Urlaub einer studentischen Aushilfskraft

Gericht

BAG


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

23. 06. 1992


Aktenzeichen

9 AZR 57/91


Leitsatz des Gerichts

  1. Studentische Aushilfskräfte, die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis teilzeitbeschäftigt werden, erwerben einen Urlaubsanspruch, dessen Dauer sich nach dem Umfang der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung richtet.

  2. Der Urlaubsanspruch erlischt am Ende des Kalenderjahres, wenn weder dringende betriebliche noch in der Person des Studenten liegende Gründe für eine Übertragung des Urlaubsanspruchs auf die ersten drei Monate des folgenden Kalenderjahres gegeben sind. Dringende betriebliche Gründe liegen nicht bereits deshalb vor und sind nicht deshalb zu vermuten, weil der Arbeitgeber den Urlaub nicht von sich aus gewährt hat.

Tatbestand

Zum Sachverhalt:

Die Parteien streiten über die Abgeltung für Urlaub aus dem Jahre 1989. Der Kl. war vom 4. 1. 1986 bis 31. 12. 1989 bei der Bekl. als studentische Aushilfskraft in einem Teilzeitarbeitsverhältnis mit wechselndem Umfang tätig. Während des Arbeitsverhältnisses hat der Kl. Urlaub weder verlangt noch erhalten. Erstmals mit Schreiben seines Prozeßbevollmächtigten vom 16. 1. 1990 begehrte er erfolglos Urlaub aus dem Jahre 1989. Der Kl. hat gemeint, sein Urlaub für das Jahr 1989 sei gemäß § 14 Nr. 7 des Manteltarifvertrags des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen bzw. § 7 III BUrlG aus betrieblichen Gründen auf das Folgejahr übergegangen. ArbG und LAG haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers blieb erfolglos.

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist unbegründet. Der Kl. hat im Jahr 1989 zwar einen Urlaubsanspruch erworben. Dieser ist jedoch am Jahresende 1989 untergegangen, so daß mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses kein Abgeltungsanspruch entstanden ist. Der Kl. hat auch keinen Schadenersatzanspruch, weil er die Bekl. nicht in Verzug gesetzt hat.

I. Der Kl. hat keinen Anspruch auf Abgeltung seines Urlaubs für das Jahr 1989.

1. Der Kl. hat mit Beginn des Urlaubsjahres 1989 einen Urlaubsanspruch nach den §§ 1, 4 BUrlG erworben. Urlaub nach § 14 des Manteltarifvertrages des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen vom 6. 7. 1989 konnte der Kl. nicht beanspruchen, weil der Manteltarifvertrag nur für Angestellte, gewerbliche Arbeitnehmer und Auszubildende i.S. des gesetzlichen Rentenversicherungsrechts gilt. Als Student unterliegt der Kl. keiner rentenversicherungspflichtigen Tätigkeit, § 4 AVG, § 1228 I Nr. 3 RVO.

Das Entstehen des Urlaubsanspruchs ist außer dem Bestand eines Arbeitsverhältnisses nur an den Ablauf der Wartefrist geknüpft (BAGE, 37, 382 = AP § 3 BUrlG - Rechtsmißbrauch - Nr. 11; BAGE 39, 53 = AP § 7 BUrlG - Übertragung - Nr. 4). Zwischen den Parteien bestand ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Der Kl. war Teilzeitbeschäftigter. Auch ein Teilzeitbeschäftigter hat Anspruch auf Urlaub, dessen Dauer sich nach dem Umfang seiner Arbeitsleistung richtet. Die Wartefrist war für den Kl. bereits 1986 abgelaufen.

2. Der mit Beginn des Urlaubsjahres entstandene Urlaubsanspruch, dessen Umfang der Senat wegen fehlender Feststellungen des LAG nicht beziffern kann, ist mit Ablauf des 31. 12. 1989 untergegangen.

a) Nach § 7 III 1 BUrlG besteht der Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Gewährung von Erholungsurlaub nur während des Kalenderjahres. Der Anspruch erlischt mit Ablauf des Jahres. Diese Wirkung tritt lediglich dann nicht ein, wenn der Urlaub aus dringenden betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen nicht während des Kalenderjahres erfüllt worden ist. Dann ist der Anspruch bis zum Ende des Übertragungszeitraums begrenzt.

b) Der Urlaubsanspruch des Klägers für 1989 ist mit Ablauf des 31. 12. 1989 erloschen. Er ist nicht auf die ersten drei Monate des Jahres 1990 übergegangen. Der Übergang des Urlaubsanspruchs bedarf zwar keiner Handlung des Arbeitgebers oder Arbeitnehmers (BAGE 56, 53 = NZA 1988, 245 = AP § 7 BUrlG - Übertragung - Nr. 15). Der Übergang findet statt, wenn die in § 7 III BUrlG genannten dringenden betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründe gegeben sind. Dringende betriebliche Gründe, auf die sich der Kl. allein beruft, liegen vor, wenn der ordnungsgemäße Betriebsablauf durch die Urlaubsgewährung während des Kalenderjahres gestört würde. Dazu hat der Kl. keine Tatsachen vorgetragen. Für seine Auffassung, betriebliche Gründe seien bereits immer dann gegeben oder zu vermuten, wenn keine persönlichen Gründe genannt seien und der Arbeitgeber den Urlaub im Kalenderjahr nicht gewährt habe, gibt es im Gesetz keine rechtliche Grundlage.

c) Ist der Urlaubsanspruch untergegangen, konnte mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien kein Abgeltungsanspruch entstehen.

II. Der Kl. hat auch keinen Schadensersatzanspruch in Höhe des vermeintlichen Abgeltungsanspruchs. Ist die Urlaubsgewährung infolge Ablauf des Kalenderjahres unmöglich geworden, tritt an die Stelle des Urlaubsanspruchs als Schadensersatz ein Ersatzurlaubsanspruch in gleicher Höhe, wenn der Arbeitgeber die infolge Zeitablaufs eintretende Unmöglichkeit zu vertreten hat. Der Arbeitgeber hat die wegen Ablaufs des Kalenderjahres eintretende Unmöglichkeit der Urlaubsgewährung zu vertreten, wenn er sich mit der Leistung in Verzug befunden hat, § 287 S. 2 BGB. Der Gläubiger des Schadenersatzanspruchs gem. § 249 S. 1 BGB ist bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 251 I BGB in Geld zu entschädigen (BAGE 52, 254 = NZA 1987, 98 = AP § 44 SchwbG Nr. 5; BAG, NZA 1989, 426 = AP § 7 BUrlG - Übertragung - Nr. 16).

1. Die Bekl. war mit der Gewährung des Urlaubs für 1989 nicht in Verzug. Verzug setzt voraus, daß der Kl. die Leistung angemahnt hat, § 284 I BGB. Daran fehlt es. Entgegen der Revision ist eine Mahnung auch nicht entbehrlich gewesen. Die Bekl. hat die Erfüllung des Urlaubsanspruchs nicht beharrlich, d.h. ernsthaft und endgültig verweigert. Hierfür hat der Kl. keine Tatsachen vorgetragen. Die möglicherweise vorhandene Fehlvorstellung des Arbeitgebers, er brauche einem teilzeitbeschäftigten Studenten keinen Urlaub zu gewähren, ist der beharrlichen Weigerung, den Urlaubsanspruch zu erfüllen, nicht gleichzusetzen.

2. Entgegen der Auffassung der Revision hat die Bekl. die Unmöglichkeit der Urlaubsgewährung auch nicht deshalb zu vertreten, weil sie keinen Urlaub gewährt hat. Die auch im Schrifttum (GK-Bachmann, BUrlG, § 7 Rdnr. 124; Künzl, BB 1991, 1633; Natzel, BUrlG, § 7 Rdnr. 140) vertretene Auffassung, der Arbeitgeber habe die Unmöglichkeit der Urlaubsgewährung auch dann zu vertreten, wenn der Arbeitnehmer den Urlaubsanspruch nicht fristgemäß geltend gemacht und der Arbeitgeber den Urlaub nicht festgelegt oder angeboten hat, ist nicht zutreffend. Die Revision übersieht, daß der Arbeitgeber als Schuldner des Urlaubsanspruchs nicht verpflichtet ist, die Leistung von sich aus zu erbringen. Er kann zwar ohne Rücksprache mit dem Arbeitnehmer den Freistellungszeitraum vorschlagen und bestimmen, sofern der Arbeitnehmer dagegen keinen Einwand hat. Er muß den Anspruch aber nicht erfüllen, bevor er vom Arbeitnehmer als Gläubiger des Freistellungsanspruchs dazu aufgefordert worden ist.

Vorinstanzen

LAG Köln, 2 Sa 827/90, 28.11.1990

Rechtsgebiete

Arbeitsrecht

Normen

BUrlG §§ 1, 4, 7 III, IV