Medizinisch notwendiger Rücktransport

Gericht

AG Stuttgart


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

18. 02. 1997


Aktenzeichen

1 C 9977/96


Leitsatz des Gerichts

  1. Ein Krankentransport ist medizinisch notwendig, wenn die an Ort und Stelle vorhandenen medizinischen Einrichtungen nicht ausreichend sind und dadurch eine Gesundheitsschädigung des Versicherungsnehmers zu befürchten ist.

  2. Die medizinische Notwendigkeit zur Rückführung einer Versicherten mit psychotischem Zustandsbild wird nicht damit begründet, dass der Arzt davon ausgeht, dass sich das Zustandsbild der Betreffenden in vertrauter Umgebung bessern würde.

  3. Ein Rückflug in einem Linienflugzeug in Begleitung einer medizinisch nicht versierten Begleitperson ist kein Krankentransport i.S. des § 4 I 1 der AVB RHD.

Tatbestand


Zum Sachverhalt:

Die Kl. nahm an einer Wanderreise nach Madeira in der Zeit vom 21. 12. - 28. 12. 1995 teil. Auf Grund einer psychotischen Krise konnte die Kl. die gebuchte Rückreise nicht antreten. sie wurde in einem Krankenhaus behandelt und danach in eine psychiatrische Klinik gebracht, wo sie zwei Nächte verblieb. Da der behandelnde Arzt auf Madeira anordnete, dass die Kl. den Heimflug nur mit einer Begleitperson antreten dürfte, wurde sie von der Ehefrau des Reiseleiters am 30. 12. 1995 auf dem Linienflug nach München begleitet. Hierfür wurden der Kl. 2768 DM in Rechnung gestellt. Von einer zusätzlichen Versicherung erhielt die Kl. 965,20 DM ersetzt. Mit der Klage verlangt die Kl. von der Bekl. aus dem mit dieser abgeschlossenen Auslandskrankenversicherungsvertrag die Differenz in Höhe von 1802,80 DM.

Die Klage hatte keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe


Aus den Gründen:

Die Kl. hat gegen die Bekl. keinen Anspruch gem. § 4 Abs. 1.1 der dem Versicherungsvertrag zugrundeliegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen des Tarifs RHD auf Erstattung ihrer Rückreisekosten in Höhe von noch 1802,80 DM. Nach § 4 Abs. 1 i.V. mit § 1 Abs. 4 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für den Tarif RHD ist die Bekl. zur Erstattung der notwendigen Krankenrücktransportkosten nur dann verpflichtet, wenn der Krankentransport medizinisch notwendig ist. Nach § 1 Abs. 4.2 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für den Tarif RHD sind nur solche Fälle medizinisch notwendig, in denen die an Ort und Stelle vorhandenen medizinischen Einrichtungen nicht ausreichend sind und dadurch eine Gesundheitsschädigung des Versicherungsnehmers zu befürchten ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Wie sich aus dem nervenärztlichen Attest von Dr. F vom 30. 1. 1996 ergibt, war der Rückflug der Kl. deshalb notwendig, um sie rasch in ihre vertraute Umgebung zurückzubringen.

Der Rückflug der Kl. war daher nicht deshalb notwendig, weil in Madeira keine medizinische Einrichtungen vorhanden waren, sondern deshalb, weil der Arzt davon ausging, dass sich das psychotische Zustandsbild der Kl. in vertrauter Umgebung bessern würde. Eine Erstattung der verlangten Kosten kam daher bereits deshalb nicht in Betracht, weil der sofortige Rückflug nicht medizinisch notwendig im Sinne der vereinbarten Versicherungsbedingungen war.

Darüber hinaus ist der Rückflug mit einem Linienflugzeug in Begleitung einer medizinisch nicht versierten Begleitperson kein Krankenrücktransport i.S. von § 4 Abs. 1.1 der Versicherungsbedingungen des Tarifs RHB. Aus dem Sinn von §§ 1 und 4 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen des Tarifs RHD ist zu schließen, dass als Krankenrücktransporte nur solche Transporte anzusehen sind, die entweder mit Krankentransportfahrzeugen oder -fliegern durchgeführt werden. Jedenfalls müssen es solche Einrichtungen sein, die während des Transports eine fachliche Betreuung durch einen Arzt oder Rettungssanitäter ermöglichen. Bei dem Flugzeug, mit dem die Kl. den Rückflug angetreten hat, handelt es sich jedoch um kein Krankentransportmittel mit entsprechender medizinischer Versorgungseinrichtung.

Rechtsgebiete

Versicherungsrecht