Beweislastverteilung im Arzthaftungsprozess
Gericht
BVerfG
Art der Entscheidung
Beschluss über Verfassungsbeschwerde
Datum
25. 07. 1979
Aktenzeichen
2 BvR 878/74
Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, inwieweit die Grundrechte und allgemeine Verfassungsgrundsätze auf den Arzthaftungsprozeß einwirken. Bei dem Bf. war eine Halsoperation vorgenommen worden, nach der eine Bewegungseinschränkung des linken Arms zu beobachten war. Letzteres wurde auf eine Lähmung des nervus accessorius zurückgeführt. Der Bf. hat gegen den kieferchirurgischen Operateur sowie gegen die Stadt S. als Träger des Krankenhauses Klage auf Schadensersatz und Schmerzensgeld erhoben. Das LG hat - nach Einholung von zwei fachärztlichen Gutachten - die Klage als unbegründet abgewiesen. Das OLG hat die Berufung zurückgewiesen. Die Verfassungsbeschwerde, mit der der Bf. eine Verletzung des Art. 3 I GG (Willkürverbot) und Art. 103 I GG sowie einen Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip rügt, hatte keinen Erfolg.
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B.
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I. Das OLG Stuttgart hat in der angegriffenen Entscheidung einen Schadensersatzanspruch wegen eines ärztlichen "Kunstfehlers" verneint. Bei der Abstimmung darüber, ob dieser Teil der Entscheidung, insbesondere die Handhabung des Beweisrechts, gegen das verfassungsrechtliche Willkürverbot und gegen das Rechtsstaatsprinzip verstößt, hat sich im Senat Stimmengleichheit ergeben. Ein Verstoß gegen das Grundgesetz konnte somit nicht festgestellt werden (§ 15 II 4 BVerfGG).
1. Nach Meinung der Richter Zeidler, Hirsch, Niebler und Steinberger, die die Entscheidung nicht trägt, hat das OLG Stuttgart in der angegriffenen Entscheidung das verfassungsrechtliche Erfordernis eines fairen rechtsstaatlichen Verfahrens, insbesondere den Grundsatz der Waffengleichheit im Prozeß (Art. 3 1 GG), nicht hinreichend beachtet und hierdurch - insgesamt betrachtet - gegen Art. 3 I GG sowie gegen das Grundrecht des Bf. aus Art. 21 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 II, III GG) verstoßen.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG liegt ein Verfassungsverstoß "bei gerichtlichen Urteilen unter dem Gesichtspunkt des Willkürverbots des Art. 3 I GG nicht schon dann vor, wenn die Rechtsanwendung oder das eingeschlagene Verfahren Fehler enthalten. Hinzukommen muß vielmehr, daß diese bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich sind und sich daher der Schluß aufdrängt, daß sie auf sachfremden Erwägungen beruhen" (BVerfGE 4, 1 [7] = NJW 1954, 1153; B VerfGE 13, 132 [150] = NJW 1962, 29; B VerfGE 18, 85 [96] = NJW 1964, 1715; B VerfGE 18, 121 [1331 = NJW 1964, 1848). Die Maßstäbe dafür, ob und in welchem Maße sachfremde Erwägungen zugrunde liegen, sind in erster Linie den im Grundgesetz konkretisierten Gerechtigkeitsvorstellungen und ihrem Bezug zum jeweiligen Lebenssachverhalt und Regelungsbereich zu entnehmen. Im Bereich des gerichtsförmigen Rechtsschutzes gebietet der Gleichheitssatz des Art. 3 I GG, daß für jedermann die "gleiche Anrufungschance bestehen" muß (vgl. Dürig, in: Maunz-Dürig, GG, Art. 3 I Rdnr. 46). So hat das B VerfG entschieden, daß § 80 VI 2 VwGO, der bestimmte gerichtliche Beschlüsse für unanfechtbar erklärt, verfassungskonform dahin auszulegen ist, daß bei Verwaltungsakten mit drittbelastender Doppelwirkung "beiden" Bürgern die Beschwerde nach § 146 I VwGO zusteht (BVerfGE 35, 263 [279] = NJW 1973, 1491). Dieser Grundgedanke hat nicht nur für den Zugang zum Gericht, sondern auch für die Ausgestaltung und Anwendung der Verfahrensgrundsätze zu gelten. Grundsätzliche Waffengleichheit im Prozeß und gleichmäßige Verteilung des Risikos am Verfahrensausgang sind verfassungsrechtlich gebotene Erfordernisse des Gleichheitssatzes (vgl. Dürig, in: Maunz-Dürig, Art. 3 I Rdnr. 50) wie auch des Rechtsstaatsprinzips: Das Rechtsstaatsprinzip gehört zu den allgemeinen Grundsätzen und Leitlinien, die das Grundgesetz nicht zu einem besonderen Rechtssatz verdichtet hat (B VerfGE 2, 380 [403] = NJW 1953, 1137). Es enthält - soweit es nicht in einzelnen Sätzen der geschriebenen Verfassung für bestimmte Sachgebiete ausgeformt und präzisiert ist keine in allen Einzelheiten eindeutig bestimmten Gebote und Verbote von Verfassungsrang, sondern ist ein Verfassungsgrundsatz, der der Konkretisierung je nach den sachlichen Gegebenheiten bedarf (BVerfGE 7, 89 [92 ff.] = NJW 1957, 1395 L). Das Rechtsstaatsprinzip enthält eine materielle Komponente. Sie zielt auf die "Erlangung und Erhaltung materieller Gerechtigkeit im staatlichen und staatlich beeinflußbaren Bereich" (Maunz-Dürig, Art. 20 Rdnr. 59). Hierzu gehört auch der Zivilprozeß; das verfassungsrechtliche Gebot erstreckt sich deshalb auch auf ihn. Auch im Zivilverfahren hat der Richter durch eine entsprechende Verfahrensgestaltung den materiellen Inhalten der Verfassung, insbesondere den Grundrechten, Geltung zu verschaffen (BVerfGE 42, 64 [73] = NJW 1976, 1391). Im Rahmen dieser Verpflichtung hat er für ein gehöriges, faires Verfahren Sorge zu tragen (BVerfGE 49, 220 [225] = NJW 1979, 534; Beschl. v. 24. 4. 1979 - 1 BvR 787/78). Zu diesen Erfordernissen zählt eine grundsätzlich faire Handhabung des Beweisrechts, insbesondere der Beweislastregeln, die als Entscheidungsnormen im Schnittpunkt von sachlichem und Verfahrensrecht stehen. Diesen verfassungsrechtlichen Grundsätzen werden die vom Gesetz vorausgesetzten oder ausdrücklich angordneten, von Rechtsprechung und Rechtswissenschaft entwickelten Regeln über die Behauptungs-, Beweisführungs- und Beweislastverteilung in aller Regel gerecht...
b) Die Verteilung der Beweisführungs- wie der Beweislast im Arzthaftungsprozeß begegnet besonderen praktischen Schwierigkeiten. Sie entspringen der typischen Situation der Parteien eines solchen Verfahrens (vgl. BaumgärtelWittmann, JA 1979, 114). Sie führt von der Sache her insbesondere dazu, daß sich der Patient wegen der tatsächlichen Gegebenheiten einer Heilbehandlung üblicherweise erheblichen Schwierigkeiten in seiner Beweisführung ausgesetzt sieht; dies schlägt typischerweise zum Vorteil des Arztes oder des Krankenhausträgers aus. Diese typische Situation wird noch dadurch verschärft, daß im Bereich der vertraglichen Haftung nach Auffassung der Rechtsprechung, die im Schrifttum nicht unumstritten ist (vgl. Rosenberg-Schwab, ZRP, 11. Aufl. [1974], S. 611), die gesetzliche Beweislastregel des § 282 BGB im Arzthaftungsprozeß nicht anzuwenden sei (vgl. BGH, VersR 1967, 663; NJW 1969, 553). Bei dieser "Eigenart des Arzthaftungsprozesses" (BGH, NJW 1979, 1933 [in diesem Heft]) muß es verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen, die Beweislast für ein bestimmtes Vorbringen generell einer Seite aufzubürden, die von der typischen Art der Fallkonstellation her in der Regel nicht in der Lage sein kann, den erforderlichen Beweis zu erbringen. Diese im Hinblick auf die bestehenden Möglichkeiten der Beweisführung typische Situation der Parteien im Arzthaftungsprozeß hat die Rechtsprechung schon frühzeitig erkannt und im Bereich des haftungsbegründenden Ursachenzusammenhangs auf verschiedene Weise durch Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr auszugleichen versucht (vgl. Baumgärtel-Wittmann, JA 1979, 114 ff.). Damit ist insbesondere von der Rechtsprechung ein Instrumentarium geschaffen worden, das auch im Arzthaftungsprozeß in beweisrechtlicher Hinsicht ein faires Verfahren, eine "gerechte Interessenabwägung" (vgl. RGZ 171, 168 [171]; BGH, NJW 1959, 1583 [1584]) ermöglicht. Erforderlich ist hierzu freilich, daß die Gerichte von den entwickelten Möglichkeiten in rechter Weise Gebrauch machen. Ein solcher Gebrauch setzt voraus, daß die Gerichte sich im jeweiligen Einzelfall die typische beweisrechtliche Stellung der Parteien und mithin die beweisrechtliche Grundproblematik bewußt machen, und ihre hieraus resultierende Verpflichtung, im konkreten Fall insgesamt gesehen für eine faire, zumutbare Handhabung des Beweisrechts Sorge zu tragen, nicht aus den Augen verlieren. Dies will nicht besagen, daß Beweislastnormen nicht generell im voraus bestimmt, sondern in jeder Prozeßlage erst neu zu erstellen wären; wohl aber bedeutet es, daß auch die Auswirkungen beweisrechtlicher Teilerkenntnisse sowohl einzeln als auch gerade in ihrem Zusammenwirken - auf die Gesamtentscheidung zu berücksichtigen sind; es muß von Mal zu Mal geprüft werden, ob dem Patienten "nach allem die regelmäßige Beweislastverteilung noch zugemutet werden darf" (BGH, NJW 1971, 241). Die genannte Verpflichtung ergibt sich unmittelbar aus dem verfassungsrechtlichen Erfordernis eines gehörigen, fairen Gerichtsverfahrens, insbesondere aus dem Gebot der "Waffengleichheit im Prozeß" (vgl. BGH, NJW 1978, 1682) und dem Erfordernis der "Rechtsanwendungsgleichheit". Sie ist damit jedenfalls auch eine verfassungsrechtliche Verpflichtung, deren Beachtung zu überprüfen dem BVerfG obliegt. Ob hingegen ein Gericht bei dem Bestreben, dieser verfassungsrechtlichen Verpflichtung im Einzelfall nachzukommen, die im konkreten Fall gegebene beweisrechtliche Situation der Parteien in tatsächlicher Hinsicht richtig eingeschätzt oder alle sonstigen verfahrensrechtlichen Bestimmungen beachtet hat, wird - als Anwendung einfachen Rechts - durch das BVerfG auf Verfassungsbeschwerde hin grundsätzlich nicht überprüft.
c) Das OLG Stuttgart hat in der angegriffenen Entscheidung diese verfassungsrechtliche Verpflichtung nicht in hinreichendem Maße berücksichtigt; es hat dabei die Einwirkung der aufgezeigten Verfassungsgrundsätze auf das einfache Recht verkannt:
(1) Das OLG hat den dem Patienten obliegenden Nachweis, sein Schaden beruhe auf einem ärztlichen Kunstfehler, so lange als nicht geführt angesehen, als - auch nur bei Annahme ungewöhnlicher Umstände - medizinisch nicht auszuschließen sei, daß die Schadensfolge selbst bei sachgerechtem Vorgehen gleichwohl eingetreten sein könne. Damit hat es vom Patienten etwas gefordert, das dieser grundsätzlich und typischerweise nicht zu leisten vermag. Ungewöhnliche medizinische Umstände sind in vielen Krankheitssituationen denkbar; sie sind vom Patienten, der typischerweise weder über die maßgeblichen Tatsachenkenntnisse noch über medizinisches Wissen verfügt, auch mit Hilfe von Sachverständigen in aller Regel nicht mit Sicherheit auszuschließen. Hingegen wäre der Patient in der Regel imstande, den Nachweis zu führen, eine bestimmte Schadensfolge beruhe unter den "typischen" Bedingungen des betreffenden Eingriffs auf einem ärztlichen Kunstfehler. Der positive Nachweis, es hätten "atypische" Umstände vorgelegen, würde dem Arzt viel leichter fallen. Für einen derartigen Nachweis hat das OLG den bekl. Arzt nicht beweispflichtig gehalten. Es hat nicht einmal ernsthafte Anhaltspunkte für das Vorliegen ungewöhnlicher Umstände gefordert, sondern sich mit dem Nachweis der "Entzündung" zufriedengegeben. Aus dieser folgte im Falle des Bf. aber nicht notwendig, daß es zu Gewebeverwachsungen gekommen war oder gar, daß der nervus accessorius im Bereich des verwachsenen Gewebes gelegen und nicht darstellbar gewesen war; für die noch weitergehende Möglichkeit eines atypischen Verlaufs dieses Nervs endlich bestanden keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte.
(2) Das OLG hat weiterhin ausgeführt, eine Umkehr der Beweislast komme auch nicht deshalb in Betracht, weil der Operationsbericht keine nähere Beschreibung über das im Bereich der Geschwulst vorgefundene entzündete Gewebe enthalte; der Arzt sei im Verhältnis zum Kranken grundsätzlich nicht verpflichtet, die Krankengeschichte sorgfältig und vollständig niederzulegen. Demgegenüber geht die Rechtsprechung der Fachgerichte heute zunehmend dazu über, eine dem Patienten gegenüber bestehende Pflicht des Arztes zur Dokumentation anzunehmen und Beweiserleichterungen bis zur Beweislastumkehr vorzusehen, wenn dem Patienten die Beweisführung für einen Arztfehler angesichts eines vom Arzt verschuldeten Aufklärungshindernisses billigerweise nicht mehr zugemutet werden kann (vgl. BGH, NJW 1978, 2337). Eine derartige Folgerung hätte auch im Falle des Bf. nahegelegen: Zum einen ist angesichts der generell vorhandenen Beweisschwierigkeiten in Arzthaftungsprozessen oftmals nur aufgrund der ärztlichen Dokumentation der Behandlung ein Beweis für bestimmte Tatsachen und Geschehnisabläufe zu führen; der richtigen und umfassenden Dokumentation der ärztlichen Heilbehandlung kommt daher eine entscheidende Bedeutung zu. Zum anderen hätte im Falle des Bf. der Arzt im Hinblick auf die von ihm behauptete "besondere Situation" (Nerv verborgen bzw. verwachsen im verschwielten Nachbargewebe) allen Anlaß gehabt, die Umstände in seinem Operationsbericht festzuhalten, die die Gefahr einer Durchtrennung des nervus accessorius und mithin das Risiko der von ihm durchgeführten Operation erhöhten.
(3) Das OLG hat darüber hinaus den Antrag des Bf., den operierenden Arzt der Nachoperation als Sachverständigen zu hören, abgelehnt, ohne diesen Antrag dahingehend umzudeuten, daß der genannte Sachverständige als sachverständiger Zeuge geladen werden sollte. Diese mangelnde Bereitschaft des Gerichts, den Beweisantrag richtig urnzudeuten, wirkte sich - ungeachtet des "Mitverschuldens" des Bf. und seines Prozeßbevollmächtigten im Anwaltsund Parteiprozeß - wiederum in unverhältnismäßiger Weise zu Lasten des Bf. aus: die möglicherweise einzige Person, die unter Umständen den Sachverhalt in einer dem Kl. günstigeren Weise näher hätte aufklären können - wie sich aus der im Tatbestand angeführten kurzen Notiz über die Nachoperation ergibt -, war damit aus dem Verfahren ausgeschaltet.
(4) Das Gericht hat ferner bei der Prüfung des "ärztlichen Kunstfehlers" aufgrund der konkreten Situation (starke Entzündung) eine Schädigung des nervus accessorius für möglicherweise unvermeidbar erachtet. Demgegenüber hat es innerhalb des Anspruchs aus Verletzung der Aufklärungspflicht bei Entscheidung der Frage, ob der schädigende Erfolg mit einer Aufklärung erfordernden hinreichenden Wahrscheinlichkeit zu erwarten war, lediglich allgemein festgestellt, daß Verletzungen des Accessoriusnervs "bei Halsoperationen" verhältnismäßig selten vorkämen - dies obwohl angesichts des festgestellten raschen Wachsens der Geschwulst und der Beschwerden des Patienten bereits vor der Operation deutliche Anhaltspunkte für das Bestehen einer Entzündung und mithin einer vom "Regelfall" abweichenden, konkreten medizinischen Situation vorlagen. Dementsprechend hat das OLG Stuttgart einen Schadensersatzanspruch des Bf. nach beiden möglichen Anspruchsgrundlagen versagt. Das Gericht hat dabei nicht berücksichtigt, daß zwischen dem Anspruch aus "Kunstfehler" und dem Anspruch aus "Aufklärungspflichtverletzung" eine wechselseitige Beziehung besteht: je näher in einer bestimmten Situation die Gefahr eines Schadenseintritts liegt, um so geringer ist die Wahrscheinlichkeit, daß der tatsächlich eingetretene Schaden auf einem ärztlichen Kunstfehler beruht. Umgekehrt wächst, je näher von vornherein die Gefahr eines Schadenseintritts liegt, die Wahrscheinlichkeit, daß der Arzt seine Aufklärungspflicht verletzt hat, wenn er seinen Patienten über die betreffende Gefahr nicht aufgeklärt hat. Derselbe Umstand, der sich im Rahmen eines Anspruchs aus "Kunstfehler" für den Patienten beweiserschwerend auswirkt, erleichtert also in der Regel dessen Beweislage innerhalb des Anspruchs aus "Aufklärungspflichtverletzung"; dies dient grundsätzlich der Ausgewogenheit der beweisrechtlichen Lage der Parteien in ihrer Gesamtheit und damit der Waffengleichheit im Rechtsstreit. Indem das OLG Stuttgart bei der Prüfung des Anspruchs aus "Kunstfehler" auf die konkrete Situation abgestellt hat, dann aber im Rahmen des Anspruchs aus "Aufklärungspflichtverletzung" im Widerspruch hierzu die Frage, ob der schädigende Erfolg (Nervenverletzung) mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten war, nach allgemeinen Gesichtspunkten ("bei Halsentzündungen") entschieden hat, obwohl auch insoweit und bezogen auf das Stadium vor der Operation eine konkretere Betrachtungsweise möglich gewesen wäre, hat es diese Ausgewogenheit - und zwar einseitig zu Lasten des Patienten - zerstört.
(5) Endlich hat das OLG die Notwendigkeit, den Bf. auf die mögliche Schädigung des nervus accessorius hinzuweisen, auch deshalb verneint, weil der Bf. "aller Wahrscheinlichkeit nach" auch dann in die Operation eingewilligt hätte, wenn er über das mögliche Risiko aufgeklärt worden wäre: Sofern das OLG mit dieser Argumentation die Ursächlichkeit einer möglichen Aufklärungspflichtverletzung für den Schaden ausschließen wollte wofür der Wortlaut der Stelle, nicht hingegen ihre Stellung innerhalb der Begründung spricht -, so wäre dies nach einfachem Recht bedenklich (vgl. BGH, NJW 1976, 365). Davon abgesehen aber würde auch hier - insbesondere durch einen Vergleich mit der vom Gericht vorgenommenen Verteilung der Beweislast im Zusammenhang mit dem "ärztlichen Kunstfehler" - ein mangelndes Bestreben des Gerichts nach beweisrechtlicher Ausgewogenheit spürbar: Während das OLG vom Patienten sogar den Nachweis forderte, es habe keine Ausnahmesituation vorgelegen, hätte es sich dann zugunsten des beweispflichtigen Arztes ohne sachgerechten Grund mit einer unterstellten bloßen "Wahrscheinlichkeit" zufriedengegeben. Das OLG hat damit nicht nur insgesamt und im Ergebnis, sondern auch in zahlreichen beweisrechtlichen Einzelerkenntnissen die Last stets gegen den Kl. gewendet, Diese jeweiligen Einzelerkenntnisse mögen - was dahingestellt bleiben kann - je für sich allein betrachtet sachgerecht und vertretbar gewesen sein. In dem angegriffenen Urteil werden jedoch die einzelnen Punkte sachlich getrennt nacheinander abgehandelt, ohne daß zur beweisrechtlichen Grundproblematik, zu den Auswirkungen der einzelnen Teilerkenntnisse aufeinander oder auf die Gesamtentscheidung ein Wort verloren wird; insbesondere fehlt jede Begründung, die erkennen ließe, warum das OLG die beweisrechtlichen Anforderungen, die es an den Kl. gestellt hat, in ihrer Gesamtheit für gerechtfertigt angesehen hat. Es ist nicht ersichtlich, daß es zu diesem Punkt überhaupt Überlegungen angestellt hat - ein Mangel, der nicht durch die Tatsache ausgeglichen wird, daß das OLG innerhalb der Einzelpunkte zum Teil auf die Rechtsprechung des BGH zu den betreffenden Einzelfragen Bezug genommen hat. Eine derartige Begründung wäre aber im vorliegenden Fall angesichts der generellen Beweisrechtsproblematik, der Häufung der zu Lasten des Kl. gewendeten beweisrechtlichen Teilergebnisse sowie der auf den ersten Blick sich aufdrängenden Nachteile des Kl. in beweisrechtlicher Hinsicht auch bei einer knappen Urteilsbegründung erforderlich gewesen. Ohne eine derartige Begründung muß unter den vorliegenden Umständen davon ausgegangen werden, daß das OLG sich im konkreten Fall seiner verfassungsrechtlichen Vepflichtung, für ein faires Verfahren Sorge zu tragen, nicht oder nur unzureichend bewußt gewesen ist.
d) Schon der Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Erfordernis eines fairen Verfahrens reicht hin, um die angegriffene Entscheidung aufzuheben. Im übrigen beruht die Entscheidung auch auf diesem Verfassungsverstoß: Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß das OLG Stuttgart zu einer für den Bf. günstigeren Entscheidung gekommen wäre, wenn es sich unter Berücksichtigung der Grundrechte des Bf. um eine gehörige Anwendung der Beweisregeln bemüht hätte (vgl. BVerfGE 7, 239 [241] = NJW 1958, 297 L; B VerfGE 13, 132 [145] = NJW 1962, 29; BVerfGE 28, 17 [19 f.] = NJW 1970, 651; BVerfGE 36, 92 [97] = NJW 1974, 133).
2. Nach Meinung der Richter Rinck, Wand, Rottmann und Träger, die die Entscheidung trägt, ist das Urteil des OLG Stuttgart aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden:
a) Aufgabe des bürgerlichen Rechts ist in erster Linie, Interessenkonflikte zwischen rechtlich gleichgeordneten Rechtssubjekten sachgerecht zu lösen (BVerfGE 30, 173 [199] = NJW 1971, 1645 [1648, 1652]). Die Verwirklichung dieses Ziels soll durch das Verfahrensrecht ermöglicht werden. Es dient der Herbeiführung gesetzmäßiger und unter diesem Gesichtspunkt richtiger und im Rahmen dieser Richtigkeit gerechter Entscheidungen (BVerfGE 42, 64 [73] = NJW 1976, 1391). Entsprechend der Verfügungsmacht des einzelnen über privatrechtliche Ansprüche ist im Zivilprozeß da, wo öffentliche Belange nicht berührt werden, den Prozeßparteien im großen Umfang auch die Verfügung über das Verfahren eingeräumt. Augenscheinlichen Ausdruck findet diese besondere prozessuale Position der Parteien in dem die entsprechenden Verfahrensarten prägenden Beibringungsgrundsatz. Ihm zufolge liegt es bei den Prozeßparteien, darüber zu befinden, welchen Tatsachenstoff sie dem Gericht unterbreiten wollen. Dazu gehört auch die Möglichkeit, den dem Gericht zur Entscheidung gestellten Sachverhalt durch bestimmtes Prozeßverhalten (vgl. §§ 138 III, 288 ff. ZPO) maßgeblich zu beeinflussen. Diese Ausgestaltung des "Erkenntnisverfahrens" in Zivilsachen als Parteienstreit ist von der Überzeugung geprägt, daß aufgrund einer solchen, der Natur des Privatrechts entsprechenden Ordnung der zutreffende, für die gerichtliche Entscheidung erhebliche Sachverhalt von den Parteien nach ihrem Interesse am Ausgang des Rechtsstreits selbst beigebracht, unter Beweis gestellt und so die vom Gesetz angestrebte "richtige", auch mit dem Rechtsstaatsprinzip und dem darin enthaltenen Postulat der Gerechtigkeit in Einklang stehende Grundlage für die gerichtliche Entscheidung geschaffen werde. Ein wesentlicher Bestandteil dieses Verfahrens sind die aus dem Gesetz folgenden und von der Rechtsprechung fortentwickelten, in sich abgestuften und den besonderen Interessen- und Verfahrenslagen angepaßten Regeln über die Beweisführung (vgl. §§ 282 ff., 288 ff. ZPO), über Beweiserleichterungen und die Verteilung der Beweislast. Sie gewährleisten die Möglichkeit differenzierter und ausgewogener Anwendung auch nach Gesichtspunkten der Billigkeit und Zumutbarkeit. Ihre Ergänzung finden diese Regelungen in den verfahrensrechtlichen Vorschriften, die Stellung und Aufgabe des Richters im Parteienstreit umreißen und in dieser Zielsetzung eine weitere einfachrechtliche Konkretisierung und Präzisierung der verfassungsrechtlichen Prozeßgarantien (Art. 20 III, 103 I GG) enthalten. Sie legen dem Richter gegenüber den Parteien eine prozessuale Fürsorgepflicht auf, die allerdings ihre Grenze im Gebot der Wahrung - richterlicher Unparteilichkeit hat (vgl. BVerfGE 21, 139 [145 f.] NJW 1967, 1123), und halten ihm im Interesse einer dem jeweiligen Streitgegenstand angemessenen Verfahrensweise in weiten Bereichen Ermessens- und Beurteilungsspielräume zur Leitung, Förderung und Gestaltung des Verfahrensgangs offen. § 139 ZPO ist dafür nur ein Beispiel unter mehreren (vgl. BVerfGE 42, 64 [73 f.] = NJW 1976, 1391). Es liegt auf der Hand, daß verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine solche Ausgestaltung des zivilprozessualen "Erkenntnisverfahrens" von seiner Grundkonzeption her nicht begründet sind, und zwar auch insoweit nicht, als die in diese Verfahren eingebettete Beweisführungspflicht der Parteien mit der sie ergänzenden Beweislastregelung in Frage steht (vgl. hierzu BVerfGE 36, 92 = NJW 1974, 133). Das gilt auch für die Anwendung dieser teils unmittelbar aus dem Gesetz folgenden, teils von der Rechtsprechung entwickelten beweisrechtlichen Grundsätze im Arzthaftungsprozeß. Mögen auch hier, wie die lebhafte Diskussion über "Verbesserungsvorschläge" auf diesem Rechtsgebiet zeigt, künftige Akzentverschiebungen in Fortentwicklung der geltenden Rechtssätze nicht auszuschließen sein (vgl. hierzu BVerfGE 18, 224 [240] = NJW 1965, 243), so bleibt doch festzustellen, daß das auf die Arzthaftung anzuwendende Beweisrecht in Rücksicht auf die vielschichtige Interessenlage, die erhebliche Gefahrneigung der ärztlichen Tätigkeit und die besondere, oft schwierige prozesssuale Situation der geschädigten Patienten sachgerechte, dem Interessen- und Härteausgleich dienende Beweisregeln enthält (vgl. hierzu Weyers, Gutachten A zum 52. DJT 1978, insb. S. 19 f., 26f., 32 ff., 66, 100 ff.; Beschl. des 52. DJT - A. Abteilung Arztrecht -; Deutsch, NJW 1978, 1659; Walter, JZ 1978, 806 ff.), die zusammen mit den allgemeinen Verfahrensvorschriften die Grundelemente des Rechtsstaats und der Rechtsstaatlichkeit einschließlich des Anspruchs der Beteiligten auf ein faires Verfahren auch im "Arzthaftungsprozeß" gewährleisten. Ob und wieweit in gleichfalls in der ZPO geregelten speziellen Verfahren, die unmittelbar auf Eingriffe in den grundrechtlich geschützten Freiheitsraum des Bürgers mit Hilfe staatlicher Gewalt abzielen oder direkt der Abwehr solcher Eingriffe dienen, besondere Anforderungen an die Handhabung des einschlägigen prozeßrechtlichen Instrumentariums durch das Gericht im Blick auf die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Grundrechts zu stellen sind (vgl. BVerfGE 42, 64 [76 f.] = NJW 1976, 1391; BVerfGE 46, 325 [334 f.] = NJW 1978, 368; BVerfGE 49, 220 [225 f.] = NJW 1979, 534), kann hier offenbleiben. Die hierzu vorn BVerfG speziell für das Verfahren der Zwangsversteigerung (vgl. BVerfGE 49, 220 [225 f.] = NJW 1979, 534, und die Abweichende Meinung des Richters Dr. Abnehmer zu diesem Beschluß S. 228 ff.) gezogenen Folgerungen sind jedenfalls nicht verallgemeinernd auf zivilrechtliche "Erkenntnisverfahren" zu übertragen, die - auch im Bereich des Rechts der unerlaubten Handlungen - allein auf die Feststellung privatrechtlicher Rechtswidrigkeit und deren Rechtsfolgen gerichtet sind, nicht aber unmittelbar einem Grundrecht selbst zur Durchsetzung verhelfen sollen, mag auch der Streitgegenstand, der haftungsrechtliche Anspruch auf Ausgleich eines erlittenen Schadens, im Zusammenhang mit dem Schutzgehalt eines Grundrechts stehen (vgl. hierzu BVerfGE 22, 93 [97 ff.] = NJW 1967, 1507; Abweichende Meinung der Richterin Rupp v. Brünneck, BVerfGE 30, 218 [219] = NJW 1971, 1652; BVerfGE 24, 367 [401] = NJW 1969, 309, 1425 L; B VerfGE 30, 173 [196 f.] = NJW 1971, 1645 [1648, 1652], und BVerfGE 35, 348 [361 ff.] = NJW 1974, 229; BVerfGE 37, 132 [148] = NJW 1974, 1499). Ebensowenig können Erwägungen, die in erster Linie für den von der Amtsermittlungspflicht beherrschten Strafprozeß angestellt und dort im Blick auf die rechtsstaatlich gebotene Ausgestaltung des Verfahrens gelegentlich unter den Begriff der prozessualen "Waffengleichheit" eingeordnet werden, im verfahrensrechtlich ganz anders angelegten, vornehmlich auf die Lösung privater Interessenkonflikte ausgerichteten Parteienstreit der ZPO uneingeschränkt Geltung beanspruchen. "Waffengleichheit" als Ausprägung der Rechtsstaatlichkeit und des allgemeinen Gleichheitssatzes ist im Zivilprozeß zu verstehen als die verfassungsrechtlich gewährleistete Gleichwertigkeit der prozessualen Stellung der Parteien vor dem Richter, der - auch im Blick auf die grundrechtlich gesicherte Verfahrensgarantie aus Art. 103 I GG den Prozeßparteien im Rahmen der Verfahrensordnung gleichermaßen die Möglichkeit einzuräumen hat, alles für die gerichtliche Entscheidung Erhebliche vorzutragen und alle zur Abwehr des gegnerischen Angriffs erforderlichen prozessualen Verteidigungsmittel selbständig geltend zu machen (vgl. BVerfGE 9, 124 [130 f.] = NJW 1959, 715; BVerfGE 26, 66 [71] = NJW 1969, 1423; BVerfGE 35, 348 [355] = NJW 1974, 229; BVerfGE 38, 105 [111] = NJW 1975, 103). Ihr entspricht die Pflicht des Richters, diese Gleichstellung der Parteien durch eine objektive, faire Verhandlung unvoreingenommene Bereitschaft zur Verwertung und Bewertung des gegenseitigen Vorbringens, durch unparteiische Rechtsanwendung und durch korrekte Erfüllung seiner sonstigen prozessualen Obliegenheiten gegenüber den Prozeßbeteiligten zu wahren (Art. 97, 101 I 2 GG; BVerfGE 21, 139 [145 f.] = NJW 1967, 1123). Darüber hinaus lassen sich aus der so verstandenen prozessualen "Waffengleichheit" für das zivilprozeßrechtliche Erkenntnisverfahren mit seiner von der jeweiligen Beweislage und den geltenden Beweisregeln abhängigen Verteilung des Risikos am Verfahrensausgang keine verfassungsrechtlichen Folgerungen herleiten (vgl. hierzu Steffen-Weissauer, Sitzungsbericht I zum 52. DJT 1978, S. 23 ff., 35 ff.; Stürner, NJW 1979, 1225 ff.; Laufs, NJW 1979, 1232 f.). Ob das OLG bei der Gestaltung seines Verfahrens, bei der Feststellung des seiner Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalts und der darauf beruhenden Rechtsanwendung fehlerfrei vorgegangen und die aufgezeigten Verfahrensvorschriften und Verfahrensgrundsätze richtig gesehen, ausgelegt und angewendet hat, ist zunächst eine Frage der Handhabung einfachen Rechts. Diese im Einzelfall zu kontrollieren, obliegt dem BVerfG nicht (BVerfGE 28, 151 [160]). Es würde dem Sinn der Verfassungsbeschwerde und der besonderen Aufgabe des BVerfG nicht gerecht werden, wollte es ähnlich wie eine Revisionsinstanz eine unbeschränkte rechtliche Nachprüfung deshalb für sich in Anspruch nehmen, weil eine gerichtliche Entscheidung oder das ihr zugrundeliegende Verfahren möglicherweise Grundrechte des Bf. berührt (BVerfGE 18, 85 [92 f.] = NJW 1964, 1715; BVerfGE 22, 93 [97 f.] = NJW 1967, 1507; BVerfGE 30, 173 [196 f.] = NJW 197, 1645 [1652]; BVerfGE 49, 304 [314] = NJW 1979, 305). Das BVerfG kann auf eine Verfassungsbeschwerde hin nur eingreifen, wenn das Fachgericht spezifisches Verfassungsrecht verletzt hat, wenn es also bei seiner Entscheidung von einer unrichtigen Anschauung über die Bedeutung und den Umfang des Schutzbereichs eines Grundrechts ausgegangen ist oder wenn eine fehlerhafte Rechtsauslegung und Rechtsanwendung bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluß aufdrängt, daß sie auf sachfremden Erwägungen beruht (BVerfGE 42, 64 [74] = NJW 1976, 1391; vgl. auch BVerfGE 15, 219 [221 ff.]).
b) Das der angegriffenen Entscheidung zugrunde liegende beweisrechtliche Verfahren und die Beweiswürdigung des OLG lassen einen Verfassungsverstoß nicht erkennen. Insbesondere liegen keine Anhaltspunkte für eine Verletzung des Rechtsstaatsprinzips oder des Willkürverbots vor. Wie in jedem zivilprozessualen Erkenntnisverfahren hat auch im Arzthaftungsprozeß grundsätzlich eine Prozeßpartei diejenigen Tatsachen zu beweisen, aus denen sie in Verbindung mit den entsprechenden materiellrechtlichen Normen die von ihr geltendgemachte günstige Rechtsfolge herleitet. Die Beweislast für die Behauptung, der Arzt habe bei der Behandlung gegen die Regeln der ärztlichen Wissenschaft verstoßen, liegt danach zunächst beim geschädigten Patienten (BGHZ 61, 118 [120] = NJW 1973, 1688). Davon ging auch das OLG aus. Es hat hierbei nicht übersehen, daß die Rechtsprechung - insbesondere im Arzthaftungsprozeß - im Blick auf anerkannte Erfahrungssätze und besondere Verfahrenslagen Beweiserleichterungen zuläßt, die, je nach Gestaltung des Einzelfalles, bis hin zur Umkehr der Beweislast führen können (BGH, NJW 1961, 777; 1963, 389 [390]; 1972, 1520 in. w. Nachw.; neuerdings BGH, NJW 1978, 2337 = JZ 1978, 721). Ob das Gericht die Voraussetzungen für solche Beweiserleichterungen, wie der Bf. behauptet, unzutreffenderweise nicht glaubte feststellen zu können, wäre im Verfassungsbeschwerde-Verfahren nur dann relevant, wenn die Entscheidung insoweit von Erwägungen getragen würde, die sich als sachfremd erwiesen und in keiner Weise nachvollziehbar, im Ergebnis also willkürlich wären (Art. 3 I GG). Davon kann keine Rede sein.
aa) Die Entscheidung des OLG, es habe nicht festgestellt werden können, daß der für die Behandlung des Bf. verantwortliche Arzt bei der Halsoperation gegen anerkannte Regeln der ärztlichen Wissenschaft verstoßen habe, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. (Wird im einzelnen dargelegt.)
bb) Das OLG war verfassungsrechtlich auch nicht gehalten, über die Behauptung des Bf., dem behandelnden Arzt sei bei der Operation ein "Kunstfehler" unterlaufen, weiteren Beweis zu erheben. Den Antrag des Bf., den nachbehandelnden Neurochirurgen Dr. T als zusätzlichen Sachverständigen über dieses Beweisthema zu hören, hat das Gericht mit prozeßrechtlichen Argumenten abgelehnt, die jeder verfassungsrechtlichen Überprüfung standhalten. Sachfremde, willkürliche Erwägungen liegen dieser Entscheidung, die ersichtlich auf der in der Rechtsprechung anerkannten Auslegung des § 412 ZPO und der danach entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 244 IV StPO beruht (BGHZ 53, 245 [258] = NJW 1970, 946), nicht zugrunde. Ob das Gericht den Beweisantrag des Bf. dahin hätte umdeuten dürfen oder müssen, daß Dr. T als sachverständiger Zeuge über seine Wahrnehmungen bei der Nachoperation und über mögliche Rückschlüsse auf die Beschaffenheit des Operationsgebiets zur Zeit des sechs Monate früher durchgeführten operativen Eingriffs aussagen solle, ist eine Frage des einfachen Rechts, deren Beantwortung nicht Aufgabe des BVerfG ist. Das OLG hat bei der Ablehnung des Beweisantrags darauf hingewiesen, daß die anläßlich der von Dr. T durchgeführten Nachoperation entstandenen schriftlichen Unterlagen einschließlich des von ihm erhobenen Befundes bereits Gegenstand der Begutachtung durch die Sachverständigen war und daß "durch die Zuziehung" von Dr. T keine nähere Aufklärung des Sachverhalts zugunsten des Bf. erwartet werden könne. Diese Ausführungen sollen ersichtlich Aufschluß darüber geben, weshalb das Gericht sich nicht zu einer so einschneidenden Umdeutung des Beweisantrages in der Lage sah und es auch nicht für geboten erachtete, im Blick auf § 139 ZPO von sich aus auf eine entsprechende Antragsänderung hinzuwirken. In solchem Zusammenhang ist dieser Hinweis nicht als unzulässige Vorwegnahme einer Beweiswürdigung zu verstehen. Die vom Gericht für seine Zurückhaltung angeführten Gesichtspunkte sind bei der hier gegebenen Sachlage, dem ZeitabIauf zwischen beiden Operationen und den durch die Erstoperation bewirkten Veränderungen im Operationsbereich durchaus beachtlich. Hinzu kommt: Das Fachgericht ist, unbeschadet seiner Fürsorgepflicht gegenüber den Parteien, im zivilprozessualen Erkenntnisverfahren grundsätzlich nicht gehalten, den Parteivortrag zum Nachteil des Gegners schlüssig zu machen oder gar eine zutreffende Antragsbegründung in die Hand zu geben. Die Verfahrensordnung verlangt von ihm, jeden Anschein der Parteilichkeit zu vermeiden und vor allem dort die mit der richterlichen Tätigkeit untrennbar verknüpfte Distanz und Neutralität zu wahren (vgl. BVerfGE 21, 139 [145 f.] = NJW 1967, 1123), wo die für den Rechtsstreit wesentlichen Sach- und Rechtsprobleme den anwaltschaftlich vertretenen Parteien bekannt und alle Voraussetzungen für einen sachgemäßen Parteivortrag und die entsprechende Antragstellung gegeben sind. Davon konnte das OLG im Berufungsverfahren hier um so eher ausgehen, als die Bekl. bereits mit Schriftsatz vom 13. 9. 1974 ausdrücklich darauf hingewiesen hatten, daß der vom Bf. als Sachverständige benannte Dr. T allenfalls als Zeuge in Betracht komme. Erscheint danach aber die vom OLG für Rechtens gehaltene prozessuale Behandlung des Beweisantrags des Bf. auch unter dem Blickwinkel der in § 139 ZPO statuierten Frage- und Aufklärungspflicht zumindest als vertretbar, so läßt sich eine Verletzung des Rechtsstaatsprinzips oder des Gleichheitssatzes (Willkürverbot) nicht feststellen (BVerfGE 15, 219 [223]; BVerfGE 42, 64 [78] = NJW 1976, 1391).
cc) Wie bereits ausgeführt, hält das Urteil des OLG auch der verfassungsgerichtlichen Nachprüfung stand, soweit die gerichtliche Handhabung der Regeln über die Beweislast in Frage steht. Nachdem das Gericht nicht feststellen konnte, daß der behandelnde Arzt bei der Operation vom 22. 6. 1971 die anerkannten Regeln der ärztlichen Wissenschaft verletzt hat, hätte der Bf. insoweit im Rechtsstreit nach den geltenden beweisrechtlichen Grundsätzen nur dann Erfolg haben können, wenn zu seinen Gunsten Beweiserleichterungen eingegriffen hätten. Dies hat das OLG mit verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Begründung verneint. Die Auffassung des Bf., daß schon der unbestrittene und ersichtlich vom OLG übernommene Sachvortrag, der nervus accessorius könne im Regelfalle bei der hier zu beurteilenden Operation nicht verletzt werden, weil er zu weit von der Operationsstelle entfernt liegt und außerdem durch einen Muskelstrang verdeckt ist, zu einer Umkehr der Beweislast hätte führen müssen, begegnet bereits aus der Sicht des einfachen Rechts Bedenken. Der übereinstimmende Sachvortrag der Parteien über die Lage des Operationsgebiets und die dadurch im Regelfall gegebene Unwahrscheinlichkeit einer Gefährdung des Nervs durch den operativen Eingriff hat zwar Bedeutung für die Frage des Umfangs der ärztlichen Aufklärungspflicht. Er zwingt jedoch nicht zu der Folgerung, die vom Gericht unterstellte Beschädigung des Nervs indiziere bei solcher Sachlage einen ärztlichen "Kunstfehler". Die Antwort auf die Frage nach der richtigen, im Einzelfall gebotenen Operationstechnik ist, wie bereits dargelegt, vornehmlich von den beim Eingriff vorgefundenen konkreten Umständen abhängig. Davon ist jedenfalls das OLG in Übereinstimmung mit den eingeholten Gutachten ausgegangen. Die Gründe, mit denen es in diesem Zusammenhang die Möglichkeit einer Beweislastumkehr zugunsten des Bf. verneint hat, sind zumindest vertretbar. Anhaltspunkte für sachfremde, willkürliche Erwägungen des Gerichts liegen nicht vor. Schließlich war das OLG auch nicht von Verfassungs wegen gehalten, im Hinblick auf die vom Bf. gerügte "Unvollständigkeit" der im Krankenblatt zusammengefaßten Aufzeichnungen über die Krankheitsgeschichte die Beweislage im Rechtsstreit anders als geschehen zu beurteilen. Das BerGer. hat, wie sein ausdrücklicher Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH und dessen Entscheidung vom 16. 5. 1972 (NJW 1972, 1520) zeigt, die Frage geprüft, ob die Tatsache, daß der im übrigen nicht beanstandete Operationsbericht keine nähere Beschreibung des vorgefundenen entzündeten Gewebes im Operationsbereich enthält, hier zu einer Umkehr der Beweislast oder zu sonstigen Beweiserleichterungen führen könne. Es hat dabei ersichtlich mit berücksichtigt, daß in der dokumentierten Schilderung des Operationsverlaufs und der angewandten Operationstechnik jedenfalls Einzelhinweise auf die Beschaffenheit des Operationsumfelds (Nichtisolierbarkeit des Hautmuskels vom Tumor, Umgebung der Wand des Tumors mit dickem derbem Gewebe, Präparation und Entfernung eines derben Bindegewebestranges, der zur Karotisgabel zieht) enthalten waren, die von den zugezogenen Sachverständigen in ihren Gutachten auch entsprechend verwertet werden konnten. Bei solcher Sachlage kann es nicht als sachfremd und willkürlich beurteilt werden, wenn das Fachgericht das ihm vorliegende Krankenblatt in Rücksicht auf dessen therapeutische Funktion als eine im konkreten Fall genügende ärztliche Dokumentation wertete und demgemäß den Weg zu beweisrechtlichen Erleichterungen zugunsten des Bf. verschlossen sah. Dies um so weniger, als sich auch nach der heutigen Rechtsauffassung des BGH, der erst neuerdings eine Pflicht des Arztes zu angemessener Dokumentation gegenüber dem Patienten bejaht (BGH, NJW 1978, 2337 = JZ 1978, 721), "dieses Gebot letztlich nur aus der selbstverständlichen therapeutischen Pflicht gegenüber dem Patienten erklären" läßt und dessen sachgerechte Weiterbehandlung durch denselben Arzt oder seinen Nachfolger sichern soll. Eine für den vorliegenden Rechtsstreit ins Gewicht fallende Änderung in der sachlichen Bewertung von Mängeln der ärztlichen Dokumentation und ihrer beweisrechtlichen Bedeutung ist damit nicht verbunden (vgl. BGH, NJW 1972, 1520; Dunz, Zur Praxis der zivilrechtlichen Arzthaftung, S. 33 f.; Walter, JZ 1978, 806).
dd) Das BVerfG hat nicht zu prüfen, ob das OLG bei der Gestaltung seines Verfahrens und bei seiner Urteilsfindung allen Anforderungen gerecht wurde, die die Verfahrensordnung in ihrer zweckbedingten Ausrichtung auf die Verwirklichung des materiellen Rechts an den zur Entscheidung berufenen Richter stellt (vgl. o. I 2a). Verfassungsrechtlich halten jedenfalls, wie dargelegt, die beanstandeten beweisrechtlichen Beurteilungen und Entscheidungen des Gerichts der Oberprüfung stand. Sie bieten auch, im Zusammenhang gesehen, keinen Anlaß anzunehmen, die gerichtliche Handhabung des Beweisrechts im ganzen weise auf der Ebene des einfachen Rechts in einer solchen Häufung Mängel zu Lasten des Bf. auf, daß sie mit den das zivilprozessuale Verfahren bestimmenden verfassungsrechtlichen Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit und dem Gebot egalitärer Rechtsanwendung nicht mehr vereinbar sei. Zwar hat sich das OLG bei der Abfassung des äußerst knappen Urteils ersichtlich nur an die Mindestanforderungen gehalten, die von Gesetzes wegen an eine Urteilsbegründung zu stellen sind (§ 286 ZPO); der Entscheidung läßt sich aber doch mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen, daß sich das BerGer. der Zielsetzung der für den Arzthaftungsprozeß geltenden Rechts- und Beweisgrundsätze bewußt war und demgemäß den gesamten Sachvortrag der Parteien im Sinne der von ihm zitierten, unverkennbar auf sachgerechten Ausgleich der hier typischen prozessualen Beweis- und Interessenlage ausgerichteten Rechtsprechung des BGH berücksichtigt und bewertet hat. Daß es sich hierbei in unvertretbarer Fehleinschätzung der beweisrechtlichen Lage des Bf. im Rechtsstreit zu einem Beweisverfahren habe verleiten lassen, das zwar in seinen Einzelabschnitten verfassungsrechtlich hinzunehmen sei, in seiner Fehlsamkeit insgesamt jedoch die Ebene des Verfassungsrechts erreiche (vgl. BVerfGE 28, 151 [162f.]), scheidet nach Sachlage aus. Dabei mag dahinstehen, ob sich im konkreten Fall für den Bf. nicht weitere Möglichkeiten boten, der ihm nach Auffassung des LG und OLG obliegenden Beweisführungspflicht - etwa durch Benennung der bei der Operation assistierenden, in den Verfahrensakten (Krankenblatt) genannten Ärztin - nachzukommen.
II. Das Beschwerdevorbringen läßt die Deutung zu, daß der Bf. das oberlandesgerichtliche Urteil auch angreift, soweit ihm der weiter geltendgemachte Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht versagt wurde. Der Senat hat deshalb auch diesen Teil des Berufungsurteils in seine verfassungsrechtliche Prüfung einbezogen. Nach Meinung der Mehrheit der Richter des Senats hält die Entscheidung der NachPrüfung stand.
1. Das BVerfG hat die Auslegung und Anwendung des bürgerlichen Rechts als solche grundsätzlich nicht nachzuprüfen. Die in den Grundrechten der Verfassung zum Ausdruck kommende objektive Wertordnung wirkt jedoch auch auf das Privatrecht ein. Sie gilt als verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle Bereiche des Rechts. Die Beachtung dieser Einwirkung der Verfassung sicherzustellen, den Einfluß der als Abwehrrechte des Bürgers im Verhältnis zum Staat angelegten Grundrechte in ihrer freiheitssichernden Zielsetzung als Wertentscheidung auch im Privatrecht zu gewährleisten, ist Aufgabe des BVerfG. Insoweit hat es zu prüfen, ob die Entscheidungen der Zivilgerichte auf einer grundsätzlich unrichtigen Auffassung von der Reichweite und Wirkkraft eines Grundrechts beruhen oder ob das Entscheidungsergebnis selbst Grundrechte eines Beteiligten verletzt (vgl. BVerfGE 34, 269 [279 f.] = NJW 1973, 1221 m. w. Nachw.).
2. a) Das OLG geht, wie aus dem Urteilszusammenhang zu entnehmen ist, in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH davon aus, daß ein ärztlicher operativer Eingriff, auch wenn er "kunstgerecht" durchgeführt wird, zu seiner Rechtfertigung grundsätzlich der Einwilligung des Patienten bedarf. Es erkennt auch an, daß eine solche Entscheidung des Patienten im Grunde voraussetzt, daß dieser zuvor vom fachkundigen Arzt über die für seine Entschließung wesentlichen Gesichtspunkte, in der Regel also über den ärztlichen Befund und die danach drohenden Folgen für Leib und Leben, über die Art des vorgesehenen Eingriffs, über die dadurch erwarteten Heilungschancen und über die mit dem Eingriff verbundenen Gefahren und Risiken aufgeklärt worden ist. Das Gericht kam dennoch zum Ergebnis, daß die Einwilligung des Bf. in die Operation wirksam erteilt worden sei, weil nach Lage des Falles hier der behandelnde Arzt nach den von der Literatur und Rechtsprechung zur Frage des Umfangs der ärztlichen Aufklärungspflicht entwickelten Grundsätzen nicht gehalten gewesen sei, den Bf. auch auf eine mögliche Schädigung des nervus accessorius hinzuweisen. Entscheidend für das Gericht war insoweit der unbestrittene Sachvortrag der Parteien. Es leitete daraus ab, daß bei der Lage und Beschaffenheit des Operationsfeldes, so wie es sich vor dem Eingriff bei der ärztlichen Untersuchung darstellte - die in verhältnismäßig kurzer Zeit entstandene Geschwulst erschien als auf der Unterlage und gegen die Haut verschieblich -, eine Beeinträchtigung des nervus accessorius durch die vorgesehene operative Maßnahme nicht in Betracht gezogen werden mußte und daß deshalb auch eine diesbezügliche Aufklärungspflicht d es behandelnden Arztes vor der Operation nicht bestanden hat. Es folgerte weiter, daß angesichts der Lage des Falles, der Dringlichkeit des Eingriffs, der Bf. auch bei Kenntnis des sich während der Operation andeutenden Risikos einer Nervschädigung als verständiger Patient ("aller Wahrscheinlichkeit nach") in die Operation eingewilligt hätte. Die dieser Würdigung zugrundeliegende Rechtsauffassung steht in Einklang mit der innerhalb der Grenzen zulässiger Gesetzesinterpretation und im Blick auf das Selbstbestimmungsrecht des Patienten entwickelten Rechtsprechung des BGH. Danach hat der Arzt auf die Gefahren, d.h. auf die möglichen Folgen einer geplanten Behandlung hinzuweisen, die ein verständiger Patient in dieser Lage unter Berücksichtigung seiner körperlichen Beschaffenheit und einer sonstigen Situation für die Entscheidung über die Einwilligung in die Behandlung als bedeutsam ansehen würde. Hierbei ist auch das Verhältnis zwischen Notwendigkeit der Behandlung und ihren möglichen Folgen zu berücksichtigen (vgl. BGHSt 11, 111 = NJW 1958, 267; BGHSt 12, 379 = NJW 1959, 825; BGHZ 29, 33 = NJW 1959, 811; BGHZ 29, 46 = NJW 1959, 811; BGHZ 29, 176 = NJW 1959, 814; BGH, NJW 1961, 2203; Kleinewefers, VersR 1962, 197 ff. m. w. Nachw.; Dunz, S. 13; Weyers, S. 24 f.). Hiervon unberührt bleibt die auch in Rücksicht auf das Selbstbestimmungsrecht des Patienten bestehende Rechtspflicht des Arztes, von besonderen Ausnahmefällen abgesehen auch über die dargelegten Grenzen hinaus eine umfassendere und genauere Aufklärung zu geben, wenn eine solche vom Patienten gefordert wird. Da jedoch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, daß dem Bf. die ihm vor der Operation zuteil gewordene Aufklärung nicht genügt hätte, brauchte das OLG diesem Gesichtspunkt jedenfalls nach verfassungsrechtlichen Maßstäben - nicht weiter nachzugehen.
Ob das OLG im übrigen den ihm von den Parteien unterbreiteten Sachverhalt anhand des dargelegten einfachrechtlichen Maßstabs zutreffend gewürdigt und die dabei erforderlichen Abwägungen richtig vollzogen hat, entzieht sich der Nachprüfung durch das BVerfG. Anhaltspunkte für eine sachfremde, willkürliche Rechtsanwendung (Art. 31 GG) fehlen.
b) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die der angegriffenen Entscheidung zugrunde liegende Rechtsauffassung über die Grenzen der ärztlichen Aufklärungspflicht ergeben sich auch nicht aus Art. 2 I GG. Zwar wird bei der gegenwärtigen Gesetzeslage und der darauf beruhenden höchstrichterlichen Rechtsprechung sowohl im Strafrecht als auch auf dem Gebiet des zivilrechtlichen Haftungsrechts die ärztlich angezeigte und kunstgerecht durchgeführte, mit einer Einwirkung auf die körperliche Integrität des Patienten verbundene Heilbehandlung im Falle des Fehlens einer wirksamen Einwilligung als Körperverletzung behandelt. Die Rechtsprechung hat damit diesen Rechtsvorschriften, indem sie die Wirksamkeit der Einwilligung von einer pflichtgemäßen, allen Anforderungen genügenden Aufklärung abhängig macht, zugleich die Aufgabe zugewiesen, das in Art. 2 I GG gewährleistete Selbstbestimmungsrecht des Patienten zu schützen. Die Verfassung gebietet indes nicht, diesen Schutz gerade in solcher rechtlichen Ausgestaltung zu verwirklichen.
Es bedarf im vorliegenden Fall nicht der Entscheidung, in welchem Umfang das Grundrecht des Art. 2 I und II GG den Gesetzgeber verpflichtet, die in dieser Verfasssungsnorm genannten Rechtsgüter haftungsrechtlich abzusichern (vgl. BVerfGE 39, 1 [41 ff.] = NJW 1975, 573; BVerfGE 49, 304 = NJW 1979, 305 = JZ 1979, 60 [62] m. Anm. Starck). Obwohl das Wertsystem des Grundgesetzes seinen Mittelpunkt in der innerhalb der sozialen Gemeinschaft sich entfaltenden menschlichen Persönlichkeit und ihrer Würde hat (BVerfGE 6, 32 [41] = NJW 1957, 297; BVerfGE 7, 198 [205] = NJW 1958, 257; vgl. auch hierzu BVerfGE 39, 1 [42 f. ] = NJW 1975, 573), kann davon ausgegangen werden, daß die Verfassung dem Gesetzgeber für die Ausgestaltung des zivilrechtlichen Haftungsrechts auch in diesem Bereich Spielraum läßt, der etwa auch solche Lösungen einschließt, wie sie bei den gesetzgeberischen Reformvorhaben in strafrechtlicher Hinsicht ins Auge gefaßt worden waren (vgl. E 1962 §§ 161, 162 BRDr 200/62, S. 297 ff.; Alternativentwurf eines Strafgesetzbuches [AE], Besonderer Teil, Straftaten gegen die Person, Erster Halbband, § 123 und Anm. hierzu, S. 79 f.). Danach sollte ein besonderer Tatbestand der eigenmächtigen Heilbehandlung geschaffen werden, um zu vermeiden, daß der kunstgerecht indizierte ärztliche Eingriff weiterhin als Körperverletzung angesprochen werden müsse. Als Kriterium für die Frage des Umfangs der ärztlichen Aufklärungspflicht sah der Alternativentwurf vor, daß die Einwilligung nur wirksam sei, "wenn der Einwilligende über Art, Tragweite und Folgen der Behandlung aufgeklärt worden ist, die für die Entscheidung eines verständigen Menschen ins Gewicht fallen" (§ 123 IV 1 AE; Engisch, in: Engisch-Hallermann, Die ärztliche Aufklärungspflicht aus rechtlicher und ärztlicher Sicht, S. 40 f., 42). Dem hier angesprochenen Schutzzweck dient im Bereich des Zivilrechts bereits die Rechtsfigur des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (vgl. BVerfGE 34, 269 [281] = NJW 1973, 1221; Weitnauer, Betr, Beil. Nr. 21 v. 22. 12. 1961, S. 1 f.).
Die Gründe, die die von der Rechtsprechung im Rahmen zulässiger Gesetzesauslegung und im Vorgriff auf erwartete gesetzgeberische Initiativen geübte behutsame Einschränkung der zivilrechtlichen ärztlichen Haftung wegen Verletzung der Aufklärungspflicht rechtfertigen, sind vielschichtig: Das Verhältnis zwischen Arzt und Patient ist, so Eberhard Schmidt (Der Arzt im StrafR, in: Ponsold, Lehrb. d. gerichtlichen Medizin, 2. Aufl. [1957], S. 2), weit mehr als eine juristische Vertragsbeziehung. "Die Standesethik steht nicht isoliert neben dem Recht. Sie wirkt allenthalben und ständig in die rechtlichen Beziehungen des Arztes zum Patienten hinein. Was die Standesethik vom Arzte fordert, übernimmt das Recht weithin zugleich als rechtliche Pflicht. Weit mehr als sonst in den sozialen Beziehungen des Menschen fließt im ärztlichen Berufsbereich das Ethische mit dem Rechtlichen zusammen." Dies gilt heute ebenso wie ehedem. Die Beachtung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten ist wesentlicher Teil des ärztlichen Aufgabenbereichs. Ohne sie ist das Gebot der Bundesärzteordnung (§ 1 I): "Der Arzt dient der Gesundheit des einzelnen Menschen und des gesamten Volkes" nicht zu erfüllen (Neufassung v. 14. 10. 1977 - BGB1 I, 1885 -). Andererseits läßt sich in diesem Bereich sozialer Einbindung in den für das Gemeinwohl unabdingbaren Berufsauftrag des Arztes diesem nicht die ganze Last des Arzt-Patientenverhältnisses auferlegen. Es bedarf der Mitwirkung des Patienten - nicht nur der in passiver Haltung erteilten bloßen Einwilligung in ärztlicherseits gebotene Behandlungsvorschläge. Verlangt werden muß, soweit möglich, der auch von seiten des Patienten mitverantwortlich geführte Dialog, soll nicht im Blick auf die Folgen beruflicher Haftung die als besonders gefahrgeneigt angelegte Tätigkeit des Arztes in eine defensive Rolle gedrängt werden, die dem Sozialauftrag der Medizin nicht mehr gerecht werden kann (vgl. hierzu Steffen und Weissauer im Sitzungsbericht I zum 52. DJT 1978, S. 8 f., 12 ff., 39). Unter diesem Blickwinkel ist der Versuch der Rechtsprechung, für den Bereich des Haftungsrechts den Unsicherheiten ärztlicher Diagnose und Handelns vom Einzelfall her Rechnung zu tragen und die an sich äußerst komplexe standesethische Berufspflicht zur Aufklärung, soweit möglich, unter normativen Gesichtspunkten in Einbeziehung der Mitverantwortlichkeit des Patienten für die Durchsetzung seines Selbstbestimmungsrechts einzugrenzen, von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.
Diese Entscheidung ist mit fünf zu drei Stimmen ergangen.
Abweichende Meinung der Richter Hirsch, Niebler und Steinberger
Wir bedauern, der Entscheidung des Senats nicht zustimmen zu können. Nach unserer Auffassung hätte der Verfassungsbeschwerde stattgegeben werden müssen, weil die angegriffene Entscheidung des OLG Stuttgart auf einer Verletzung des Grundrechts des Bf. aus Art. 2 I GG beruht. Die rechtlichen Feststellungen des angegriffenen Urteils zur Notwendigkeit der Aufklärung bei ärztlichen Heileingriffen verkennen prinzipiell die insoweit durch Art. 2 II 1 GG verbürgte freie Selbstbestimmung des Patienten und ihre normative Einwirkung auf die ärztliche Aufklärungspflicht.
1. a) Die rechtliche Konzeption der Aufklärungspflicht bei Heileingriffen ist von Rechtsprechung und Rechtslehre im Rahmen des Rechtsinstituts der Einwilligung bei zivilrechtlichen und strafrechtlichen Deliktstatbeständen entwickelt und fortgebildet worden (vgl. Eb. Schmidt, in: Verh. d. 44. DJT I, 4. Teil, S. 17 ff.). Insoweit gehört sie weithin dem im Range unter dem Grundgesetz stehenden (sog. einfachen) Recht an.
b) Das BVerfG prüft rechtskräftige Urteile in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten auf Verfassungsbeschwerde hin nur in sachlich begrenztem Umfang nach (BVerfGE 18, 85 [92 f.] = NJW 1964, 1715; BVerfGE 30, 173 [196 f.] = NJW 1971, 1645 [1648, 1652]; BVerfGE 32, 311 [316] = NJW 1972, 573; BVerfGE 34, 269 [279 ff.] = NJW 1973, 1221; BVerfGE 42, 143 [147 ff.] = NJW 1976, 1677; BVerfGE 49, 304 [314] = NJW 1979, 305). Insbesondere sind die Feststellung und Würdigung des tatbestandlich erheblichen Sachverhalts, die Auslegung des einfachen Rechts wie auch die Feststellung des Inhalts von Gewohnheitsrecht und seine Anwendung auf den anhängigen Fall Sache der Fachgerichte.
c) Etwas anderes gilt dann, wenn die angegriffene Entscheidung auf einer grundsätzlich unrichtigen Auffassung von der Bedeutung und dem Schutzbereich eines Grundrechts beruht, zumal wenn sie die Ausstrahlungswirkung der Grundrechte auf die Feststellung, Auslegung oder Anwendung einfachen Rechts grundsätzlich verkennt (vgl. BVerfGE 4, 52 [58] = NJW 1954, 1761; BVerfGE 7, 198 [205 ff.] = NJW 1958, 257; BVerfGE 18, 85 [92 f.] = NJW 1964, 1715; BVerfGE 22, 93 [97 f.] = NJW 1967, 1507; BVerfGE 24, 278 [281 f.] = NJW 1969, 227; BVerfGE 25, 256 [263 ff.] = NJW 1969, 1161; BVerfGE 30, 173 [187 f., 196 f.] = NJW 1971, 1645 [1648, 1652]; BVerfGE 32, 311 [316] = NJW 1972, 573; BVerfGE 34, 269 [280] = NJW 1973, 1221; BVerfGE 35, 202 [219] = NJW 1973, 1226; BVerfGE 42, 143 [147 ff.] = NJW 1976, 1677; BVerfGE 42, 163 [168] = NJW 1976, 1680; BVerfGE 49, 304 [314] = NJW 1979, 305; Hesse, EuGRZ 1978, 427 [432 f.]). Dies ist hier nicht der Fall.
2. Unabhängig davon, ob sie als Rechtsgüterverzicht, der schon die Tatbestandsmäßigkeit, oder als Rechtfertigungsgrund, der das rechtliche Unwerturteil über ein tatbestandsmäßig-deliktisches Verhalten nicht aufkommen läßt, verstanden wird, ist die Einwilligung eines der auch praktisch bedeutsamsten Rechtsinstitute. Die Einwilligung bedingt und begrenzt die Rechtmäßigkeit eines rechtserheblichen Verhaltens, das ohne wirksame Einwilligung rechtlicher Mißbilligung ausgesetzt wäre. Ungeachtet der Besonderheiten, die sich aus den verschiedenen Rechtsgebieten ergeben, sind die Einwilligungstatbestände "Generalklauseln" im weiteren Sinne der Entscheidung BVerfGE 7, 198 (206) = NJW 1958, 257, d.h. sie sind Ausdruck grundlegender Rechtsvorstellungen, die die geltende Rechtsordnung prägen und durchziehen, der Vorstellung nämlich, daß die rechtliche Beziehung zu anderen sich prinzipiell nicht auf Macht oder Zwang, sondern auf Konsens und auf die Achtung vor der Entschließungsfreiheit gründet. Generalklauseln dieser Art stehen bei ihrer Feststellung, Auslegung und Anwendung in besonders eindringlicher Weise der Einwirkung der Grundentscheidungen der Verfassung, insbesondere der in den grundrechtlichen Verbürgungen zum Ausdruck kommenden Wertungen der Verfassung offen. Dabei geht es um die Einwirkung von Verfassungsrecht auf die Feststellung, den Inhalt und die Auslegung des einfachen Rechts; dies bedeutet nicht eine Drittwirkung in dem Sinne, daß sich schon aus verfassungsrechtlichen Normen selbst Rechte, Pflichten oder selbständige Rechtsfolgen in bürgerlichrechtlichen Verhältnissen zwischen privaten einzelnen (wie z.B. kraft der Art. 9 III 2, 48 II 2 GG) ergäben.
3. Das Erfordernis der Einwilligung auch zu diagnostischen, zu vorbeugenden und zu Heileingriffen hat seine normative Wurzel in den grundlegenden Verfassungsprinzipien, die zu Achtung und Schutz der Würde und der Freiheit des Menschen und seines Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit verpflichten, Art. 1 I; 2 I, II 1 GG. Indem das einschlägige materielle Recht das grundsätzliche Erfordernis der Einwilligung aufstellt, genügt es grundsätzlich den in diesem Zusammenhang von Art. 1, 2 GG her gestellten Anforderungen. Verfehlt wäre es, dem Kranken oder Gebrechlichen, weil seine Gesundheit oder sein Körper bereits versehrt seien, nur ein gemindertes Maß an Selbstbestimmungsrecht zuzusprechen, und deshalb Eingriffe zum Zwecke der Diagnose, Vorbeugung, Linderung, Besserung oder Behebung eines Leidens dem Erfordernis der Einwilligung zu entziehen oder nur geringere Anforderungen an die Einwilligung und das in ihrem Rahmen gebotene Maß an Aufklärung zu stellen. Das Grundrecht des Art. 2 II 1 GG schützt die Unversehrtheit des Menschen nicht lediglich nach Maßgabe seines jeweiligen konkreten Gesundheits- oder Krankheitszustands; es gewährleistet zuvörderst Freiheitsschutz im Bereich der leiblichseelischen Integrität des Menschen, nicht aber beschränkt es sich auf speziellen Gesundheitsschutz. Auch der Kranke oder Versehrte hat das volle Selbstbestimmungsrecht über seine leiblich-seelische Integrität. Wo sich hierbei Grenzen ergeben, wenn unmittelbar aus der Erkrankung des Betroffenen erhebliche Gefahren für das Leben oder die Gesundheit Dritter - etwa bei ansteckenden Krankheiten - drohen, denen nicht anders als durch einen zumutbaren Eingriff in die körperliche Unversehrtheit zu begegnen ist, bedarf im vorliegenden Zusammenhang keiner Entscheidung. Eine ganz andere Frage ist es, ob der Betroffene aufgrund jugendlichen Alters oder infolge von Krankheit oder sonstigen Gebrechen nicht fähig ist, eine wirksame Einwilligung zu erteilen und die Rechtsordnung insoweit seine durch einen Vertreter erklärte Einwilligung ausreichen läßt oder, wo dies nicht ohne Gefahr für Leib oder Leben des Betroffenen möglich ist - etwa wenn der Eingriff keinen Aufschub duldet -, andere rechtliche Tatbestände, die im Einklang mit der Verfassung stehen, dazu führen, daß der Eingriff auch ohne erklärte Einwilligung rechtmäßig ist (vgl. BGHZ 29, 46 [52] = NJW 1959, 811; BGHSt 12, 379 [384] = NJW 1959, 825; BGH, NJW 1966, 1855 [1856]).
Verfehlt ist es auch, wenn im Schrifttum (vgl. Eb. Schmidt, S. 44, 118), wie es scheint, Zweifel daran gehegt werden, daß die normative Regelung des ärztlichen Heileingriffs oder ihre Anwendung im Einzelfall überhaupt an Art. 2 II 1 GG gemessen werden dürfe, weil dieses Grundrecht im Hinblick auf die zwangsweisen Menschenversuche und Sterilisationen des nationalsozialistischen Regimes entworfen worden sei, um ähnlichen Untaten zu wehren. Gewiß ist dieser historische Anlaß der Gewährleistungen des Art. 2 II 1 GG nicht zu verkennen; und sicherlich ist der soziale Sinn von ärztlichen Heileingriffen mit dem verbrecherischen Gebaren jener Geschehnisse schlechterdings nicht auf eine Stufe zu stellen. Indes begrenzt der historische Anlaß, aus dem Art. 2 II 1 GG entstanden ist, nicht auch schon seinen normativen Gehalt. Weder der Wortlaut der Vorschrift noch die Gesetzgebungspraxis seit 1949 zu Art. 2 Il 3 GG, die bei einem so beschränkten Verständnis bislang weithin überflüssig gewesen wäre (vgl. z. B. § 32 V BundesseuchenG), sprechen für eine derartige Einengung gegenüber ärztlichen Eingriffen. Die Vorschrift ist eine besondere Verbürgung der in Art. 2 I GG gewährleisteten freien Entfaltung der Person. Die Bestimmung über seine leiblich-seelische Integrität gehört zum ureigensten Bereich der Personalität des Menschen. In diesem Bereich ist er aus der Sicht des Grundgesetzes frei, seine Maßstäbe zu wählen und nach ihnen zu leben und zu entscheiden. Eben diese Freiheit zur Selbstbestimmung wird - auch gegenüber der normativen Regelung ärztlicher Eingriffe zu Heilzwecken - durch Art. 2 II 1 GG besonders hervorgehoben und verbürgt. Denn auch der zu Heilzwecken vorgenommene Eingriff tastet die leibliche und gegebenenfalls auch die seelische Integrität des Menschen an. Nach Art. 2 II 3 GG sind Eingriffe in die durch Art. 2 II 1 GG verbürgten Rechte nur aufgrund eines Gesetzes verfassungsrechtlich zulässig. Ein solches Gesetz hat indes die Grenze des Art. 19 II GG und allgemein wie bei der Anwendung im Einzelfall die Verfassungsgrundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Überrnaßverbots zu beachten. Ein Gesetz, das ärztliche Heileingriffe generell ohne Einwilligung des Betroffenen gestattete, würde diese Grenzen verkennen und den Menschen allenfalls zum bloßen Gegenstand von Gesundheitspolitik und ihrer Vollzüge machen.
4. Die Verwurzelung des normativen Erfordernisses der Einwilligung zu ärztlichen Heileingriffen in grundlegenden Verfassungsprinzipien und der ihr zugrundeliegende Sinn, dem vom Eingriff Betroffenen die Möglichkeit zu verbürgen, sein Selbstbestimmungsrecht über seine leiblich-seelische Integrität wahrzunehmen, bedingen einen von der Verfassung geforderten normativen Kernbereich der Einwilligung und - in ihrem Rahmen - der ärztlichen Aufklärungspflicht; er ist bei der Ausgestaltung des einfachen Rechts wie bei seiner Auslegung und Anwendung im Einzelfall zu beachten (vgl. insoweit Dürig, in: Maunz-Dürig, Art. 2 II Rdnr. 36).
a) Damit eine freie Entscheidung des einwilligungsfähigen Patienten möglich sei, ist typischerweise, d.h. sofern er nicht auf ihre Kenntnis wirksam verzichtet, erforderlich, daß der Patient die für seine Entscheidung bedeutsamen Umstände kennt. Bedeutsame Umstände in diesem Sinne sind zumindest der angenommene medizinische Befund, die Art des geplanten Eingriffs und seine voraussichtliche gesundheitliche Tragweite sowie - bezogen auf die konkrete Situation dieses Patienten - die mit und die ohne diesen Eingriff zu erwartenden Heilungs- oder Besserungsmöglichkeiten und -aussichten, mögliche andere medizinisch sinnvolle Behandlungsweisen, ferner die mit und die ohne diesen Eingriff zu erwartenden oder möglichen, nicht völlig unerheblichen Risiken einer Verschlechterung des Gesundheitszustands dieses Patienten. Offenbleiben mag für den vorliegenden Fall, ob etwa für schwerwiegende Eingriffe mit erheblichen Risiken der konkrete Erfahrungsstand des Operateurs mit Operationen dieser Art unter die Aufklärungspflicht fällt. Erst die Kenntnis dieser Umstände in ihrer Gesamtheit und Bedeutung für die konkrete Situation ermöglicht dem Patienten, der dazu willens ist, eine Abwägung dahin, ob er sich dem Eingriff durch diesen Arzt unterziehen will oder nicht, insbesondere ob er den geplanten Eingriff als nach seiner Auffassung notwendig, sinnvoll und hinreichend erfolgversprechend ansieht, Diese Voraussetzungen der Abwägungsmöglichkeit zu vermitteln, damit eine wirksame Einwilligung erklärt werden könne, ist typischerweise der Sinn der ärztlichen Aufklärungspflicht; dieser grundsätzliche Umfang ist bei der Bestimmung ihres einfachrechtlichen normativen Gehalts von Verfassungs wegen geboten und von den rechtsanwendenden Stellen auch im Einzelfall zu beichten.
b) Dies gilt insbesondere für die unter den konkreten Umständen für den Patienten mit einem Eingriff verbundenen gesundheitlichen Risiken. Deshalb erstreckt sich die Aufklärungspflicht auf alle nicht völlig unerheblichen Gefahren, die mit einer Behandlung der geplanten Art in dem Sinn verbunden zu sein pflegen, daß mit dem Eintreten eines Schadens nach dem jeweiligen Stand medizinischer Wissenschaft, Technik und Erfahrung gerechnet werden muß (vgl. BGHZ 29, 46 [57] = NJW 1959, 811). Es sind weithin Fragen des einfachen Rechts und seiner Anwendung im Einzelfall, wo dabei Grenzen der Aufklärungspflicht liegen, etwa welches Maß an Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines gesundheitlichen Schadens hinreichend ist, um insoweit die Aufklärungspflicht im konkreten Einzelfall auszulösen; wo jeweils die Grenze zwischen der ernsthaften Schädigung und der unerheblichen Beeinträchtigung nach objektiver, vernünftiger Betrachtung zu ziehen ist; von welchem Maß an Aufgeklärtheit an der Betroffene auf eine entsprechende Mitwirkung durch Fragen verwiesen werden kann (- sofern ihm zuvor die Fragwürdigkeit der Lage deutlich geworden ist -); welche Begrenzungen der gebotenen Aufklärung ausnahmsweise daraus entspringen können, daß eine volle Aufklärung etwa über den Befund nicht ohne schwere Gefahren für die körperliche oder seelische Verfassung des Patienten möglich ist und der Patient nicht gleichwohl ernsthaft auf einer Aufklärung besteht, die ihm dann nicht verweigert werden darf (vgl. Eb. Schmidt, S. 140 ff.). Eine grundlegende Verkennung der Einwirkung des Art. 2 II 1 GG auf die Reichweite der ärztlichen Aufklärungspflicht wäre es allerdings, eine Aufklärung dann grundsätzlich für entbehrlich oder nur in einem eingeschränkten Umfang für erforderlich zu halten, wenn eine Abwägung nach den Maßstäben eines postulierten "vernünftigen Patienten" zwischen der Schwere des Leidens und der Dringlichkeit und Notwendigkeit der medizinisch angezeigten Maßnahme auf der einen und der Wahrscheinlichkeit spürbarer, nicht völlig unerheblicher Schädigungen auf der anderen Seite ein Überwiegen der für den Eingriff sprechenden Argumente ergibt. Eine solche Einschränkung der Aufklärungspflicht gegenüber dem seiner Sinne mächtigen - Patienten führte im Ergebnis dazu, daß je ernstlicher ein Patient krank ist, desto stärker auch sein Selbstbestimmungsrecht verkürzt werden dürfe. Im Lichte des Art. 2 II 1 GG ist das Institut der Einwilligung demgegenüber inhaltlich so zu bestimmen, daß das Recht des Patienten gewahrt bleibt, entsprechend seinen ureigensten Maßstäben seine Einwilligung zu erteilen oder zu verweigern; hierüber ist er von Verfassungs wegen allenfalls sich selbst, nicht aber dritten Personen und ihren Maßstäben Rechenschaft schuldig. Dieses Recht verdient von Verfassungs wegen Achtung und Schutz zumal dort, wo es sich - etwa wegen der Schwere seiner Krankheit, der Notwendigkeit des Eingriffs oder auch des Risikos, das mit ihm oder seinem Unterbleiben verbunden ist - um eine existentielle Entscheidung des Patienten über seine eigene Integrität handelt. Ein derartiges Verständnis des Selbstbestimmungsrechts des Patienten läuft auch nicht einem - gerade auch im Interesse des Patienten liegenden besonderen Vertrauensverhältnis (vgl. § 627 I BGB) zwischen Arzt und Patient zuwider. Zumal unter den Bedingungen moderner, notwendigerweise arbeitsteilig funktionierender Kliniken und medizinischer Techniken und Verfahren, denen sich ein Patient heutzutage insbesondere bei operativen Eingriffen regelmäßig überantwortet - häufig genug kennt er weder den Operateur noch dessen konkreten Erfahrungsstand mit Operationen dieser Art -, sind andere Voraussetzungen für die Bildung eines Vertrauensverhältnisses gegeben als zwischen dem Patienten und seinem Hausarzt. Ein besonderes Vertrauensverhältnis wird unter diesen Bedingungen noch am ehesten dann gedeihen, wenn der Patient über die ihm zureichend angebotene Aufklärung die Gewißheit gewinnt, daß mit ihm nicht wie mit einem Unmündigen über seinen Kopf hinweg verfahren, sondern seinem Selbstbestimmungsrecht die gebührende Achtung erwiesen wird (vgl. auch BGHZ 29, 46 [54] = NJW 1959, 811). Vertrauen kann hier nicht einseitig gefordert werden. Auch dem Bestreben, dem Arzt nicht die gesamte Last des Arzt-Patienten-Verhältnisses aufzuerlegen, vielmehr den Patienten zu aktiver Mitwirkung und Mitverantwortung aufzurufen sowie einen Dialog zwischen Arzt und Patient zu erreichen, kommt nur ein Verständnis von der Aufklärungspflicht des Arztes entgegen, das das Selbstbestimmungsrecht des Patienten ernst nimmt: Mitwirkung, Dialog und Stärkung der Eigenverantwortung des Patienten sind nur möglich, wo dieser zunächst über die in seinem Fall bestehende medizinische Situation aufgeklärt worden ist; ein unaufgeklärter Patient vermag demgegenüber in der Regel nicht mehr zu sein, als ein passives Objekt ärztlicher Fürsorge. Die Aufklärung des Patienten befreit den Arzt von der Last der alleinigen Verantwortung. Sie macht den Patienten im Hinblick auf die zu treffenden Entscheidungen zu einem verständigen Partner; sie setzt ihn regelmäßig überhaupt erst in Stand, die Schwierigkeit einer Lage, gegebenenfalls auch die Grenzen menschlichen Vermögens und Bemühens zu erkennen, von da aus eventuell mit weiteren Fragen einzusetzen und sein Selbstbestimmungsrecht sinnvoll wahrzunehmen. Den Unsicherheiten ärztlicher Diagnose und ärztlichen Handelns trägt eine richtig verstandene Aufklärungspflicht gleichfalls Rechnung: Fordert sie doch vom Arzt nicht mehr, als daß er seine Kenntnis von der bestehenden Situation mit ihren Unsicherheiten und Risiken an den Patienten weitergibt - sofern dieser nicht hierauf verzichtet hat. Der Patient wird in die Kenntnis des Risikos einbezogen, dessen eventuellen Konsequenzen er, läßt er den Eingriff zu, ohnehin nicht entgehen kann. Er wird so zum verantwortlichen Partner des Arztes. Realisiert sich das Risiko, trifft ihn dies nicht völlig unerwartet. Daraus wird freilich auch deutlich, daß die Aufklärung dem Patienten, der auf sie nicht verzichtet, gegebenenfalls eine erhebliche seelische Belastung aufbürdet. Dies aber ist die Kehrseite freier Selbstbestimmung. Mit den aus der Verfassung abzuleitenden Grundsätzen stimmt die recht verstandene Rechtsprechung der Fachgerichte und insbesondere des BGH weitgehend überein (vgl. z. B. BGHSt 11, 111 = NJW 1958, 267; BGHZ 29, 46 ff. = NJW 1959, 811; BGHZ 29, 176 ff. = NJW 1959, 814; BGH, NJW 1971, 1887 f.; 1972, 335 ff.; 1973, 556; 1974, 1422; 1976, 365; 1978, 587). Im Unterschied zur Entscheidung des Senats meinen wir indes, daß das OLG diese Grundsätze teilweise verkannt hat und seine Entscheidung darauf beruht.
5. a) Nach Auffassung des Senats hat das OLG entschieden, daß bei der gegebenen Lage und Beschaffenheit des Operationsfeldes, so wie sie sich vor dem Eingriff bei der ärztlichen Untersuchung darstellten, eine Beeinträchtigung des Akzessoriusnerves durch die geplante operative Maßnahme nicht in Betracht gezogen werden mußte und deshalb eine diesbezügliche Aufklärungspflicht vor der Operation nicht bestanden hat; und daß es weiter gefolgert hat, daß angesichts der besonderen Umstände des Falles der Bf. auch bei Kenntnis des sich während der Operation andeutenden Risikos einer Nervschädigung als verständiger Patient in die Operation eingewilligt hätte.
b) Dieses Verständnis der Argumentation des OLG, auf der die weiteren Ausführungen des Senats aufbauen, vermögen wir nicht zu teilen:
aa) Das OLG hat das Bestehen einer Aufklärungspflicht nicht aus dem Grunde verneint, in der konkreten Situation sei mit dem eingetretenen Schaden vor der Operation nicht zu rechnen gewesen, und habe anschließend Zusatzerwägungen zur Frage der Auswirkungen eines sich erst "während der Operation andeutenden" Zusatzrisikos angestellt.
bb) Es hat vielmehr das Bestehen einer vor der Operation bestehenden Aufklärungspflicht aufgrund einer Gesamtabwägung verneint. In diese Gesamtabwägung hat es einbezogen die Frage der Notwendigkeit der Operation, die allgemeine medizinische Erkenntnis, bei Halsoperationen kämen Verletzungen des Akzessoriusnervs verhältnismäßig selten vor, sowie die Folgen einer möglichen Nervverletzung. Das Ergebnis dieser Gesamtabwägung ist der Schluß, der Kl. hätte "aller Wahrscheinlichkeit nach" auch dann in die Operation eingewilligt, wenn er um das mögliche Operationsrisiko gewußt hätte. Deshalb sei der bekl. Arzt nicht verpflichtet gewesen, den Kl. auf die mögliche Schädigung hinzuweisen. Mit der Frage eines erst während der Operation erkannten neuen oder gestiegenen Risikos befaßt die angeführte Stelle sich nicht. Ob das OLG mit der vorgetragenen Überlegung auch die Ursächlichkeit einer eventuellen Aufklärungspflichtverletzung ausschließen wollte, läßt sich nicht erkennen: der gewählte Wortlaut spricht für die Stellung innerhalb des Urteilsaufbaus gegen eine solche Deutung. Im Rahmen seiner Gesamtabwägung hat das OLG die für die Operation sprechenden Gesichtspunkte konkret abgehandelt. Das Ausmaß der Wahrscheinlichkeit einer möglichen Nervverletzung hat es allgemein "bei Halsoperationen" geprüft; die konkrete "Lage und Beschaffenheit des Operationsfeldes, so wie es sich vor dem Eingriff bei der ärztlichen Untersuchung darstellte", hat es hierbei nicht mit in die Betrachtung einbezogen.
cc) Für dieses Verständnis der Entscheidung des OLG sprechen insbesondere folgende Gesichtspunkte: Die entscheidenden Überlegungen des OLG bilden nicht nur äußerlich eine Einheit; sie führen auch zu einer einheitlichen Schlußfolgerung, nämlich zu dem am Ende der Gesamtüberlegung stehenden Satz, der Bekl. sei deshalb nicht verpflichtet gewesen, den Kl. auf die mögliche Schädigung des Akzessoriusnervs hinzuweisen. Wäre demgegenüber der Auffassung des Senats zu folgen, so müßte die Argumentation des OLG eine Stufung aufweisen: Zunächst hätte das Bestehen einer Aufklärungspflicht vor der Operation wegen zu geringer Wahrscheinlichkeit des schädigenden Erfolges verneint werden müssen. Eine Argumentation zur Frage des "sich während der Operation andeutenden Risikos" hätte dann folgerichtig in Überlegungen zu Problemen des Operationsabbruchs und der "vermuteten Einwilligung" einmünden müssen. Die erwähnte Stelle des oberlandesgerichtlichen Urteils spricht das Problem einer erst während der Operation erkannten neuen oder erhöhten Gefahr mit keinem Wort an. In die Erwägung über das Bestehen einer Aufklärungspflicht werden folgerichtig nur solche Momente einbezogen, die schon vor der Operation bekannt und mithin bei einer eventuellen Aufklärung vor der Operation zu berücksichtigen waren. Dies erhärtet, daß sich die genannte Stelle nur mit der Aufklärungspflicht vor der Operation befaßt und die dort aufgeführten Argumente zur Entscheidung eben dieser Frage mit herangezogen worden sind. Hinzu kommt, daß das OLG im Hinblick auf die Häufigkeit eines möglichen schädigenden Erfolges lediglich festgestellt hat, Verletzungen des Akzessoriusnervs kämen bei Halsoperationen verhältnismäßig selten vor. Diese allgemeine und unpräzise Feststellung wäre nach Rechtsprechung der Fachgerichte für sich allein keineswegs geeignet, das Bestehen einer Aufklärungspflicht deshalb auszuschließen, weil eine Schädigung des Akzessoriusnervs vor der Operation gänzlich unwahrscheinlich gewesen sei und deshalb überhaupt nicht habe in Betracht gezogen werden müssen.
c) Die Auslegung des Inhalts und Umfangs der ärztlichen Aufklärungspflicht im konreten Fall durch das OLG verstößt gegen die durch das Selbstbestimmungsrecht des Bf. aufgerichteten verfassungsrechtlichen Maßstäbe: Das OLG hat das Bestehen einer Aufklärungspflicht mit der Überlegung verneint, angesichts der Notwendigkeit und Dringlichkeit der Operation, der verhältnismäßigen Seltenheit von Verletzungen des Akzessoriusnervs bei Halsoperationen sowie unter Berücksichtigung der Folgen einer derartigen Nervverletzung hätte der Kl. aller Wahrscheinlichkeit nach auch dann in die Operation eingewilligt, wenn er um das mögliche Operationsrisiko gewußt hätte. Das Gericht hat mithin das Bestehen einer ärztlichen Aufklärungspflicht von einer Abwägung zwischen der Notwendigkeit des ärztlichen Eingriffs einerseits sowie Gewicht und Wahrscheinlichkeitsausmaß der zu erwartenden schädlichen Folgen andererseits abhängig gemacht; eine Aufklärung über das bestehende Risiko einer Verletzung des Akzessoriusnervs hat es - offenbar in Anlehnung an die Entscheidung des BGH, NJW 1963, 393 ff. - deshalb für entbehrlich gehalten, weil - nach den Maßstäben eines "vernünftigen" Patienten - trotz des bestehenden Risikos die für den Eingriff sprechenden Argumente überwogen hätten. Hiergegen bestehen schwere verfassungsrechtliche Bedenken: Wenn der BGH in der Entscheidung VI ZR 76/70 (NJW 1972, 335 [337]) ausführt, auch bei geringer Wahrscheinlichkeit schädlicher Folgen des Eingriffs komme eine Aufklärung über diese Folgen umso eher in Betracht, je weniger der mit dem Eingriff bezweckte Erfolg einem vernünftigen Menschen dringlich und geboten erscheinen müsse, so ist dies verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Zu verfassungswidrigen Ergebnissen aber muß es führen, diese allgemeine Aussage in dem Sinne umzukehren, daß eine Aufklärung umso weniger geboten sei, je notwendiger der Eingriff aus medizinischer Sicht ist. Dies kann allenfalls für die zeitliche Dringlichkeit eines Eingriffs gelten, wenn sofortiges Handeln erforderlich ist. Daß im vorliegenden Fall aus zeitlichen Gründen eine Aufklärung nicht mehr möglich gewesen wäre, hat das OLG nicht festgestellt; dafür liegen auch keine Anhaltspunkte vor. Der Maßstab, den das OLG zugrunde legt, bedeutet nicht weniger, als daß je notwendiger der Eingriff und je größer das mit seinem Unterbleiben verbundene Risiko ist, es desto weniger geboten sei, den - voll ansprechbaren, seiner Sinne mächtigen Patienten über mögliche Risikien aufzuklären. Dies stellt eine grundsätzliche Verkennung der Einwirkung der oben aufgezeigten verfassungsrechtliechen Grundsätze auf die ärztliche Aufklärungspflicht dar. Während sich die Antwort auf die Frage, ob eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine spürbare, nicht völlig unerhebliche Schädigung oder Beeinträchtigung besteht, notwendigerweise nach allgemeinen Kriterien medizinischer Wissenschaft und Erfahrung bezogen auf die konkrete Lage dieses Patienten - richten muß, sind alle weiteren Wertungen, insbesondere die Abwägung zwischen der Notwendigkeit des Eingriffs und dem Gewicht der möglicherweise zu erwartenden Folgen von Verfassungs wegen Sache des Patienten. Demgegenüber mutet die angegriffene Entscheidung des OLG insoweit dem Patienten letztlich zu, nach den Maßstäben Dritter "vernünftig" zu sein - eine Auffassung, die den Sinn des durch Art. 2 II GG verbürgten Selbstbestimmungsrechts des Patienten grundlegend verkennt. Daneben hat das OLG im Rahmen der von ihm vorgenommenen Gesamtabwägung festgestellt, Verletzungen des Akzessoriusnervs kämen "bei Halsoperationen verhältnismäßig selten vor": Damit hat es die Frage der Wahrscheinlichkeit eines möglichen schädigenden Erfolges nur unter allgemeinen Gesichtspunkten bewertet, ohne insoweit auf die besondere Situation des Klägers und auf die "Lage und Beschaffenheit des Operationsfeldes, so wie es sich vor dem Eingriff bei der ärztlichen Untersuchung darstellte" Rücksicht zu nehmen; diejenigen Momente, aus denen es die Dringlichkeit und Notwendigkeit der Operation ableitete, hat es demgegenüber unter den Gesichtspunkten des konkreten Falles betrachtet. Diese "allgemeine" Betrachtungsweise bei der Frage der Wahrscheinlichkeit des schädigenden Erfolges war im vorliegenden Fall nicht etwa notwendigerweise in der Fallkonstellation begründet; insbesondere wäre anhand der vorn OLG getroffenen tatsächlichen Feststellungen eine konkretere Betrachtungsweise unter Berücksichtigung der besonderen Lage des Klägers sehr wohl möglich gewesen: Nach den Feststellungen des Urteils beruhte die Unübersichtlichkeit des Operationsfeldes auf Verwachsungen infolge starker Entzündung. Daß das Gewebe im Bereich der Geschwulst stark entzündet gewesen sei, ergab sich sowohl aus dem Operationsbericht als auch aus dem raschen Wachstum der Geschwulst vor der Operation und aus den Beschwerden des Kl. Jedenfalls diese beiden Punkte waren bereits vor der Operation bekannt. Wären sie zu diesem Zeitpunkt bei Beurteilung des gesundheitlichen Zustands des Kl. mit herangezogen worden, so hätten sich hieraus jedenfalls Anhaltspunkte für eine mögliche Entzündung und infolgedessen für eine mögliche Verwachsung und eine eventuelle Unübersichtlichkeit des Operationsgebietes ergeben. Damit aber war der Fall des Kl. - anders als die Senatsentscheidung meint - bereits vor Operationsbeginn erkennbar kein "Regelfall" mehr. Die mangelnde konkrete Betrachtungsweise in diesem Punkt findet ihre Rechtfertigung auch nicht darin - wie die Senatsentscheidung annimmt -, daß - was gewiß richtig ist - die Aufklärungspflicht des Arztes gegenüber dem Patienten sich "in erster Linie nach Gesichtspunkten (richtet), die aus der Sicht vor dem operativen Eingriff vom medizinischen Standpunkt aus für die Entscheidung des Patienten für oder gegen die vorgeschlagene Therapie bedeutsam sein können":
Die Forderungen, daß die für die Entscheidung des Patienten bedeutsamen Gesichtspunkte aus der Sicht vor dem geplanten Eingriff zu betrachten sind und daß sie auf die jeweilige konkrete Situation dieses Patienten bezogen sein müssen, stehen nebeneinander und widersprechen sich nicht. Entsprechend enthebt eine ex ante angestellte Betrachtung nicht schon der Notwendigkeit, zugleich der Forderung nach einer möglichst konkreten Betrachtungsweise - bezogen auf den Gesundheitszustand des jeweiligen Patienten - nachzukommen. Die mangelnde konkrete Betrachtung der Frage der Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Akzessoriusnervs speziell im Falle des Bf. kann auch nicht dadurch wettgemacht werden, daß das OLG die für die Dringlichkeit und Gebotenheit der Operation sprechenden Momente mit Bezug auf die konkrete Situation des Patienten bewertet hat: Die konkrete Betrachtung insoweit ändert nichts daran, daß in der angefochtenen Entscheidung die Frage der Wahrscheinlichkeit eines möglichen schädigenden Nebenerfolges der geplanten Operation - und mithin ein für die Entscheidung des Patienten mitbestimmender Umstand - nicht mit der erforderlichen und möglichen Konkretheit speziell für den Fall betrachtet worden ist.
6. Die angegriffene Entscheidung beruht auch auf diesem Verfassungsverstoß und verletzt deshalb das Grundrecht des Bf. aus Art. 2 I GG. Denn es ist nicht auszuschließen, daß ohne diesen Verstoß der Klage stattgegeben worden wäre. Dabei ist hier über die Rechtsnatur eines Schadensersatzanspruchs wegen Verletzung der Aufklärungspflicht, insbesondere im Hinblick auf die Art des verletzten Rechtsguts und des Schadens sowie seiner Berechnung (vgl. dazu u. a. Laufs, NJW 1969, 529 ff,; ders., NJW 1974, 2025 ff.; Deutsch, NJW 1978, 1660), von Verfassungs wegen nicht zu befinden. Ebensowenig spielt im vorliegenden Zusammenhang eine Rolle, ob solche Schadensersatzpflichten von Verfassungs wegen im einfachen Recht vorgesehen sein müssen, oder wie das Haftungsrecht bei ärztlichen Eingriffen im einzelnen auszugestalten ist. Hier reicht die Feststellung aus, daß nach der Rechtsprechung des BGH ein Schadensersatz bei Verletzung der Aufklärungspflicht grundsätzlich möglich ist (vgl. BGH, VersR 1958, 552; 1967, 495 [496]); verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Möglichkeit sind nicht ersichtlich.
7. Da ferner nicht auszuschließen ist, daß eine mögliche Verletzung der Aufklärungspflicht durch den Bekl. zu 2 auch der Bekl. zu 1 zuzurechnen wäre, hätte der Verfassungsbeschwerde in vollem Umfang stattgegeben werden müssen.
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