Einzelfall erfüllt sind, ist nicht nach den - meist zweckgerichteten - Erklärungen der Beteiligten über den Charakter und die Dauerhaftigkeit ihrer Beziehung, sondern nach allen äußeren, objektiv feststellbaren Umständen zu entscheiden (VGH Kassel, DÖV 1992, 1069; OVG Hamburg, FEVS 41, 22 (23); BSG, FEVS 38, 334 (340)).

Der Kl. hat nicht bestritten, mit Frau X während des maßgebenden Zeitraums in einer Wohngemeinschaft gelebt und mit ihr intime Beziehungen unterhalten zu haben. Bestritten hat er dagegen, daß die Beziehung zu Frau X auf Dauer angelegt gewesen sei und daß es sich um eine Wirtschaftsgemeinschaft gehandelt habe.

Bezüglich der von ihm für maßgeblich gehaltenen Dauerhaftigkeit seiner Beziehung zu Frau X beruft sich der Kl. vor allem auf die Rechtsprechung des BGH, wonach das Zusammenleben des unterhaltsberechtigten Geschiedenen mit einem neuen Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft einen i. S. des § 1579 Nr. 7 BGB wichtigen Grund für die Einschränkung des Unterhaltsanspruchs bilden kann. Der BGH verlangt hierfür eine „auf Dauer angelegte soziale Verbindung, die sich in einem solchen Maße verfestigt hat, daß damit gleichsam ein nichteheliches Zusammenleben an die Stelle einer Ehe getreten ist“; ein nur „probeweises“ Zusammenleben genüge hierfür nicht (BGH, NJW 1989, 1083 (1086)). Der Ausgleich wirtschaftlicher Interessen zwischen Geschiedenen untereinander ist jedoch schon von der normativen Ausgangslage her etwas anderes als das Eintreten der öffentlichen Hand für den Lebensunterhalt. Insoweit weist der Bekl. zu Recht darauf hin, daß sich die jeweiligen Regelungsbereiche und Normzwecke nicht miteinander vergleichen lassen. Es liegt zwar nahe, die Intention der Dauer als eines der Wesensmerkmale der Ehe und damit auch des einer Ehe „ähnlichen“ Zusammenlebens anzusehen. Da jedoch, wie bereits ausgeführt, für die Feststellung einer eheähnlichen Gemeinschaft i. S. des § 122 BSHG den Erklärungen der Partner über den Charakter und die Dauerhaftigkeit ihrer Beziehung keine ausschlaggebende Rolle beigemessen werden kann, weil gerade hierüber sehr schnell und aus naheliegenden Gründen, auch im nachhinein, bloße Zweckbehauptungen aufgestellt werden können, kommt diesem Merkmal im Sozialhilferecht eine eher untergeordnete Bedeutung zu. Das Sozialhilferecht richtet sich nach den wirklichen Verhältnissen unter den Beteiligten im maßgebenden Zeitraum und nicht so sehr danach, von welchen Absichten und Motiven diese gemäß den nach außen abgegebenen Erklärungen der Partner bestimmt werden. Auch eine nicht auf Dauer angelegte, im übrigen aber dem Zusammenleben in der Ehe gleichkommende Verbindung könnte daher i. S. des § 122 S. 1 BSHG als „eheähnlich“ gewertet werden. Der Senat kann diese Frage jedoch letztlich offenlassen, weil sich die Beziehung des Kl. zu Frau X als dauerhaft erwiesen hat. Denn inzwischen sind beide Partner nach K. übergesiedelt, wo sie zwar, wie zuletzt auch in F., keine Wohngemeinschaft mehr unterhalten, ihre persönliche Beziehung aber offenkundig fortgesetzt haben. Vor diesem Hintergrund der nachfolgenden Ereignisse kommt ihren Erklärungen zur fehlenden Dauerhaftigkeit ihrer Beziehung erst recht nur geringe Bedeutung zu. Der Überzeugung des Senats vom Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft im Sinne einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft stehen sie jedenfalls nicht ernstlich entgegen.

Der Senat ist aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme davon überzeugt, daß zwischen dem Kl. und Frau X im Klagezeitraum eine Wirtschaftsgemeinschaft bestand. Hierfür bietet das „Wirtschaften aus einem Topf“ lediglich eine bildhafte Umschreibung in der Art einer Faustformel. Bereits in seinem Urteil vom 9. 4. 1986 hat es der Senat demgegenüber für wesentlich erachtet, daß „jeder nach seinen Möglichkeiten zum Leben in einer Weise beiträgt, die auch dem jeweils anderen zugute kommt", und auf die Intensität des beiderseitigen finanziellen oder persönlichen Einsatzes im Zusammenleben abgehoben (VBlBW 1986, 384 (385); ebenso Urt. v. 22. 9. 1992, VBlBW 1993, 147 (148); Senatsbeschl. v. 12. 7. 1991 - 6 S 1376/91, v. 15. 7. 1987 - 6 S 529/87 und v. 18. 5. 1987 - 6 S 928/87). Ähnlich sieht Münder „in der tatsächlichen alltäglichen Unterstützung und materiellen Leistung" das entscheidende Kriterium (ZfSH/SGB 1986, 193 (198 f.); ebenso ders., in: LPK-BSHG, 3. Aufl., § 122 Rdnrn. 8, 10 und das OVG Berlin, FEVS 31, 358 (361 f.)) in dem „Füreinandereinstehen“ nach Maßgabe der vorhandenen persönlichen und materiellen Kräfte. Maßgebend ist also, daß jeder seine finanziellen Möglichkeiten und persönlichen Kräfte in nennenswertem Umfang nicht nur für sich selbst, sondern auch für das gemeinsame Leben in einer Weise einsetzt, die auch dem jeweils anderen unterstützend zugute kommt. Dies war nach den Feststellungen des erkennenden Senats aufgrund der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung zwischen den Beteiligten im maßgebenden Zeitraum der Fall.

Nach den insoweit übereinstimmenden Angaben des Kl. und der Frau X hat der Kl. mit seiner Tochter in F. vom ersten Tag des Zuzugs an in der Wohnung seiner Partnerin gelebt, ohne Miete zu zahlen; auch hat sie ihm zur Bestreitung seines und seiner Tochter Lebensunterhalts mit Barbeträgen ausgeholfen. Allein dies vermag allerdings noch keine Wirtschaftsgemeinschaft zu begründen. Wird die Untermiete wegen Einkommenslosigkeit oder wirtschaftlicher Notlage gestundet, so läßt dies zunächst nur auf eine wohlwollende persönliche Beziehung, dagegen noch nicht zwingend auf eine eheähnliche Gemeinschaft schließen (vgl. auch OVG Bremen, FEVS 24, 71 (74)). Entsprechendes gilt für kurzfristige Darlehen zur Bestreitung des Lebensunterhalts. Zur Wirtschaftsgemeinchaft führen solche Leistungen jedoch dann, wenn sie über die Bedeutung einer bloßen Aushilfe hinausgehen und dem beiderseitigen Einsatz für das gemeinsame Leben dienen. Ob und wann das der Fall ist, muß anhand der objektiven Umstände des konkreten Einzelfalles ermittelt werden. Aus diesen Umständen kann sich in vielen Fällen erkennen lassen, ob gegenseitige Leistungen um des Zusammenlebens willen oder nur als gelegentliche persönliche Unterstützung erbracht wurden. Auch hier kann den Erklärungen der Beteiligten nicht immer das entscheidende Gewicht beigemessen werden, während objektive Umstände wie beispielsweise die Genauigkeit der Kontenführung, die Hergabe von Quittungen und Schuldscheinen, gegenseitige Verrechnungen oder turnusmäßige Abrechnungen, wie sie in einer Ehe so nicht üblich sind, eher gegen ein „Wirtschaften aus einem Topf“ sprechen. Fehlende Abgrenzung der jeweiligen finanziellen Sphären wiederum sowie eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber späterer Nachzahlung gestundeter Beträge oder Rückzahlung von geliehenen Geldern sprechen dagegen mehr für das Bestehen einer Wirtschaftsgemeinschaft, bei der der wechselseitige Einsatz finanzieller Mittel für das gemeinsame Zusammenleben gegenüber der korrekten Abgrenzung der finanziellen Verhältnisse mehr im Vordergrund steht.

Bei dem Vergleich der Angaben des Kl. und der Aussagen von Frau X zu den Einzelheiten ihrer Beziehung in finanzieller Hinsicht fällt besonders auf, wie stark sie voneinander abweichen und wie wenig präzise die finanzielle Sphäre beider Partner im Klagezeitraum voneinander abgegrenzt war, soweit es nicht um Erklärungen - wie etwa die Kündigung mangels Mietzahlung - ging, die dem Sozialamt vorzulegen waren. So wurde zwar von beiden Seiten erklärt, der Kl. schulde noch die rückständige Miete und habe auch die empfangenen Barbeträge an Frau X zurückzuzahlen, doch bezifferte der Kl. seine Schulden gegenüber Frau X auf etwa 4000 bis 6000 DM, ohne Genaueres angeben zu können, und berief sich insoweit auf das gegenseitige Vertrauensverhältnis. Frau X wiederum schätzte die Schulden des Kl. ihr gegenüber auf etwa 10000 DM, also auf das Doppelte. Schuldscheine, Quittungen, Sicherheiten waren nicht ausgetauscht worden. Auch der Einsatz der Zeugin für die Lebenshaltungskosten des Kl. konnte von ihr nur auf 500 DM monatlich vage geschätzt werden. Daß hierüber „korrekt Buch geführt“ worden sei, wurde vom Kl. behauptet, während die Zeugin nur davon gesprochen hat, ihre finanziellen Leistungen für den Kl. und seine Tochter „in einem Heft vermerkt“ zu haben bzw. „für sich eine Aufstellung gemacht" oder sie „monatlich aufgeschrieben" zu haben, ohne sie allerdings dabei „zusammenzurechnen“. Irgendwelche Unterlagen bzw. Belege konnte sie nicht vorlegen, gab aber ihrer Erwartung Ausdruck, „daß der Kl. seinen Schuldenstand kennt und ihn auch anerkennt und die Schulden zurückzahlt, wenn er kann“. Auch die bisherigen Rückzahlungen während der Zeit der Halbtagstätigkeit des Kl. beim Kreiskrankenhaus F. sollen nach seinen Angaben von der Zeugin „auf einer Liste korrekt vermerkt“ worden sein, während diese in ihrer Aussage Rückzahlungen des Kl. auf seine Miet- und Darlehensschulden überhaupt bestritten und nur eingeräumt hat, von ihm zu bestimmten Zwecken, beispielsweise für eine Autoreparatur, kleinere Beträge erhalten zu haben. Schon diese, teilweise gravierenden Unterschiede in den Angaben der Beteiligten lassen mit ziemlicher Sicherheit darauf schließen, daß während des hier maßgebenden Zeitraums und auch danach eine genauere Buchführung und Abrechnung des Schuldenstands zwischen den Partnern überhaupt nicht üblich gewesen war und eine präzise finanzielle Abgrenzung voneinander mit Rücksicht auf den Einsatz der Mittel für die gemeinsame Lebensführung faktisch unterlassen wurde. Gerade dies ist aber, wie oben ausgeführt, das Wesen einer Wirtschaftsgemeinschaft i. S. des § 122 S. 1 BSHG. Die gegenteiligen Erklärungen der Partner haben sich aus ihrem feststellbaren tatsächlichen Verhalten zueinander kaum bestätigen lassen und sind nach der Überzeugung des Senats daher wohl eher für das Sozialamt und das gerichtliche Verfahren aufgestellt worden.

Schließlich wird die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft auch noch durch die gegenseitigen Unterstützungshandlungen der Partner wie etwa die gemeinsame Benutzung der auf Frau X zugelassenen Kraftfahrzeuge, das Aufkommen des Kl. für deren Reparatur oder die Hilfestellung von Frau X bei der Betreuung der Tochter des Kl. und die abwechselnde Zubereitung der gemeinsamen Mahlzeiten bestätigt.

2. Bestand somit nach der Überzeugung des Senats zwischen dem Kl. und Frau X im Klagezeitraum eine eheähnliche Gemeinschaft, so durfte der Bekl. die Gewährung laufender Hilfe zum Lebensunterhalt an den Kl. solange ablehnen, als dieser sich weigerte oder nicht in der Lage sah, die Einkommens- und Vermögensverhältnisse seiner Partnerin vollständig offenzulegen.

Allerdings bot § 66 SGBI entgegen der Auffassung des Bekl. keine unmittelbare Rechtsgrundlage für die Versagung von Leistungen an den Kl. Denn eine Leistungsversagung nach § 66 I 1 SGBI kann nur dann in Betracht kommen, wenn der Leistungsberechtigte zu der von ihm verlangten Mitwirkung auch wirklich gem. §§ 60-62, 65 SGBI verpflichtet war. Die dort geregelten Mitwirkungspflichten treffen jedoch nur den, der „Sozialleistungen beantragt oder erhält“. Das ist im Falle des § 122 BSHG nur der Hilfesuchende selbst, nicht auch der Partner (LPK-BSHG, 3. Aufl., § 122 Rdnr. 20; vgl. auch Hauck-Haines, SGBI § 60 Rdnr. 6). Ist somit Frau X selbst nicht unmittelbar zur Offenbarung ihrer Einkommens-, Vermögens- und Mietverhältnisse gegenüber dem Bekl. verpflichtet gewesen, so wird man von ihr auch nicht ohne weiteres verlangen können, dies auf Anforderung des Sozialhilfeträgers gegenüber dem Kl. zu offenbaren, um ihn dann zur Offenlegung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse in den Stand zu setzen. Andererseits ist es Sache des Hilfebedürftigen, bei dem Nachweis seiner Bedürftigkeit notfalls auch von Dritten leistungserhebliche Tatsachen zu beschaffen (vgl. Trenk = Hinterberger bei Giese-Krahmer, SGBI, § 60 Rdnr. 6.1 u. 9.2). Dazu gehören auch Angaben über die wirtschaftlichen Verhältnisse von solchen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft i. S. des § 11 BSHG, die selbst nicht sozialhilfebedürftig sind. Liegen nun, wie hier, wesentliche äußere Merkmale einer eheähnlichen Gemeinschaft i. S. des § 122 S. 1 BSHG, insbesondere das enge Zusammenleben der Partner in einer Wohngemeinschaft, offen zutage, so ist - vorbehaltlich abschließender gerichtlicher Aufklärung - auch das Bestehen einer Wirtschaftsgemeinschaft zunächst einmal indiziert. Es liegt dann an dem Hilfesuchenden, entweder durch Offenlegung auch der wirtschaftlichen Verhältnisse des Partners darzulegen, daß auch bei Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft ein Anspruch auf laufende Hilfe zum Lebensunterhalt besteht, oder aber - vorbehaltlich der Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes - das Ergebnis der gerichtlichen Aufklärung der Verhältnisse abzuwarten, bei welchem wiederum die Behörde die Beweislast für das Vorliegen einer Wirtschaftsgemeinschaft trägt. Die Behörde wiederum ist weder berechtigt, auf bloßen Verdacht einer eheähnlichen Gemeinschaft hin die Gewährung laufender Hilfe zum Lebensunterhalt von vornherein abzulehnen, noch aber ist sie verpflichtet, trotz Vorliegens ernstlicher Anhaltspunkte und eines feststellbaren äußeren Anscheins für das Bestehen einer solchen Lebensgemeinschaft gleichwohl laufende Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren. Leben die Partner offenkundig in Wohngemeinschaft zusammen, weigern sich aber, ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse vollständig offenzulegen, ist die Behörde mangels hinreichender Feststellung der Bedürftigkeit zunächst berechtigt, laufende Hilfe zum Lebensunterhalt abzulehnen.

Rechtsgebiete

Sozialrecht; Ehe- und Familienrecht; Nichteheliche Lebensgemeinschaft