Kein Zahlungsanspruch gegen durch 0190-Dialer geschädigte Kunden II
Gericht
LG Nürnberg-Fürth
Art der Entscheidung
Berufungsurteil
Datum
27. 03. 2003
Aktenzeichen
11 S 8162/02
Der Anbieter einer über eine 0190-Nummer abgerechneten Dienstleistung trägt die Beweislast dafür, dass mit dem Nutzer ein Vertrag über eine entgeltliche Dienstleistung geschlossen, zuvor das geforderte Entgelt genannt und die Dienstleistung auch erbracht worden ist.
Dem Anbieter ist es zumutbar, hierfür eine Datensicherung über Einzelverbindungen vorzunehmen und diese aufzubewahren.
Endurteil:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Fürth vom 13.06.2002 (Aktenzeichen: 310 C 572/02) wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluß:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf
EUR 665,00
festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beklagte hat über die Telefonrechnung der ... dem Kläger für Internet-Dialerleistungen Forderungen in Rechnung gestellt und diese im Lastschriftverfahren von seinem Konto abgebucht; hiervon begehrt er Freistellung.
Hinsichtlich der vom Erstgericht getroffenen Feststellungen wird gemäß §§ 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung hatte keinen Erfolg.
Zu Unrecht geht die Berufungsklägerin davon aus, daß die Beweispflicht dafür, daß der Kläger über seinen Internetanschluß einen Vertrag über entgeltliche Dienstleistungen abgeschlossen hat, bei diesem läge.
Die Besonderheit, daß die Beklagte über die ... Abbuchungen angeblich von ihr erbrachter Leistungen auf dem Konto des Klägers vornehmen konnte, führt zunächst - lediglich - zur Umkehr der Darlegungslast. Der Kläger muß, um sich solcher - gegebenenfalls unberechtigter - Forderungen zu erwehren, gegen die Rechnungstellung wenden und kann es nicht beim bloßen Nichtbezahlen belassen.
Dies ändert aber nichts daran, daß für die der Rechnung zugrundeliegenden Forderungen die Beweispflicht bei der Beklagten liegt.
Dem steht nicht entgegen, daß der Kläger durch Aufzeichnungen auf seinem Computer und Speicherung von Daten - gegebenenfalls auf externen Datenträgern - selbst einen solchen Nachweis führen könnte. Gerade wegen der Datenfülle bei auch nur durchschnittlicher Benutzung des Internets würde eine solche Aufzeichnung über Jahre hinweg die Speicherkapazität sprengen. Darüber hinaus besteht gerade wegen häufigen Mißbrauchs von Trojaner - und anderen Dailerprogrammen - ein Bedürfnis des Internetnutzers, sein eigenes Computersystem von solchen Daten freizuhalten.
Die bloße einmalige oder mehrfache Benutzung einer Dienstleistung führt auch nicht zu einer gesteigerten, über die bloße Nutzung der einzelnen Dienstleistung hinausgehenden Geschäftsverbindung, die eine solche Aufzeichnungspflicht für einen Privatmann begründen könnte.
Umgekehrt kann sich die Beklagte auch nicht von der Beweislast dadurch entlasten, daß sie selbst keine Aufzeichnungen über das konkret benutzte Programm für den Einzelfall führt. Sie könnte sehr wohl eine solche Datensicherung bei Einzelverbindungen betreiben und diese aufbewahren.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in erster Instanz konnte die Beklagte zwar solche und ähnliche Programme und Progammschritte nachweisen, nicht jedoch die für die jeweilige Einzelverbindung tatsächlich benutzte Programmgestaltung.
Den Beweis dafür, daß sie die Dienstleistung erbracht und dafür zuvor auch das Entgelt genannt hat, hat die Beklagte damit aber nicht geführt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 708 Nr. 10 und 713 ZPO (vgl. Landgericht Landau, NJW 2002, Seite 973).
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
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