GmbH-Geschäftsführer, Arbeitnehmereigenschaft

Gericht

OLG Thüringen


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

14. 03. 2001


Aktenzeichen

7 U 913/00


Leitsatz des Gerichts

  1. Der Geschäftsführer einer GmbH ist auch dann, wenn er keine wesentliche Beteiligung an der Gesellschaft besitzt, regelmäßig nicht als Arbeitnehmer anzusehen.

  2. Auch im Insolvenzrecht kommt dem Geschäftsführer nur dann ausnahmsweise eine Arbeitnehmerstellung zu, wenn er als echter Fremdgeschäftsführer durch ein soziales Abhängigkeitsverhältnis zur GmbH geprägt und dadurch schutzwürdig ist, wobei nicht die Organstellung, sondern die Frage nach der Weisungsgebundenheit das entscheidende Argument ist, was sich anhand der Prüfkriterien des BAG (BAG, ZIP 1992, 1497) bemisst.

  3. Darauf, dass sich der Geschäftsführer im Innenverhältnis über die durch Geschäftsführervertrag bestimmten Regelungen hinaus tatsächlich etwa stärker den Weisungen seines Mitgesellschafters unterworfen hat, kann sich der Geschäftsführer hierbei nicht berufen.

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Gera, Az.: 6 0 2003/99, vom 31.05.2000, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Beklagten hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung iHv DM 20.000,00, die auch durch selbstschuldnerische, unwiderrufliche, unbedingte Bürgschaft eines in der EU als Steuer- und Zollbürgen zugelassenen Kreditinstiutes erbracht werden kann, abzuwenden, wenn der Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Der Wert der Beschwer beträgt für den Kläger DM 129.082,54.

Tatbestand

Tatbestand


Der Kläger war aufgrund Vertrages vom 01.07.1991 als Alleingeschäftsführer bei der .... – nachfolgend Gemeinschuldnerin genannt - beschäftigt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Geschäftsführervertrag Bezug genommen. Er hat ein jährliches Gehalt von 13 Monatsgehälter iHv brutto jeweils DM 15.000,00 bezogen. Das letzte Gehalt erhielt er für Februar 1996 ausbezahlt.

Daneben war der Kläger seit 11.08.1995 neben dem weiteren Mitgesellschafter .... mit einem Geschäftsanteil von 50 %, von denen er 17,5 % als Treuhänder für einen Herrn .... hielt, Gesellschafter an der ....., deren 100 %ige Tochter die Gemeinschuldnerin war und zwischen beiden Firmen ein Ergebnisverwendungs- und Gewinnabführungsvertrag zugunsten der Muttergesellschaft bestand. Der weitere Mitgesellschafter .... hat ebenfalls 17,5 % seines Geschäftsanteils an der Gesellschaft treuhänderisch für ... gehalten, so dass der Kläger und ... zu je 32,5 % und ... zu 35 % im Innenverhältnis Gesellschafter der die Gemeinschuldnerin beherrschenden Muttergesellschaft waren.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Gera vom 29.04.1996 ist über das Vermögen der Gemeinschuldnerin die Gesamtvollstreckung eröffnet worden.

Der Gesamtvollstreckungsverwalter hat dem Kläger mit Schreiben vom 12.06.1996, welches folgenden Wortlaut hatte: “Hiermit kündige ich Ihnen als bestellter Gesamtvollstreckungsverwalter den mit ihnen und der .... bestehenden Anstellungsvertrag zum nächstmöglichen Termin. Dies ist nach meiner Berechnung der 31.12.1996” den Anstellungsvertrag gekündigt.

Der Kläger hat mit Fax vom 12.06.1996 gegenüber dem Beklagten Gehaltsansprüche für die Zeit von März bis Dezember 1996 einschließlich des 13. Monatsgehalts in Höhe von DM 165.000,00 als Forderung angemeldet.

Der Kläger hat gegen den Beklagten als Verwalter über das Vermögen der Gemeinschuldnerin Ansprüche auf Auszahlung seines Geschäftsführergehaltes für dieZeit von März bis Dezember 1996 abzüglich erhaltener Lohnersatzleistungen geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, seine Gehaltsforderungen seien nach § 13 Abs. 1 GesO vorab zu begleichen, da er Arbeitnehmer der Gemeinschuldnerin gewesen sei.
Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zur Zahlung von DM 129.082,54 nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 12.06.1996 zu verurteilen.


Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Einrede der Verjährung erhoben und behauptet, der Kläger sei nicht als Arbeitnehmer der Gemeinschuldnerin anzusehen, vielmehr als Unternehmer. Hilfsweise habe sich der Kläger aber das anrechnen zu lassen, was er an Arbeitslosengeld in der Zeit vom 01.06.96 bis 11.06.96 hätte erlangen können.

Daneben war der Beklagte der Auffassung, der Anstellungsvertrag habe aufgrund seiner Kündigung bereits am 31.07.96 geendet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf ein Gehalt für März 1996, da die Nichtauszahlung desselben als eine Eigenkapital ersetzende Handlung iSd § 32 a GmbHG anzusehen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils des Landgerichts Gera vom 31.05.2000 Bezug genommen.


Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 31.05.2000 abgewiesen.

Zur Begründung ist ausgeführt, die Klage sei schon nicht zulässig, weil der Kläger gegen den Beklagten als Gesamtvollstreckungsverwalter aus § 13 GesO, der ihn alleine berechtigte, außerhalb des anhängigen Konkursverfahrens Ansprüche geltend zu machen, keine gehaltsforderungen haben könne; denn er sei kein Arbeitnehmer iSd § 13 Abs. 1 Nr. 3 a GesO.

Danach sei nur der anspruchsberechtigt, der aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages mit dem Schuldner unselbständige, fremdbestimmte Arbeit geleistet habe. Dies treffe auf den Kläger nicht zu; dieser sei als Unternehmer anzusehen. Zwar sei der Geschäftsführer einer GmbH dann Arbeitnehmern gleichgestellt, wenn er an dem Vermögen der Gesellschaft nicht oder nicht wesentlich beteiligt sei. Das Vorrecht aus § 13 GesO stehe dem Geschäftsführer einer GmbH aber dann nicht zu, wenn er über seine Rolle als Geschäftsführer hinaus als Gesellschafter über eine wesentliche Beteiligung verfüge. Bei einer derartigen Verknüpfung von Geschäftsführer- und Gesellschaftereigenschaft sei ein Gesellschaftergeschäftsführer nicht als Arbeitnehmer, sondern als Unternehmer anzusehen. Bei der Betrachtung der Situation sei hierbei nicht auf die Gesellschafterbeteiligung an der Gemeinschuldnerin sondern bei der ..... abzustellen, die die 100%ige Mutter der Gemeinschuldnerin sei. Der Kläger besitze an dieser mit 50 % der Geschäftsanteile neben einem weiteren Gesellschafter somit eine wesentliche Beteiligung, wobei der Umstand, dass er 17,5 % seiner Geschäftsanteile treuhänderisch für einen Dritten halte, unbeachtlich sei. Dies ändere nichts daran, dass der Kläger als einer von zwei Gesellschaftern mit einemGeschäftsanteil von 50 % nicht vom Vertrauen der Gesellschaftermehrheit in der Gesellschaft abhängig sei.

Darüber hinaus sei die Klage aber auch – wenn man dem Kläger mit der Annahme einer Arbeitnehmereigenschaft einen Anspruch nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 a GesO grundsätzlich zugestehe – unbegründet, da seine Ansprüche jedenfalls verjährt seien.

Die Verjährung von Ansprüchen gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 3a GesO richte sich nach § 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB. Somit hätte eine Verjährung Ende 1996 begonnen und wäre zum 31.12.1998 eingetreten. Die Verjährung eines solchen Anspruches sei auch nicht durch die Anmeldung des Anspruchs gegenüber dem Beklagten gemäß § 209 Abs. 2 BGB unterbrochen worden, nachdem diese Vorschrift auf Masseschulden – wobei ein Anspruch nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 a GesO eine solche Masseschuld sei - nicht anwendbar sei. Die Kammer vermöge sich in diesem Zusammenhang der Auffassung des Bundesgerichtshofs (NJW 1964, 1620), wonach die Stellung eines GmbH-Geschäftsführers mit der eines Vorstandsmitgliedes einer Aktiengesellschaft zu vergleichen sei, weshalb § 196 Abs.1 BGB nicht einschlägig sei, nicht anzuschließen, nachdem die Stellung eines GmbH-Geschäftsführers sehr unterschiedlich sowohl als Unternehmer wie auch als Arbeitnehmer ausgestaltet sein könne, so dass für den Fall, dass ein Geschäftsführer als Arbeitnehmer anzusehen sei, auch die hierfür maßgebliche Verjährungsregelung des § 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB gelten müsse.


Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und auch begründeten Berufung.

Der Kläger behauptet, das Landgericht habe verkannt, dass er Arbeitnehmer iSd § 13 Abs. 1 Nr. 3 a GesO sei. Sein Rechtsverhältnis zur Gemeinschuldnerin sei bereits in einem sozialgerichtlichen Verfahren als Arbeitsverhältnis bewertet worden, weshalb er Konkursausfallgeld bezogen habe. Damit stehe aber zugleich auch fest, dass er im vorliegenden Rechtsstreit als Arbeitnehmer anzusehen sei; andernfalls sei die Einheitlichkeit der Rechtsordnung erschüttert.

Er habe funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess der Gemeinschuldnerin teilgenommen und dafür ein entsprechendes Arbeitsentgelt erhalten. Er sei bei einer vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Wochenstunden wie ein fremder Arbeitnehmer dem Weisungsrecht der Gesellschaft unterworfen gewesen und habe seine Tätigkeit nicht frei bestimmen und gestalten können. Auch sei er nicht am Gewinn der Gemeinschuldnerin beteiligt gewesen und habe keine erfolgsabhängigen Bezüge erhalten.

Entgegen der Annahme des Landgerichts habe er über keine wesentliche Beteiligung an der Gemeinschuldnerin verfügt. Da er aufgrund des Treuhandverhältnisses zu Herrn ... 17,5 % der Stammeinlage für diesen gehalten habe, sei er im Innenverhältnis nur zu 32,5 % am Stammkapital beteiligt gewesen, weshalb er keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Firma gehabt habe. Er bestreite, dass er im Januar 1996 die für Herrn ...
treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteile rückübertragen bekommen habe.

Daneben seien seine Ansprüche – entgegen der Auffassung des Landgerichts – nicht verjährt. Die Verjährung sei durch die mit Schreiben vom 12.06.1996 erfolgte Anmeldung der Ansprüche beim Gesamtvollstreckungsverwalter unterbrochen worden. Nachdem dieser die Forderung weder beglichen noch bestritten habe, habe er davon ausgehen können, dass die Forderung zur Tabelle angemeldet worden sei. Wenn der Beklagte jetzt die Einrede der Verjährung erhebe, sei dies rechtsmissbräuchlich und verstoße gegen Treu und Glauben.

Der Kläger beantragt,

in Abänderung des am 31.05.00 verkündeten Urteils des Landgerichts Gera, Az.: 6 0 2003/99, den Beklagten zu verurteilen, an ihn DM 129.082,54 nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 12.06.1996 zu bezahlen,


hilfsweise,

den Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung an das Landgericht Gera zurückzuverweisen.


Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die ihm günstige Entscheidung erster Instanz und behauptet unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens, das Geschäftsführeranstellungsverhältnis sei bereits zum 31.07.1996 beendet. Mit Schreiben vom 12.06.1996 habe er das Beschäftigungsverhältnis zum Kläger gekündigt und damit sein Wahlrecht nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GesO ausgeübt, weshalb über diesen Zeitpunkt hinaus ein Anspruch auf ein Geschäftsführergehalt nicht bestehe.

Der Kläger sei kein Arbeitnehmer iSd § 13 Abs. 1 Nr. 3 a GesO. Das sozialgerichtliche Anerkenntnisurteil entfalte keine Rechtskraftwirkung für den vorliegenden Rechtsstreit. Es sei zu bestreiten, dass der Kläger seine Tätigkeit in der Gesellschaft nicht habe frei gestalten und bestimmen können. Über seine Gesellschafterstellung an der die Gemeinschuldnerin beherrschenden Muttergesellschaft sei eine Gewinnbeteiligung vorhanden gewesen.

Soweit der Kläger darauf abstelle, aufgrund des Treuhandverhältnisses lediglich zu 32,5 % am Stammkapital der Gemeinschuldnerin beteiligt gewesen zu sein, behauptet er, der Kläger habe die angeblich treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteile im Januar 1996 von Herrn ... rückübertragen erhalten. Im übrigen sei das Treuhandverhältnis wegen § 32 a Abs. 1 GmbH unbeachtlich.

Die Forderung sei auch der Höhe nach zu bestreiten. Der Kläger müsse sich die erhaltenen Zahlungen anrechnen lassen, dies mache er – obwohl er selbst die Bruttovergütung geltend mache – nur hinsichtlich des Nettobetrages des Arbeitslosengeldes. Zudem habe er es unterlassen, rechtzeitig Arbeitslosengeld zu beantragen. Das Gesamtvollstreckungsverfahren sei am 01.06.1996 eröffnet worden; Arbeitslosengeld habe er aber erst seit dem 12.06.1996 erhalten. Für die Zeit vom 01.06. bis 11.06.1996 müsse er sich das weitere Arbeitslosengeld anrechnen lassen, welches er bei rechtzeitiger Antragstellung hätte erlangen können.

Den Vortrag des Klägers als richtig unterstellt, sei dessen Anspruch jedenfalls verjährt. Dass er sich auf Verjährung berufe, sei nicht treuwidrig.

Entscheidungsgründe

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e


Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und auch begründete Berufung des Klägers, mit welcher dieser seine Gehaltsansprüche gegen die Gemeinschuldnerin gegenüber deren Gesamtvollstreckungsverwalter weiterverfolgt, hat in der Sache keinen Erfolg.

I.

Der Antrag auf Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und Verurteilung des Beklagten zur Zahlung an den Kläger kann schon deshalb keinen Erfolg haben, da durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden worden ist und – die Richtigkeit des klägerischen Vorbringens fiktiv unterstellt – der Rechtsstreit an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen wäre, § 538 Abs. 1 Nr. 2 ZPO.


II.

Aber auch der weitere, hilfsweise gestellte Antrag des Klägers, den Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung an das Landgericht Gera zurückzuverweisen, der vom Senat als Antrag auf Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung und Zurückverweisung an das Gericht des ersten Rechtszuges ausgelegt wird, hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat die Klage mit seinem Urteil vom 31.05.2000, dessen zutreffenden Inhalt sich der Senat zu eigen macht, zu Recht als unzulässig abgewiesen. Auch die Angriffe der Berufung des Klägers geben dem Senat keinen Anlass, von diesem Ergebnis abzurücken.

Dem Kläger steht ein Masseanspruch nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 a GesO, der im Wege der Leistungsklage ausserhalb des Gesamtvollstreckungsverfahrens geltend gemacht werden kann, nicht zu. Wie das Landgericht im Ergebnis zu Recht festgestellt hat, ist der Kläger nicht als Arbeitnehmer anzusehen ( vgl. BGHZ 41, 288; Heilmann NJW 1975, 1761).

1.
Soweit sich der Kläger zur Begründung für seine Arbeitnehmerstellung auf das im sozialgerichtlichen Verfahren gegenüber der Bundesanstalt für Arbeit zu seinen Gunsten ergangene Anerkenntnisurteil, mit welchem er Konkursausfallgeld für sich erstritten hat, bindet diese Entscheidung den erkennenden Senat schon deshalb nicht, da es schon an der Identität der Prozessparteien fehlt (Zöller/Gummer, ZPO, 22. A., § 13 GVG, RZ 44 mwN).

2.
Wie der erste Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts bereits in seiner Entscheidung vom 30.11.1995 (ZIP 1996, 241) und auch der Senat zuletzt in seiner Entscheidung vom 21.02.2001, Az.: 7 U 651/00 (nicht veröffentlicht) entschieden hat, ist der Geschäftsführer einer GmbH auch dann, wenn er keine wesentliche Beteiligung an der Gesellschaft besitzt, regelmäßig nicht als Arbeitnehmer anzusehen (Palandt/Putzo, 60. A., Einführung vor § 611, RZ 13, 23 mwN).

Der Geschäftsführeranstellungsvertrag ist Dienstvertrag und kein Arbeitsverhältnis (BGH, NJW 1983, 2405; BGH, NJW 1984, 2528; OLG Hamm, GmbHR 1991, 466), da der Geschäftsführer als Vertretungsorgan der Gesellschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnimmt (BGHZ 12, 1, 8; BGHZ 49,30; BGHZ 79, 291).

Nur ganz ausnahmsweise sind einzelne Schutzvorschriften des Arbeitsrechts auf den Geschäftsführer analog anzuwenden. Vorliegend fehlt es hinsichtlich der Person des Klägers schon an der von der Rechtsprechung für die Anwendung von Schutzvorschriften des Arbeitsrechts erforderlichen eindeutig begrenzbaren Doppelstellung als Organvertreter und Arbeitnehmer (BAG, NZA 1987, 845; BGH, DB 1991, 2595). Auch im Insolvenzrecht kommt dem Geschäftsführer nur dann ausnahmsweise eine Arbeitnehmerstellung zu, wenn er als echter Fremdgeschäftsführer durch ein soziales Abhängigkeitsverhältnis zur GmbH geprägt und damit schutzwürdig ist. Damit ist nicht die Organstellung, sondern die Frage nach der Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers das entscheidende Argument.

Der Annahme eines Arbeitsverhältnisses und einer daraus resultierenden Arbeitnehmerstellung steht bereits entgegen, dass der Kläger bis zuletzt Organ der GmbH war.

Aber auch, wenn man die Frage nach der Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers als entscheidendes Argument für die Anahme einer Arbeitnehmerstellung sieht, kann dieses nur bei Vorliegen einer das Arbeitsverhältnis kennzeichnenden persönlichen Abhängigkeit des Geschäftsführers angenommen werden. Eine solche ist unter Heranziehung der Prüfkriterien des BAG (BAG, ZIP 1992, 1497) lediglich dann gegeben, wenn der Geschäftsführer so in den Betrieb eingegliedert ist, dass er regelmäßig einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Direktionsrecht der Gesellschafter unterliegt. Hierbei ist die Weisungsgebundenheit nur eines von mehreren Unterscheidungskriterien.

Der Geschäftsführer ist hingegen dann selbständig, wenn er seine Tätigkeit im wesentlichen frei gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.

So liegt es nach Auffassung des Senats hier. Der Geschäftsführervertrag des Klägers mit heutigen Gemeinschuldnerin nebst der diesen weiter präzisierenden Geschäftsordnung vom 01.07.1991 bestimmt zum Ort und zur Zeit der Leistungserbringung des von § 181 BGB befreiten Kläger als Geschäftsführer nichts.

Zwar bedurfte der Kläger danach unter anderem für den Erwerb, die Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, die Bewilligung von Krediten oder Sicherheiten, die Errichtung von Zweigniederlassungen, den Erwerb anderer Unternehmen oder Beteiligungen an solchen, die Aufnahme neuer Geschäftszweige oder die Aufgabe bestehender Tätigkeitsgebiete der Genehmigung. Gleichzeitig ist ihm aber ein erheblicher Spielraum verblieben. Er konnte alleine über die Vornahme von baulichen Maßnahmen bis zu DM 50.000,00, die Anschaffung oder Veräußerung von Gegenständen des beweglichen Anlagevermögens im Einzelwert von bis zu DM 50.000,00, den Abschluss von Miet- oder Pachtverträgen für die Dauer von bis zu einem Jahr, die Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, Bürgschaftsverpflichtungen und den Abschluss von Kreditverträgen jeweils bis zu DM 100.000,00, der Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern entscheiden sowie sämtliche sonst übliche Handlungen vornehmen.

Der Kläger hat ein monatliches Gehalt von DM 15.000,00 nebst einem 13. Gehalt in gleicher Höhe erhalten, womit seine Vergütung ganz erheblich über der eines gehobenen Angestellten im Jahr 1991 in den neuen Bundesländern lag.

Die ihm nach dem Geschäftsführervertrag auferlegten Beschränkungen gingen keinesfalls über das bei Fremdgeschäftsführern übliche Maß hinaus, weshalb der Kläger zumindest in dem für Fremdgeschäftsführer üblichen Rahmen seine Tätigkeit im wesentlichen frei gestalten konnte, wobei das BAG sogar dann, wenn der durch Gesellschafterbeschluss bestellte und in das Handelsregister eingetragene Geschäftsführer einer GmbH, der nicht zugleich Gesellschafter ist, eine Arbeitnehmerstellung verneint, wenn erhebliche Einschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis im Innenverhältnis bestehen (BAG, NZA 1986, 86), und kann er aus dem Geschäftsführerdienstvertrag heraus nicht als Arbeitnehmer angesehen werden.

Darauf, dass er sich etwa – wie behauptet - im Innenverhältnis über die durch den Geschäftsführervertrag bestimmten Regelungen hinaus tatsächlich stärker den tatsächlichen Weisungen des Mitgesellschafters ... unterworfen hat, worauf möglicherweise im Verfahren vor dem Bayerischen Landessozialgericht abgestellt worden ist, kann sich der Kläger nach Auffassung des Senats hingegen im vorliegenden Verfahren nicht berufen, weshalb eine Beweisaufnahme hierzu auch entbehrlich ist. Der Kläger war über die in seinem Geschäftsführervertrag und der Geschäftsordnung enthaltenen Regelungen hinaus nicht verpflichtet, derartigen Weisungen seines Mitgesellschafters nachzukommen. Hat er dies im Tatsächlinen dennoch getan, kann er jedenfalls daraus für sich keine Umstände für eine weisungsgebundene Arbeitnehmerstellung ableiten.

3.
Es kann deshalb aus Sicht des Senats dahingestellt bleiben, ob - worauf das Landgericht in seiner Entscheidung abgestellt hat - dem Kläger als GmbH-Geschäftsführer der nun in Gesamtvollstreckung befindlichen Gemeinschuldnerin das Vorrecht aus §§ 59, 61 KO, § 13 GesO schon deswegen nicht zusteht, da er über seine Stellung als Geschäftsführer hinaus über eine wesentliche Beteiligung an der GmbH verfügt und infolgedessen als Unternehmer und nicht als Arbeitnehmer anzusehen ist.

Insoweit zutreffend hat das Landgericht allerdings auf die Gesellschafterstellung bei der die Gemeinschuldnerin beherrschenden ... abgestellt und tendiert auch der Senat dazu, dass es für die Beurteilung der Frage, ob der Kläger vom Vertrauen der Gesellschaftermehrheit in der Gesellschaft abhängig ist, auf den Umstand, dass dieser 17,5 % seiner Geschäftsanteile treuhänderisch für einen anderen gehalten hat, nicht ankommt, da auch der Treuhänder mit allen Rechten und Pflichten Gesellschafter ist (BGHZ 105, 174) und der Kläger mithin die Gemeinschuldnerin zu 50 % „beherrscht“ hat, weshalb eine Mitunternehmerstellung anzunehmen ist ( vgl. BGH, NJW 1999, 263).

4.
Ebenfalls kann aus Sicht des Senats dahinstehen, dass die von dem Landgericht für den Fall, dass man den Kläger als Arbeitnehmer ansehen wollte, vertretenen Auffassung, wonach die von diesem geltendgemachten Gehaltsansprüche jedenfalls nach § 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB verjährt wären, zutreffend ist.

Die Forderungsanmeldung des Klägers gegenüber dem GesO-Verwalter vom 12.06.1996 konnte die am 01.01.1997 beginnende und am 31.12.1998 endende Verjährung nicht wirksam unterbrechen. Damit ist die aufgrund der Arbeitnehmerstellung dann als Gehaltsforderung anzusehende Forderung dann konsequenterweise auch als Masseschuld iSd § 13 Abs. 1 Nr. 3 GesO anzusehen. Damit ist sie aber nicht Konkurs-(GesO-)forderung und hat die Anmeldung gegenüber dem GesO-Verwalter die Verjährung auch nicht nach § 209 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 BGB unterbrechen können (LAG Hamburg, ZIP 1988, 1270).

Entgegen der vom Kläger vertretenen - im übrigen im Detail nicht weiter erläuterten Auffassung - stellt es auch keinen Rechtsmißbrauch dar, wenn sich der beklagte GesO-Verwalter auf die Verjährung beruft.

Es ist vom Kläger, der für sich ja Konkursausfallgeld beansprucht hat und der - wenn er sich schon als Arbeitnehmer betrachtet - konsequenter Weise diesen Weg hätte weiterverfolgen und dementsprechend die in den letzten 6 Monaten vor GesO-Eröffnung entstandenen und teilweise offenen Gehaltsforderungen als Masseschulden geltend machen müssen, weder ein Sachverhalt vorgetragen noch ist sonstwie erkennbar, dass der Beklagte die den Kläger nun treffende Fristversäumnis für eine geeignete verjährungsunterbrechende Handlung selbst arglistig herbeigeführt hat.



III.


Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Den Wert der Beschwer hat der Senat gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festgesetzt.

Weber Pieper Nährig

Vorinstanzen

LG Gera, 6 O 2003/99

Rechtsgebiete

Arbeitsrecht