Mutterschaftsgeld und Urlaubsabgeltung während Beschäftigungsverbot

Gericht

LAG Rheinland-Pfalz


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

06. 01. 1999


Aktenzeichen

8 Sa 677/98


Leitsatz des Gerichts

  1. Ist eine Arbeitnehmerin infolge einer fehlenden öffentlich-rechtlichen Genehmigung außerstande, die vonihr arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, so ist nicht das Aussetzen mit der Arbeit während des Beschäftigungsverbots nach § 3 II MuSchG ursächlich für die Verdiensteinbuße, sondern bereits das Fehlen der öffentlich-rechtlichen Genehmigung. Ein Zuschußanspruch nach §§ 3 II, 6 I MuSchG, § 200 RVO entfällt.

  2. Die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung aufgrund eines gesetzlichen Arbeitsverbots führt zum Wegfall des Urlaubsabgeltungsanspruchs nach § 7 IV BUrlG, wenn die Unmöglichkeit bis zum Ende des Urlaubsjahres bzw.bis zum Ende des Übertragungszeitraums fortdauert.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Parteien streiten um die Zahlung von Zuschuß zum Mutterschaftsgeld und von Urlaubsabgeltung. Die Kl., die bosnische Staatsangehörige ist, war seit dem 1. 6. 1996 beider Bekl., die einen ambulanten Pflegedienst betreibt, als Krankenschwester auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 31. 5. 1996 beschäftigt. Die der Kl. zuletzt erteilte Arbeitserlaubnis endete am 30. 6. 1997; eine Verlängerung dieser Erlaubnis erfolgte danach nicht mehr. Die Kl. gebar in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 1997 ein Kind, so daß für sie während der Zeit vom 25. 8. 1997 bis 29. 12. 1997 die Beschäftigungsverbote des Mutterschutzgesetzes galten. Sie bezog während dieser Zeit von der zuständigen Krankenkasse Mutterschaftsgeld in Höhe von 25 DM je Kalendertag. Nachdem die Kl. vom 1. 1. 1998 bis 13. 1. 1998, ohne daß eine Arbeitserlaubnis vorlag, für die Bekl. wieder gearbeitet hatte, beendeten die Parteien das Beschäftigungsverhältnis einvernehmlich zum 13. 1. 1998. Für die Zeit ab dem 14. 1. 1998 bezog die Kl. Arbeitslosengeld, dessen Höhe sich ab dem 26. 6. 1998 auf kalendertäglich 65,15 DM belief. Mit ihrer beim ArbG Kaiserslautern eingereichten und später erweiterten Klage hat die Kl. die Zahlung von Zuschuß zum Mutterschaftsgeld sowie von Urlaubsabgeltung geltend gemacht.

Das ArbG Kaiserslautern hat der Klage stattgegeben. Erfolgreich legte die Bekl. Berufung gegen dieses Urteil ein.

Entscheidungsgründe


Aus den Gründen:

1. Die Kl. kann kein Mutterschaftsgeld gem. § 14 I MuSchG verlangen. Nach dieser gesetzlichen Regelung erhalten Frauen, die Anspruch auf Mutterschaftsgeld nach § 200 I, II 1 bis 4 und III RVO, § 29 I, II und IV des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte oder § 13 II haben, für die Zeit der Schutzfristen der §§ 3 II und 6 I MuSchG sowie für den Entbindungstag von ihrem Arbeitgeber einen Zuschuß in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen 25 DM und dem um die gesetzlichen Abzüge verminderten, durchschnittlichen kalendertäglichen Arbeitsentgelt.

Während der Zeit vom 25. 8. 1997 bis 29. 12. 1997 griffen zu Gunsten der Kl. zwar die Schutzfristen der §§ 3 II, 6 I MuSchG ein, so daß allein nach dem Wortlaut der Vorschrift ein Anspruch entstanden sein könnte. Eine dementsprechende Auslegung der Gesetzesregelung läßt jedoch außeracht, daß das Arbeitsverhältnis und sein Schicksal, auch in den Zeiten der Beschäftigungsverbote, für den Zuschußanspruch bedeutsam sein kann. Der Zuschuß, den der Arbeitgeber zu leisten hat, beruht auf dem zu der Frau bestehenden Arbeitsvertrag. Es handelt sich um einen gesetzlich begründeten arbeitsvertraglichen Anspruch auf - teilweise -Fortzahlung des Entgelts (vgl. BAG, NZA 1987, 97 = AP Nr. 3 zu § 14 MuSchG1968; BAG, NZA 1987, 494 = AP Nr. 4 zu § 14 MuSchG1968). Der Zuschußanspruch unterliegt mithin grundsätzlich den allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen. Ist ein Arbeitnehmer infolge einer fehlenden öffentlich-rechtlichen Genehmigung außerstande, die von ihm arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, so ist nicht das Aussetzen mit der Arbeit während des Beschäftigungsverbots nach § 3 II MuSchG ursächlich für die Verdiensteinbuße, sondern bereits die fehlende öffentlich-rechtliche Genehmigung, die formelle Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der auszuübenden Tätigkeit ist(BAG, Urt. v. 26. 3. 1996 - 7 AZR 592/84 unveröff.). Dieser Rechtsprechung des BAG folgt das erkennende Gericht, zumal nur bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze sichergestellt werden kann, daß eine schwangere Arbeitnehmerin aufgrund ihrer Schwangerschaft nicht Vorteile erzielen kann, welche ihr ohne die Schwangerschaft nicht erwachsen könnten. Mithin folgt aus § 14 I MuSchG im vorliegenden Fall kein Zuschußanspruch der Kl., zumal diese aufgrund der ab dem 1. 7. 1997 fehlenden Arbeitserlaubnis nicht mehr in der Lage war, ihre Arbeitsleistung zu erbringen. Die fehlende Arbeitserlaubnis führte nämlich unter Beachtung von § 19 I 1 AFG zu einem Arbeitsverbot für die Kl. Soweit die Kl. in ihrer Berufungserwiderung darauf hingewiesen hat, die Bekl. könne sich deshalb auf das Fehlen der Arbeitserlaubnis nicht berufen, da sie durch Verweigerung einer Unterschrift selbst dazu beigetragen habe, daß eine neue Arbeitserlaubnis nicht erteilt worden sei, läßt sich hieraus kein anderes Ergebnis ableiten. Denn für die Erteilung der Arbeitserlaubnis war gem. § 11 I der Arbeitserlaubnisverordnung vom 2. 3. 1971 lediglich ein Antrag des Arbeitnehmers notwendig; von einer Unterschrift des Arbeitgebers ist in dieser Verfahrensregelung nicht die Rede. Hieraus folgt, daß die Kl. auch ohne Mitwirkung der Bekl. eine Verlängerung ihrer Arbeitserlaubnis beantragen konnte; eine Rechtsvereitelung durch die Bekl. liegt mithin nicht vor.

2. Der Kl. steht auch kein Anspruch gem. § 7 IV BUrlG auf Zahlung von Urlaubsabgeltung in Höhe von 5404,55 DM brutto nebst Zinsen zu. Nach § 7 IV BUrlG ist der Urlaub abzugelten, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann.

Nach der Rechtsprechung des BAG entsteht jedoch dieser gesetzliche Abgeltungsanspruch nicht, wenn der Arbeitnehmer bei Fortdauer des Arbeitsverhältnisses für die Dauer des Urlaubsanspruchs seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht hätte erbringen können. Dann entfällt der Abgeltungsanspruch bei Fortdauer der Unmöglichkeit zur Arbeitsleistung bis zum Ende des Urlaubsjahres bzw. Übertragungszeitraums (vgl. BAG, NJW 1984, 1836 = AP Nr. 14 zu § 7 BUrlG Abgeltung; BAG, NZA 1986, 396 = NJW 1987, 151 = AP Nr. 25 zu § 7 BUrlG Abgeltung). Diese vom BAG für den Fall der Erkrankung des Arbeitnehmers entwickelte Rechtsprechung gilt auch für den Fall des Eingreifens eines gesetzlichen Arbeitsverbots, zumal auch in diesem Fall der Arbeitnehmer nicht in der Lage ist, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen und er somit vom Arbeitgeber auch nicht von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung durch Urlaubsgewährung befreit werden kann.

Im vorliegenden Fall hat die Kl. den gesamten ihr für das Jahr 1997 zustehenden Anspruch auf Erholungsurlaub nochnicht genommen gehabt. Der gesamte Jahresurlaub war somit gem. § 7 III 2 BUrlG auf das Jahr 1998 zu übertragen, da die unterlassene Inanspruchnahme des Urlaubs auf einem in der Person der Kl. liegenden Grund beruht hat. Diese war nämlich aufgrund der vor und nach der Schwangerschaft geltenden Beschäftigungsverbote des Mutterschutzgesetzes gehindert, während der Zeit vom 25. 8. 1997 bis 29. 12. 1997 Erholungsurlaub zu nehmen. Die Kl. war jedoch aufgrund des mangels Arbeitserlaubnis geltenden Arbeitsverbots, darüber hinaus auch gehindert, in den ersten drei Monaten des Jahres1998 entsprechend § 7 III 3 BUrlG den übertragenen Urlaub zu nehmen. Aufgrund dessen ist dieser Urlaubsanspruch zum 31. 3. 1998 verfallen. Da jedoch ein Urlaubsabgeltungsanspruch lediglich das Surrogat für den im Regelfall in natura zu gewährenden Urlaub ist, teilt er nach der Rechtsprechung des BAG auch das rechtliche Schicksal des Primäranspruchs. Das heißt, daß bei einem Verfall des Urlaubsanspruchs ein Urlaubsabgeltungsanspruch nicht entstehen kann. Der Kl. steht somit kein Anspruch auf Zahlung von Urlaubsabgeltung für das Kalenderjahr 1997 mehr zu.

Vorinstanzen

ArbG Kaiserslautern, 1 Ca 160/98, 24.3.1998

Rechtsgebiete

Arbeitsrecht

Normen

RVO § 200; MuSchG §§ 3 II, 6 I, 14 I; BUrlG § 7 IV; SGB III § 284